Verwaltungsrecht

Eilrechtsschutz, Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der noch zu erhebenden Klage, Haltungsverbot und Abgabeverfügung für in einem Zirkus gehaltene fünf Tiger, Halten gefährlicher Tiere ohne die erforderliche Erlaubnis nach Art. 37 LStVG, Tierschutzrechtliche Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Nr. 8 d) TierSchG zum gewerbsmäßigen Zur-Schau-Stellen von bis zu sechs Tigern, Gefahrprognose, Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, Zwangsgeldandrohung, Ersatzvornahme, Vorrang der Zwangsgeldandrohung

Aktenzeichen  Au 8 S 22.144

Datum:
28.1.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 5439
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
VwZVG Art. 21a
Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 LStVG i.V.m. Art. 37 Abs. 4 Nr. 1 LStVG
LStVG Art. 7 Abs. 2 Nr. 3
TierSchG § 11 Abs. 1 Nr. 8 d)
VwZVG Art. 29, 31, 32, 36

 

Leitsatz

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der noch zu erhebenden Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. Januar 2022 (Az. …) wird wiederhergestellt bzw. angeordnet.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.
III. Der Streitwert wird auf EUR 2.500,00 festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner noch zu erhebenden Klage gegen ein Haltungsverbot für die von ihm im Zirkus gehaltenen fünf Tiger.
Der Antragsteller ist Teil eines Zirkus und seiner eigenen Aussage nach seit etwa 30 Jahren Halter von fünf Tigern. Er verfügt über eine Reisegewerbekarte sowie eine tierschutzrechtliche Erlaubnis vom 26. Februar 2021 gem. § 11 Abs. 1 Nr. 8 d) TierSchG zur Haltung und gewerbsmäßigen Zur-Schau-Stellung von bis zu sechs Tigern befristet bis zum 31. Dezember 2021. Diese tierschutzrechtliche Erlaubnis wurde mit Änderungsbescheid vom 28. Dezember 2021 bis zum 31. Januar 2023 verlängert. Der Antragsteller ist zudem in Besitz der artenschutzrechtlichen Papiere für die streitgegenständlichen Tiger. Laut den CITES-Papieren ist der Antragsteller seit mindestens 2012 im Besitz eines der Tiger. Der Zirkus gastierte im Ortsbereich der Antragsgegnerin, bis der Antragsteller am 21. Januar 2022 weiterzog. Sicherheitsrechtliche Vorfälle sind den Akten bis zum streitgegenständlichen Sachverhalt nicht zu entnehmen.
Bei zwei Ortsbesichtigungen durch die Antragsgegnerin am 7. Dezember 2021 wurde ausweislich der Akten festgestellt, dass sich fünf Tiger auf dem Gelände des Zirkus befunden haben. Der Antragsteller habe keine Erlaubnis nach Art. 37 LStVG vorweisen können. Für den bestehenden Zaun des Außengeheges wurde mündlich von den Mitarbeitern der Antragsgegnerin ein stromführender Überhang zur weiteren Absicherung angeordnet. Die Abschrankung des Außengeheges sei an einer Stelle zu dicht am Zaun gestanden. Es sei mündlich eine höhere und blickdichte Abschrankung angeordnet worden. Der Antragsteller habe zugesichert, diese Änderungen zeitnah umzusetzen und teilweise auch direkt mit der Umsetzung begonnen. Eine Zuverlässigkeitsüberprüfung durch die Polizei vom 7. Dezember 2021 blieb ohne Erkenntnisse. Unter dem 8. Dezember 2021 beantragte der Antragsteller eine Erlaubnis nach Art. 37 LStVG.
Mit Bescheid vom 16. Dezember 2021 erteilte die Antragsgegnerin die Erlaubnis gem. Art. 37 LStVG für den Zeitraum der Zirkusvorstellungen im Ortsbereich der Antragsgegnerin befristet bis einschließlich 9. Januar 2022 unter diversen Bedingungen und Auflagen. Danach hat u.a. das Außengehege mit einer Höhe von mind. 4 m ausbruchsicher zu sein und am oberen Ende mit einem stromführenden Überhang versehen zu werden (Ziffer 2.3.2.1) und um die Tiergehege und Einzäunungen des Außengeheges außerhalb von Zirkusvorstellungen im Abstand von mind. 2,50 m eine blickdichte, übersteigungserschwerende, durchkriechungsverhindernde, abgeschlossene feste Abschrankung von mind. 2 m Höhe zu bestehen (Ziffer 2.3.2.2). Gem. Ziffer 2.3.2.3 ist für die ausbruchsichere Einzäunung in der Manage am oberen Ende des Zaunes über die gesamte obere Öffnung die Spannung eines Netzes angeordnet, das ein Überspringen oder Überklettern verhindert. Regelungen zur Vollstreckung finden sich nicht.
Auf den Bescheid wird im Einzelnen verwiesen.
Am 23. Dezember 2021 wurde ausweislich der Behördenakten bei einer Kontrolle festgestellt, dass der stromführende Überhang am Außengehege montiert, die blickdichte Umzäunung des Geheges überwiegend eingehalten gewesen sei. An einer Stelle sei der Käfig noch von der Straße aus einsehbar gewesen.
