Verwaltungsrecht

Erfolglose Asylklage eines nigerianischen Staatsangehörigen

Aktenzeichen  M 9 K 17.46872

Datum:
14.12.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 39353
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 4, § 3b Abs. 1 Nr. 5, § 3e, § 4
AufenthG § 11 Abs. 1, § 60 Abs. 5, Abs. 7

 

Leitsatz

Für eine Anknüpfung an das Merkmal der politischen Überzeugung reicht es nicht aus, dass ein Asylantragsteller geltend macht, von einer politischen Partei verfolgt zu werden. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Klage zurückgenommen wurde.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Soweit die Klage durch die Beschränkung der ursprünglich formulierten Klageanträge in der mündlichen Verhandlung teilweise zurückgenommen wurde (in Bezug auf die Verpflichtung zur Asylanerkennung), war das Verfahren einzustellen (§ 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO). Soweit die Klage aufrechterhalten wurde, hat sie keinen Erfolg.
Über den Rechtsstreit konnte trotz Ausbleibens der Beklagten aufgrund der mündlichen Verhandlung am 14. Dezember 2018 entschieden werden. In der frist- und formgerechten Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann, § 102 Abs. 2 VwGO.
Soweit sie aufrechterhalten wurde, ist die Klage zulässig, aber unbegründet.
Der Kläger hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, auf die Gewährung subsidiären Schutzes oder auf ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 27. Juli 2017 ist daher rechtmäßig. Es wird insoweit zunächst in vollem Umfang auf die Gründe des angefochtenen Bescheids (§ 77 Abs. 2 AsylG) Bezug genommen und ergänzend ausgeführt:
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG.
Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560 – Genfer Flüchtlingskonvention), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Eine Verfolgung i. S. des § 3 AsylG kann nach § 3c Nr. 3 AsylG auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern der Staat oder ihn beherrschende Parteien oder Organisationen einschließlich internationale Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten.
Dabei ist es Sache des Schutzsuchenden, seine Gründe für eine Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen. Er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Herkunftsland zu verbleiben oder dorthin zurückzukehren. Wegen des sachtypischen Beweisnotstands, in dem sich Flüchtlinge insbesondere im Hinblick auf asylbegründende Vorgänge im Verfolgerland vielfach befinden, genügt für diese Vorgänge in der Regel eine Glaubhaftmachung. Voraussetzung für ein glaubhaftes Vorbringen ist allerdings ein detaillierter und in sich schlüssiger Vortrag ohne wesentliche Widersprüche und Steigerungen.
Unabhängig davon, ob das Vorbringen glaubhaft ist – dazu sogleich -, kommt eine Flüchtlingsanerkennung des Klägers deswegen nicht in Betracht, weil es in Ansehung des geltend gemachten Vorbringens dazu, warum der Kläger Nigeria verlassen habe, bereits an einer Anknüpfung an ein asylerhebliches Merkmal i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3b AsylG fehlt. Zwar käme bei dem Vorbringen einer Verfolgung ausgehend von einer wie hier die PDP in Nigeria tätigen politischen Partei – unter dem Vorbehalt der Glaubhaftigkeit im Übrigen, dazu sogleich -, grundsätzlich die Geltendmachung von Furcht vor Verfolgung wegen der politischen Überzeugung, § 3 Abs. 1 Nr. 1 Var. 4 AsylG i.V.m. § 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylG, in Betracht. Allerdings nur dann, wenn ein Sachverhalt glaubhaft gemacht wird, der tatsächlich an das genannte Merkmal der politischen Überzeugung (oder an eines der übrigen in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG, § 3b Abs. 1 AsylG genannten asylerheblichen Merkmale, wovon hier nach dem klägerischen Vortrag aber nichts in Betracht kommt) anknüpft. Solches wird vom Kläger aber nicht einmal vorgetragen, geschweige denn glaubhaft gemacht. Denn für eine Anknüpfung an das Merkmal der politischen Überzeugung reicht es nicht aus, dass ein Asylantragsteller wie hier der Kläger geltend macht, von einer politischen Partei, hier der PDP oder einer örtlichen Untergliederung von dieser, verfolgt zu werden; vielmehr muss dafür eben, wie sowohl der eindeutige Wortlaut der Überschrift, die eben gerade von politischer Überzeugung spricht, als auch