Verwaltungsrecht

Eigenheimzulage, Richtlinien in der Leistungsverwaltung, Förderpraxis, Gleichbehandlung

Aktenzeichen  Au 4 K 20.947

Datum:
6.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 49786
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 3
EHZR Ziffer 5.3

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Über die Klage konnte aufgrund des Einverständnisses der Parteien ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden, § 101 Abs. 2 VwGO.
Die zulässige Klage ist unbegründet, da die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung einer Eigenheimzulage hat (§ 113 Abs. 5 VwGO).
Die Ablehnung des Antrages auf Eigenheimzulage erfolgte rechtmäßig, da die Klägerin das streitgegenständliche Objekt im Wege der Erbfolge erwarb und eine Förderung in diesem Fall gemäß Ziffer 5.3 Spiegelstrich 4 EHZR ausgeschlossen ist.
Bei der Eigenheimzulage handelt es sich um eine freiwillige Maßnahme des Freistaates Bayern. Eine Rechtsnorm, die einen Anspruch der Klägerin auf Bewilligung der beantragten Eigenheimzulage begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Zuwendung auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinien im billigen Ermessen der Behörde und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (Art. 23, 44 BayHO). Ein Anspruch besteht danach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis auf Basis der einschlägigen Richtlinien. Die Förderrichtlinien begründen als ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen unmittelbar Rechte und Pflichten, sondern entfalten erst durch ihre Anwendung Außenwirkung. Das Gericht ist somit grundsätzlich an den Zuwendungszweck gebunden, wie ihn der Zuwendungsgeber versteht. Für die gerichtliche Prüfung einer Förderung ist deshalb entscheidend, wie die Behörde des zuständigen Rechtsträgers die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz gebunden ist.
Die Verwaltungsgerichte haben sich auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung der jeweiligen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder gegebenenfalls ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Bei Förderrichtlinien in der Leistungsverwaltung handelt es sich nicht um Rechtsnormen, sondern um verwaltungsinterne Weisungen, die demgemäß nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle analog § 114 VwGO unterliegen (vgl. BayVGH vom 4.8.2008 – 4 ZB 06.1321 – juris Rn. 9; B.v. 17.11.2010 – 4 ZB 10.1689 – juris Rn. 19; VG Würzburg, U.v. 25.5.2020 – W 8 K 20.330 – juris Rn. 15 f.).
Die Ablehnung der Eigenheimzulage durch den Beklagten stützt sich darauf, dass eine Förderung nicht erfolgt, wenn die Übertragung des Eigentums des Wohnhauses im Wege der Erbfolge erfolgt. Die Klägerin erbte das Wohnhaus zusammen mit ihren vier Geschwistern kraft gesetzlicher Erbfolge von ihrem Vater. Zwar wurde die Klägerin hierdurch nur Teil einer Erbengemeinschaft; das Alleineigentum am Wohnhaus erwarb sie erst durch notariellen Teilerbauseinandersetzungsvertrag vom 17. Oktober 2019, in dem eine Auszahlung der übrigen vier Geschwister vereinbart wurde.
Hier hat der Beklagte ermessensfehlerfrei auf den Rechtsakt der Erbschaft abgestellt, aufgrund dessen die Klägerin erstmals (Mit-)Eigentümerin des Anwesens geworden ist. Dies verstößt nicht gegen den Förderzweck, da gemäß Ziffer 5.3 EHZR Übertragungen „im Wege der Erbfolge“ nicht gefördert werden. Ob das Objekt zum Alleineigentum erworben werden muss, konkretisiert die Richtlinie nicht weiter, sodass auch der Erwerb als Miterbe in einer Erbengemeinschaft mit einbezogen werden kann. Zudem handelt es sich bei einer Erbengemeinschaft um Gesamthandseigentum, bei dem jeder Miterbe Eigentümer der ganzen Sache und nicht etwa lediglich eines ideellen Bruchteils ist, zumal die Erbengemeinschaft selbst nicht rechtsfähig ist (VG München, U.v. 30.1.2020 – M 12 K 19.2749 – n.v. Rn. 18).
Wie sich aus der Stellungnahme des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr sowie aus dem Urteil des VG München, a.a.O., ergibt, ist eine Förderung nach der ständigen rechtmäßigen Förderpraxis bereits dann ausgeschlossen, wenn der Antragsteller das Eigentum am Wohnobjekt von einer Erbengemeinschaft erwirbt und nur ein Mitglied der Erbengemeinschaft mit dem Antragsteller in gerader Linie verwandt ist (Ziffer 5.3 Spiegelstrich 5 EHZR). Dann muss dies aber erst recht auch dann gelten, wenn der Antragsteller selbst Teil der Erbengemeinschaft ist. Demnach kommt es nur auf die Erbschaft selbst, egal in welcher Weise, und die damit verbundene Eigentumsübertragung, aber nicht auf die anschließende Erbauseinandersetzung an.
Der Beklagte hat in seiner Klageerwiderung zudem vorgetragen, dass er regelmäßig Anträge ablehnen würde, wenn der Antragsteller das Wohnobjekt im Rahmen einer Erbauseinandersetzung erwirbt. Dies wurde von der Klägerin nicht bestritten. Eine Ungleichbehandlung i.S.d. Art. 3 Abs. 1 GG liegt demnach nicht vor.
Eine lediglich anteilige Förderung unter Ausklammerung der unentgeltlichen Übertragung kann ebenfalls nicht erfolgen. Die Möglichkeit einer anteiligen Förderung ist den Förderrichtlinien nicht zu entnehmen. Vielmehr erfolgt die Zuwendung gem. Ziffer 6 EHZR mittels eines Zuschusses in Höhe von 10.000,- EUR als objektabhängiger Festbetrag (VG München, a.a.O., Rn. 20). Hier hat unstreitig ein unentgeltlicher Erwerb von zumindest einem Fünftel durch die Erbfolge stattgefunden, weshalb eine Förderung nicht möglich ist.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m.
§§ 708 ff. ZPO.


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