Am 29. Dezember 2021 wurde ausweislich der Behördenakten bei einer Kontrolle der Nachmittagsvorführung festgestellt, dass der Käfig in der Manege nicht vollständig, sondern nur teilweise mit einem ca. 1,5 m breiten Ringnetz an der oberen Öffnung abgehangen war. Den Besuchern sei zum Teil gegen eine Spende der Zugang zum Freilaufgehege ohne infektionsschutzrechtliche Vorkehrungen gewährt worden. Bei einer Nachkontrolle bei der Abendvorstellung sei das Netz vollständig über dem Manegenkäfig vorhanden gewesen.
Am 18. Januar 2022 wurde der Antragsgegnerin bekannt, dass der Antragsteller die Tiere weiterhin im Ortsbereich der Antragsgegnerin hält. Das Zelt sei abgebaut und der Bereich für die Tiger räumlich versetzt, Auflagen nicht mehr eingehalten worden. Der Antragsteller sei in der Folge telefonisch darauf hingewiesen worden, dass die Antragsgegnerin ein Haltungsverbot aussprechen wolle. Der Antragsteller habe angegeben, noch ca. weitere zwei Wochen im Ortsbereich der Antragsgegnerin bleiben zu wollen. Bei einer Kontrolle am Abend sei festgestellt worden, dass die Umzäunung des Geheges nicht ausreichend gewesen sei. Es habe eine Lücke im Bauzaun bestanden und dieser sei nicht blickdicht ausgestaltet worden. Der Antragsteller habe angeboten, einen LKW-Auflieger als Sichtschutz zu platzieren, da anderes Material nicht (mehr) vorhanden sei.
Mit Bescheid vom 18. Januar 2022, wegen Verweigerung der Annahme vor die Wohnungstür des Antragstellers nach 18 Uhr gelegt, sprach die Antragsgegnerin hinsichtlich der näher bezeichneten fünf Tiger (Ziffer 1) ein unbefristetes Haltungsverbot aus (Ziffer 1.1). Dem Antragsteller wurde aufgegeben, die Tiger bis 21. Januar 2022 um 8:00 Uhr an einen geeigneten Halter abzugeben (Ziffer 1.2) und hierüber bis 21. Januar 2022 um 9:00 Uhr einen Nachweis vorzulegen (Ziffer 1.3). In Ziffer 2 ist die sofortige Vollziehung der Ziffer 1 angeordnet. Bei Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung in Ziffer 1.1 wurde ein Zwangsgeld i.H.v. 200 € je Tiger angedroht (Ziffer 3.1), für die Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Ziffer 1.2 die Ersatzvornahme angedroht und die Kosten hierfür auf vorläufig 10.000 € sowie weitere 500 € pro Tag und Tiger für die Unterbringung veranschlagt. Für die Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1.3 wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 200 € angedroht.
Dieser Bescheid enthielt nur eine Rechtsbehelfsbelehrung, keine Begründung.
Am 19. Januar 2022 reichte die Antragsgegnerin gesondert eine Begründung sowie Rechtsbehelfsbelehrungnach. Darin ist unter Darstellung des o.g. Sachverhalts ausgeführt, dass der Antragsteller die Tiger ohne die erforderliche Erlaubnis gem. Art. 37 LStVG seit dem 10. Januar 2022 halte. Der Bescheid stütze sich auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 LStVG. Es liege eine Ordnungswidrigkeit gem. Art. 37 Abs. 4 Nr. 1 LStVG vor. Nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 LStVG könne die Antragsgegnerin zudem Gefahren abwehren, die u.a. Leben oder Gesundheit von Menschen bedrohten. Es liege eine konkrete Gefahr vor. Die Erkenntnisse ließen darauf schließen, dass der Antragsteller dauerhaft bzw. zumindest überwiegend nicht in der Lage sei, gefährliche Tiere zu halten, ohne dass es dadurch zu Gefahren für die Schutzgüter des Lebens und der Gesundheit von Menschen komme. Das bisherige Verhalten lasse erkennen, dass er für die Haltung der Tiere nicht geeignet sei. Er habe im Dezember 2021 bereits keine Erlaubnis zur Haltung vorweisen können, sich im Nachhinein mehrfach nicht an Nebenbestimmungen gehalten und halte aktuell erneut die Tiger ohne die erforderliche Erlaubnis. Der Antragsteller habe wiederholt durch Missachtung der objektiven Rechtsordnung die öffentliche Sicherheit gefährdet und sich nicht kooperativ verhalten. Die Prognose sei dahingehend zu treffen, dass es ohne Erlass eines Haltungsverbots mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer Verletzung der besonders schützenswerten Rechtsgüter des Lebens und der Gesundheit von Menschen kommen werde. Die Anordnungen seien auch verhältnismäßig, weniger belastende Anordnungen kämen nicht in Betracht. Die Voraussetzungen für eine Erlaubnis nach Art. 37 Abs. 1 LStVG seien nicht mehr erfüllt. Es sei anzunehmen, dass der Antragsteller Nebenbestimmungen weiter ignorieren werde. Er habe die Antragsgegnerin auch wiederholt nicht über seinen Aufenthalt mit den Tigern im Ortsbereich informiert. Eine Interessenabwägung führe zum Haltungsverbot und der Abgabeanordnung. Die Anordnungen zum Nachweis seien ebenfalls verhältnismäßig. Die sofortige Vollziehung sei im öffentlichen Interesse angeordnet worden, ein Zuwarten auf eine Entscheidung in der Hauptsache vor dem Hintergrund der gefährdeten Rechtsgüter nicht möglich.
