Verwaltungsrecht

Erfolglose Anträge auf Zulassung zum Studium der Humanmedizin

Aktenzeichen  W 7 E 18.20006 u.a.

Datum:
28.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 49760
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
HZV § 44 Abs. 3
VwGO § 123 Abs. 3
ZPO § 920 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Die zulässigen Anträge sind unbegründet. Über die vergebenen Studienplätze hinaus sind keine freien Studienplätze im Studiengang Humanmedizin (Vorklinik) im ersten, zweiten, dritten oder vierten Fachsemester verfügbar. (Rn. 8 und 28 – 31) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Aufnahmekapazität der Lehreinheit Klinischpraktische Medizin ist gem. §§ 43 ff. HZV aufgrund der personellen Ausstattung (das sog. Lehrangebot) unter Anwendung des Curricularnormwertes (CNW) nach Formel 5 der Anlage 5 zur HZV zu ermitteln und anhand der Regeln der §§ 51 ff. HZV zu überprüfen (ausstattungsbezogene Kapazität). die auf der Grundlage der Planstellen unter Berücksichtigung der Deputatsminderungen errechnete Lehrdebutat sind korrekt.  Insbesondere sind die Dienstleistungsexporte, die Schwundausgleichsquote korrekt berechnet worden  (Rn. 9 – 24) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Universität hat den nach der Anlage 7 zu § 50 Abs. 1 Satz 2 HZV festgelegten Curricularnormwert für den vorklinischen Teil des Studiengangs Humanmedizin (2,42) auf die am vorklinischen Teil des Studiengangs Humanmedizin beteiligten Lehreinheiten aufgeteilt und in der Summe nicht überschritten.  (Rn. 14 – 15 und 21 – 22) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Zielvereinbarung zur vorrübergehenden Absicherung der Ausbildung der doppelten Abiturjahrgänge vom Wintersemester 2011/2012 bis zum Sommersemester 2014zwischen Universität und dem Bayer. Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst vom April 2011 ist zum Wintersemester 2014/2015 ausgelaufen. Es besteht keinen Anspruch auf weitergehenden Ausbau der Ausbildungskapazität (BeckRS 2013, 55331). Die Zielvereinbarung bleibt als Maßnahme zum Ausgleich einer zusätzlichen Belastung der Universität im Übrigen auch kapazitätsrechtlich unberücksichtigt (BeckRS 2015, 49687). (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die vorstehend unter ihren Aktenzeichen aufgeführten Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II. Die Anträge werden abgelehnt.
III. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
IV. Der Streitwert wird für jedes Verfahren auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1. Die Antragsteller begehren ihre (einstweilige) Zulassung zum ersten Studienabschnitt des Studiengangs Humanmedizin an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Sommersemesters 2018.
Die JMU hat in § 1 der Satzung über die Festsetzung der Zulassungszahlen der im Studienjahr 2017/2018 an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg als Studienanfängerinnen und Studienanfänger sowie im höheren Fachsemester aufzunehmenden Bewerberinnen und Bewerber – Zulassungszahlsatzung 2017/2018 – vom 30. Juni 2017 die Zahl der in diesem Fach aufzunehmenden Bewerber (Zulassungszahl) für den ersten Studienabschnitt auf 608 festgesetzt, wobei auf das erste Fachsemester 157 Studienplätze entfallen, auf das zweite Fachsemester 154, auf das dritte 150 und auf das vierte 147.
Mit E-Mail vom 16. Mai 2018 hat die JMU eine Aufstellung übersandt, der zufolge mit Stand vom 14. Mai 2018 im ersten Fachsemester – bereinigt um Beurlaubungen – 157 Studierende eingeschrieben sind, im zweiten Fachsemester 159, im dritten Fachsemester – bereinigt um Beurlaubungen – 147 und im vierten Fachsemester – bereinigt um Beurlaubungen – 147.
