Verwaltungsrecht

Eilantrag gegen Einreis- und Aufenthaltsverbot im Rahmen eines Ausweisungsbescheides

Aktenzeichen  M 9 S 21.5081

Datum:
8.11.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 41326
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 53
AufenthG § 11
AufenthG § 38a

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im Rahmen seines Eilantrages gegen die im Rahmen eines Ausweisungsbescheides erfolgte Ablehnung der Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis, die Abschiebungsandrohung und das angeordnete Einreise- und Aufenthaltsverbot.
Der Antragsteller hat die bangladeschische Staatsangehörigkeit und wurde in …, Bangladesch am … … … geboren. Eine Ehe zwischen dem Antragsteller und Frau K., die ebenfalls die bangladeschische Staatsangehörigkeit hat, wurde am …2010 in … geschlossen. Nach Aussage von Frau K. handelte es sich um eine von den Familien arrangierte Eheschließung. Am … … 2014 wurden die Ehegatten Eltern der gemeinsamen Tochter, M.
Am 29. September 2014 reiste der Antragsteller in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 13. November 2014 wurde dem Antragsteller eine Aufenthaltserlaubnis nach § 38a AufenthG erteilt. Im Rahmen seines damaligen Antrages legte er eine unbefristete „Soggiornante di lungo periodo CE“, gültig ab dem 11. April 2013 vor (Bl. 13 f. d. Behördenakte – i.F. BA). Die Aufenthaltserlaubnis nach § 38a AufenthG wurde danach mehrmals verlängert. Die letzte Verlängerung erfolgte bis zum 25. Juli 2018.
Der Antragsteller ist wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten:
Mit Urteil des Landgerichts … vom .. Mai 2019 wurde er wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Antragsteller am … Juni 2018 an seiner Ehefrau gewaltsam gegen deren Willen Geschlechtsverkehre vollzog. Alle Geschlechtsverkehre erfolgten ohne Verhütung und ungeschützt. Das Tatgeschehen erfolgt in der damaligen gemeinsamen Ehewohnung. Vor der Tat war zunächst nur der Antragsteller aus einem gemeinsamen Aufenthalt aus Bangladesch nach einem Streit am 6. Februar 2018 nach Deutschland zurückgekehrt. Die Ehefrau und Tochter kehrten erst am 27. Juni 2018 wieder zurück. Nachdem der Antragsteller die gemeinsame Tochter am Morgen zum Kindergarten gebracht hatte begann am … Juni 2018 das Tatgeschehen u.a. mit einer Todesdrohung für den Fall, dass die Ehefrau ihm nicht gebe „was er wolle“. Das weitere Tatgeschehen wurde danach zunächst durch eine vorher von der Ehefrau über die potentielle Gefahr informierte Nachbarin und durch die Nachbarin gerufene Polizei unterbrochen. Letztlich erfolgten die gewaltsamen und gegen den Willen der Ehefrau durchgeführten Geschlechtsverkehre mit erlittenen Schmerzen der Ehefrau zwischen 12.20 Uhr und 12.50 Uhr in verschiedenen Zimmern der Wohnung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts … vom .. Mai 2019 (Bl. 325 bis 455 d. BA) Bezug genommen.
Die Ehegatten leben seit dem … Juni 2018 getrennt. Mutter und Tochter zogen nach der Tat in ein Frauenhaus in …
Seit dem 2. Juli 2018 befindet sich der Antragsteller in Haft. Die Haft aufgrund einer zeitigen Freiheitsstrafe soll am 30. Dezember 2021 enden. In der JVA ist er disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Eine therapeutische Maßnahme für Sexualstraftäter war aufgrund der Leugnung der Tat und fehlender notwendiger Deutschkenntnisse nicht möglich. Auf die Haftzeitübersicht und den Führungsbericht vom 19. Juni 2020 wird Bezug genommen (Bl. 320 und 454 f. d. BA).
Am 18. Juli 2018 beantragte der Antragsteller die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis. Der Antragsteller erhielt in der Folge fortlaufend Fiktionsbescheinigungen.
