Verwaltungsrecht

Einzelfall einer unbegründeten Asylklage

Aktenzeichen  B 7 K 17.31884

Datum:
29.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 28282
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3 Abs. 1, Abs. 4, § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 1-3
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

Bei der äthiopischen Armee handelt es sich um eine Freiwilligen-Armee, die keine Zwangsrekrutierungen vornimmt.  (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg.
Der angefochtene Bescheid vom 09.05.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter noch auf Zuerkennung internationalen Schutzes. Es liegen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Abschiebungsandrohung sowie die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes sind nicht zu beanstanden.
1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor.
Nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen (§ 3c Abs. 1 Nr. 2 AsylG) oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Abs. 1 Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3 AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG).
Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft muss sich das Gericht die volle Überzeugung von der Wahrheit des behaupteten Verfolgungsschicksals und der Wahrscheinlichkeit der Verfolgungsgefahr bilden. Eine bloße Glaubhaftmachung in der Gestalt, dass der Vortrag lediglich wahrscheinlich sein muss, ist nicht ausreichend (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 16.4.1985 – 9 C 109/84 – juris). Es ist vielmehr der asylrechtliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu Grunde zu legen. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhaltes die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Hierbei darf das Gericht jedoch hinsichtlich der Vorgänge im Verfolgerland, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder der Feststellung eines Abschiebungsverbotes führen sollen, keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen, sondern muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fragen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, auch wenn Zweifel nicht völlig auszuschließen sind (BVerwG, U.v. 16.4.1985 a.a.O.). Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, U. v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 – juris).
Nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 (EU-Qualifikations-RL) ist hierbei die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweise darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von einer solchen Verfolgung und einem solchen Schaden bedroht wird.
Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Kläger eine an den Merkmalen des § 3 Abs. 1 AsylG ausgerichtete Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Das Gericht schließt sich den zutreffenden Gründen im angefochtenen Bescheid der Beklagten an und sieht daher insoweit von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend ist Folgendes auszuführen:
Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich nicht, dass ihm ein Anspruch auf Zuerkennung der geltend gemachten Rechtspositionen zustehen würde. Der Kläger hat vor dem Bundesamt lediglich eine fragmentarische Rahmengeschichte geschildert, die nicht den Eindruck erweckt, als dass es sich hierbei um tatsächliche Erlebnisse des Klägers handeln würde. Auch in der mündlichen Verhandlung konnte der Kläger die erkennende Einzelrichterin mit seinem Vortrag nicht davon überzeugen, dass seine Schilderungen über die Verhaftung und anschließende Zwangsrekrutierung erlebnisbasiert gewesen sind. Seine Ausführungen sind vielmehr an mehreren, maßgeblichen Stellen vage, stehen teilweise im Widerspruch zu den klägerischen Äußerungen beim Bundesamt und wurden auch noch gesteigert.
a) Äußerst vage, im Allgemeinen verbleibend und damit im Ergebnis nicht glaubhaft sind die Angaben des Klägers zu den Haftanlagen in Cobanle und Degehabur. Es gelingt ihm – auch auf Nachfrage hin – nicht, das Soldatenlager und das Gefängnis lebhaft und detailliert zu beschreiben (vgl. S. 5 und 6 der Niederschrift). Auch seine Zelle beschreibt er jeweils nur äußerst oberflächlich. Angaben, die normalerweise zur wahrheitsgemäßen Darstellung absolut naheliegen würden, wie beispielsweise, ob es in der Zelle ein Fenster gab, wo der Kläger schlafen musste etc., fehlen vollständig. Wäre der Kläger tatsächlich für insgesamt drei Monate inhaftiert gewesen, hätten sich ihm das Gefängnis und seine Zelle sicherlich so eingeprägt, dass er auch jetzt noch genau darüber berichten könnte. Dass der Kläger beide Gefängnisse auch noch gleich beschreibt, spricht ebenfalls nicht für seine Glaubwürdigkeit. Beide Male habe es sich um ein großes Lager mit verschiedenen kleinen Gebäuden gehandelt, um das Lager herum seien Soldaten zur Bewachung gestanden (vgl. S. 5 und 6 der Niederschrift).