2. Die Antragsteller halten die Aufnahmekapazität mit den festgesetzten Zulassungszahlen und der Zahl der vergebenen Studienplätze für nicht ausgeschöpft. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Antragsschriftsätze und das weitere Vorbringen Bezug genommen.
Die Antragsteller lassen sinngemäß beantragen,
den Antragsgegner zu verpflichten, sie zum Studium der Humanmedizin an der Universität Würzburg, teilweise hilfsweise beschränkt auf den vorklinischen Studienabschnitt, nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Sommersemesters 2018 im ersten Fachsemester, im Verfahren W 7 E 18.20023 im zweiten Fachsemester, in den Verfahren W 7 E 18.20006 und W 7 E 18.20018 im dritten Fachsemester und in den Verfahren W 7 E 18.20014, W 7 E 18.20045 und W 7 E 18.20046 im vierten Fachsemester, jeweils hilfsweise einem niedrigeren Fachsemester, einstweilen zuzulassen.
Der Antragsgegner lässt beantragen,
die Anträge abzulehnen.
Auf die Schriftsätze der Kanzlei Dr. F. wird verwiesen.
II.
1. Die zulässigen Anträge sind nicht begründet, denn das Gericht hält es nicht für glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO), dass im Sommersemester 2018 an der JMU über die vergebenen Studienplätze hinaus noch weitere freie Studienplätze im Studiengang Humanmedizin (Vorklinik) im ersten, zweiten, dritten oder vierten Fachsemester verfügbar sind.
Maßgebend für die rechtliche Überprüfung der Aufnahmekapazität dieser Lehreinheit ist die Hochschulzulassungsverordnung – HZV – vom 18. Juni 2007 (GVBl S. 401), zuletzt geändert durch Verordnung vom 28. April 2018 (GVBl S. 277).
Gemäß § 44 Abs. 3 Satz 1 HZV wird der Studiengang Medizin für Berechnungszwecke in einen vorklinischen und einen klinischen Teil untergliedert, wobei der vorklinische Teil den Studienabschnitt bis zum Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Approbationsordnung für Ärzte (ÄAppO) und der klinische Teil den Studienabschnitt zwischen dem Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung und dem Beginn des Praktischen Jahres nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ÄAppO umfasst. Zur Berechnung der jährlichen Aufnahmekapazität für den Studiengang Medizin sind die Lehreinheiten Vorklinische Medizin, Klinischtheoretische Medizin und Klinischpraktische Medizin zu bilden (§ 44 Abs. 3 Satz 2 HZV). Der vorklinische Teil des Studiengangs wird nach § 44 Abs. 3 Satz 3 HZV der Lehreinheit Vorklinische Medizin, der klinische Teil des Studiengangs der Lehreinheit Klinischpraktische Medizin zugeordnet; die Lehreinheit Klinischtheoretische Medizin erbringt für den Studiengang Medizin Dienstleistungen im Sinne von § 48 HZV.
Die Aufnahmekapazität der Lehreinheit Vorklinische Medizin wird – wie bei jeder anderen Lehreinheit auch – als jährliche Kapazität (§ 39 Abs. 2 Satz 1 HZV) nach den Regeln der §§ 43 ff. HZV aufgrund der personellen Ausstattung (das sog. Lehrangebot) unter Anwendung des Curricularnormwertes (CNW) nach Formel 5 der Anlage 5 zur HZV ermittelt; dieses Ergebnis wird sodann anhand der Regeln der §§ 51 ff. HZV überprüft (ausstattungsbezogene Kapazität).
1.1 Der Antragsgegner hat auf der Basis von 46 Planstellen ein Lehrangebot von 339 Deputatstunden ermittelt. Damit ist die Zahl der Deputatstunden im Vergleich mit dem vergangenen Berechnungszeitraum unverändert. Wie von der JMU mit E-Mail vom 15. Februar 2018 erläutert, ergibt sich die Änderung der Stellenzahl von 47 im Berechnungszeitraum 2016/2017 auf 46 im Berechnungszeitraum 2017/2018 aus der Auflösung einer Doppelzählung. Die Lehrverpflichtung der jeweiligen Lehrpersonen, d.h. die Zahl der zu absolvierenden Lehrveranstaltungsstunden, ergibt sich aus § 4 der Verordnung über die Lehrverpflichtung des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an Universitäten, Kunsthochschulen und Fachhochschulen (Lehrverpflichtungsverordnung – LUFV) vom 14. Februar 2007, zuletzt geändert durch Verordnung vom 22. Juli 2014 (GVBl S. 286).