Mit streitgegenständlichen Bescheid vom 19. August 2021 wurde der Antragsteller aus dem Bundesgebiet ausgewiesen (Ziffer 1), der Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis vom 18. Juli 2018 abgelehnt (Ziffer 2) und die Abschiebung nach Bangladesch oder einen anderen Staat in den er einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist unmittelbar aus der Haft angedroht (Ziffer 3). In Ziffer 4 wurde der Antragsteller verpflichtet, für den Fall, dass er sich zum Zeitpunkt der Vollziehbarkeit des Bescheides nicht mehr in Haft befindet, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Frist zur 30 Tagen nach Vollziehbarkeit des Bescheides zu verlassen. In Ziffer 5 wurde tenoriert, dass die Wirkungen der Ausreise und der eventuellen Abschiebung aus Deutschland auf 6 Jahre befristet werden. Die Frist beginne mit der Ausreise. Der Antragsteller sei aufgrund von § 53 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 54 Abs. 1 Nr. 1, 1a Buchst. b) und c) AufenthG auszuweisen. Der Antragsteller gefährde nach der vorzunehmenden Prognose mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Die Ausweisung sei aus spezial- und generalpräventiven Gründen geboten. Das Landratsamt sei überzeugt, dass nach einer Haftentlassung der Antragsteller weiterhin gegenüber seiner Ehefrau und zukünftigen Partnern ein aggressives Verhalten zeigen werde und diese mit Gewalt dominieren und von der Außenwelt abschotten werde. Die Ausweisung verfolge auch den generalpräventiven Zweck, von Ausländern begangene Sexualdelikte einzudämmen. In manchen Kulturkreisen werde eine abwertende Haltung gegenüber Frauen und deren Recht auf sexuelle Selbstbestimmung vertreten. Diese Haltung könne von Deutschland nicht akzeptiert werden. Das Ausweisungsinteresse überwiege das Bleibeinteresse des Antragstellers. Es sei ein besonders schwerwiegendes Ausweiungsinteresse nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG aufgrund der Verurteilung gegeben. Auch wegen § 54 Abs. 1 Nr. 1a Buchst. b) und Buchst c) AufenthG wiege das Ausweiungsinteresse besonders schwer. Es sei zwar nur auf ein Ausweisungsinteresse abzustellen, durch die zusätzlich verwirklichten Ausweisungsinteressen werde dieses aber verstärkt. Demgegenüber stehe ein schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG. Der rechtmäßige Aufenthalt von 6,5 Jahren im Bundesgebiet begründe aber nicht das Bleibeinteresse des § 55 Abs. 1 und Abs. 2 AufenthG, da der Antragsteller nicht mehr im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sei und die Fiktionsbescheinigungen aufgrund der Ablehnung der Verlängerung nicht berücksichtigt werden könnten. Im Rahmen der Abwägung der Interessen unter Berücksichtigung von § 53 Abs. 2 AufenthG überwiege das öffentliche Interesse an der Ausreise. Dies sei auch verhältnismäßig. Zugunsten des Antragstellers spreche zwar sein rechtmäßiger Aufenthalt von 6,5 Jahren im Bundesgebiet und seine Beschäftigungsverhältnisse bis zur Inhaftierung. Darüber hinaus sei auch sein Aufenthalt in Italien und die dort erworbene Daueraufenthaltserlaubnis-EU berücksichtigt worden. Seine durch den Integrationskurs nachgewiesenen Sprachkenntnisse A2 würden nach dem Führungsbericht der JVA vom 19. Mai 2020 nicht dazu reichen, an einer therapeutischen Maßnahme teilzunehmen. Es handele sich zwar um die erste Verurteilung und in der JVA habe er sich beanstandungslos geführt, aber das Strafmaß und das Delikt der Vergewaltigung sei ein schwerwiegender strafrechtlicher Verstoß. Bei der Deliktsart sei zudem das Verhalten in der JVA wenig aussagekräftig. Außerdem leugne der Antragsteller weiterhin die Tat und habe keinerlei Schuldeinsicht. Insgesamt sei von einem veralteten Weltbild des Antragstellers und einer nicht vollständigen Integration in die europäische Gesellschaft auszugehen. Aufgrund der Beziehung zur Ehefrau und der Tochter liege zwar ein Eingriff in Art. 6 GG vor. Dieser Eingriff sei aber gerechtfertigt. Die Ehefrau sei extra in ein anderes Bundesland gezogen, um nicht mehr mit ihm zusammenleben zu müssen. Aufgrund der fehlenden Schuldeinsicht stelle der Antragsteller für Mutter und Tochter eine Gefahr dar. Eingeschränkter Kontakt zur Tochter sei auch aus Bangladesch möglich. Ein Antrag auf Umgang mit der Tochter sei am 12. März 2021 gestellt worden, doch nach den Stellungnahmen der Jugendämter … und … nur möglich, wenn nach einer therapeutischen Behandlung eine