ihr Sinn und Zweck belegen, ein Sachverhalt vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, der eine Verfolgung wegen der (auch nur zugeschriebenen) politischen Überzeugung beinhaltet. Ob die Verfolgung dann von einer politischen Partei ausgeht oder von einer anderen Einheit oder auch von Einzelperson(en), ist dagegen nicht entscheidend für die Asylerheblichkeit bzw. Flüchtlingsrelevanz eines Verfolgungsvorbringens. Dem gesamten Vorbringen des Klägers kann aber nicht entnommen werden, dass er wegen einer von ihm gehegten politischen Überzeugung verfolgt zu werden vorbringt. Vielmehr besteht das Verfolgungsvorbringen des Klägers zusammengefasst darin: Er sei Mitglied und Unterstützer der APC und speziell eines Politikers dieser Partei, um dann für sein Sponsoring im Erfolgsfall, nämlich dann, wenn der befreundete Politiker gewählt würde, mit Gegenleistungen belohnt zu werden bzw. von den Verträgen und mehr Autoverkäufen, die er dann bekomme bzw. habe, zu profitieren. Dieses Vorbringen hat aber tatsächlich mit dem Vorbringen eines Sachverhalts, der an eine Verfolgung wegen der politischen Überzeugung i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Var. 4 AsylG, § 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylG anknüpft, nichts zu tun. Diese Anknüpfung ist nach dem Gesetz ohne weiteres auch bei einer Verfolgung wie hier geltend gemacht durch Akteure i.S.v. § 3c Nr. 2 AsylG erforderlich. § 3c Nr. 2 AsylG (wie auch § 3d AsylG) bezieht sich auf eine Verfolgung i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG, ergänzt durch § 3b AsylG; d.h. auch eine Verfolgung durch Akteure i.S.v. § 3c Nr. 2 AsylG ist nur insoweit flüchtlingsrelevant, als sie wegen einem der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG aufgezählten Merkmale erfolgt.
Auch der zweite, vom Kläger nur kurz ausgeführte Grund, dass er von seiner Familie wegen einer Erbstreitigkeit o.ä. bedroht sei, knüpft nicht an asylerhebliche Merkmale im o.g. Sinne an; unabhängig davon ist der Vortrag bezogen auf dieses Verfolgungsvorbringen viel zu rudimentär und unsubstantiiert, als dass er glaubhaft wäre.
Das Gericht hat unabhängig vom Fehlen eines asylerheblichen Merkmals durchgreifende Zweifel an der Glaubhaftigkeit des vom Kläger vorgetragenen Vorbringens zu den Gründen seines Weggangs aus Nigeria. Sein Vortrag, so wie ihn der Kläger vorgebracht hat, kann ihm nicht geglaubt werden. Unabhängig davon, dass der klägerische Vortrag in der Anhörung beim Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung in einem durchgreifenden Maß und bezogen auf den Kern des Verfolgungsvorbringens widersprüchlich ist – vgl. zum Beispiel die auf Seite 3, vierter und fünfter Absatz wiedergegebene Angabe des Klägers, den entsprechenden Vorhalt und den Umstand, dass der Kläger auf den Vorhalt den Widerspruch nicht sinnvoll auflösen konnte, da er das Protokoll und die Erklärung, dass die Angaben vollständig sind und dem entspricht, was er gesagt hat, unterschrieben hat (Bl. 142 der Bundesamtsakte) – ist der Vortrag auch deswegen nicht glaubhaft, weil der Kläger insbesondere mit seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung zeigt, dass die gemachten Angaben so nicht zutreffen können. Der Kläger hat insbesondere auf entsprechende Frage und auf nochmaligen Vorhalt angegeben, die Wahlen, die für den von ihm hauptsächlich vorgebrachten Verfolgungsgrund eine zentrale Rolle spielten, seien etwa am 15. Mai 2015 gewesen. Die Parlaments- und Präsidentenwahlen in Nigeria im Jahr 2015 waren jedoch am 28. und 29. März. Dass diese gemeint waren, geht daraus hervor, dass der Kläger (richtig) angegeben hat, die Wahlen seien verlegt worden; ursprünglich hätten die Wahlen in Nigeria nämlich am 14. Februar 2015 sein sollen. Jedoch muss bei einem Verfolgungsvorbringen wie dem des Klägers erwartet werden, dass er den Wahltermin auch einige Jahre später noch weiß, wenn es sich um so wirklich erlebte Umstände handeln würde. Daher wird dem Kläger sein Vorbringen auch deswegen, unabhängig von den oben in Bezug genommenen Widersprüchen, nicht geglaubt. Wiederum unabhängig hiervon sind die Angaben des Klägers auch deswegen nicht glaubhaft, weil nicht nachzuvollziehen ist, dass der Kläger als Anhänger der APC, welche die Wahlen im Jahr 2015 gewonnen hat, das Land habe verlassen müssen, weil er von der Partei, welche diese Wahlen verloren hat, die PDP, habe fliehen müssen (vgl. die entsprechende Passage in der Anhörung, Bl. 119 der Bundesamtsakte). Natürlich sind Racheakte o.