Auf die Begründung wird im Einzelnen verwiesen.
Hiergegen ließ der Antragsteller am 20. Januar 2022 im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes sinngemäß beantragen,
Die aufschiebende Wirkung der noch zu erhebenden Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. Januar 2022 mit dem Zeichen … wird wiederhergestellt.
Dem Antragsteller werde seine Existenzgrundlage entrissen. Er habe nahezu alle Auflagen erfüllt. Es sei keine Gefahr für die Allgemeinheit zu befürchten, da es den Tigern unmöglich sei, zu fliehen oder anderweitig zu entkommen. Der Antragsteller habe eine tierschutzrechtliche Genehmigung für das Halten von Tigern. In der Vergangenheit habe es keinerlei Probleme mit der Tigerhaltung gegeben. Die letzten Kontrollen vom 2. Juli 2021 und 12. November 2021 seien beanstandungsfrei verlaufen. Der Bescheid sei daher rechtswidrig. Es sei nach der Abreise des Antragstellers am 21. Januar 2022 nicht auszuschließen, dass in nächster Zeit in Bayern und dem Ortsbereich der Antragsgegnerin Auftritte stattfänden.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung ist unter Bezugnahme auf den Bescheid samt Begründung im Wesentlichen wiederholend und vertiefend vorgetragen. Das Interesse des Antragstellers müsse hinter dem Interesse der Allgemeinheit am Schutz von durch unerlaubte und unsachgemäße Tigerhaltung ausgehenden Verstöße zurückstehen. Hinsichtlich des vorgetragenen Entzugs der Existenzgrundlage sei anzumerken, dass nur der rechtmäßig ausgeübte Gewerbebetrieb geschützt sei. Der Antragsteller habe jedoch keine Haltungserlaubnis und auch nicht alle Auflagen erfüllt. Es sei nicht dargelegt, dass das Zuwarten bis zu einer Hauptsacheentscheidung existenzielle Schwierigkeiten zur Folge hätte. Gegen folgende Auflagen sei verstoßen worden:
– Fehlende Absicherung um Zugang von Unbefugten zu verhindern
– Fehlende Absicherung am Zaun des Geheges, um zu verhindern, dass die Tiere entkommen können
– Zaun am Gehege sei entgegen der Anordnung nicht blickdicht gestaltet und dadurch von der Straße aus gut einsehbar gewesen
– Keine dem Erlaubnisbescheid gemäße Absicherung der Manege
– Personen seien entgegen einer Zusicherung zu den Tigern geführt worden
Der Antragsteller besitze nicht die erforderliche Zuverlässigkeit zum Halten gefährlicher Tiere. Dass keine Gefahren für die Allgemeinheit bestünden, sei nicht begründet worden. Die Maßnahme sei verhältnismäßig. Ein milderes, gleich effektives Mittel zum Schutz der betroffenen Rechtsgüter sei nicht ersichtlich. Insbesondere stelle die nochmalige Anordnung von erforderlichen Schutzmaßnahmen kein gleich wirkungsvolles Mittel dar, da der Antragsteller mehrfach gezeigt habe, dass er diesen nicht in ausreichendem Maß Folge leiste. Eine Erteilung einer Erlaubnis nach Art. 37 LStVG komme nicht mehr in Betracht, da der Antragsteller nicht mehr die erforderliche Zuverlässigkeit besitze. Nach Ziff. 37.4.2 VollzBekLStVG seien an die persönliche Eignung strenge Anforderungen zu stellen. Der Antragsteller habe innerhalb kurzer Zeit wiederholt gegen Art. 37 LStVG und die Auflagen und Anordnung der Antragsgegnerin verstoßen und sich zudem uneinsichtig und unkooperativ gezeigt. Es handele sich nicht um einen einmaligen „Ausrutscher“, sondern regelmäßiges Nicht-Beachten von sicherheitsrechtlichen Vorgaben. Ein entsprechendes Verhalten sei daher auch weiterhin zu befürchten. Auf eine Erlaubnis nach § 11 TierSchG komme es nicht an, diese ersetze nicht die Erlaubnis nach Art. 37 LStVG. Ebenso wenig sei erforderlich, dass ein Sicherheitsvorfall über die dargelegten sicherheitsrechtlichen Verstöße hinaus eingetreten sei. An den Eintritt der Gefahr seien umso geringere Anforderungen zu stellen, je höherwertig die betroffenen Rechtsgüter seien. Die durch die Haltungsuntersagung und Abgabeanordnung erfolgten Eingriffe in Art. 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG seien gerechtfertigt, auf Art. 12 Abs. 2 GG könne sich der Antragsteller als schweizer Staatsangehöriger schon nicht berufen. Legitimer Zweck sei der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen. Es handele sich dabei um ein wichtiges Gemeinschaftsgut. Es bestehe die konkrete Gefahr für die Gesundheit und das Leben einer größeren Anzahl von Personen. Dies betreffe konkret die Allgemeinheit, insbesondere alle Nutzenden der öffentlichen Straßen, Gehwege, Plätze und Grünanlagen. Es bestehe eine Schutzpflicht des Staates.