Einsicht in das begangene Unrecht beim Antragsteller vorliegt. Die Tochter zeige nach der Stellungnahme des Jugendamtes auch kein großes Interesse an einem Umgang mit dem Vater. Ebenfalls zu berücksichtigen sei, dass die Eltern und weitere Verwandte des Antragstellers noch in Bangladesch wohnten. Erst mit 28 Jahren habe sich der Antragsteller zum Weggang aus Bangladesch entschlossen. In Bangladesch sei ihm eine Integration wieder möglich. Zusammenfassend sei das grundsätzlich schwerwiegende Bleibeinteresse durch die minderjährige Tochter aufgrund der konkreten Umstände erheblich gemindert, sodass die besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteressen überwiegen. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a AufenthG werde abgelehnt, da wegen der Ausweisung ein Titelerteilungsverbot nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG bestehe. Des Weiteren gehe das Landratsamt davon aus, dass der Antragsteller aufgrund der Abwesenheit von 6,5 Jahren in Italien nach Art. 9 Abs. 4 UAbs. 2 RL 2003/109/EG seine Daueraufenthaltserlaubnis in Italien verloren habe. Nachweise für ein fehlendes Erlöschen seien nicht vorgelegt worden. Zuletzt scheitere die Verlängerung auch nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG am Vorliegen eines Ausweisungsinteresses. Andere Aufenthaltszwecke für eine Verlängerung seien schon nicht geltend gemacht worden. Die Abschiebungsandrohung erfolge nach Bangladesch, da er bangladeschischer Staatsangehöriger sei und in sein Heimatland einreise dürfe. Da er gerade eine Haftstrafe verbüße, sei er aus der Haft nach §§ 58 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1 Alt. 1, 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG abzuschieben. Aufgrund der Ausweisung sei ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Die von Amts wegen vorzunehmende Befristung habe aufgrund der strafrechtlichen Verurteilung über 5 Jahre liegen dürfen und sei nach pflichtgemäßen Ermessen erfolgt. Zunächst sei in der Abwägung das öffentliche Interesse der Gefahrenabwehr und die generalpräventiven Gründe in den Blick genommen worden und danach die soziale und wirtschaftliche Integration gewertet worden. Danach seien sechs Jahre ermessensgerecht und verhältnismäßig.
Mit Schreiben vom … September 2021 hat der Antragsteller persönlich Klage gegen den Bescheid vom 19. August 2021 erhoben (M 9 K 21.5022). Im Eilverfahren beantragt er,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Er bitte darum, ihm eine Chance zu geben für sein Kind und seine Verwandtschaft da zu sein. Er habe einen EU-Daueraufenthaltstitel. Einen Integrationskurs bis A2 habe er gemacht. In der JVA sei es nicht möglich gewesen, weiter einen Integrationskurs zu besuchen. Nach der weiteren Begründung durch den Prozessbevollmächtigten des Antragstellers, handele es sich bei der Verurteilung um eine einmalige Verfehlung. Aufgrund der dauerhaften Trennung von der Ehefrau gehe auch keine diesbezügliche Gefahr mehr vom Antragsteller aus. Die Ausweisung sei rechtswidrig. Von den vom Antragsgegner vorgehalten Bedrohungen der Ehefrau durch Dritte im Auftrag des Antragstellers bestehe keine Kenntnis und solche Bedrohungen verurteile der Antragsteller aufs schärfste.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung werde auf den Bescheid Bezug genommen. Soweit der Antragsteller vortrage, dass er Angst durch eine Verfolgung durch die Familie seiner Ex-Frau habe, handele es sich um eine zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot, das grundsätzlich nicht von der Ausländerbehörde zu prüfen sei. Des Weiteren werde von einer reinen Schutzbehauptung ausgegangen. Es seien keine Belege für eine solche Befürchtung vorgelegt worden. Die Abschiebung direkt aus der Haft sei auch deswegen angedroht worden, um weitere Gefahren durch den Antragsteller vorzubeugen. Der Antragsteller sei in die Sexualstraftäterdatenbank aufgenommen worden. Die ehemalige Frau des Antragstellers hätte zudem berichtet, dass sie durch Dritte im Auftrag des Antragstellers bedroht würde. Die Ausgestaltung des Umgangs- und Sorgerechts für die in … lebende Tochter sei noch ungeklärt. Sowohl das Jugendamt … als auch das Jugendamt … hätten erklärt, dass ein begleiteter Umgang mit der Tochter dem kindeswohl nicht zuträglich wäre.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Behördenakte und die Gerichtsakten im Klage- und Eilverfahren Bezug genommen.
