Verwaltungsrecht

Entlassung eines Offizieranwärters aus der Bundeswehr wegen mangelnder Eignung

Aktenzeichen  M 21 S 17.1958

Datum:
10.8.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
SG SG § 47 Abs. 2, § 55 Abs. 4, Abs. 6
StPO StPO § 153a
EMRK EMRK Art. 6 Abs. 2

 

Leitsatz

1 Das Rechtsschutzbedürfnis für das Eilverfahren entfällt nicht dadurch, dass der Antragsteller im Falle des Obsiegens in der Hauptsache so gestellt werden würde, als sei er niemals entlassen worden. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2 Bei der Prüfung der Frage, ob die Eignung eines Soldaten im Sinne von § 55 Abs. 4 S. 2 SG fehlt, hat die zuständige Stelle einen Beurteilungsspielraum. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
3 Die Antragsgegnerin kann ihrer Entscheidung ihre eigenen Sachverhaltsermittlungen zugrunde legen, falls die Unschuldsvermutung nach Art. 6 Abs. 2 EMRK wegen der Einstellung des Strafverfahrens nach § 153a Abs. 2 StPO die Zugrundelegung von Tatsachenfeststellungen aus dem Strafverfahren nicht zulässt. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
4 Ein Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht liegt nicht darin, dass der Disziplinarvorgesetzte des Antragstellers die Tatsachenermittlung übernommen hat, da er insoweit auch namens der Behörde handelt und kein eigenständiger Beteiligter des Verwaltungsverfahrens ist. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 8.952,42 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Beschwerde gegen die Entlassung aus der Bundeswehr.
Der Antragsteller stand zuletzt im Dienstgrad eines Fähnrichs im Dienst der Beklagten. Er trat am 1. Oktober 2012 als Freiwillig Wehrdienstleistender in die Bundeswehr ein. Aufgrund seiner Bewerbung wurde er am 1. Juli 2014 als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes übernommen und am gleichen Tag in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen. Mit Verfügung des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 13. Mai 2015 wurde er zum 21. September 2015 an die Universität der Bundeswehr München versetzt, wo er seit 1. Oktober 2015 Luft- und Raumfahrttechnik mit dem Ziel des „Bachelor of Science“ studiert.
Dem Antragsteller wurde vorgeworfen, am 19. September 2016 gemeinsam mit zwei Kameraden Ladendiebstahl begangen zu haben. In einer Vernehmung hierzu durch den KptLt S. am 20. September 2016 erklärte der Antragsteller zu den Vorwürfen, es sei eine dumme Gruppenentscheidung gewesen. Er habe gemeinsam mit seinen beiden Kameraden Öl für sein Fahrzeug holen wollen. Daher seien sie im Baumarkt gewesen. Er habe sich zunächst alleine umgesehen, dann habe er die Kameraden wiedergetroffen, die ihm Entfernungsmesser gezeigt hätten, worauf er sich auch Entfernungsmesser geholt habe. Er wisse nicht mehr, wem er diese gegeben habe. Der Kamerad K. habe eine Einkaufstasche dabei gehabt. Er selbst habe nur das Öl an der Kasse gezahlt. Beim Verlassen des Geschäfts seien sie angesprochen worden, woraufhin sie weggelaufen und in die Kaserne zurückgekehrt seien. Kamerad B. sei dabei zurückgeblieben. Er habe daraufhin nach dem Kameraden gesucht und schließlich mit K. beschlossen, die mitgenommenen Artikel zurückzugeben. Auf dem Weg zurück zur Kaserne seien sie von der Polizei angehalten worden und hätten die Tat direkt zugeben. Sie seien dann mit der Polizei in die Kaserne gegangen, wo diese das Diebesgut sichergestellt habe. Auf Nachfrage erklärte der Antragsteller weiter, es sei vor der Tat darüber gesprochen worden, dass man einen Ladendiebstahl begehen wolle. Wie der Verlauf der Tat gewesen sei, könne er nicht sagen. Es sei ihm aber bei der Abgabe der Entfernungsmesser an den Kameraden bewusst gewesen, dass diese gestohlen werden sollten.
Am 13. Oktober 2016 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass seitens seines Disziplinarvorgesetzten seine Entlassung nach § 55 Abs. 4 SG vorgeschlagen werde. Der gemeinsam mit zwei Kameraden verübte Diebstahl stelle eine schwere Straftat dar. Der Tatentschluss hierzu sowie das Tolerieren einer solchen Straftat bei Kameraden zeigten deutlich, dass der Antragsteller sich nicht zum Offizier eigne. Den Kerninhalt seines Eides, das Recht des deutschen Volkes zu verteidigen, habe er essentiell verletzt. Dem stimmten der nächsthöhere Vorgesetzte sowie der weitere höhere Vorgesetzte zu.