Am 21. Januar 2022 hat das Gericht nach einer Interessenabwägung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes gem. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG der Antragsgegnerin durch Zwischenverfügung einstweilen bis zur Entscheidung über den Eilantrag Vollstreckungsmaßnahmen untersagt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der noch zu erhebenden Klage nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.
1. Gegenstand des vorliegenden Eilverfahrens ist der Bescheid vom 18. Januar 2022. Hinsichtlich der getroffenen Anordnungen zur Haltungsuntersagung und Abgabe der fünf Tiger in Ziffer 1 wurde in Ziffer 2 die sofortige Vollziehung angeordnet. Insofern ist der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft. Da sich die Klage ausweislich des Wortlauts des Antrags gegen den gesamten Bescheid richtet, war der Antrag im Eilverfahren dahingehend auszulegen, §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO, dass auch die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der Zwangsgeldandrohungen bzw. der angedrohten Ersatzvornahme in Ziffer 3 des Bescheides begehrt wird. Insoweit ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft, da Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung von Gesetzes wegen sofort vollziehbar sind (vgl. Art. 21a VwZVG, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO).
2. Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen und im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei seiner Entscheidung über die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten der Hauptsache als wesentliches, wenn auch nicht alleiniges Indiz für die vorzunehmende Interessenabwägung zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Hauptsacherechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, so verbleibt es bei der Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden öffentlichen bzw. privaten Interessen.
3. Gemessen hieran überwiegt vorliegend das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner noch zu erhebenden Klage das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung. Der von dem Antragsteller angefochtene Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. Januar 2022 erweist sich bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung voraussichtlich als rechtswidrig und verletzt den Antragsteller daher in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
a) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist formell nicht zu beanstanden. Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Die Begründungspflicht soll u.a. der Behörde den Ausnahmecharakter der Vollzugsanordnung vor Augen führen und sie veranlassen, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen („Warnfunktion“), ob tatsächlich ein besonderes öffentliches Interesse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfordert (BayVGH, B.v. 24.3.1999 – 10 CS 99.27 – BayVBl. 1999, 465 = juris Rn. 18). Bloß formelhafte Begründungen genügen daher regelmäßig nicht.
Diesen formellen Anforderungen genügt die Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs im streitgegenständlichen Bescheid gerade noch. Ob diese Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs in inhaltlicher Hinsicht zu überzeugen vermag, ist hingegen keine Frage der Begründungspflicht, sondern des Vollzugsinteresses.
Aus Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG folgt schon deshalb keine Anhörungspflicht, weil die sofortige Vollziehung nicht als Verwaltungsakt qualifiziert werden kann, sondern es sich um eine verfahrensrechtliche Nebenentscheidung zum Verwaltungsakt handelt. Auch eine analoge Anwendung scheidet mangels vergleichbarer Interessenlage aus (Eyermann/Hoppe, 15. Aufl. 2019, VwGO, § 80 Rn. 53).
b) Die Antragsgegnerin hat die Anordnungen in Ziffer 1 auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 LStVG sowie Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 LStVG gestützt. Nach dieser Vorschrift können die Sicherheitsbehörden, zu denen die Antragsgegnerin gemäß Art. 6 LStVG zählt, soweit eine solche gesetzliche Ermächtigung nicht in Vorschriften dieses Gesetzes oder in anderen Rechtsvorschriften enthalten ist, zur Erfüllung ihrer Aufgaben Anordnungen für den Einzelfall treffen, um rechtswidrige Taten, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder einer Ordnungswidrigkeit verwirklichen, zu verhüten oder zu unterbinden (Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG), oder um Gefahren abzuwehren oder Störungen zu beseitigen, die Leben, Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder Sachwerte, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten erscheint, bedrohen oder verletzen (Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG).
(1) Das Gericht hat bereits Zweifel daran, ob der Antragsteller für sein Zirkusengagement überhaupt einer Erlaubnis gem. Art. 37 LStVG bedurfte und daher eine Ordnungswidrigkeit begangen hat. Der Begriff der „Haltung“ ist dabei nicht definiert und sicherheitsrechtlich zu bestimmen. Während etwa Anordnungen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG über die Art und Weise des Haltens schon bei einem nur vorübergehenden Aufenthalt eines Hundes im Freistaat Bayern möglich ist, ergibt sich aus der Gesetzessystematik und dem Telos des Art. 37 LStVG, dass dieser vor den Gefahren schützen soll, die aus der dauerhaften Haltung eines gefährlichen Tieres vor Ort resultieren. Eine Erlaubnispflicht nach Art. 37 Abs. 1 LStVG besteht demnach grundsätzlich erst, wenn die Haltung einen als vorübergehend zu bezeichnenden Zeitraum überschreitet. Entscheidend sind dabei die Umstände des Einzelfalls und die Zielsetzung des Aufenthalts. In der Literatur wird jedenfalls ein Zeitraum von vier bis sechs Wochen noch als vorübergehend angesehen (vgl. hierzu Schwabenbauer in BeckOK PolR Bayern, LStVG, Stand: 1.9.2021, Art. 37 Rn. 59; Luderschmid in Bengl/Berner/Emmerig, Bayerisches Landesstraf- und Verordnungsgesetz – LStVG -, Stand: 8/2018, Art. 37 Rn. 42).
