Verwaltungsrecht

Duldungspflicht eines Hauseigentümers zur Aufstellung einer weiteren Restmülltonne

Aktenzeichen  M 10 K 15.2849, M 10 K 15.2996

Datum:
4.2.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
Satzung über die Hausmüllentsorgung der Landeshauptstadt München (HausmüllentsorgungsS) vom 12.12.2001(MüABl. S. 529) § 5 Abs. 4 S. 1, HausmüllentsorgungsS § 11 Abs. 1

 

Leitsatz

Reichen die zur Entsorgung aufgestellten Behälter nicht aus, um den in einem Haus anfallenden Müll aufzunehmen, muss der Eigentümer eines Mietshauses die Aufstellung weiterer Behälter dulden, wenn eine kommunale Satzung vorsieht, dass Müllbehälter in so ausreichender Zahl aufgestellt werden müssen, dass der gesamte auf dem Grundstück entstehende Müll ordnungsgemäß aufgenommen werden kann (§ 5 Abs. 4 S. 1 HausmüllentsorgungsS). Unerheblich ist, ob der Müll unnötig angefallen ist; in diesem Fall liegt es im Verantwortungsbereich des Eigentümers, seine Mieter zur Müllvermeidung anzuhalten.    (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klagen werden abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten der Verfahren zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässigen Klagen bleiben in der Sache ohne Erfolg.
Die streitgegenständlichen Bescheide vom 2. und vom 10. Juli 2015 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
1. Rechtsgrundlage des Bescheides vom 2. Juli 2015, der die Aufstellung eines zusätzlichen 240 Liter Restmüllbehälters mit wöchentlicher Abfuhr, dessen Duldung und Zurverfügungstellung für die ordnungsgemäße Erfassung des Müllaufkommens auf dem streitgegenständlichen Grundstück anordnet, ist § 11 Abs. 1 i. V. m. 5 Abs. 4 Satz 3 der Hausmüllentsorgungssatzung der Beklagten. Anhaltspunkte für die Rechtswidrigkeit dieser Satzung bestehen nicht und wurden auch nicht vorgetragen.
2. Nach § 11 Abs. 1 der Hausmüllentsorgungssatzung kann die Beklagte Anordnungen im Einzelfall treffen. Nach § 5 Abs. 4 Satz 2 der Hausmüllentsorgungssatzung müssen die Müllbehälter in so ausreichender Zahl aufgestellt werden, dass sie innerhalb des vorgesehenen Abfuhrzeitraumes und bei kurzfristigen Störungen der städtischen Hausmüllentsorgung den gesamten auf dem Grundstück entstehenden Hausmüll ordnungsgemäß aufnehmen können. Nach Satz 3 kann die Stadt Art, Größe und Anzahl der zu verwendenden Müll- und Wertstoffbehälter bestimmen, insbesondere, wenn die vorhandene Kapazität für die Aufnahme des regelmäßig anfallenden Hausmülls nicht mehr ausreicht oder die Wirtschaftlichkeit der Entsorgung nicht mehr gegeben ist.
Das Gericht ist im vorliegenden Fall der Auffassung, dass die vorhandene Kapazität, also die bisherige 240 Liter Restmülltonne, für die Aufnahme des regelmäßig anfallenden Hausmülls auf dem streitgegenständlichen Grundstück des Klägers nicht (mehr) ausreichend und daher die Aufstellung eines zweiten 240 Liter Restmüllbehälters erforderlich war.
Laut einem Auszug aus dem Melderegister, den die Beklagtenvertreterin in der mündlichen Verhandlung vorgelegt hat, sind in dem streitgegenständlichen Anwesen 14 Personen gemeldet, davon sechs Kinder. Der Kläger bestreitet dies zwar, doch konnte er auch nach mehrmaligem Nachfragen nicht sagen, wie viele Personen in seinem Haus leben. Er meine, die Mietverträge würden sieben Personen umfassen, aber er wisse schlicht nicht, wie viele Personen in seinem Anwesen lebten. Da er jedoch angab, dass das gesamte Anwesen vier Wohnungen umfasse, eine Fünf-, eine Vier-, eine Zwei- und eine Ein-Zimmer-Wohnung, gibt es keine Anhaltspunkte daran zu zweifeln, dass die gemeldeten nicht mit den tatsächlichen Bewohnern des streitgegenständlichen Anwesens übereinstimmen. Die Beklagte empfiehlt jedoch schon für eine Anzahl von sieben bis acht Personen ein Tonnenvolumen von 240 Litern bei einer wöchentlichen Leerung (vgl. Internetseite des Abfallwirtschaftsbetriebs … – http://www.awm-…de/hausverwaltungen/3-tonnensystem). Insoweit ist bereits nachvollziehbar dargelegt, dass die Aufstellung einer weiteren Restmülltonne durch die Beklagte nötig war.