ä. denkbar, dazu hat der Kläger aber nichts ausgeführt und vor allem ist nicht ersichtlich, warum es dem Kläger nicht hätte möglich sein sollen, nach dem Wahlsieg „seiner“ Partei in einen von der APC dominierten Landesteil zu gehen und / oder bei der nun von der APC gestellten Regierung / deren Untergliederungen nach Schutz zu suchen, immer unterstellt, das Vorbringen wäre ansonsten glaubhaft. Schließlich ist noch darauf zu verweisen, dass der Kläger selbst ausdrücklich sagt, dass er gar nicht weiß, ob die geltend gemachten Verfolger überhaupt von der PDP sind oder um welche Personen es sich dabei handelt.
Wiederum unabhängig davon gilt hinsichtlich der behaupteten drohenden Verfolgung, dass zur Überzeugung des Gerichts davon auszugehen ist, dass in diesem Fall eine inländische Fluchtalternative besteht bzw. interner Schutz zur Verfügung steht (§ 3e AsylG). Es steht außer Frage, dass der Kläger nach einer Rückkehr nach Nigeria in einen anderen Landesteil ziehen könnte, wo er – unterstellt, dass das insoweit angegebene Vorbringen stimmen würde – mit asylrechtlich hinreichender Wahrscheinlichkeit keine irgendwie geartete Verfolgung fürchten müsste. Jedenfalls ist es bei der vom Kläger geltend gemachten Verfolgung unter Berücksichtigung des Umstands, dass sich aus dem Vortrag des Klägers nichts Gegenteiliges ergibt außer der nicht näher konkretisierten und substantiierten gegenteiligen Behauptung und unter Zugrundelegung der allgemeinen Verhältnisse in Nigeria, die Größe des Landes, die Einwohnerzahl usw. zu Grunde gelegt, nicht ersichtlich, dass der Kläger mit ausreichender Sicherheit überall im ganzen Land verfolgt / gefunden werden könnte.
Ergänzend wird auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG), dort Seite 2 unter 1. und 2. bis Seite 3 unten.
2. Den beantragten (unionsrechtlichen) subsidiären Abschiebungsschutz nach § 4 AsylG kann der Kläger ebenfalls nicht beanspruchen, wofür ergänzend auf die zu § 3 AsylG erläuterten Gründe verwiesen wird.
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt dabei auch die Gefahr der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG). Die Art der Behandlung oder Bestrafung muss eine Schwere erreichen, die dem Schutzbereich des Art. 3 EMRK zuzuordnen ist und für den Fall, dass die Schlechtbehandlung von nichtstaatlichen Akteuren ausgeht, muss der Staat erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sein, Schutz zu gewähren (§ 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. § 3 c Nr. 3 AsylG).
Gemessen an diesen Maßstäben hat der Kläger keinen Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes i.S. des § 4 Abs. 1 AsylG. Im Herkunftsstaat hat dem Kläger keine derartige Gefahr gedroht. Weshalb ihm bei der Rückkehr ein ernsthafter Schaden, insbesondere eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG) oder gar die Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG) drohen sollte, ist unter keinem Gesichtspunkt erkennbar geworden. Schließlich besteht in Nigeria auch kein internationaler oder innerstaatlicher bewaffneter Konflikt im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG.
Unabhängig davon gilt die inländische Fluchtalternative auch hinsichtlich des subsidiären Schutzes, § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3e Abs. 1 AsylG.
Ergänzend wird auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG), dort Seite 3 unter 3. bis Seite 5 oben.
3. Der streitgegenständliche Bescheid ist auch insoweit rechtmäßig, soweit das Nichtvorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festgestellt wurde.
Bei den national begründeten Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK und dem nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG handelt es sich um einen einheitlichen und nicht weiter teilbaren Verfahrensgegenstand (BVerwG, U.v. 8.9.2011 – 10 C 14.10 – BVerwGE 140, 319 Rn. 16 f.).
Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 AsylG) nicht vor. Andere Abschiebungsverbote kommen nicht in Betracht, weil dafür überhaupt keine tatsächlichen Anknüpfungspunkte bestehen.