Mit Schreiben des Disziplinarvorgesetzten vom 20. Oktober 2016 wurde schließlich die Entlassung des Antragstellers aus der Bundeswehr wegen mangelnder charakterlichen Eignung gemäß § 55 Abs. 4 SG beantragt. Zur Begründung heißt es in dem Schreiben, der Sachverhalt sei eindeutig. Der Antragsteller habe eine Straftat begangen, die auch ein Dienstvergehen darstelle. Am 12. Dezember 2016 wurde dem Antragsteller sodann eröffnet, dass beabsichtigt sei, ihn wegen mangelnder Eignung gemäß § 55 Abs. 4 SG zu entlassen. In dem ihm hierzu übergebenen Schreiben ist ausgeführt, das Verhalten des Antragstellers gegenüber Vorgesetzten und Kameraden sowie die Art seiner strafbaren Handlung ließen in erheblichem Maße daran zweifeln, dass er seiner Vorbildfunktion als Offizier gerecht werde.
Der Antragsteller erklärte daraufhin, er sei hiermit nicht einverstanden und führte mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 23. Februar 2017 aus, es hätten sich keine Gegenstände des Baumarkts im Gewahrsam des Antragstellers befunden. Daher lägen keine erheblichen Eignungsmängel vor. Es gelte die Unschuldsvermutung. Der Antragsteller bedauere den Vorfall aufrichtig. Er habe bisher immer gute Leistungen gezeigt. Er habe zu dieser Zeit unter dem Eindruck einer kritischen Augenoperation seiner Mutter und dem bevorstehenden Tod seiner Großmutter gestanden.
Das Strafverfahren gegen den Antragsteller wurde mit Beschluss des Amtsgerichts München vom 23. Februar 2017 gemäß § 153a StPO eingestellt.
Mit Bescheid des Bundesamts für das Personalmangement der Bundeswehr vom 18. April 2017 wurde der Antragsteller wegen mangelnder Eignung zum Offizier aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit entlassen. Zur Begründung heißt es dort, ein Offiziersanwärter solle gemäß § 55 Abs. 4 Satz 2 SG entlassen werden, wenn er sich nicht zum Offizier eignen werde. Die Feststellung der Eignung zum Offizier beziehe sich auf die charakterlichen, geistigen und körperlichen Eigenschaften sowie auf die fachliche Qualifikation des Offizieranwärters. Dies könnten nur die militärischen Vorgesetzten sachverständig und zuverlässig entscheiden. Die entsprechende Beurteilung sei als Prognoseentscheidung ein Akt wertender Erkenntnis. Die Anforderungen an die charakterliche Integrität eines angehenden Offiziers seien hoch. Deshalb sei zu erwarten, dass der Offizieranwärter seiner Vorbildfunktion in jeder Hinsicht gerecht werde. Die Art der strafbaren Handlung des Antragstellers lasse hieran in erheblichem Maße zweifeln.
Hiergegen legte der Antragsteller mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 1. Mai 2017 Beschwerde ein. Durch die Einstellung des strafprozessualen Verfahrens werde die Unschuldsvermutung nicht berührt. Jegliche Erklärungen des Antragstellers würden widerrufen. Demzufolge seien weder eine Straftat noch ein Dienstvergehen auch nur ansatzweise nachgewiesen. Der Mangel der Eignung des Antragstellers entfalle daher.
Mit am 4. Mai 2017 bei dem Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangem Schriftsatz seines Bevollmächtigten hat der Antragsteller um vorläufigen Rechtsschutz ersucht. Er beantragt,
die aufschiebende Wirkung seiner Beschwerde anzuordnen.
Die Antragsgegnerin habe gegen den Grundsatz der Amtsermittlung verstoßen. Es sei nicht ermittelt worden. Der Antragsteller habe bisher gute dienstliche Leistungen gezeigt. Die Schwelle der Nichteignung sei daher nicht erreicht. Vielmehr verstoße die Entlassung in eklatanter Weise gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Entlassungsverfügung sei nicht zu beanstanden, weshalb das öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse des Antragstellers, bis zur Entscheidung in der Hauptsache von der sofortigen Vollziehung der Entlassung verschont zu bleiben, überwiege. Der Antragsteller verkenne, dass seine Entlassung sich nicht auf eine Straftat gründe, sondern vielmehr auf seiner charakterlichen Nichteignung beruhe. Zudem sei das Strafverfahren gegen Auflagen gemäß § 153a StPO und nicht mangels hinreichenden Tatverdachts gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der statthafte (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Alt. 1 VwGO, § 23 Abs. 6 Satz 2 der Wehrbeschwerdeordnung – WBO) Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde ist zulässig. Insbesondere fehlt es ihm nicht am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Zwar weist die Antragsgegnerin zu Recht darauf hin, dass der Antragsteller im Falle des Obsiegens im Hauptsacheverfahren so gestellt würde, als sei er niemals entlassen worden. Dies lässt das Rechtsschutzinteresse aber nicht entfallen, denn der Antragsteller ist infolge der streitigen Verfügung jedenfalls derzeit daran gehindert, seinen Dienst auszuüben und erhält im Übrigen auch keinen Sold.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist jedoch unbegründet.
Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung insbesondere in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Die damit gebotene Interessenabwägung zwischen dem Suspensivinteresse des Antragstellers und dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des angegriffenen Entlassungsbescheids fällt zu Lasten des Antragstellers aus, weil eine sich an die – soweit ersichtlich noch nicht verbeschiedene – Beschwerde des Antragstellers anschließende Klage nach summarischer Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit jedenfalls mangels Begründetheit erfolglos wäre.
Der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid der Antragsgegnerin über die Entlassung des Antragstellers aus der Bundeswehr hält voraussichtlich einer rechtlichen Überprüfung stand. Er ist nach der im Eilverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Überprüfung rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
Rechtsgrundlage des Bescheides ist § 55 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Satz 2 SG. Danach kann ein Soldat auf Zeit in den ersten vier Jahren seiner Dienstzeit entlassen werden, wenn er die Anforderungen, die an ihn in seiner Laufbahn zu stellen sind, nicht mehr erfüllt. Ein Offizieranwärter, der sich nicht zum Offizier eignet, soll gemäß § 55 Abs. 4 Satz 2 SG unbeschadet des Satzes 1 entlassen werden.
Die Beurteilung der Frage, ob und inwieweit ein Soldat sich für die vorgesehene Verwendung eignet, hängt davon ab, ob er die fachlichen und persönlichen Anforderungen erfüllt, die sich an der Verantwortung orientieren, die ein Soldat der bestimmten Laufbahn in der Bundeswehr zu tragen hat. Dabei sind neben der fachlichen Qualifikation des Soldaten auch seine charakterlichen, geistigen und körperlichen Eigenschaften zu berücksichtigen. Bei der Prüfung der Frage, ob die Eignung eines Soldaten im Sinne von § 55 Abs. 4 Satz 2 SG fehlt, hat die zuständige Stelle einen Beurteilungsspielraum. Demgemäß darf das Gericht nicht seine eigene Beurteilung an die Stelle der Bewertung der Verwaltung setzen. Das Gericht muss sich infolgedessen auf die Prüfung beschränken, ob die Behörde bei ihrer Entlassungsentscheidung gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat, von einem unrichtigen Tatbestand ausgegangen ist, den anzuwendenden Begriff und den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei betätigen kann, verkannt hat, also insbesondere allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat. Dagegen können die fachlichen Erwägungen, die zu der Beurteilung der Beurteilung als ungeeignet geführt haben, als solche nicht Gegenstand gerichtlicher Überprüfung sein (BVerwG, U. v. 8.2.1961 – VI C 55.59 – NJW 1961, 1942; B. v. 26.6.1986 – 1 WB 128/85 – BVerwGE 83, 200; B. v. 19.12.2001 – 1 WB 44.01 – juris; BayVGH, B. v. 27.9.2010 – 6 ZB 09.232 – juris; B. v. 26.8.2013 – 6 CS 13.1459 – jurist; B. v. 25.1.2013 – 6 ZB 12.376 – juris; OVG Lüneburg, B. v. 2.3.2007 – 5 ME 252/06 – NVwZ-RR 2007, 396; OVG Sachsen-Anhalt, B. v. 25.5.2007 – 1 L 71/07 – juris; VG München, U. v. 12.1.2012 – M 21 K 10.3252 -; U. v. 6.6.2012 – M 21 K 10.4804).
Derartige Fehler liegen hier nicht vor. Der Entlassungsbescheid der Antragsgegnerin hält sich im Rahmen des eröffneten Beurteilungsspielraums.
Relevante Verfahrensfehler sind nicht ersichtlich. Eine Anhörung des Antragstellers (§ 55 Abs. 6 S. 1, 47 Abs. 2 SG) ist erfolgt. Die Entlassung ist auch rechtzeitig gemäß § 55 Abs. 6 S. 1, 47 Abs. 2 SG verfügt worden.
Der Entlassungsbescheid ist auch nicht deswegen beurteilungsfehlerhaft, weil die Antragsgegnerin von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist.