b) Ebenso blass bleiben die Ausführungen des Klägers zu den Geschehnissen während der Haft. Beim Bundesamt gab der Kläger an, er sei in Cobanle mit Sicherheitsschuhen geschlagen und geboxt worden. Außerdem seien ihm am Hoden schlimme Verletzungen zugefügt worden (vgl. S. 6 der Niederschrift). In der mündlichen Verhandlung gab der Kläger zunächst nur pauschal an, er sei geschlagen worden. Auf Nachfrage ergänzte er (ebenso pauschal), die Soldaten hätten alles zur Verfügung stehende genutzt, um ihn zu schlagen (vgl. S. 5 der Niederschrift). Nochmals vom Gericht um Details hinsichtlich der Schläge gebeten erklärte der Kläger, es sei sehr unterschiedlich gewesen, wie sie geschlagen worden seien, manchmal nur mit den Händen, manchmal mit einem Stock, manchmal seien sie auch getreten worden (vgl. S. 6 der Niederschrift). Nach allgemeiner Lebenserfahrung gilt auch hier, dass derart gravierende Ereignisse – sollten sie denn tatsächlich erlebt worden sein – fest im Gedächtnis des Klägers verankert sein müssten, sodass ihm auch nach Jahren ein präziser Vortrag diesbezüglich möglich sein müsste.
Völlig widersprüchlich ist dann auch noch der Vortrag des Klägers zum Grund seiner Inhaftierung. Beim Bundesamt gab der Kläger an, die Soldaten hätten in Cobanle direkt nach seiner Ankunft angefangen, ihn zu schlagen und nachgefragt, ob er Mitglied bei der ONLF sei und was er für die ONLF mache (vgl. S. 6 der Niederschrift). In der mündlichen Verhandlung gab er hingegen an, nicht genau zu wissen, warum er in dieses Gefängnis gekommen sei. Er vermute, es sei weil sein Vater Regierungskritiker gewesen sei und die äthiopische Regierung dann auch andere Familienmitglieder verfolge. Die Nachfragen, ob ihm in dieser Zeit konkret etwas vorgeworfen worden sei und ob ihm vorgeworfen worden sei, Mitglied der ONLF zu sein, verneinte der Kläger ausdrücklich (vgl. S. 6 der Niederschrift). Es erscheint fernliegend, dass der Kläger einen Monat lang in einem äthiopischen Gefängnis inhaftiert und geschlagen wird, ohne dass ihm in dieser Zeit jemals ein konkreter Vorwurf gemacht wurde.
Diese Unstimmigkeiten setzen sich hinsichtlich der Geschehnisse im Gefängnis in Degehabur fort. Der Kläger sagte beim Bundesamt, in Degehabur seien ihm Leute gezeigt worden, welche er identifizieren habe müssen. Wenn ihm das nicht gelungen sei, sei er geschlagen worden (vgl. S. 6 und 7 der Anhörungsniederschrift). In der mündlichen Verhandlung erklärte der Kläger aber, dort sei ihm vorgeworfen worden Mitglied der ONLF oder Al-Shabaab zu sein. Sonst habe er dort nichts machen müssen (vgl. S. 7 der Niederschrift). Von der Einzelrichterin auf diesen Widerspruch hingewiesen, gelang es dem Kläger nicht, diesen überzeugend aufzulösen. Er erklärte dies lediglich damit, dass es sein könne, dass er die Frage zuvor nicht richtig verstanden habe.
c) Eklatant widersprüchlich sind überdies die Angaben des Klägers zur Höhe des Schmiergeldes, welches sein Onkel für seine Freilassung bezahlt haben soll. Beim Bundesamt gab der Kläger die Höhe des Schmiergeldes noch mit ca. 5.000 Birr an (vgl. S. 4 der Anhörungsniederschrift) – in der mündlichen Verhandlung waren es nur noch 500 Birr (vgl. S. 7 der Niederschrift).
d) Auch die Schilderungen des Klägers hinsichtlich seiner Zwangsrekrutierung überzeugen das Gericht nicht. Beim Bundesamt führte der Kläger aus, er habe als Soldat ausgebildet werden sollen. Die Regierung fordere die Ältesten auf, Jugendliche zu sammeln, um diese anschließend als Soldaten auszubilden (vgl. S. 7 der Anhörungsniederschrift). Der Bevollmächtigte des Klägers trug schriftsätzlich vor, dass für den Kläger die Gefahr bestanden habe, für die Armee des äthiopischen Regimes zwangsrekrutiert zu werden. In der mündlichen Verhandlung gab der Kläger, mehrmals danach befragt, für welche Einheit er habe zwangsrekrutiert werden sollen, zunächst an, dies sei die äthiopische Regierungsarmee gewesen. Später ruderte er zurück und gab an, ihm sie nicht erzählt worden, für wen er als Soldat hätte tätig werden sollen (vgl. S. 4 der Niederschrift). Beide Aussagen hält die Einzelrichterin jedoch nicht für glaubhaft. Eine Zwangsrekrutierung für die äthiopische Armee ist bereits deshalb völlig unglaubhaft, da es sich bei der äthiopischen Armee um eine Freiwilligenarmee handelt. Von – auch vereinzelten – Zwangsrekrutierungen ist im aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes nichts erwähnt (vgl. Lagebericht des AA vom 22.3.2018, S. 17). Die spätere Aussage des Klägers, er wisse nicht, für welche Einheit er habe rekrutiert werden sollen, wird als Schutzbehauptung eingeordnet, da er die unterschiedlichen Einheiten des Militärs in Äthiopien sehr wohl kennt (vgl. S. 4 der Niederschrift) und es lebensfremd erscheint, dass ihm die Ältesten nicht gesagt haben, für welche Einheit er kämpfen soll.