II.
1. Der zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung hat keinen Erfolg, da er unbegründet ist.
a) Der Antrag ist zulässig soweit er sich gegen die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis, die Abschiebungsandrohung und das Einreise- und Aufenthaltsverbot richtet.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist gegen die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis statthaft, da insoweit die Klage von Gesetzes wegen nach § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG keine aufschiebende Wirkung hat. Obwohl in der Hauptsache die Verpflichtungsklage auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis die richtige Klageart ist und damit im einstweiligen Rechtsschutzverfahren grundsätzlich ein Antrag nach § 123 VwGO zu stellen wäre, ist trotz der Regelung des § 123 Abs. 5 VwGO ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft. Die Versagung der Aufenthaltserlaubnis führt zum Erlöschen der Fiktionswirkung eines Verlängerungsantrags nach § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG. Der Antragsteller ist auf Grund der Versagung der Aufenthaltserlaubnis vollziehbar ausreisepflichtig nach § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG. Die Ablehnung selbst stellt damit für den Antragsteller eine belastende Regelung dar. Eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage würde zu einer Aussetzung der Abschiebung führen und damit der Durchführung der Abschiebung entgegenstehen (vgl. Hailbronner in: Hailbronner, Ausländerrecht, 1. Update Oktober 2020, § 81 AufenthG Rn. 47).
Bezüglich des befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbot ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO statthaft, da die Anfechtungsklage gegen diesen einheitlichen Verwaltungsakt (befristete Anordnung) nach § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AufenthG insgesamt keine aufschiebende Wirkung hat. Zwar spricht das Gesetz insoweit nur von der Befristung, aber mangels nachvollziehbaren Grund für die Differenzierung und mangels Hinweisen im Gesetzgebungsverfahren zu den Gründen für eine Unterscheidung, hat die Klage gegen das befristete Einreise- und Aufenthaltsverbot insgesamt keine aufschieben Wirkung. Die Kammer folgt insoweit der ausführlichen und nachvollziehbaren Begründung des Beschlusses des VGH Baden-Württemberg vom 13. November 2019 – 11 S 2996/19 (VGH BW, B.v. 13.11.2019 – 11 S 2996/19 – juris Rn. 42 – 52).
Hinsichtlich der Abschiebungsandrohung und der Ausreisefrist (Ziffer 3 und 4 des streitgegenständlichen Bescheides) ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ebenfalls statthaft, da es sich um eine Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung handelt. Die Klage hat daher nach Art. 21a Satz 1 VwZVG keine aufschiebende Wirkung.
Gegen die Ausweisung selbst ist ein Eilantrag weder nach § 80 Abs. 5 VwGO noch § 123 VwGO statthaft, da diesbezüglich die Anfechtungsklage nach § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung hat. Ein Sofortvollzug i.S.d. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ist nicht angeordnet worden.
b) Der insoweit zulässige Antrag ist unbegründet, da das öffentliche sofortige Vollzugsinteresse das private Suspensivinteresse das Antragstellers überwiegt.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung der Klage gegen einen Verwaltungsakt anordnen, wenn eine Interessenabwägung ergibt, dass das private Interesse des Betroffenen, von Vollziehungsmaßnahmen zunächst verschont zu bleiben, gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Durchsetzung der getroffenen Maßnahme überwiegt. Bei dieser Interessensabwägung ist auch die aufgrund einer summarischen Prüfung zu beurteilende Rechtmäßigkeit des zu vollziehenden Verwaltungsakts zu berücksichtigen. Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein, weil er zulässig und begründet ist, so wird im Regelfall nur die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen.
Vorliegend haben nach summarischer Prüfung die Verpflichtungsklage auf Aufenthaltserlaubnis und die Anfechtungsklagen gegen die Abschiebungsandrohung sowie das Einreise- und Aufenthaltsverbot keine Aussicht auf Erfolg und das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt.
aa) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Nach der seit 21. August 2019 geltenden Neufassung des § 11 AufenthG, die durch das Gesetz vom 15. August 2019 (BGBl. 2019 I 1294) geschaffen wurde, wird das Einreise- und Aufenthaltsverbot als selbständiger Verwaltungsakt erlassen. Gem. § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ist der Erlass eines Einreise- und Aufenthaltsverbots zwingend, während über die Geltungsdauer und die Ausgestaltung im Einzelfall die Behörde nach Ermessen, § 11 Abs. 3 AufenthG entscheidet. Dabei handelt es sich bei der Anordnung und Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots um einen einheitlichen Verwaltungsakt (vgl. VGH BW B.v. 21.1.2020 – 11 S 3477/19 – beckonline BeckRS 2020 Rn. 18).