1.1.1 An Deputatsverminderungen wurden 20 Lehrveranstaltungsstunden angesetzt, insgesamt 7 Stunden weniger als im vergangenen Berechnungszeitraum. Weggefallen ist bereits im vorvergangenen Berechnungszeitraum die Deputatsverminderung von 4 Stunden für Herrn Dr. G (Ruhestand). Des Weiteren hat die JMU eine Verminderung von 10 Lehrveranstaltungsstunden, die auf Grund einer Großgerätebetreuung gewährt wurde, nicht mehr angesetzt, nachdem es sich hier um eine Stelle nach § 4 Abs. 1 Nr. 8a LUFV handele, für die kein Lehrdeputat vereinbart worden sei, wie von der JMU mit E-Mail vom 15. Februar 2018 erläutert. Die übrigen Deputatsverminderungen entsprechen denen in den vorhergehenden Berechnungszeiträumen, wie von der JMU mit Schriftsatz vom 8. Dezember 2017 im Verfahren W 7 E 17.20204 erläutert. Diese hat das Gericht ebenso wie der Bayer. Verwaltungsgerichtshof wiederholt überprüft und für bedenkenlos gehalten (vgl. nur B.v. 12.4.2012 – W 7 E 11.20570 u.a.; BayVGH, B.v. 26.8.2011 – Nr. 7 CE 11.10712 u.a.). Es mag zwar sein, dass diese Ermäßigungen bereits vor längerer Zeit gewährt worden sind, es besteht aber kein Anlass, deren Aktualität zu bezweifeln. Die in den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vertretene Auffassung hat die Kammer zuletzt mit Urteilen vom 26. Juni 2017 – z.B. W 7 K 16.10003 – bestätigt und dabei ihre ständige Rechtsprechung zu dieser Frage bekräftigt, die vom Bayer. Verwaltungsgerichtshof zuletzt mit Beschluss vom 7. November 2016 (7 CE 16.10304 – juris Rn. 9) gebilligt wurde. Durch eine Aktualisierung des Stellenplans in der Lehreinheit Vorklinische Medizin, wodurch die in früheren Jahren ausgewiesenen drei Stellen „A13-A16 alt“ mit einem Lehrdeputat von jeweils 9 Lehrveranstaltungsstunden in Stellen für Wissenschaftliche Mitarbeiter in der Laufbahn der Akademischen Räte nach § 4 Abs. 1 Nr. 6 LUFV mit einem Lehrdeputat von 10 Lehrveranstaltungsstunden überführt wurden, ergeben sich in drei Fällen jeweils eine Stunde mehr Deputatsminderungen, wie von der JMU mit E-Mail vom 15. Februar 2018 erläutert. In den drei Fällen wurde nämlich die Lehrverpflichtung auf Grund der sonstigen Dienstaufgaben auf jeweils 5 Semesterwochenstunden festgesetzt. Aus der Differenz der nicht mehr angesetzten Verminderung der 10 Lehrveranstaltungsstunden im Hinblick auf die Großgerätebetreuung und dieser 3 zusätzlichen Stunden Deputatsminderungen, die sich rechnerisch aus der Aktualisierung des Stellenplans ergeben, errechnet sich die um 7 Stunden verringerte Anzahl der Deputatsminderungen im Vergleich zum Berechnungszeitraum 2016/2017.