e) Erstmals in der mündlichen Verhandlung brachte der Kläger schließlich vor, dass seine Schwester und seine Mutter wegen „seiner Probleme“ umgebracht worden seien. Zunächst wollte er sich jedoch nicht daran erinnern können, wann dies passiert sei. Auf nochmalige Bitte des Gerichts, ein ungefähres Datum zu benennen, gab der Kläger an, er habe 2017 mit seinem Onkel telefoniert. Dieser habe ihm dann mitgeteilt, dass Mutter und Schwester 2016 verstorben seien. Nochmals vom Gericht befragt, ob der Kläger tatsächlich erst ein Jahr später vom Tod der beiden erfahren habe, gab der Kläger dann an, sein Onkel habe 2017 Kontakt zu ihm aufgenommen und ihm mitgeteilt, dass die Mutter und die Schwester zwischen 2014 und 2017 gestorben seien. Zunächst widerspricht sich der Kläger hier bereits selbst, indem er zunächst angibt, Mutter und Schwester seien 2016 verstorben, den Zeitraum in seiner nächsten Angabe jedoch erweitert auf zwischen 2014 und 2017. Das Gericht hält es für völlig abwegig, dass der Kläger nicht genau angeben kann, wann seine nächsten Verwandten ums Leben gekommen sind. Hätte er tatsächlich mit dem Onkel telefoniert, wäre die Frage nach den genauen Umständen des Todes und damit auch der Zeitpunkt normalerweise das Erste, wonach ein Betroffener fragt. Der Kläger gibt auch nicht an, wer die Mutter und die Schwester umgebracht haben soll und bleibt hinsichtlich der genauen Gründe wieder oberflächlich (vgl. S. 3 der Niederschrift). Außerdem schildert er dies alles auch absolut emotionslos. Die Einzelrichterin geht deswegen diesbezüglich von einer unglaubhaften Steigerung seines Sachvortrags aus, mit der der Kläger offensichtlich versucht, eine dramatischere Situation im Heimatland zu konstruieren, um seine Anerkennungsperspektive zu verbessern. Hierfür spricht auch, dass der Kläger dieses Geschehen erstmals in der mündlichen Verhandlung vorbrachte und nicht etwa bereits zuvor durch seinen Bevollmächtigten schriftsätzlich vortragen ließ – was jedoch bei einer derart schwerwiegenden Tatsache zu erwarten gewesen wäre. Nach der Rechtsprechung liegt ein stimmiger Sachverhalt gerade dann nicht vor, wenn der Schutzsuchende sein Vorbringen im Lauf des Verfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. VG Würzburg, U. v. 7.5.2018 – W 1 K 17.30198 – juris; VGH Baden-Württemberg, U.v. 28.8.2013 – A 12 S 2023/11 – juris; Hessischer VGH, U.v. 4.9.2014 – 8 A 2434/11.A – juris).
f) Das Gericht ist daher insgesamt davon überzeugt, dass der Kläger sein Heimatland verlassen hat, ohne dass eine Vorverfolgung im Sinne des Asyl- und Flüchtlingsrechts vorgelegen hat.
g) Auch eine Verfolgung des Klägers bei einer Rückkehr nach Äthiopien, weil er im Ausland Asyl beantragt hat, ist nicht beachtlich wahrscheinlich. Laut Lagebericht des Auswärtigen Amtes sind bisher keine Fälle bekannt, in denen zurückgekehrte Äthiopier Benachteiligungen oder gar Festnahmen oder Misshandlungen ausgesetzt waren (vgl. Lagebericht des AA vom 22.3.2018, S. 24).
h) Im Ergebnis bleibt daher festzustellen, dass dem Kläger unter keinem Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zusteht.