Zwar hat das Landratsamt im Rahmen der Formulierung im Tenor des Bescheides „Die Wirkung der Ausweisung und der eventuellen Abschiebung werden auf 6 Jahre befristet.“ wohl versehentlich die Formulierung für das alte kraft Gesetz entstehende Einreise- und Aufenthaltsverbot verwendet (vgl. hierzu VGH BW, B.v. 2.3.2021 – VGH 11 S 120/21, BeckRS 2021, 4045 Rn. 46, beck-online). Im Rahmen der Begründung des Bescheides auf Seite 16 hat das Landratsamt aber explizit den nach neuen Recht erforderlichen Erlass eines § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG begründet. Des Weiteren liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in einer behördlichen Befristungsentscheidung regelmäßig auch die konstitutive Anordnung eines befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots (BVerwG, B.v. 9.5.2019 – 1 C 14.19 – juris Rn. 27).
(1) Im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Einreise- und Aufenthaltsverbot ist die Ausweisung als Grund für das Einreise- und Aufenthaltsverbot inzident zu prüfen, auch wenn die Ausweisung selbst aufgrund der aufschiebenden Wirkung der Klages selbst nicht sofort vollziehbar ist.
Nach summarischer Prüfung ist die Ausweisung des Antragstellers rechtmäßig.
Nach § 53 Abs. 1 AufenthG wird ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.
Zugunsten des Antragstellers geht das Gericht im Rahmen der summarischen Prüfung des Weiteren davon aus, dass auch die Voraussetzungen des § 53 Abs. 3 AufenthG für eine rechtmäßige Ausweisung erfüllt seien müssen und er noch im Besitz der italienischen Erlaubnis zum Daueraufenthalt ist. Nach Art. 9 Abs. 7 Buchstabe e) des Decreto Legislativo 8 gennaio 2007, n. 3 „Attuazione della direttiva 2003/109/CE relativa allo status di cittadini di Paesi terzi soggiornanti di lungo periodo“ kann die Daueraufenthaltserlaubnis-EU in Italien im Falle einer Abwesenheit von mehr als sechs Jahren widerrufen werden („e’ revocato“) und erlischt danach nicht kraft Gesetzes. Aus diesem Grund unterstellt das Gericht, dass mangels Kenntnis eines Widerrufs der Antragsteller noch im Besitz des Daueraufenthaltsrecht-EU in Italien ist.
Nach § 53 Abs. 3 AufenthG darf ein Ausländer, der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist. Grundsätzlich gelten die strengeren Voraussetzungen des § 53 Abs. 3 AufenthG zwar nur für Besitzer einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU i.S.d. § 9a AufenthG und nicht für die Besitzer einer bloßen Aufenthaltserlaubnis i.S.d. § 38a AufenthG. Die hieraus resultierende niedrigere Schwelle für eine Ausweisung gilt allerdings nur, wenn eine Abschiebung lediglich in den anderen Mitgliedsstaat beabsichtigt ist. Vorliegend soll die Abschiebung aber nach Bangladesch erfolgen, damit gilt für den unterstellten Fall, dass der Antragsteller noch im Besitz einer italienischen EU-Daueraufenthaltsrechts ist, vorliegend aufgrund von Art. 12 RL 2203/109/EG die Privilegierung des § 53 Abs. 3 AufenthG (BayVGH, B.v. 12.4.2019 – 10 ZB 19.275 – juris Rn. 10).
Die strengeren Voraussetzungen von §§ 53 Abs. 1, Abs. 3 AufenthG sind aber nach der vom Gericht eigenständig zu treffenden Prognose und Abwägung ebenfalls erfüllt, da bei dem wegen Vergewaltigung und vorsätzlicher Körperverletzung verurteilten Antragsteller die gegenwärtige entsprechende Wahrscheinlichkeit besteht, dass dieser wieder einschlägig straffällig wird. Aufgrund von § 53 Abs. 3 AufenthG kann die Rechtmäßigkeit der Ausweisung aber im Eilverfahren nicht auf die ebenfalls vorliegenden generalpräventiven Zwecke bei solchen Delikten gestützt werden (BVerwG, U.v. 12.7.2018 – 1 C 16/17 -, BVerwGE 162, 349, Rn. 16; VG München, U.v. 1.2.2017 – M 9 K 16.1028 – juris Rn. 25).
