Verwaltungsrecht

Erfolglose Asylklage eines ivorischen Staatsangehörigen

Aktenzeichen  W 2 K 17.33616

Datum:
5.4.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 16489
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3, § 3b Abs. 1 Nr. 4, § 4
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7
GG Art. 16a Abs. 1

 

Leitsatz

Mitglieder der ehemaligen Rebellenmilizen, die nicht in die reguläre Armee der Elfenbeinküste integriert worden sind, bilden keine Gruppe, die als gegenüber der Gesellschaft andersartig betrachtet wird. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage, über die gemäß § 102 Abs. 2 VwGO auch in Abwesenheit eines Beteiligten verhandelt werden konnte, ist unbegründet.
Der Bundesamtsbescheid vom 5. Oktober 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG noch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG.
Es liegen auch keine nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Ausreiseaufforderung unter Androhung der Abschiebung in die Elfenbeinküste und die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots sind rechtmäßig.
1.1. Eine Anerkennung des Klägers als Asylberichtigter ist bereits aufgrund seiner Einreise aus Belgien gemäß § 26a Abs. 1 i.V.m. Art. 16a Abs. 1 GG ausgeschlossen.
1.2. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor.
Gemäß § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Gem. § 3a AsylG gelten dabei Handlungen als Verfolgung, die gem. Nr. 1 auf Grund ihrer Art oder Wiederholungsgefahr so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK) keine Abweichungen zulässig ist, oder die gem. Nr. 2 in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss das Gericht auch in Asylstreitigkeiten die volle Überzeugung von der Wahrheit – und nicht etwa nur der Wahrscheinlichkeit – des vom Kläger behaupteten individuellen Schicksals erlangen. Aufgrund der häufig bestehenden Beweisschwierigkeiten des Asylbewerbers kann schon allein sein eigener Sachvortrag zur Asylanerkennung führen, sofern sich das Tatsachengericht unter Berücksichtigung aller Umstände von dessen Wahrheit überzeugen kann (BVerwG, B.v. 21.7.1989 – 9 B 239/89 – InfAuslR 1989, 349). Maßgeblich sind die Glaubhaftigkeit seiner Schilderung und die Glaubwürdigkeit seiner Person. Seinem persönlichen Vorbringen und dessen Würdigung ist daher eine gesteigerte Bedeutung beizumessen. Auch unter Berücksichtigung des Herkommens, Bildungsstands und Alters muss der Asylbewerber im Wesentlichen gleichbleibende möglichst detaillierte und konkrete Angaben zu den Umständen machen.
Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen hat der Kläger eine flüchtlingsrechtlich relevante Vorverfolgung in der Elfenbeinküste nicht glaubhaft gemacht. Dabei kann die Schilderung des Klägers hinsichtlich seiner Zugehörigkeit zu einem früheren Kampfverband der Rebellenarmee des jetzigen Präsidenten der Elfenbeingruppe ebenso als wahr unterstellt werden wie die Schmiergeldzahlungen zur Integration in die reguläre ivorische Armee und die Beschädigung des Privatfahrzeugs des Kommandanten seiner Einheit. Denn es fehlt jedenfalls an einem flüchtlingsrechtlich relevanten Anknüpfungsmerkmal für die daraus resultierende behauptete Verfolgung. Unter Berücksichtigung seines Vortrags, anderen Kameraden aus seinem Kampfverband sei es ähnlich wie ihm gegangen, käme als Anknüpfungsmerkmal allenfalls die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe in Betracht. Gemäß § 3b Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 1 AsylG gilt eine Gruppe insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn gem. Buchstabe a) die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilten, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und