1.1.2 Die Universität hat in der streitgegenständlichen Kapazitätsberechnung den nach der Anlage 7 zu § 50 Abs. 1 Satz 2 HZV festgelegten Curricularnormwert für den vorklinischen Teil des Studiengangs Humanmedizin (2,42) auf die am vorklinischen Teil des Studiengangs Humanmedizin beteiligten Lehreinheiten aufgeteilt und in der Summe nicht überschritten. Zu einer weiteren Verringerung ihres Curriculareigenanteils ist die für die Ausbildung der Studenten im vorklinischen Teil des Studiengangs Humanmedizin der Universität berufene Lehreinheit Vorklinische Medizin nicht verpflichtet (vgl. auch BayVGH, B.v. 10.1.2012 – 7 ZB 11.783 – juris Rn. 10 ff m.w.N.; B.v. 1.2.2016 – 7 ZB 15.10191).
Die Curricularnormwerte, die sich an der maximalen Auslastung der Hochschulen orientieren, sind abstrakte Normwerte, die aus vielen konkreten Studienplänen abgeleitet wurden (vgl. Bahro/Berlin, Hochschulzulassungsrecht, 4. Aufl. 2003, § 13 Kapazitätsverordnung Rn. 2 ff.). Sie abstrahieren im Interesse einer gleichmäßigen Auslastung der Hochschulen den Ausbildungsaufwand des jeweiligen Studiengangs und sind für die Kapazitätsberechnungen der einzelnen Hochschulen verbindlich. Die Studienbewerber haben deshalb auch keinen Anspruch auf Unterschreitung des festgesetzten Curricularnormwerts und damit auf eine Erhöhung der Ausbildungskapazität (Anzahl der Studienplätze) zu Lasten der an eine ordnungsgemäße Ausbildung der Studierenden zu stellenden Anforderungen. Für die Berechnung der Aufnahmekapazität und die gerichtliche Prüfung der Kapazitätsberechnung kommt es daher bei Vorgabe eines Curricularnormwerts – anders als bei der normativen Vorgabe lediglich einer „Bandbreite“ möglichen Ausbildungsaufwands eines Studiengangs – auf die von der jeweiligen Hochschule gewählte studiengangspezifische Organisation der Ausbildung nicht an (vgl. auch BayVGH, B.v. 14.6.2012 – 7 CE 12.10025 u.a. – juris Rn. 12 f.). Damit kommt es auch weder auf die tatsächliche Gruppengröße bei Vorlesungen oder Seminaren an der Universität noch darauf an, welche „Betreuungsleistungen“ die Universität im Einzelnen erbringt (vgl. auch BayVGH, B.v. 7.8.2015 – 7 CE 15.10137 u.a. – juris Rn. 12).
1.1.3 Bei den Lehrauftragsstunden nach § 47 HZV hat der Antragsgegner laut Tabellenblatt 3.a Berechnung insgesamt 8,6 Lehrauftragsstunden pro Semester angesetzt. Dies ist nicht zu beanstanden (vgl. BayVGH, B.v. 22.8.2013 – 7 CE 13.10181 u. a. – juris, Rn. 28f).
Aus den bisher ermittelten Zahlenwerten ergibt sich somit ein unbereinigtes Lehrangebot von (339 – 20 + 8,6 =) 327,6 Lehrveranstaltungsstunden.
1.1.4 Zur Berechnung des Bedarfs an Dienstleistungen (§ 48 Abs. 1 HZV) sind gemäß § 48 Abs. 2 HZV die Studienanfängerzahlen für die nicht zugeordneten Studiengänge anzusetzen, wobei die voraussichtlichen Zulassungszahlen für diese Studiengänge und/oder die bisherige Entwicklung der Studienanfängerzahlen zu berücksichtigen sind. Für den Ansatz einer Schwundquote findet sich daher keine rechtliche Grundlage. Den Dienstleistungsexport in die nicht zugeordneten Studiengänge nach § 48 Abs. 1 HZV errechnet die JMU mit 49,0516 Lehrveranstaltungsstunden, im Berechnungszeitraum 2016/2017 waren es 54,775 Lehrveranstaltungsstunden. Die Einzelheiten können dem Tabellenblatt 3.a Berechnung entnommen werden. Die Verpflichtung zum Angebot dieser Dienstleistungen ergibt sich aus den einschlägigen Prüfungs- bzw. Studienordnungen.