Bei der Feststellung der in § 53 Abs. 3 AufenthG genannten schwerwiegenden Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (zu diesem Maßstab vgl. EuGH, U.v. 8.12.2011 – C-371/08, „Ziebell“ – Rn. 82 ff.), handelt es sich um eine Prognose, die Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte bei spezialpräventiven Ausweisungsentscheidungen und deren gerichtlicher Überprüfung nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eigenständig zu treffen haben (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 15.1.2013 – 1 C 10.12 – juris Rn. 18). Bei der Prognose, ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (vgl. BVerwG, U.v. 16.11.2000 – 9 C 6/00 – BVerwGE 112, 185, juris Rn. 14; vgl. auch BVerwG, B.v. 4.5.1990 – 1 B 82/89 – NVwZ-RR 1990, 649, juris Rn. 4). An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind bei dieser Prognose umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (BayVGH, B.v. 6.11.2019 – 19 CS 19.1183, BeckRS 2019, 28126 Rn. 10, beck-online m.w.N.).
Mit hinreichender Wahrscheinlichkeit besteht die Gefahr, dass der Antragsteller wieder Sexual- und Gewaltstraftaten gegen Frauen begehen wird. Die schwerwiegende Tat des Antragstellers, aufgrund dessen er zu einer Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt wurde, zeigt eine Persönlichkeit die diese Gefahr begründet. Bei den Umständen der Tat ist zudem zu berücksichtigen, dass der Antragsteller trotz Unterbrechungen durch Dritte seinen Tatplan nicht aufgegeben hat und damit offensichtlich keine Spontantat vorlag.
Der Vortrag des Antragstellers, dass es sich um eine einmalige Verfehlung gehandelt hat ist nicht ausreichend um von einem Entfallen der Wiederholungsgefahr auszugehen. Die Einzeltat alleine spricht schon für die Persönlichkeit des Antragstellers. Dieser stellt seine strafbaren sexuellen Interessen über das Wohl seiner Familie. Mangels weiterer strafrechtlicher Verurteilungen und da sich das Gericht mangels mündlicher Verhandlung keinen persönlichen Eindruck vom Antragsteller gemacht hat, wurde für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr im Eilverfahren zwar nicht berücksichtigt, dass die Mutter der gemeinsamen Tochter gegenüber dem Jugendamt des Bezirksamts … inzwischen berichtet, dass es bereits seit 2018 wiederholt zu gewalttätigen Übergriffen und Drohungen gegen Leib und Gesundheit gegen sie und die Tochter gekommen ist (vgl. Stellungnahme des Jugendamts des Bezirksamt … vom 12. März 2021; Bl. 476 ff. d. BA), die Angaben seiner Familie sind jedoch vor dem Hintergrund der fehlenden Einsicht in die Verwerflichkeit der Tat ein glaubhaftes Indiz.
Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller die Auswirkungen seiner bisher einzigen bekannten und abgeurteilten Straftat auf die Ehefrau und seine Tochter inzwischen verstanden hat und ernsthaft bereut, sind nicht ersichtlich. Nach der Stellungnahme des Sozialdienstes der JVA … … … vom 19. Juni 2020 leugnet er die Straftat noch immer. Auch dies steht einer grundsätzlich notwendigen therapeutischen Behandlung für Sexualstraftäter entgegen (vgl. Bericht der JVA vom 19. Juni 2020; Bl. 464 f. d. BA). Die gemeinsame Tochter konnte den Antragsteller nicht von seiner Tat abbringen, sodass selbst wenn zukünftig ein Kontakt wiederhergestellt werden könnte, nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Verbindung zur Tochter den Antragsteller von Straftaten gegen Frauen abhalten wird. Aus dem beanstandungsfreien Verhalten des Antragstellers in der JVA sind aufgrund der Deliktsstruktur (Vergewaltigung der Ehefrau) keine Rückschlüsse auf eine verringerte Wiederholungsgefahr möglich.
Schon allein wegen der Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Straftat von mindestens zwei Jahren liegt nach § 53 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vor. Mit dem Beklagten geht das Gericht im Rahmen der summarischen Prüfung zugunsten des Antragstellers davon aus, dass diesem Ausweisungsinteresse grundsätzlich ein schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG gegenübersteht, da die Belange und das Wohl der minderjährigen Tochter zu berücksichtigen sind.