Nach den Umständen des vorliegenden Einzelfalls zielte der Aufenthalt des Antragstellers mit seinen fünf Tigern auf den Zeitraum der Zirkusvorstellungen von Anfang Dezember 2021 bis zur geplanten Abreise am 9. Januar 2022. Für die Zeit danach sei ein Folgeengagement ausgefallen, so dass ein weiterer sich anschließender Aufenthalt im Ortsbereich der Antragsgegnerin von wenigen Wochen angedacht gewesen sei. Dieser Zeitraum stellt sich nach den aus den Akten ersichtlichen Umständen des Einzelfalls bei summarischer Prüfung der Sachlage im Eilverfahren als lediglich vorübergehend dar.
In der Akte befinden sich auch keine Hinweise auf einen darüberhinausgehenden, nicht nur vorübergehenden Aufenthalt in Bayern. Der Antragsteller hat seinen Wohnsitz in Sachsen. Die Antragsgegnerin hat jedenfalls in ihrem Bescheid vom 18. Januar 2022 und der nachgereichten Begründung vom 19. Januar 2022 nicht dargelegt, dass der Antragsteller sich mit seinen fünf Tigern nicht nur vorübergehend in Bayern aufhält. Die genauere Aufklärung einer tatsächlichen Haltung in Bayern muss dabei dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
Fehlt es aber an einer (landesrechtlichen) Erlaubnispflicht zur Haltung der Tiger, lässt sich dem Antragsteller auch kein dahingehendes ordnungswidriges Verhalten vorwerfen. Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 LStVG erwiese sich dann mangels zu verhindernder Begehung einer Ordnungswidrigkeit als nicht taugliche Rechtsgrundlage für eine Haltungsuntersagung bzw. Abgabeanordnung.
(2) Soweit die Antragsgegnerin ihre Anordnungen weiter auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 LStVG stützt, hat die Antragsgegnerin eine sich aus der behaupteten fehlenden Zuverlässigkeit des Antragstellers ergebende konkrete Gefahr im Sinne von Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG für die Schutzgüter des Lebens und der Gesundheit von Menschen oder Sachwerte, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten erscheint, nicht hinreichend dargelegt.
(a) Die konkrete Gefahr definiert sich als eine im Einzelfall bestehende Sachlage, die bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer Verletzung eines Schutzguts der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führt (vgl. Art. 11 Abs. 1 Satz 2 PAG). Dabei umfassen die öffentliche Sicherheit und Ordnung als Schutzgüter die Unversehrtheit der objektiven Rechtsordnung, der subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen und die Funktionsfähigkeit von Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates. An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist.
Die erforderliche Zuverlässigkeit (vgl. Nr. 37.4.2 VollzBekLStVG) im Rahmen des Art. 37 LStVG besitzen in der Regel u.a. Personen nicht,
– die wegen Begehung einer nach dem Tierschutzgesetz, dem Waffengesetz, dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen, dem Sprengstoffgesetz oder dem Bundesjagdgesetz strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt worden sind oder nur deshalb nicht verurteilt worden sind, weil sie zum Tatzeitpunkt schuldunfähig waren oder dies nicht auszuschließen war; eine Verurteilung bleibt in der Regel außer Betracht, wenn der Eintritt der Rechtskraft länger als drei Jahre zurückliegt; in die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Antragsteller auf behördliche oder richterliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist,
– denen Geldbußen wegen Ordnungswidrigkeiten nach dem Tierschutzgesetz oder der Bundesartenschutzverordnung auferlegt worden sind; eine Ahndung bleibt in der Regel außer Betracht, wenn der Eintritt der Bestandskraft oder Rechtskraft länger als zwei Jahre zurückliegt,
– die wiederholt oder gröblich gegen die Vorschriften der Art. 18, 37, 37a LStVG oder eines der in Nr. 37.2 genannten Gesetze und der hierauf beruhenden Verordnungen verstoßen haben.
Ungeachtet der Begründung im streitgegenständlichen Bescheid unterliegt die von der Antragsgegnerin getroffene Einschätzung hinsichtlich der Gefahrenprognose in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle (vgl. BayVGH, U.v. 15.3.2005 – 24 BV 04.2755 – juris Rn. 22).