Eine gesetzliche Verpflichtung, den studiengangspezifischen Ausbildungsaufwand für Dienstleistungsexporte normativ festzusetzen, besteht nicht (mit ausführlicher Begründung: BayVGH, B.v. 28.5.2013 – 7 CE 13.10105 – juris; B.v. 26.10.09 – 7 CE 09.10565 u.a.).
Bei Zugrundelegung der oben dargestellten Zahlen für den Dienstleistungsexport ergibt sich demnach ein bereinigtes Lehrangebot von (327,6 – 49,0516 =) 278,5484.
1.2 Zur Berechnung der jährlichen Aufnahmekapazität (§ 43 HZV) sind nach § 50 Abs. 1 Satz 2 HZV die in Anlage 7 aufgeführten Curricularnormwerte (CNW) anzuwenden. Der CNW für den vorklinischen Teil des Studiengangs Humanmedizin beträgt danach 2,42. Er wird vorliegend mit 2,42 nicht überschritten, wie sich aus dem Tabellenblatt 2. Statistik der Berechnungsmappe der JMU ergibt.
1.3 Unter Anwendung der Teilquoten der zugeordneten Studiengänge hat der Antragsgegner einen gewichteten Curricularanteil in Höhe von 1,6596 ermittelt (Tabellenblatt 3.a Berechnung). Aus den vorliegenden Zahlenwerten ergibt sich unter Anwendung der Formel 5 Abschnitt II zu § 43 HZV (Anlage 5) eine jährliche Aufnahmekapazität von (2 x 278,5484) : 1,6987 = 327,9547. Multipliziert man diesen Zahlenwert mit dem Zp-Wert (Anteilquote nach § 49 HZV) von 0,9284, ergibt dies eine Zahl von (gerundet) 304.
1.4 Bei Zugrundelegung eines (zutreffend errechneten) Schwundausgleichsfaktors von 0,9651 (vgl. Tabellenblatt 2. Statistik) errechnet sich eine Zahl von 315 Studienplätzen pro Jahr für Erstsemester, von denen 157 auf das Sommersemester entfallen. Zweifel an der Richtigkeit der Schwundberechnung der Universität bestehen schließlich ebenfalls nicht. Die Studienanfängerzahl ist nach § 53 HZV dann zu erhöhen, wenn zu erwarten ist, dass wegen Aufgabe des Studiums oder Fachwechsels oder Hochschulwechsels die Zahl der Abgänge an Studierenden in höheren Fachsemestern größer ist als die Zahl der Zugänge (Schwundquote). Maßgebend für die Ermittlung der Zugänge und Abgänge sind die jeweiligen statistischen Erhebungen über den Bestand der im betreffenden Studiengang vorhandenen (eingeschriebenen) Studierenden. Eine „Korrektur“ der in die Schwundberechnung einbezogenen Bestandszahlen der Studenten kommt nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nur dann in Betracht, wenn sich die Studentenzahlen aufgrund außergewöhnlicher Einflussfaktoren in „atypischer“ Weise entwickeln und diese im sonstigen Studienverlauf ungewöhnliche Entwicklung in geeigneter Weise rechnerisch auszugleichen oder zu neutralisieren ist. Dies kann etwa bei gerichtlich nachträglich zugelassenen Studenten der Fall sein, wenn sich bei Zugrundelegung der Bestandszahlen eine „ganz ungewöhnliche („positive“) Schwundquote“ ergeben würde (vgl. z. B. BayVGH, B.v. 24.8.2009 – 7 CE 09.10352 u.a. – RdNr. 24 ff.). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach entschieden, dass zwar eine über 1,0 liegende (Gesamt-) Schwundquote nach der Systematik des Kapazitätsrechts unzulässig wäre, einzelne, den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende und nachvollziehbare Übergangsquoten mit einem Wert geringfügig über 1,0 hingegen nicht zu beanstanden sind (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 30.4.2012 – 7 CE 12.10044 u. a. – juris Rn. 24). Ebenso müssen auch Studierende, die nicht mehr an der Fortführung ihres Studiums interessiert sind und deshalb an keinen Lehrveranstaltungen mehr teilnehmen, nicht aus dem Bestand herausgerechnet werden, solange sie immatrikuliert bleiben. Dies gilt auch für beurlaubte Studierende (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 30.4.2012 – 7 CE 12.10044 u. a. – juris Rn. 26 f.). Wenn die Universität nach eigenem Bekunden im Rahmen ihrer Schwundberechnung gleichwohl beurlaubte Studierende aus dem Bestand herausrechnet – so vorliegend von der Antragsgegnerseite im Schriftsatz vom 5. Februar 2018 im Verfahren W 7 E 17.20204 erläutert -, führt dieses Vorgehen generell zu einem kapazitätsgünstigeren Ergebnis und ist deshalb nicht zu beanstanden (vgl. BayVGH, B.v. 5.8.2015 – 7 CE 15.10118 – juris Rn. 22).
