Verwaltungsrecht

Durchführung eines Asylverfahrens – Feststellung von nationalen Abschiebungsverboten

Aktenzeichen  Au 9 K 20.30613

Datum:
10.8.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 23132
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 102 Abs. 2, § 108 Abs. 1, § 113 Abs. 1 S. 1, Abs. 5
AsylG § 3, § 3b,§ 4, § 71
VwVfG § 49,§ 51
AufenthG § 60 Abs. 5, 7

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Der Einzelrichter § 76 Abs. 1 AsylG) konnte über die Klage der Klägerin verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beteiligten an der mündlichen Verhandlung vom 10. August 2020 teilgenommen haben. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten ausweislich der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO). Die Beteiligten sind zur mündlichen Verhandlung form- und fristgerecht geladen worden.
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Die gegen die Ablehnung des Asylfolgeantrags der Klägerin erhobene Anfechtungsklage bzw. die Verpflichtungsklage auf Abänderung des Bescheids vom 15. Mai 2017 (Gz.: …) bezüglich der Feststellung von nationalen Abschiebungsverboten erhobene Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) ist zwar zulässig, aber unbegründet.
Der angefochtene Bescheid des Bundesamts vom 11. Mai 2020 (Gz.: …) ist in seiner Nr. 1 rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Bundesamt hat den Folgeantrag der Klägerin zu Recht als unzulässig gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG abgelehnt. Nach dieser Vorschrift ist ein Asylantrag unzulässig, wenn im Falle eines Folgeantrags nach § 71 AsylG oder eines Zweitantrags nach § 71a AsylG ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist. So liegt es hier. Die Klägerin hat auf ihren Folgeantrag vom 29. November 2019 hin keinen Anspruch auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens. Ein Folgeantrag im Sinne des § 71 Abs. 1 AsylG führt nur unter den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens. Erforderlich sind mithin eine begünstigende Änderung der Sach- und Rechtslage, begünstigende neue Beweismittel oder Wiederaufnahmegründe im Sinne des § 580 Zivilprozessordnung (ZPO). Eine die Klägerin begünstigende Änderung der Sach- und Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 VwVfG ist nicht nur anzunehmen, wenn im Ergebnis eine günstigere Sachentscheidung zu treffen wäre; es genügt, wenn eine solche möglich erscheint. Dazu ist ein schlüssiger Sachvortrag ausreichend, der nicht von vornherein nach jeder vertretbaren Betrachtungsweise ungeeignet sein darf, zur Asylberechtigung oder Flüchtlingseigenschaft zu verhelfen. Gleichsam muss das neue Beweismittel geeignet sein, eine für den Asylbewerber günstigere Entscheidung herbeizuführen, das dieser substantiiert darzulegen hat (vgl. Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, § 71 AsylG Rn. 27; BVerwG, U.v.21.4.1982 – 8 C 75/80 – juris Rn. 11).
Zudem müssen die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Absätze 2 und 3 des § 51 VwVfG erfüllt sein. Deshalb muss die Klägerseite ohne grobes Verschulden außerstande gewesen sein, den Wiederaufgreifensgrund bereits im früheren Verfahren geltend zu machen, und der Folgeantrag muss binnen drei Monaten ab Kenntnis vom Wiederaufgreifensgrund gestellt werden.
Mit dem Bundesamt geht das Gericht davon aus, dass die Klägerin die vorgenannten Anforderungen nicht erfüllt hat. Das Gericht sieht gemäß § 77 Abs. 2 AsylG von einer weiteren Darstellung ab, weil es den diesbezüglichen Feststellungen des angefochtenen Bescheids des Bundesamts folgt, die auch unter Berücksichtigung des maßgeblichen Zeitpunktes der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG) zutreffen.
Ergänzend ist Folgendes auszuführen. Auch der von der Klägerin im Verfahren vorgelegte Zeitungsartikel, der angeblich am 4. Juni 2015 erschienen sein soll, gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Es steht zur Überzeugung des Gerichts (§ 108 Abs. 1 VwGO) fest, dass es sich hierbei nicht um ein neues Beweismittel im vorgenannten Sinne handelt. Zunächst geht das Gericht davon aus, dass der vorgelegte Zeitungsartikel gefälscht ist. Im Blick auf in Asylverfahren vorgelegte angebliche Presseerzeugnisse, die die Fluchtgeschichte von nigerianischen Klägern bestätigen sollen, ist gerichtsbekannt, dass Fälschungen von gedruckten sowie im Internet veröffentlichen Presseartikeln in N. problemlos erhältlich sind. Aber selbst wenn eine Fälschung nicht positiv feststeht, kommt Presseartikeln, in denen die Verfolgungsgeschichte des betreffenden Klägers wiedergegeben wird, vor diesem Hintergrund allenfalls ein äußerst geringer Beweiswert zu.
Letztlich bedarf dies jedoch keiner vertiefenden Betrachtung, denn selbst wenn es sich bei dem Zeitungsartikel um ein neues Beweismittel handeln würde, besitzt die Klägerin keinen Anspruch auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens. Denn der vorgelegte Zeitungsartikel ist nicht geeignet, eine für die Klägerin günstigere Entscheidung herbeizuführen. Der vorgelegte Zeitungsartikel vermag an den im Asylerstverfahren rechtskräftig getroffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts zu Ansprüchen der Klägerin auf Gewährung internationalen Schutzes (Flüchtlingseigenschaft und subsidiärer Schutz) nichts zu verändern. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass der vorgelegte Zeitungsartikel echt wäre, besitzt die Klägerin keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§§ 3 ff. AsylG) bzw. auf Gewährung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG). Auf die Ausführungen des erkennenden Gerichts im Urteil vom 19. September 2019 (Az.: Au 9 K 17.33169) wird insoweit umfassend Bezug genommen.
Auch in Bezug auf die erhobene Verpflichtungsklage auf abweichende Feststellung von nationalen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG bleibt die Klage ohne Erfolg. Auch insoweit bestehen die rechtskräftig getroffenen Feststellungen aus dem verwaltungsgerichtlichen Urteil vom 19. September 2019 unverändert fort. Eine relevante Veränderung wurde auch im Asylverfahren bereits nicht substantiiert geltend gemacht. Im Klageverfahren fehlt diesbezüglich jeglicher Vortrag. Von daher kann auf die rechtskräftig getroffenen Feststellungen im Urteil des erkennenden Gerichts vom 19. September 2019 umfassend verwiesen werden. Die Klägerin besitzt auch im hier maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG) keinen Anspruch auf die Feststellung von nationalen Abschiebungsverboten.
Nach allem war die Klage daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Als im Verfahren unterlegen hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83b AsylG.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO.


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