(b) Nach diesen Grundsätzen ist die Gefahrprognose der Antragsgegnerin voraussichtlich gerichtlich zu beanstanden. Das Gericht verkennt hierbei nicht, dass für die Haltung gefährlicher Tiere strenge Maßstäbe an die Zuverlässigkeit des Halters anzulegen sind. Ob der Antragsteller einer Erlaubnis nach Art. 37 LStVG bedarf, ist wie dargelegt aber bereits fraglich. Ebenfalls vermag das Gericht bei summarischer Prüfung keine wiederholten oder gröblichen Verstöße gegen die genannten Vorschriftenerkennen, die in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls den Verlust der Zuverlässigkeit zur Folge hätten. Die Antragsgegnerin hat bei ihrer Gefahrprognose auch nur einseitig die gegen den Antragsteller sprechenden Punkte eingestellt, ohne eine Gesamtwürdigung aller Umstände vorzunehmen. So ist nicht berücksichtigt, dass der Antragsteller als juristischer Laie, der jedenfalls in Besitz einer gültigen Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Nr. 8 d) TierSchG zur Haltung und Zurschaustellung von bis zu sechs Tigern war und ist, auf entsprechenden Hinweis im Dezember 2021 unverzüglich eine Erlaubnis nach Art. 37 LStVG beantragt und diese auch erteilt bekommen hat. Die Befristung dieser Erlaubnis war dabei auf die voraussichtliche Dauer des Aufenthalts festgesetzt worden, der Wegfall des Folgeengagements noch nicht absehbar. Sicherheitsrechtliche Vorfälle im Zusammenhang mit der langjährigen Haltung der Tiger durch den Antragsteller sind nicht aktenkundig.
Der Antragsteller hat sich bei summarischer Prüfung nach Aktenlage auch darum bemüht, alle Anordnungen ohne zeitlichen Verzug umzusetzen. Soweit am 7. Dezember 2021 durch einen Mitarbeiter des ortsansässigen Zoos angeregt wurde, das Außengehege mit einem stromführenden Überhang zu versehen, kam der Antragsteller dem unverzüglich nach. Auch soweit eine Abschrankung teilweise als zu nah am Außengehege platziert eingestuft worden ist, hat der Antragsteller ausweislich der Behördenakten noch während der Kontrolle abgeholfen. Die Zuverlässigkeitsprüfung durch die Polizei vom selben Tag verlief ohne Erkenntnisse.
Bei einer Kontrolle am 23. Dezember 2021 wurde eine nahezu lückenlos blickdichte Umzäunung festgestellt. Lediglich an einer Stelle sei der Käfig von der Straße aus noch einsehbar gewesen. Bei der Nachkontrolle am 29. Dezember 2021 entsprach der Sichtschutz den Anordnungen der Antragsgegnerin. Der Käfig in der Manege wurde jedoch beanstandet, da dort lediglich ein 1,5 m breites Netz ringförmig als Überhang an der oberen Öffnung angebracht worden sei. Erforderlich sei, dass die obere Öffnung vollständig mit einem Netz abgespannt werde. Dieser Anordnung wollten die Mitarbeiter des Antragstellers unverzüglich nachkommen. Lediglich aus Zeitgründen im Rahmen der laufenden Vorstellung sei davon abgesehen worden, die Tigershow daher abgesagt bzw. von der Antragsgegnerin untersagt worden. Bei der Abendvorstellung am selben Tag nutzte der Antragsteller ein den Vorgaben der Antragsgegnerin entsprechendes Netz.
Dabei ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin im Bescheid vom 16. Dezember 2021 zur Erlaubnis nach Art. 37 LStVG keinerlei angemessene Fristen zur Umsetzung gesetzt hat, soweit der Antragsteller bereits bestehende Sicherheitsvorkehrungen anpassen bzw. erweitern oder ausbauen sollte (Sichtschutz, Abschrankung, Überhänge an den Gehegen, etc.), sondern vielmehr Verstöße unmittelbar ab Bekanntgabe des Bescheides eintreten konnten.
Soweit die Antragsgegnerin auf die Geschehnisse am 18. Januar 2022 verweist, ist zunächst festzustellen, dass offenbar der Zirkus in weiten Teilen abgebaut worden war und das Tigergehege des Antragstellers in einen anderen Bereich der Fläche verbracht worden war (Bl. 67 d.A.). Es sei keine Abschrankung mehr vorhanden gewesen und man sei wohl von Parkplatzseite direkt an das Außengehege gekommen. Insofern geht aus den Akten und dem Bescheid der Antragsgegnerin nicht hervor, inwiefern diese aufgeklärt hat, ob dieser Zustand nur temporär wegen der Umbauarbeiten bestanden hat. Ausweislich eines Lichtbildes (Bl. 66 d.A.) war das Außengehe mit einer zusätzlichen Abschrankung und dem stromführenden Überhang versehen. Auf dem Lichtbild ist auch kein Tiger im Außengehege erkennbar. Auf die Missstände bei einer Kontrolle am Abend gegen 18:00 Uhr anlässlich der Bekanntgabe des Bescheides vom 18. Januar 2022 angesprochen, hat der Antragsteller einen Sichtschutz durch die Platzierung eines LKW-Aufliegers zeitnah hergestellt. Die Antragsgegnerin hat auch nicht dargelegt, inwieweit durch diese Situation eine konkrete Gefährdungslage eingetreten sein soll. Sie verweist lediglich pauschal darauf, dass es „bereits bei den beschriebenen Verstößen nachweislich zu gefährlichen Situationen oder Störungen“ gekommen sei, ohne näher darzulegen, welche konkret gefährlichen Situationen sie meint. Die von der Antragsgegnerin dargelegten Missstände erweisen sich angesichts der Umstände des Einzelfalls insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich der Natur der Sache nach um mobile Anlagen im Rahmen eines Zirkusbetriebs handelt, als nicht so schwerwiegend, als dass dadurch eine konkrete Gefahr für die genannten Rechtsgüter hinreichend dargetan wäre.