Es liegt in der Natur der Sache, dass die Rückkehr beurlaubter Studierender, die im Semester der Beurlaubung nicht in den Bestandszahlen zur Ermittlung der Schwundquote enthalten sind und erst wieder mit Ablauf des Urlaubssemesters ausgewiesen sind, zu Schwankungen einzelner Übergangsquoten in den Kohorten der Schwundberechnung führen kann. Das Gleiche gilt für gerichtlich oder durch Vergleich veranlasste Zulassungen, die ab dem Zeitpunkt in der Belegung erfasst werden, ab dem sie bei der Universität tatsächlich immatrikuliert sind (so vorliegend von der Antragsgegnerseite im Schriftsatz vom 5. Februar 2018 im Verfahren W 7 E 17.20204 erläutert). Die Anzahl der gerichtlich nachträglich zugelassenen Studenten seit dem Wintersemester 2014/2015 ist nicht so hoch, dass sich daraus eine „ganz ungewöhnliche („positive“) Schwundquote“ ergeben würde. Die größte Zahl gerichtlicher Zulassungen betraf die Rechtsverhältnisse des Wintersemesters 2015/2016: So wurde die Antragsgegnerseite in einstweiligen Rechtsschutzverfahren betreffend die Rechtsverhältnisse des Wintersemesters 2015/2016 verpflichtet, vier Antragsteller vorläufig im zweiten Fachsemester zuzulassen und drei Antragsteller vorläufig im vierten Fachsemester zuzulassen. Dabei wären – wie bereits ausgeführt – einzelne, den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende und nachvollziehbare Übergangsquoten mit einem Wert geringfügig über 1,0 nicht zu beanstanden.
Bei Zugrundelegung der durchschnittlichen Übergangsquote q, im Kapazitätsbericht gerundet ausgewiesen mit 0,9764 (siehe Tabellenblatt 2. Statistik), ergeben sich daraus (158 x 0,9764 = 154,27) 154 Studienplätze für das zweite Fachsemester, (157 x 0,9764 x 0,9764 = 149,67) 150 Studienplätze für das dritte Fachsemester und (158 x 0,9764 x 0,9764 x 0,9764 = 147,07) 147 Studienplätze für das vierte Fachsemester.
1.5. In der Zulassungszahlsatzung 2017/2018 wurden im Sommersemester 157 Studienplätze für das erste, 154 für das zweite Fachsemester, 150 für das dritte Fachsemester und 147 für das vierte Fachsemester festgesetzt.