gem. Buchstabe b) die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird. Bei dem Kläger und seinen von ihm in Bezug genommenen Kameraden, also Mitgliedern der ehemaligen Rebellenmilizen, die nicht in die reguläre Armee der Elfenbeinküste integriert worden sind, mag zwar in diesem Sinne ein gemeinsamer unveränderlicher Hintergrund vorliegen, jedoch sind weder den vom Gericht in das Verfahren einbezogenen Erkenntnismitteln noch aufgrund allgemein zugänglicher Quellen zur aktuellen Tagespolitik der Elfenbeinküste Anhaltspunkte zu entnehmen, dass ehemalige Milizangehörige ohne Integration in die reguläre Armee der Elfenbeinküste als gegenüber der Gesellschaft andersartig betrachtet würden. Zwar führt die Konrad-Adenauer-Stiftung zur Meuterei der Sicherheitskräfte der Elfenbeinküste Anfang Januar 2017 aus (KAS, Gekaufte Treue? Zur Meiterei der Sicherheitskräfte in der Elfenbeinküste, Januar 2017): „Die Unruhen innerhalb der ivorischen Sicherheitskräfte sind eine unmittelbare Folge der Regierungskriese von 2010/2011 […]. […] Nach Ende der Krise wurden die beiden existierenden Armeen, die Forces Républicaines (FRCI) und die ehemalige „Armée nationale“ (FANCI) zu einer neuen Armee, den „Forces Armées de Côte d’Ivoire“ (FACI) zusammengeführt. […] Dieses Vorhaben wurde umgesetzt, insgesamt 40.000 Bewaffnete wurden in der Folgezeit demobilisiert. […] Den nunmehr in die Armee integrierten ca. 8.500 ehemaligen Kämpfern der Forces Nouvelles wurden im Rahmen der Kämpfe 2011 offenbar Zusagen hinsichtlich Sonderzahlungen gemacht, sollte die militärische Auseinandersetzung erfolgreich sein […]. Offenbar hat es die Regierung in den vergangenen sechs Jahren aber versäumt, eine klare Strategie zum Neuaufbau der Streitkräfte zu entwickeln, diese auf ein vernünftiges Maß zu verkleinern, die Dienstgradstruktur anzupassen und die Proliferation der zahlreichen im Umlauf befindlichen Waffen effektiv zu verhindern. Hochrangige Militärs sprechen davon, dass parallel existierende Kommandostrukturen und auch der mangelnde politische Wille der Regierung, die Neustrukturierung der Armee schnell voranzubringen, zur jetzigen Situation geführt hätte. Die Regierung hat sich stattdessen darauf beschränkt, periodisch aufkeimende Unzufriedenheit unter den Militärs mit „Sonderzahlungen“ mittelfristig zu beruhigen, zuletzt im November 2014, als schon einmal ehemalige Rebellen ausstehende Zahlungen forderten – wenn auch in weitaus bescheidenerem Rahmen als in der momentanen Situation.“ Daraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dass ehemalige Milizionäre der Rebellen, die nicht in die Armee übernommen wurden von der ivorischen Gesellschaft als einheitliche – andersartige – Gruppe wahrgenommen würden. Selbst wenn den Kläger und seine Kameraden die enttäuschte Erwartung bezüglich Besoldung und Übernahme in die Armee gemeinsam ist, hebt sie das weder von anderen, ebenfalls kriegs- und krisenbedingt in ihren wirtschaftlichen und beruflichen Erwartungen enttäuschen Personengruppen und Berufsständen ab noch lässt sich daran anknüpfend eine „Verfolgung“ konstruieren.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.
1.3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nach § 4 AsylG. Danach ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als solcher gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG). Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG gelten dabei die §§ 3c bis 3e AsylG entsprechend. Damit werden die dortigen Bestimmungen über den Vorverfolgungsmaßstab, Nachfluchtgründe, Verfolgungs- und Schutzakteure und internen Schutz als anwendbar auch für die Zuerkennung subsidiären Schutzes erklärt.
Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes wurde die Todesstrafe seit der Unabhängigkeit der Elfenbeinküste 1960 kein einziges Mal vollstreckt. Im März 2015 habe das Parlament einstimmig zwei Entwürfe zur Änderung des Strafgesetzbuches und der Strafprozessordnung genehmigt, um die Todesstrafe auszuschließen, die bereits mit der Verfassung von 2000 abgeschafft worden sei. Die neue Verfassung von 2017 bestätige dies nochmals explizit. Mithin ist die Gefahr der Vollstreckung oder Verhängung der Todesstrafe ebenso auszuschließen wie die individuelle Bedrohung des Lebens und der Unversehrtheit des Klägers infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts.
Auch besteht keine rechtlich relevante Bedrohung durch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG. Es besteht zur Überzeugung des Gerichts für den Kläger weder eine rechtlich relevante Gefahr, wegen des behaupteten Waffenfundes in seiner Wohnung 2016 von staatlicher Seite in erniedrigender oder unmenschlicher Weise belangt zu werden, noch Opfer eines privaten Racheaktes von „Oberst Big“ wegen der Beschädigung seines Privat-PKWs zu werden. So sind schon die Angaben des Klägers zu den genauen Umständen seines Untertauchens unmittelbar nach der begangenen Sachbeschädigung nicht glaubwürdig. Er sei unmittelbar nach der Sachbeschädigung, zu der er sich spontan aus Wut über eine vorherig Auseinandersetzung mit „Oberst Big“ entschlossen habe, zu einem Freund gegangen. Dort will er einerseits vier Tage lang ohne Kontakt zu Kameraden, Familie oder Freunden gewesen sein, sei jedoch anderseits zwei Tage nach dem Vorfall von einem Kameraden telefonisch darüber informiert worden, dass wegen eines behaupteten Waffenfundes nach ihm gesucht werde. Obwohl er einerseits vorträgt, ohne jede Vorbereitung nur mit einem Rucksack und den Kleidern seines Freundes ausgereist zu sein, gab er andererseits in der mündlichen Verhandlung an, dass er ein „bisschen Geld“ gehabt habe und der Freund ihm den Rest für die Flucht dazugegeben habe. Dabei ist es denkbar unglaubwürdig, dass er das für die Flucht genutzte Bargeld bereits zufällig bei sich gehabt haben soll. So trug er bei der Bundesamtsanhörung am 25. September 2017 auch vor, den Entschluss zur Ausreise bereits eine Woche vor der Ausreise gefasst zu haben und – insoweit übereinstimmend mit den späteren Angaben bei Bundesamt und Gericht – vier Tage vor der Abreise bei einem Freund gewesen zu sein. Das Gericht geht mithin nicht davon aus, dass die Angst vor der Ahndung der begangenen Sachbeschädigung – bei deren Wahrunterstellung – tatsächlich fluchtauslösend gewesen ist, sondern umgekehrt, der Entschluss zur Ausreise erst dazu geführt hat, sich zuvor noch mit der Beschädigung des PKWs an „Oberst Big“ für die abgelehnte Integration in die Armee zu „rächen“.
Unabhängig davon ist es für das Gericht jedenfalls nicht glaubhaft, dass der Kläger auch aktuell von der Armee oder der Polizei – sei es wegen illegalen Waffenbesitzes, sei es wegen Sachbeschädigung – gesucht werden soll. Da er nach eigenen Angaben gerade nicht in die reguläre Armee integriert wurde, hat er die Armee nicht widerrechtlich verlassen, so dass ihm seitens der ivorischen Streitkräfte kein Disziplinarverfahren o.ä. drohen kann. Auch eine polizeiliche Fahndung hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht. Außer der sehr oberflächlichen Behauptung, man hätte zwei Tage nach seinem Untertauchen wegen angeblicher Waffenfunde nach ihm gesucht, hat der Kläger nichts vorgetragen, was auf die Gefahr einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung im Fall einer Rückkehr schließen ließe. So hat der Kläger insbesondere nicht vorgetragen, dass gegen ihn eine polizeiliche Vorladung oder ein Haftbefehl ergangen sei. Die Ausführungen des Klägers in der Bundesamtsanhörung, sein Leben sei bei einer Rückkehr gefährdet; nur beim Militär sei er in Sicherheit gewesen, als Zivilist sei dies nicht mehr so, sind überzogen, pauschal und haben keinerlei Anknüpfungspunkt in den in das Verfahren einbezogenen Erkenntnismittel.