(3) Letztlich erweisen sich die Haltungsuntersagung und Abgabeverfügung aus den dargelegten Gründen auch als ermessensfehlerhaft (Art. 40 BayVwVfG, § 114 VwGO) und unverhältnismäßig (Art. 8 LStVG).
(a) Für eine Haltungsuntersagung nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 bzw. 3 LStVG sind die jeweiligen öffentlichen und privaten Interessen zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen. Für die Haltung gefährlicher Tiere sind strenge Maßstäbe an die Zuverlässigkeit des Halters anzulegen. Dabei ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass von gefährlichen Tieren eine erhöhte Gefährdung für die Rechtsgüter des Lebens und der Gesundheit ausgeht. Bei der Prüfung, ob und inwieweit einer Erlaubniserteilung Gefahren für Leben, Gesundheit, Eigentum oder Besitz entgegenstehen, ist deshalb ein strenger Maßstab anzulegen. Die Tiere müssen ihrer potentiellen Gefährlichkeit entsprechend gehalten und beaufsichtigt werden. Andererseits müssen die Erfordernisse einer artgerechten Tierhaltung erfüllt sein. Allerdings sind mit Blick auf die hohe Eingriffsintensität insbesondere auch in das Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG auch die Belange des Antragstellers hinreichend zu gewichten. Dies gilt insbesondere, wenn der Halter – wie hier – die gefährlichen Tiere nicht privat, sondern gewerblich, d.h. berufsmäßig hält. Eine sicherheitsbehördliche Maßnahme setzt daher grundsätzlich, den Maßstäben von Art. 37 LStVG als präventivem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt folgend, voraus, dass der Halter generell nicht für die Haltung von gefährlichen Tieren geeignet ist. Letzteres ist insbesondere anzunehmen, wenn sich der Tierhalter dauerhaft und hartnäckig weigert, einer bestehenden sicherheitsbehördlichen Anordnung nachzukommen oder sich sonst als unzuverlässig erwiesen hat (vgl. bereits oben sowie Nr. 37.4.2 VollzBekLStVG). Vor Erlass einer solchen Haltungsuntersagung und bei grundsätzlichem Vorliegen der Voraussetzungen zur Erteilung einer Erlaubnis nach Art. 37 LStVG muss die Behörde grundsätzlich zunächst erfolglos Zwangsmittel zur Durchsetzung von Anordnungen zur Haltung eingesetzt haben. Je weniger ein Halter bereit ist, der von seinem Tier ausgehenden Gefahr durch andere Maßnahmen entgegenzuwirken, umso eher ist eine Untersagung verhältnismäßig (vgl. zur Hundehaltung BayVGH, B.v. 12.3.2018 – 10 ZB 18.103 – juris Rn. 8; B.v. 6.3.2015 – 10 ZB 14.2166 – juris Rn. 8; B.v. 26.2.2014 – 10 ZB 13.2476 – juris Rn. 4; vgl. auch Schwabenbauer in BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Möstl/Schwabenbauer, Stand 15.3.2021, LStVG Art. 18 Rn. 112 ff. m.w.N.).
(b) In Anwendung dieser Maßstäbe erweisen sich die Ziffern 1.1 bis 1.3 betreffend die Haltungsuntersagung, Abgabeanordnung und der Nachweispflicht als unverhältnismäßig. Zwar ist zuzugeben, dass die Kommunikation ausweislich der Behördenakte mit dem Antragsteller teilweise schwierig und der Informationsfluss eingeschränkt war. Für das Gericht ist jedoch bei summarischer Prüfung nicht erkennbar, dass der Antragsteller sich vehement gegen behördliche Auflagen stellt und diesen wiederholt und gröblich nicht nachkommt (vgl. dazu bereits ausführlich oben). Die Antragsgegnerin hat die entsprechenden Bedingungen und Auflagen nicht mit entsprechenden angemessenen Fristen zur Umsetzung versehen und auch nicht mit (Androhung von) Zwangsmitteln durchgesetzt. So wurde hinsichtlich keiner der Bedingungen bzw. Auflagen im Bescheid vom 16. Dezember 2021 ein Zwangsgeld angedroht oder in der Folge bei einem etwaigen Verstoß auch fällig gestellt.
(c) Weiter zu berücksichtigen ist dabei, dass der Antragsteller in Besitz einer tierschutzrechtlichen Erlaubnis gem. § 11 Abs. 1 Nr. 8 d) TierSchG ist und damit eine tierschutzgerechte Tierhaltung feststeht. Zwar ist richtig, dass Tierschutz und Sicherheitsrecht grundsätzlich nebeneinander bestehen und die Erlaubnis gem. § 11 TierSchG eine Erlaubnis nach Art. 37 LStVG wegen der anderen Zielrichtung nicht ersetzt. Vor dem Hintergrund, dass eine Erlaubnis nach § 11 TierSchG nur erteilt werden darf, wenn die verantwortliche Person zuverlässig ist, über die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt und dem Tierschutz entsprechende Haltungsbedingungen vorweisen kann, dürfte jedenfalls in Fällen, in denen eine Erlaubnis, Tiere gewerbsmäßig zur Schau zu stellen oder für solche Zwecke zur Verfügung stellen, erteilt worden ist, regelmäßig auch die Erteilung einer Erlaubnis nach Art. 37 LStVG in Betracht kommen.