§ 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK steht einer Abschiebung entgegen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Maßgeblich sind die Gesamtumstände des jeweiligen Falls und Prognosemaßstab ist die beachtliche Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U.v. 7.9.2010 – 10 C 11/09 – juris Rn. 14). Ein Abschiebungsverbot infolge der allgemeinen Situation der Gewalt im Herkunftsland kommt nur in Fällen ganz extremer Gewalt in Betracht und auch schlechte humanitäre Bedingungen können nur in besonderen Ausnahmefällen ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK begründen.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von einer Abschiebung abgesehen werden, wenn im Zielstaat für den Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Bei den in Nigeria vorherrschenden harten Lebensbedingungen handelt es sich um eine Situation, der die gesamte Bevölkerung ausgesetzt ist, weshalb Abschiebeschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG ausschließlich durch eine generelle Regelung nach § 60 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt wird. Eine extreme Gefährdungslage, bei der aufgrund der Schutzwirkungen der Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG ausnahmsweise nicht greift (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.1995 – 9 C 9/95 – juris LS 3 und Rn. 14; BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15/12 – juris Rn. 38), liegt nicht vor.
Auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid des Bundesamts wird auch insofern Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG), dort Seite 5 unter 4. bis Seite 9 Mitte. Ergänzend dazu wird noch ausgeführt, dass auch die wirtschaftliche Situation in Nigeria ein Abschiebeverbot aus humanitären Gründen nicht rechtfertigen kann. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass nach der derzeitigen Erkenntnislage die allgemeine wirtschaftliche und soziale Lage für die Mehrheit der Bevölkerung in Nigeria problematisch ist. Bei den mit der schwierigen ökonomischen Situation verbundenen Gefahren handelt es sich jedoch um Gefahren, die einen Großteil der Bevölkerung in Nigeria betreffen und die für sich keine Verletzung von Art. 3 EMRK i.S.d. Rechtsprechung des EGMR begründen (vgl. auch dazu BVerwG, B.v. 25.10 2012 – 10 B 16/12 – juris Rn. 8 f.).
Anhaltspunkte für einen besonderen Ausnahmefall, in dem humanitäre Gründe in der Person des Klägers zwingend gegen eine Aufenthaltsbeendigung bzw. gegen eine Rückführung nach Nigeria sprechen, sind vorliegend nicht ersichtlich.
Für den Kläger kann auf Grund seiner individuellen Voraussetzungen und konkreten Lebenssituation bei einer Rückkehr nach Nigeria keine mit hoher Wahrscheinlichkeit eintretende besondere – außergewöhnliche – Gefahrenlage angenommen werden. Der Kläger hat nach seinen eigenen Angaben insgesamt elf Jahre die Schule besucht (Bl. 114 der Bundesamtsakte). Die (Schul-)Bildung des Klägers erweist sich damit für nigerianische Verhältnisse als weit überdurchschnittlich – die Analphabetenquote beträgt bei Männern 30 Prozent, bei Frauen sogar rund 50 Prozent (s. Auswärtiges Amt, Länderinformation/Nigeria/Kultur und Bildung unter www.auswäertiges-amt.de, Stand: März 2017). Außerdem hat der Kläger als Autohändler gearbeitet und angegeben, dass seine finanzielle Situation gut gewesen sei (ebenfalls Bl. 114 der Bundesamtsakte). Der gut ausgebildete, noch nicht alte und arbeitsfähige Kläger wird daher auch im Falle der Rückkehr nach Nigeria in der Lage sein, den Lebensunterhalt für sich sicherzustellen.
4. Die im angefochtenen Bescheid enthaltene Abschiebungsandrohung nach Nigeria gemäß § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG ist ebenfalls rechtmäßig; die Voraussetzungen hierfür liegen vor, wie aus dem Ergebnis der Ausführungen oben 1. – 3. folgt. Einen asylunabhängigen Aufenthaltstitel hat der Kläger nicht.
5. Bedenken gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots (§ 11 Abs. 1 AufenthG) sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Nach alledem wird die Klage abgewiesen, soweit das Verfahren nicht eingestellt wurde. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 2 VwGO und § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708ff. ZPO. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, ist die Entscheidung unanfechtbar (§ 92 Abs. 3 Satz 2 VwGO), im Übrigen gilt die umseitige Rechtsbehelfsbelehrung:.


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