Verwaltungsrecht

Entziehung der Fahrerlaubnis wegen nicht rechtzeitiger Teilnahme an einem Aufbauseminar für Fahranfänger

Aktenzeichen  M 6 K 16.3465

Datum:
30.11.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 113 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1 Der Verpflichtung zur Teilnahme an einem Aufbauseminar kann – ohne Belege – der Einwand mangelnder finanzieller Leistungsfähigkeit nicht pauschal entgegen gehalten werden. (redaktioneller Leitsatz)
2 Da maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei einer Anfechtungsklage der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung ist, ist für die Klage unbehelflich, wenn danach ein Aufbauseminar absolviert wurde. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 26. Juli 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog).
1. Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30. November 2016 entschieden werden, obwohl der Kläger zum Termin nicht erschienen ist. Er wurde ausweislich der Postzustellungsurkunde am … November 2016 zum Termin ordnungsgemäß geladen und gemäß § 102 Abs. 3 VwGO darauf hingewiesen, dass im Falle seines Ausbleibens auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden könne.
2. Die zulässige Klage ist unbegründet, weil der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 26. Juli 2016 rechtmäßig ist.
2.1 Das Vorbringen des Klägers hat das Gericht – unter Einbeziehung des zwischen den Beteiligten parallel geführten Verfahrens M 6 K 16.1508 – im wohlverstandenen Interesse des Klägers nach § 88 VwGO dahingehend ausgelegt, dass er mit seinen Schreiben vom … Juli 2016 an den Beklagten und vom … Juli 2016 an das Gericht Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid vom 26. Juli 2016 und nicht etwa Widerspruch erheben wollte. Diese Auslegung ist zugunsten des offensichtlich in rechtlichen Angelegenheiten sehr unerfahrenen Klägers auch deshalb geboten, weil ihn der Beklagte mit Schreiben vom 28. Juli 2016 ausdrücklich auf die Unzulässigkeit eines Widerspruchs und die Möglichkeit einer Klageerhebung hingewiesen hatte und sich der Kläger in der Folgezeit daraufhin auch unter Bezug auf den streitgegenständlichen Bescheid vom 26. Juli 2016 an das Verwaltungsgericht München wandte, mit dem erkennbaren Ziel, die Aufhebung dieses Bescheids zu erreichen sowie eine Fristverlängerung für die Vorlage der Bescheinigung über die Teilnahme an dem mit Verfügung vom … März 2016 angeordneten Aufbauseminar. Eine andere Auslegung hätte im Übrigen zur Folge gehabt, dass die Klage im Verfahren M 6 K 16.1508 mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig geworden wäre, sobald der Bescheid des Beklagten vom 26. Juli 2016 bestandskräftig geworden wäre.
2.2 Zur weiteren Begründung der vorliegenden Entscheidung nimmt das Gericht Bezug auf die zutreffenden rechtlichen Ausführungen im Bescheid des Beklagten vom 26. Juli 2016 (dort II. ab Seite 2) und macht sich diese zur Begründung der vorliegenden Entscheidung zu eigen (§ 117 Abs. 5 VwGO). Insbesondere hat der Beklagte unter Verweis auf § 2a Abs. 3 Straßenverkehrsgesetz – StVG – zutreffend darauf hingewiesen, dass dem Kläger im vorliegenden Fall kraft Gesetzes die Fahrerlaubnis zu entziehen war, weil er der vollziehbaren Anordnung zur Beibringung einer Teilnahmebescheinigung über ein Aufbauseminar für Fahranfänger vom … März 2016 innerhalb der gesetzten Frist ohne zureichenden Grund nicht nachgekommen ist. Insbesondere das vom Kläger gegen diese Anordnung vorgebrachte finanzielle Unvermögen ist kein zureichender Grund, um ihr nicht Folge zu leisten. Möglicherweise hätte dem Kläger eine Fristverlängerung gewährt werden können, wenn er der Aufforderung des Beklagten folgend durch Vorlage entsprechender Belege glaubhaft gemacht hätte, dass er wegen Krankheit und anschließender Reha-Maßnahmen an der rechtzeitigen Teilnahme am Aufbauseminar gehindert war. Solche Belege hat der Kläger jedoch trotz entsprechender Aufforderung der Behörde nicht vorgelegt. Im Übrigen hat er ausweislich der Teilnahmebescheinigung vom … September 2016 mittlerweile an den geforderten Aufbauseminar teilgenommen, was seiner vorliegenden Klage gleichwohl nicht zum Erfolg verhilft, da maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei einer Anfechtungsklage der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung ist, der im vorliegenden Fall vor der Teilnahme am Aufbauseminar liegt, so dass diese im Zusammenhang mit der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht mehr zu berücksichtigen war.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung und die Abwendungsbefugnis haben ihre Rechtsgrundlage in § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung – ZPO -.


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