Bei der Abwägung des Ausweisungsinteresses mit dem Bleibeinteresse überwiegt aber das Ausweisungsinteresse und die Ausweisung ist unerlässlich i.S.d. § 53 Abs. 3 AufenthG sowie verhältnismäßig.
Bei der Abwägung sind nach § 53 Abs. 2 AufenthG die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderem zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.
Im Rahmen der Prüfung der Unerlässlichkeit der Ausweisung nach § 53 Abs. 3 AufenthG ist zu beachten, dass die Grundrechte des Betroffenen, insbesondere das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens sowie der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt sein müssen, wobei sämtliche konkreten Umstände, die für die Situation der Betroffenen kennzeichnend sind, zu berücksichtigen sind (vgl. BayVGH, U.v. 3.2.2015 – 10 BV 13.421 – juris Rn. 77 m.w.N.). Unerlässlichkeit ist dabei nicht im Sinne einer „ultima ratio“ zu verstehen, sondern bringt den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für die Ausweisung von Unionsbürgern und Assoziationsberechtigten entwickelten Grundsatz zum Ausdruck, dass das nationale Gericht eine sorgfältige und umfassende Prüfung der Verhältnismäßigkeit vorzunehmen hat (BayVGH, B.v. 27.9.2017 – 10 ZB 16.823 – juris Rn. 20). Auch im Rahmen des § 53 Abs. 3 AufenthG ist deswegen unter Berücksichtigung des besonderen Gefährdungsmaßstabs für die darin bezeichneten Gruppen von Ausländern eine Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach § 53 Abs. 1 (i.V.m. Abs. 2) durchzuführen.
In der Rechtsprechung des EGMR ist dabei anerkannt, dass selbst schwerwiegende Beeinträchtigungen familiärer Beziehungen nicht stets das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung verdrängen. Vielmehr ist anhand der sogenannten „Boultif-Kriterien“ ein gerechter Ausgleich der gegenläufigen Interessen zu finden (vgl. z.B. U.v. 18.10.2006 – „Üner“ – juris Rn. 57 ff.). Auch Art. 6 GG vermittelt keinen unmittelbaren Anspruch auf Aufenthalt und entfaltet allein aufgrund formal-rechtlicher Bindungen keine ausländerrechtliche Schutzwirkungen (vgl. BVerfG, B.v. 1.12.2008 – 2 BvR 1830/08 – juris). Wie der Gerichtshof betont auch das Bundesverfassungsgericht, dass selbst gewichtige familiäre Belange sich nicht stets gegenüber gegenläufigen öffentlichen Interessen durchsetzen (z.B. 23.1.2006 – 2 BvR 1935/05 – juris Rn. 23).
Die in seiner Straftat erkennbare Einstellung zu Frauen und die fehlenden Sprachkenntnisse zeigen, dass sich der Antragsteller nicht in die hiesigen Verhältnisse in relevanten Ausmaß integriert hat. Gleichzeitig hat er immer noch Familie in Bangladesch. Kurz vor der Anlasstat für die Ausweisung hatte er nochmals einen längeren Aufenthalt in Bangladesch bei seiner Familie. Aufgewachsen ist der inzwischen 40 Jahre alte Antragsteller nicht in der Bundesrepublik Deutschland. Als gewichtiger familiärer Belang wäre zwar grundsätzlich eine schützenswerte Beziehung zu seiner Tochter zu berücksichtigen. Diese hat aber derzeit bis auf einen Brief des Antragstellers keinen Kontakt zu ihrem Vater und nach der Stellungnahme des Jugendamtes kommen persönliche Kontaktaufnahmen allenfalls erst wieder nach einer durchgeführten Beratung für Sexualstraftäter, einem Antigewalttraining und einem Täter-Opferausgleich in Betracht. Zudem besteht nach der Stellungnahme des Jugendamtes bei der Tochter derzeit kein aktiv geäußerter Wunsch zum Umgang mit dem Antragsteller und Vater. Der Antragsteller selbst hat bis zur Stellungnahme des Jugendamtes nur einmal die Möglichkeit eines Kontaktes mittels Brief oder Paket mit der Tochter gesucht. Unter Berücksichtigung des längeren Zeitraums, der für solche Kontaktaufnahmen zur Verfügung stand, zeugt dies nicht von einem intensiven Wunsch nach Kontakt und Umgang mit der Tochter. Die persönliche schriftliche Klageerhebung in deutscher Sprache zeigt dabei, dass es dem Antragsteller möglich ist, vermutlich unter Inanspruchnahme von Dritten in der JVA, Briefe in deutscher Sprache zu verfassen. Es fehlt somit nur der Wille beim Antragsteller häufiger Kontakt zur Tochter über Briefe zu suchen und nicht die Möglichkeit. Insgesamt ist damit mehr als zweifelhaft, ob der Antragsteller nochmals eine engere Beziehung zu seiner Tochter aufbauen kann. Im Ergebnis ist das Gewicht der familiären Belange im Fallen einer minderjährigen Tochter vorliegend aufgrund der Straftat des Antragstellers und der daraus resultierenden Familiensituation so stark gemindert, dass die Ausweisung im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung unerlässlich ist.