Zwar weist der Antragsteller zu Recht darauf hin, dass keine „bindenden“ tatsächlichen Feststellungen durch ein Strafgericht vorliegen, da die Einstellung des Strafverfahrens gegen Zahlung einer Geldbuße nach § 153a Abs. 2 StPO die Unschuldsvermutung nach Art. 6 Abs. 2 EMRK nicht widerlegt. Mit einer Einstellung nach § 153a Abs. 2 StPO wird keine Entscheidung darüber getroffen, ob der Beschuldigte die ihm durch die Anklage vorgeworfene Tat begangen hat oder nicht. Eine Einstellung nach § 153a Abs. 2 StPO setzt keinen Nachweis der Tat des Angeklagten voraus. Insoweit besteht die Unschuldsvermutung fort, die sich als besondere Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips darstellt, die kraft Art. 6 Abs. 2 EMRK Bestandteil des positiven Rechts der Bundesrepublik Deutschland ist (BVerfG, B. v. 16.1.1991 – 1 BvR 1326/90 – NJW 1991, 1530).
Allerdings verkennt der Antragsteller, dass die Antragsgegnerin durchaus eigene Sachverhaltsermittlungen angestellt hat, die ihrerseits den der Entlassungsverfügung zugrunde liegenden Vorwurf stützen. Nach Bekanntwerden des Tatvorwurfs gegen den Antragsteller wurde dieser durch seinen Disziplinarvorgesetzten hierzu vernommen. Im Rahmen dieser Vernehmung hat der Antragsteller den Tatvorwurf uneingeschränkt eingeräumt, so dass die Antragsgegnerin ihrer Entscheidung nicht etwa unter Verletzung der Unschuldsvermutung Tatsachenfeststellungen eines amtsgerichtlichen Strafverfahrens, sondern vielmehr ihre eigenen Sachverhaltsermittlungen zugrunde gelegt hat. Überdies wurde das Diebesgut unmittelbar nach der Tat in der Kaserne durch die Polizei sichergestellt. Auch insoweit musste sich die Antragsgegnerin nicht auf Feststellungen eines Strafverfahrens berufen und verlassen. Diesen Feststellungen der Antragsgegnerin ist der Antragsteller auch zu keinem Zeitpunkt substantiiert entgegengetreten. Im Gegenteil hat er im Vorfeld seiner Entlassung mehrfach bekräftigt, wie leid ihm die Tat tue. Erst in der Beschwerdeschrift lässt er durch seinen Bevollmächtigten mit knappen Worten jegliche Erklärungen widerrufen. Dies wird zwar im Rahmen der Beweiswürdigung im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen sein, dürfte aber – auch angesichts der Tatsache, dass der Antragteller mit keinem Wort Stellung dazu nimmt, wie es zu der (von ihm als wahrheitswidrig behaupteten) Einlassung gekommen sein soll – die Sachverhaltsfeststellung durch die Antragsgegnerin nicht ernstlich in Frage stellen.
Entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers liegt ein Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht auch nicht darin, dass der Disziplinarvorgesetzte des Antragstellers die Tatsachenermittlung übernommen hat. Ungeachtet des Umstandes, dass dieser gemäß § 32 WDO schon deshalb zuständig gewesen ist, weil auch disziplinarische Maßnahmen in Betracht gekommen sind, handelt der Disziplinarvorgesetzte insoweit auch namens der Behörde, so dass er nicht, wie der Antragsteller meint, eigenständiger Beteiligter eines Verwaltungsverfahrens ist. Die Ausführungen des Antragstellers, wonach die Antragsgegnerin die Sachverhaltsermittlung des Disziplinarvorgesetzten einer eigenständigen Beweiserhebung hätte unterziehen müssen, gehen daher an der Sache vorbei.
Es sind schließlich keine relevanten, die Entlassungsentscheidung tragenden sachwidrigen Erwägungen bzw. eine Missachtung allgemein gültiger Wertmaßstäbe bei der Ausfüllung des Beurteilungsspielraums gem. § 55 Abs. 4 Satz 2 SG ersichtlich. Hierzu hat der Antragsteller auch nichts vorgetragen.
Die Entscheidung erging ermessensfehlerfrei (§ 114 VwGO). Dass eine nähere Begründung hierzu nicht vorliegt, ist dabei unschädlich, weil § 55 Abs. 4 S. 2 SG vom Gesetzgeber als Sollregelung gefasst worden ist, sodass von der nach der legislativen Entscheidung im Grundsatz gebotenen Entlassung nur in atypischen Fällen abgesehen werden kann, während der gesetzliche „Normalfall“ der Entlassung – von dem hier auszugehen ist – keiner tieferen Begründung bedarf (vgl. OVG Lüneburg, B. v. 7.3.2013 – 5 LA 239/12 – juris; VG Kassel, U. v. 10.7.2013 – 1 K 132/11.KS – juris).
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde des Antragstellers gegen die Entlassungsverfügung der Antragsgegnerin ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1, Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (www.bverwg.de/informationen/streitwertkatalog.php).


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