Die vorübergehende Erhöhung der Studienanfängerzahlen Humanmedizin um 15 Studienplätze pro Semester für die Absolventen der doppelten Abiturjahrgänge vom Wintersemester 2011/2012 bis zum Sommersemester 2014 beruhend auf einer Zielvereinbarung der Universität und des Universitätsklinikums mit dem Bayer. Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst vom April 2011 und dem 1. Nachtrag hierzu ist bereits zum Wintersemester 2014/2015 ausgelaufen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. B.v. 22.8.2013, 7 CE 13.10187 u.a.; B.v. 27.6.2011 – 7 CE 11.10501 u.a. – juris, Rn. 8 ff m.w.N.) gibt es – über die zwischen der Universität und dem Universitätsklinikum mit dem Bayer. Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst zur vorübergehenden Erhöhung der Studienanfängerzahlen Humanmedizin für die Absolventen der doppelten Abiturjahrgänge geschlossenen Zielvereinbarung vom April 2011 sowie dem 1. Nachtrag zu dieser Zielvereinbarung hinaus – keinen Anspruch auf weitergehenden Ausbau der Ausbildungskapazität, auch nicht im Hinblick auf den sogenannten „Hochschulpakt 2020“. Eine dauerhafte Erhöhung der Aufnahmekapazität war mit dieser Zielvereinbarung schon deshalb nicht verbunden, weil die zusätzlichen finanziellen Mittel durch den Haushaltsgesetzgeber nur befristet für die Zeit der Erhöhung der Zulassungszahlen zur Verfügung gestellt worden sind. Die Zielvereinbarung bleibt als Maßnahme zum Ausgleich einer zusätzlichen Belastung der Universität im Übrigen auch kapazitätsrechtlich unberücksichtigt (§ 40 Abs. 2 HZV, vgl. dazu auch BayVGH, B.v. 5.8.2015 – 7 CE 15.10118 – juris Rn.10).
2. Die 157 Studienplätze für das erste Fachsemester sind ausweislich der von der Universität Würzburg vorgelegten Statistik mit 157 eingeschriebenen Studierenden – ein weiterer wurde wegen Beurlaubung nicht einbezogen – ausgeschöpft, weshalb die Anträge auf Zulassung zum ersten Fachsemester abzulehnen waren.
Die 154 Studienplätze für das zweite Fachsemester sind ausweislich der von der Universität Würzburg vorgelegten Statistik mit 159 eingeschriebenen Studierenden – Beurlaubung liegen für das zweite Fachsemester nicht vor – ausgeschöpft, weshalb die Anträge auf Zulassung zum zweiten Fachsemester abzulehnen waren.
Die 150 Studienplätze für das dritte Fachsemester sind ausweislich der von der Universität Würzburg vorgelegten Statistik mit 147 eingeschriebenen Studierenden – zwei weitere wurde wegen Beurlaubung nicht einbezogen – zwar nicht ausgeschöpft. Die Anträge auf Zulassung zum dritten Fachsemester waren jedoch im Hinblick auf § 3 Abs. 3 Satz 1 der Zulassungszahlsatzung 2017/2018 abzulehnen. Denn die Zahl der insgesamt in den ersten vier vorklinischen Semestern eingeschriebenen Studenten nach dem Stand vom 16. Mai 2018 beträgt 610 und übersteigt damit die Zahl der nach der Zulassungszahlsatzung 2017/2018 für das erste bis vierte Fachsemester im ersten Studienabschnitt des Medizinstudiums zuzulassenden Studierenden von 608 um 2.
Die 147 Studienplätze für das vierte Fachsemester sind ausweislich der von der Universität Würzburg vorgelegten Statistik mit 147 eingeschriebenen Studierenden – drei weitere wurde wegen Beurlaubung nicht einbezogen – ausgeschöpft, weshalb die Anträge auf Zulassung zum vierten Fachsemester abzulehnen waren.
3. Teilstudienplätze für den ersten Studienabschnitt werden an der Universität Würzburg nicht (mehr) vergeben, weshalb auch die teilweise gestellten Hilfsanträge ohne Erfolg bleiben.
4. Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO.
Streitwert: §§ 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 Nr. 1, 63 Abs. 2 GKG. Beim Streitwert geht das Gericht vom halben Regelstreitwert aus.


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