Verwaltungsrecht

Eignungs- und Leistungsvergleich anhand des Gesamturteils dienstlicher Beurteilungen

Aktenzeichen  3 CE 16.2480

Datum:
3.2.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 123
GG GG Art. 33 Abs. 2
LlbG Art. 58 Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

1. Der Bewerbungsverfahrensanspruch des Beamten nach Art. 33 Abs. 2 GG ist nicht verletzt, wenn der Dienstherr anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen einen Leistungsvergleich vornimmt und den Konkurrenten für die Besetzung eines Dienstpostens auswählt, der bei der Beurteilung im gleichen Statusamt (Kriminalhauptkommissar BesGr A 12) ein um zwei Punkte besseres Gesamturteil aufweist. (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Frage, ob eine Dienstpostenbündelung zu Recht erfolgt ist, ist ohne Bedeutung für die Rechtmäßigkeit der Bewertung der auf einem solchen Dienstposten erbrachten Leistungen in einer dienstlichen Beurteilung. Denn die auf dem Dienstposten erbrachten Leistungen sind allein am Maßstab des Statusamts des Beamten zu messen (BVerwG BeckRS 2015, 55140). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 5 E 16.4372 2016-11-14 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000…. € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag nach § 123 VwGO, dem Antragsgegner vorläufig zu untersagen, den Dienstposten „Sachbearbeiter 3. QE Strategische IuK-Koordination Führungsgruppe Fachbereich 3 beim Bayerischen Landeskriminalamt (BesGr A 12/13)“ mit einem anderen Bewerber zu besetzen, zu beschäftigen und eine hierauf bezogene Ernennungsurkunde auszuhändigen, bevor über die Bewerbung des Antragstellers nicht bestandskräftig entschieden worden ist, zu Recht abgelehnt. Der Antragsteller, der als Sachbearbeiter der 3. QE im Bereich IuK (IT-Haustechnik) im Amt eines Kriminalkommissars (BesGr A 12) auf einem mit A 11/A 12 bewerteten gebündelten Dienstposten im LKA beschäftigt ist und der in der aktuellen Beurteilung 2015 in A 12 mit 12 Punkten im Gesamturteil bewertet wurde, hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Daher kann offen bleiben, ob ein Anordnungsgrund besteht.
1. Die vom Antragsgegner getroffene Auswahlentscheidung, den Beigeladenen, der ebenfalls als Sachbearbeiter der 3. QE im Bereich IuK (Netzwerkfahndung) im Amt eines Kriminalhauptkommissars (BesGr A 12) auf einem mit A 11/A 12 bewerteten gebündelten Dienstposten im LKA beschäftigt ist und der in der aktuellen Beurteilung 2015 in A 12 mit 14 Punkten im Gesamturteil bewertet wurde, aufgrund des um zwei Punkte besseren Gesamturteils in der aktuellen Beurteilung als leistungsstärker als den Antragsteller anzusehen und ihn deshalb mit der faktischen Wahrnehmung der Aufgaben des ausgeschriebenen Dienstpostens zu betrauen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Durch sie wird der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers nach Art. 33 Abs. 2 GG nicht verletzt.
Der für die Bewerberauswahl maßgebende Leistungsvergleich ist anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen. Deren Eignung als Vergleichsgrundlage setzt voraus, dass sie inhaltlich aussagekräftig sind. Hierfür ist erforderlich, dass sie die dienstliche Tätigkeit im maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassen, auf zuverlässige Erkenntnisquellen gestützt sind, das zu erwartende Leistungsvermögen in Bezug auf das angestrebte Amt auf der Grundlage der im innegehabten Amt erbrachten Leistungen hinreichend differenziert darstellen sowie auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhen. Maßgebend für den Leistungsvergleich ist dabei in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Aspekte zu bilden ist (BVerwG, B.v. 20.6.2013 – 2 VR 1.13 – juris Rn. 21). Hierbei ist darauf zu achten, dass die Leistungen der Bewerber miteinander vergleichbar sind, was der Fall ist, wenn sich die Bewerber im gleichen Statusamt befinden. Der Antragsgegner hält sich in diesem Rahmen, wenn er den Antragsteller bei der Besetzung des streitgegenständlichen Dienstpostens nicht berücksichtigt hat, da dieser im Gesamturteil der aktuellen dienstlichen Beurteilung im gleichen Statusamt wie der Beigeladene (Kriminalhauptkommissar BesGr A 12) um zwei Punkte schlechter beurteilt wurde (BayVGH, B.v. 8.4.2015 – 3 CE 14.1782 – juris Rn. 30).
Dem steht nach zutreffender Ansicht des Verwaltungsgerichts auch nicht entgegen, dass der Antragsteller und der Beigeladene auf gebündelten Dienstposten mit der Wertigkeit A 11/A 12 beurteilt wurden. Die Frage, ob eine Dienstpostenbündelung zu Recht erfolgt ist, ist ohne Bedeutung für die Rechtmäßigkeit der Bewertung der auf einem solchen Dienstposten erbrachten Leistungen in einer dienstlichen Beurteilung. Auch bei einem auf einem gebündelten Dienstposten verwendeten Beamten werden die erbrachten Leistungen bewertet, unabhängig davon, ob die Anforderungen des Dienstpostens unter-, gleich- oder höherwertig im Hinblick auf sein Statusamt sind, und ob ihm dieser Dienstposten rechtsfehlerfrei übertragen worden ist. Die auf dem Dienstposten erbrachten Leistungen sind allein am Maßstab des Statusamts des Beamten zu messen (BVerwG, U.v. 17.9.2015 – 2 C 27.14 – juris Rn. 28). Da der Antragsteller und der Beigeladene dasselbe Statusamt (BesGr A 12) innehaben und jeweils auf gebündelten Dienstposten der Wertigkeit A 11/A 12 eingesetzt werden, war es deshalb zulässig, aus der Leistungsbeurteilung auf die bessere Eignung des Beigeladenen für den streitgegenständlichen, mit A 12/A 13 bewerteten Dienstposten zu schließen (BVerfG, B.v. 16.12.2015 – 2 BvR 1958/13 – juris Rn. 62).