So liegt der Fall auch hier. Insbesondere dürfte unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls bei summarischer Prüfung, wie oben näher ausgeführt, zweifelhaft sein, ob die Antragsgegnerin eine Erlaubnis nach Art. 37 LStVG unter Hinweis auf die fehlende Zuverlässigkeit des Antragstellers auch unter Zugrundelegung der bei der Haltung gefährlicher Tiere notwendigen strengen Maßstäbe versagen kann. Wie dargelegt war der Antragsteller bemüht, behördliche Auflagen zeitnah umzusetzen. Die Antragsgegnerin hat hingegen darauf verzichtet, zur Durchsetzung dieser Bedingungen bzw. Auflagen zunächst selbst Zwangsmittel anzudrohen bzw. anzuwenden. Ist hiernach die Erteilung einer Erlaubnis nach Art. 37 LStVG nicht offensichtlich ausgeschlossen und hat die Behörde auch nicht versucht, Auflagen im Wege des Verwaltungszwangs durchzusetzen, kann die Haltungsuntersagung und Abgabeverfügung schon unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten nicht auf Art. 7 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 LStVG gestützt werden, da mildere Mittel ersichtlich sind. Die Antragsgegnerin hat insofern auch nicht dargelegt, dass Verwaltungszwang hinsichtlich der Bedingungen bzw. Auflagen von vorneherein aussichtslos gewesen wäre. Hiervon geht das Gericht angesichts der Bemühungen des Antragstellers auch nicht aus.
(d) Hinzu kommt, dass sich die Haltungsuntersagung und Abgabeanordnung sowie die Nachweispflicht (Ziffer 1.1, 1.2 und 1.3 des Bescheids vom 18. Januar 2022) auch deshalb als unverhältnismäßig erweisen, da die dort angegebenen Fristen unverhältnismäßig kurz sind. Selbst die Antragsgegnerin konnte in dieser kurzen Zeit keine Unterbringung für fünf Tiger organisieren, sondern hätte erst am Sonntag, den 23. Januar 2022 im Wege der Ersatzvornahme vollstrecken können. Vor diesem Hintergrund geht das Gericht davon aus, dass es dem Antragsteller in der Zeit frühestens vom 18. Januar 2022 nach 18:00 Uhr bis zum 21. Januar 2022 um 8:00 Uhr nicht möglich gewesen wäre, für eine sachgerechte und den notwendigen tierschutzrechtlichen Anforderungen genügende Unterbringung von fünf Tigern bei anderen Haltern zu sorgen. Nach Geschäftsschluss am 18. Januar 2022 verblieben dem Antragsteller nämlich lediglich zwei Werktage, um fünf Tiger anderweitig unterzubringen, was auch unter Einbeziehung des Gesichtspunkts der effektiven Gefahrenabwehr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls als zu kurz zu bewerten ist.
c) Die umfassende Abwägung aller widerstreitenden Interessen unter Einbeziehung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache führt daher zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der noch zu erhebenden Klage des Antragstellers hinsichtlich Ziffer 1 des Bescheides vom 18. Januar 2022.
d) Das gemäß Art. 36 Abs. 1, 3 und 5 VwZVG angedrohte Zwangsgeld dient zur Durchsetzung der in Ziffern 1.1 und 1.3 getroffenen Verpflichtungen und teilt deren Schicksal. Im Hauptsacheverfahren werden die Ziffern 3.1 und 3.3 des Bescheides vom 18. Januar 2022 daher voraussichtlich aufzuheben sein, da es an den Vollstreckungsvoraussetzungen fehlt. Für die Vollstreckung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts fehlt es jedenfalls am öffentlichen Interesse. Gleiches gilt für die angedrohte Ersatzvornahme in Ziffer 3.2 des Bescheides vom 18. Januar 2022. Weshalb eine Zwangsgeldandrohung hinsichtlich der Abgabeverpflichtung in Ziffer 1.2 des Bescheides keinen rechtzeitigen Erfolg erwarten lässt, hat die Antragsgegnerin nur unzureichend, d.h. nur pauschal und formelhaft begründet. Insofern ist Ziffer 3.2 voraussichtlich auch aufgrund des Vorrangs der Zwangsgeldandrohung gem. Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3, 32 Satz 2 VwZVG aufzuheben. Dies zeigt sich bereits daran, dass die Antragsgegnerin für die Durchsetzung der Ziffern 1.1 und 1.3 jeweils auch Zwangsgelder für ausreichend und wirksam erachtet hat. Insoweit war die aufschiebende Wirkung der noch zu erhebenden Klage anzuordnen.
4. Die Kostenentscheidung basiert auf § 154 Abs. 1 VwGO.
5. Der Streitwert war nach § 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG zu bestimmen. Das Gericht orientiert sich dabei an den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (dort Nrn. 1.5, 35.2). Der in der Hauptsache anzusetzende Streitwert in Höhe von 5.000,00 EUR war im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.


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