Weiterhin hat der Zeuge, der Vorarbeiter beim Abfallwirtschaftsamt … ist, glaubwürdig bestätigt, dass die eine zur Verfügung stehende Restmülltonne bei der Leerung immer überfüllt gewesen ist. Daran könne er sich erinnern, weil er den Bezirk im November 2009 übernommen habe und Anfang des Jahres 2010 ständig sogenannte „Mehrmüllzettel“ geschrieben habe, die für neben der Restmülltonne stehende und die zu viel in die Restmülltonne verbrachten Müllsäcke bestimmt waren. Dies habe er dann aber noch im Jahr 2010 aufgrund der Anweisung der Verwaltung wieder unterlassen, da der Kläger den zusätzlichen Müll nicht bezahlt habe. Von da an habe er jede Woche die übervolle Restmülltonne so weit geleert, dass der Deckel des Restmüllbehälters wieder verschlossen habe werden können, und die entsprechend übrigen Müllsäcke auf dem Gehsteig stehen lassen. Auch eine Bewohnerin des streitgegenständlichen Anwesens habe er schon auf die überfüllte Restmülltonne angesprochen. Seit die zweite Restmülltonne aufgestellt worden sei, seien beide Tonnen jede Woche bei der Leerung voll befüllt.
Auch die vom Kläger vorgelegten Lichtbilder können zu keinem anderen Ergebnis führen. Diese zeigen im Juni 2015 eine überfüllte Restmülltonne. Der Einwand des Klägers, dass dies nur ein vorübergehender Zustand von ein paar Wochen gewesen sei, kann durch die vorgelegten Fotos nicht bestätigt werden, da bereits am 9. Juli 2015 die zweite Restmülltonne von der Beklagten aufgestellt worden ist und der Kläger die Müllsituation in dem Zeitraum vorher nicht dokumentiert hat. Vielmehr zeigen auch die Lichtbilder, die im Juli 2015 vom Kläger aufgenommen wurden, dass teilweise eine der beiden Tonnen so überfüllt war, dass der Deckel sich nicht mehr schließen ließ. Der Erläuterung des Klägers, dass er den Müll nur etwas in die Tonne hinein drücken müsste und sich dann der Deckel leicht schließen lasse, ist entgegenzuhalten, dass gerade eine solche Verdichtung des Mülls in der Restmülltonne nach § 5 Abs. 8 Satz 4 der Hausmüllentsorgungssatzung nicht erlaubt ist. Dementsprechend hat der Zeuge auch glaubwürdig erläutert, dass er den Kläger dabei beobachtet habe, wie er Müll von der einen in die andere Tonne gestopft und anschließend die beiden Mülltonnen fotografiert habe, was aber dazu geführt habe, dass sich die übervolle Restmülltonne kaum entladen habe lassen und er kräftig mit Klopfen auf den Tonnenboden habe nachhelfen müssen.
Weiterhin stützt auch der Vortrag des Klägers, dass eine Mietpartei seines Anwesens absichtlich Müll produziere und in die Restmülltonne verbringe, das Erfordernis für die Aufstellung eines zweiten Restmüllbehälters. Auch dieser, wie der Kläger vorträgt, unnötige Müll, muss zur Entsorgung durch die Beklagte bereitgestellt werden; relevant ist einzig, dass Restmüll in der entsprechenden Menge angefallen ist. Es liegt dann im Verantwortungsbereich des Klägers, seine Mieter anzuhalten, unnötigen Müll zu vermeiden, Müll ordnungsgemäß zu trennen oder beispielsweise Plastikmüll auszusortieren.
3. Die Beklagte hat das ihr zustehende Ermessen bezüglich der Anordnung in Ziffer 1 des Bescheides vom 2. Juli 2015 pflichtgemäß und fehlerfrei ausgeübt. Insbesondere hat sie das öffentliche Interesse an einer ordnungsgemäßen und reibungslosen Müllentsorgung mit dem vorliegend als gering einzustufenden persönlichen Interesse des Klägers in einer Verhältnismäßigkeitsprüfung ordnungsgemäß abgewogen. Der Kläger kann die Kosten für die Müllentsorgung als Betriebskosten auf die jeweiligen Mieter umlegen.
Zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger gemäß § 5 Abs. 5 der Hausmüllentsorgungssatzung bei der Beklagten einen Antrag auf Abänderung der Art, Größe und Anzahl der Müllbehälter stellen kann, wenn (wieder) er einen geringeren Entsorgungsbedarf glaubhaft machen kann.
4. Schließlich ist auch die Androhung des Zwangsgeldes in Höhe von 500,- EUR im Bescheid vom 10. Juli 2015 rechtmäßig und ermessensfehlerfrei.
Die Androhung des Zwangsgeldes findet ihre Rechtsgrundalge in § 11 Abs. 2 der Hausmüllentsorgungssatzung i. V. m. Art. 18, 19, 29 Abs. 2 Nr. 1, 31, 36 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG). Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor. Die im Bescheid vom 2. Juli 2015 in Nr. 1 verfügte Anordnung und Verpflichtung ist gemäß Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG vollstreckbar, da die Beklagte in Ziffer 2 des Bescheides vom 2. Juli 2015 die sofortige Vollziehung angeordnet hat. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes liegt am unteren Rand des zur Verfügung stehenden Rahmens von 15 bis 50.000 EUR (vgl. Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG) und ist im Hinblick auf das wirtschaftliche Interesse des Klägers angemessen.
5. Die Klagen waren daher insgesamt mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
6. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 5.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.


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