Sofern der Kläger geltend macht, „Oberst Big“ würde seine Macht innerhalb der Armee und des Staates nutzen, um gegen den Kläger aus persönlicher Rache wegen der Beschädigung seines Privat-PKWs vorzugehen, ist dies nach Überzeugung des Gerichts schon deshalb auszuschließen, weil „Oberst Big“ bzw. Daonda Doumbia (so sein Name) nach einem als Erkenntnismittel in das Verfahren einbezogenen Bericht von @bidj@an.net vom 2. Februar 2017 am 26. Januar 2017 als Kommandant des Bataillon de Commandement et de Soutien abgelöst wurde. Selbst wenn man also unterstellen wollte, dass der Kommandant aufgrund der Beschädigung seines Privatautos auch aktuell noch ein Interesse daran haben könnte, sich am Kläger zu „rächen“, ist er seit über einem Jahr nicht mehr in militärischer Führungsposition und kann sich dazu der Infrastruktur der Armee nicht mehr bedienen. Mithin besteht auch keine reale Gefahr, dass dem Kläger veranlasst durch
„Oberst Big“ als privatem Dritten eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohen würde. Im Übrigen beruht der Vortrag des Klägers zur befürchteten Rache des Oberst auf bloße Spekulationen, denen das Gericht nicht zu folgen vermag. Selbst wenn der Kläger als ehemaliger Angehöriger der Rebellenmiliz wegen Waffenbesitz gesucht worden sein sollte, kann dies – auch unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten – viele Gründe haben. Die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung folgt darauf jedenfalls nicht.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus.
1.4. Es liegen auch keine Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vor.
Gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Europäischen Menschenrechtskonvention ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Die Abschiebung eines Ausländers ist danach unzulässig, wenn ihm im Zielstaat unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK droht oder wenn im Einzelfall andere in der Europäischen Menschenrechtskonvention verbürgte, von allen Vertragsstaaten als grundlegend anerkannte Menschenrechtsgarantien in ihrem Kern bedroht sind (vgl. BVerwG, U.v. 24. Mai 2000 – 9 C 34/99 –, juris Rn. 11).
Dabei können unter bestimmten Umständen auch schlechte humanitäre Bedingungen eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen. Ist die schlechte humanitäre Lage weder dem Staat noch den Konfliktparteien zuzurechnen, sondern bedingt durch die allgemeinen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse, kommt eine Verletzung von Art. 3 EMRK nur dann in Betracht, wenn ganz außergewöhnliche Umstände in der Person des Antragstellers vorliegen, die über die allgemeine Beeinträchtigung der Lebenserwartung des Antragstellers im Herkunftsland hinausgehen (vgl. EGMR, U.v. 27. Mai 2008 – 26565/05, U.v. 28. Juni 2011 – 8319/07). Solche Umstände sind vom Kläger weder vorgetragen, noch ersichtlich.
Auftreten und Erscheinungsbild des Klägers in der mündlichen Verhandlung gaben zudem keinen Anlass an seiner Gesundheit und Leistungsfähigkeit zu zweifeln, so dass auch ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht in Betracht kommt.
1.5. Die vom Bundesamt verfügte Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung sind nicht zu beanstanden. Die betreffende Entscheidung beruht auf § 34 Abs. 1 AsylG, § 59 Abs. 1 bis 3 AufenthG, § 38 Abs. 1 AsylG, deren Voraussetzungen hier gegeben sind.
1.6. Schließlich sind auch gegen die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots des § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6 des Bescheids) keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken vorgetragen worden oder sonst ersichtlich. Insbesondere sind keine Ermessensfehler des Bundesamts bei der Bemessung der Frist nach § 11 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 AufenthG zu erkennen.
Somit hatte die Klage insgesamt keinen Erfolg.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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