2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a Abs. 1 GG. Es fehlt schon offensichtlich an den inhaltlichen Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigter i.S.d. Art. 16a Abs. 1 GG. Auf die vorstehenden Ausführungen zum Flüchtlingsschutz wird verwiesen.
3. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf subsidiären Schutz gem. § 4 AsylG zu. Er kann sich weder auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 AsylG noch auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG berufen.
a) Es gibt – insbesondere im Hinblick auf die obigen Ausführungen zum Flüchtlingsschutz – keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland ein ernsthafter Schaden (Todesstrafe, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 AsylG droht.
b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG. Nach dieser Vorschrift gilt als ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Der Begriff des internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist unter Berücksichtigung des humanitären Völkerrechts auszulegen (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 – 10 C 43/07 – juris). Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie unter anderem für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind und über innere Unruhen und Spannungen, wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen, hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konfliktes im Sinne des Art. 15 c QualRL nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss aber jedenfalls ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind. Ein solcher innerstaatlicher bewaffneter Konflikt kann landesweit oder regional bestehen und muss sich nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecken (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 a.a.O.). Der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, kann aber umso geringer sein, je mehr der Schutzsuchende möglicherweise belegen kann, dass er aufgrund von in seiner persönlichen Situation liegenden Umständen spezifisch betroffen ist (vgl. EuGH, U.v. 17.2.2009 – C-465.7 – juris).
Ein innerstaatlicher Konflikt im obigen Sinne ist im Herkunftsland des Klägers nicht ersichtlich (vgl. nur VG Ansbach, U.v. 19.9.2017 – AN 3 K 16.30505 – juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 – AN 3 K 16.31836 – juris; VG Bayreuth, U.v. 6.3.2018 – B 7 K 17.32889 – juris). Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es insbesondere in der Somali-Region zu vereinzelten Unruhen kommt. Diese Gewaltakte erreichen aber schon im Ansatz nicht das für eine Schutzgewährung hohe Niveau, demzufolge jedem Kläger allein wegen seiner Anwesenheit in dieser Region Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG zu gewähren ist (so auch VG Bayreuth, U.v. 23.8.2018 – B 7 K 17.32608 – juris). Es sind auch keine besonderen, in der Person des Klägers liegenden, Umstände ersichtlich, die auf eine erhöhte Gefährdung im Verhältnis zu sonstigen Angehörigen der Zivilbevölkerung schließen lassen, insbesondere wurde als Folge des im Frühjahr 2018 eingeleiteten Umbruchs am 05.07.2018 die Einstufung der OLF, ONLF und Ginbot 7 als terroristische Organisationen durch das Parlament aufgehoben (vgl. https://www.aljazeera.com/news/2018/06/ethiopia-olf-onlf-ginbot-7-terror-list-180630110501697.html). Mit Gesetz vom 20.07.2018 wurde zudem allen Äthiopiern, die wegen Verrats, Verbrechen gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder bewaffneten Widerstands verurteilt wurden oder Objekt von Ermittlungen sind, Straffreiheit zugesichert. Durch die Amnestie für diese politischen Vergehen soll auch den Oppositionellen im Exil ermöglicht werden, nach Hause zurückzukehren und eine friedliche politische Karriere in Äthiopien zu verfolgen (vgl. https://www.aljazeera.com/news/2018/07/ethiopian-grants-amnesty-political-prisoners-180720191811460.html).
4. Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben. Insoweit wird zunächst auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 VwGO).
a) Hervorzuheben ist insbesondere, dass eine Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bewertet werden kann und die Voraussetzung des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK erfüllt. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien führen nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliegt. Der Kläger ist jung, gesund und erwerbsfähig. Er hat in Äthiopien zumindest für zwölf Jahre die Schule besucht. Es ist nicht ersichtlich, warum der Kläger mit dieser guten Bildungsgrundlage in Äthiopien keine Arbeit finden sollte. Die hohen Voraussetzungen für die Feststellung eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind somit schon im Ansatz nicht erfüllt.
b) Dem Kläger droht auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde. Anhaltspunkte hierfür sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.
5. Es bestehen auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung einschl. der Zielstaatbestimmung im Hinblick auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG keine Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Erlass der Abschiebungsandrohung gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich. Denn er ist, wie oben ausgeführt, nicht als Flüchtling oder Asylberechtigter anzuerkennen. Ihm steht auch kein subsidiärer Schutz oder ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu. Er besitzt zudem keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG).
6. Gründe, die gegen die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten festgesetzten Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sprechen, liegen nicht vor.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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