(2) Die Befristung auf 6 Jahre ist ermessensfehlerfrei erfolgt. Im Rahmen der Befristung konnte ermessensfehlerfrei auch auf generalpräventive Gesichtspunkte abgestellt werden (vgl. Maor in BeckOK AuslR, 30. Ed. 1.7.2021, AufenthG § 11 Rn. 23).
bb) Die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ist rechtmäßig. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis nach § 38a AufenthG (§ 113 Abs. 5 VwGO).
Diesbezüglich ist die Rechtsmäßigkeit der Ausweisung schon gar nicht zu prüfen, da bereits ein Ausweisungsinteresse der Verlängerung entgegensteht und diesbezüglich nicht erforderlich ist, dass auch eine Ausweisung rechtmäßig erfolgen kann. Allein durch die Ablehnung der Verlängerung im Rahmen eines Ausweisungsbescheides darf und wird der Antragsteller nicht bessergestellt als die Fälle einer isolierten Ablehnung ohne Ausweisung. Ein Ausweisungsinteresse i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG liegt dann vor, wenn einer der Tatbestände der §§ 53 bis 55 AufenthG objektiv erfüllt ist. Für das Vorliegen eines Ausweisungsinteresses nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG kommt es nicht darauf an, ob der Ausländer tatsächlich ausgewiesen werden könnte. Vielmehr reicht es schon aus, dass ein Ausweisungsinteresse gleichsam abstrakt – d.h. nach seinen tatbestandlichen Voraussetzungen – vorliegt, wie es insbesondere im Katalog des § 54 AufenthG normiert ist (BVerwG, U.v. 12.7.2018 – 1 C 16/17 -, BVerwGE 162, 349, Rn. 15). Der Antragsteller erfüllt die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG. Gründe für eine Ausnahme von der Regelerteilungsvoraussetzung auf nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG sind nicht ansatzweise ersichtlich.
cc) Die Abschiebungsandrohung ist rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die angedrohte Abschiebung direkt aus der Haft ohne Fristsetzung ist nach § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG i.V.m. § 58 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG rechtmäßig, da der Antragsteller erst am 21. Dezember 2021 aus der Haft entlassen werden soll. Die alternativ angedrohte Abschiebung unter einer Frist von 30 Tagen (vgl. § 59 Abs. 1 Satz1 AufenthG) für den Fall der Haftentlassung vor Vollzug der Abschiebung (Ziffer 4 des Bescheides) begegnet ebenfalls keinen Bedenken. § 58 Abs. 1b AufenthG musste bei der Abschiebungsandrohung nicht beachtet werden, da der Antragsteller in keinem Mitgliedstaat der EU international Schutzberechtigter ist.
Das Vorliegen von Abschiebungsverboten steht der Androhung insgesamt nach § 59 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 AufenthG nicht entgegen. Die bloße Befürchtung der Verfolgung durch die Familie der Ehefrau begründet zudem aber auch schon kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 AufenthG, da der Antragsteller die Möglichkeit hat, in einem anderen Ort in Bangladesch zu leben und keine Gefahr besteht, dass der Antragsteller von der Familie der Ehefrau an einem anderen Ort in Bangladesch gefunden wird. Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amt über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch, Stand: Mai 2021, S. 16, besteht kein landesweites Meldesystem und der ethnisch und geografisch relativ homogene Staat ermöglicht Freizügigkeit. Darüber hinaus wurde eine Verfolgung durch die Familie der Ehefrau nicht glaubhaft gemacht.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
3. Die Streitwertfestsetzung fußt auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 51 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 8.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.05./01.06.2012 und am 18.07.2013 beschlossenen Änderungen.


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