2. Die hiergegen vom Antragsteller innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO vorgetragenen Beschwerdegründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, führen zu keiner anderen Beurteilung. Der Antragsteller wiederholt insoweit nur sein bisheriges Vorbringen, ohne sich mit der erstinstanzlichen Entscheidung auseinanderzusetzen (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO).
Soweit der Antragsteller den vorgenommenen Leistungsvergleich als rechtsfehlerhaft ansieht, weil eine Beurteilung der dienstlichen Leistungen auf einem gebündelten Dienstposten ohne eine Kenntnis des Beurteilers von den konkreten tatsächlichen Anforderungen des innegehabten Dienstpostens, die eine Dienstpostenbeschreibung bzw. -bewertung voraussetze, faktisch nicht ins Verhältnis zum Statusamt gesetzt werden könne, so dass die Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen keine tragfähige Grundlage für die Auswahlentscheidung darstellen würden, hat er nicht substantiiert dargelegt, dass der Beurteiler keine Kenntnis von den konkreten Anforderungen des jeweiligen Dienstpostens der beiden Bewerber besitzt. Die bloße unsubstantiierte Behauptung, die Beurteilung sei nicht ordnungsgemäß zustande gekommen, genügt aber nicht, um die Fehlerhaftigkeit der Beurteilung glaubhaft zu machen (BayVGH, B.v. 28.02.2014 – 3 CE 14.32 – juris Rn. 27).
Darüber hinaus sind auch bei gebündelten Dienstposten die auf dem Dienstposten erbrachten Leistungen allein am Maßstab des Statusamts des Beamten zu messen. (BVerwG, U.v. 17.9.2015 a.a.O. Rn. 28). Zwar sind bei der Beurteilung die Aufgaben und Anforderungen des jeweiligen Dienstpostens in den Blick zu nehmen, weil nur so geprüft und bewertet werden kann, ob der Beamte die an ihn gestellten Anforderungen erfüllt. Bezugspunkt der Beurteilung bleibt aber der Vergleich mit den anderen Mitarbeitern derselben Besoldungsgruppe. Mit dieser Anknüpfung an das Statusamt sollen die im Wesentlichen identischen Leistungsanforderungen innerhalb derselben Besoldungsgruppe den Maßstab bestimmen, anhand dessen die Arbeitsqualität und -quantität einzustufen sind (BVerwG, B.v. 20.6.2013 a.a.O. Rn. 53). Demgemäß ist der Beurteilung nicht nur eine Beschreibung der im Beurteilungszeitraum durch den Beamten wahrgenommenen Aufgaben voranzustellen (Art. 58 Abs. 1 LlbG), diese hat die fachliche Leistung des Beamten in Bezug auf die Funktion und im Vergleich zu den anderen Beamten und Beamtinnen derselben Besoldungsgruppe darzustellen (Art. 58 Abs. 2 Satz 1 LlbG). Dass der Beurteiler vorliegend nicht dementsprechend vorgegangen ist, kann ohne konkrete Anhaltspunkte nicht einfach unterstellt werden.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers erfordert die sachgerechte Beurteilung eines auf einem gebündelten Dienstposten beschäftigten Beamten auch keine Dienstpostenbewertung, bei der eine Differenzierung hinsichtlich der Wertigkeit der einzelnen Tätigkeiten erfolgt, um die Leistungen in Beziehung zu dem innegehabten Statusamt setzen zu können. Die Funktionen der Beamten sind nach den mit ihnen verbundenen Anforderungen sachgerecht zu bewerten und Ämtern zuzuordnen (Art. 19 Abs. 1 BayBesG). Dies beinhaltet jedoch keine Zuordnung zu einem Amt im konkret-funktionellen Sinn, sondern die Bewertung des abstrakt-funktionellen Amts, das im Vergleich zu anderen Ämtern gewichtet und mittels Zuordnung zu einer Amtsbezeichnung einer Besoldungsgruppe zugeordnet wird (LT-Drs. 16/3200 S. 368). Die Zuordnung sowie Bewertung von konkreten Funktionen zu abstrakten Ämtern erfolgt demgegenüber durch die Verwaltung (LT-Drs. 16/15832 S. 12 f.). Durch Einfügung von Art. 25 Satz 3 BayBesG wurde insoweit klargestellt, dass eine Einzeldienstpostenbewertung nicht erforderlich ist, soweit – wie im Polizeibereich – eine gebündelte Dienstpostenbewertung durchgeführt wird (LT-Drs. 16/15832 S. 13). Bei einer Dienstpostenbündelung auf der Grundlage einer Dienstpostenbewertung weiß der Beurteiler auch, dass der Beamte Aufgaben mit der Wertigkeit und dem Schwierigkeitsgrad aus allen gebündelten Ämtern zu erfüllen hatte und kann dies bei seiner Leistungsbewertung berücksichtigen (BVerwG, U.v. 17.9.2015 a.a.O. Rn. 29).
3. Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO zurückzuweisen. Da der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat, entspricht es der Billigkeit, wenn er seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2, 47 GKG, wobei der Senat im Eilverfahren um eine Dienstpostenbesetzung den Auffangstreitwert in voller Höhe festsetzt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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