Verwaltungsrecht

Erfolglose Asylklage eines ukrainischen Staatsangehörigen

Aktenzeichen  RO 9 K 17.34747

Datum:
24.10.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 3, § 4
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7

 

Leitsatz

Die Freiheit des religiösen Bekenntnisses und der ungestörten Religionsausübung wird in der Ukraine von der Verfassung garantiert und von der Regierung in ihrer Politik gegenüber Kirchen und Religionsgemeinschaften respektiert. Es liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass von diesem grundsätzlichen Bekenntnis zur Religionsfreiheit bei der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas anders verfahren würde. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Bundesamts vom 31. August 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dieser hat keinen Anspruch auf einen Schutzstatus im beantragten Umfang (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Das Gericht folgt den Feststellungen und Gründen des angefochtenen Bescheids und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Ergänzend bleibt unter Berücksichtigung der Klagebegründung auszuführen, dass der Kläger und seine Ehefrau, anders als am Ende der mündlichen Verhandlung von der Ehefrau ausgeführt, nach mehrmaligen Einladungen durch ihre Glaubensbrüder aus D… beschlossen haben, die Ukraine zu verlassen. Der Kläger hat sich hierzu laut Niederschrift über die persönliche Anhörung am 27. Juli 2017 viermal geäußert. Erstmalig unter Nr. 7 (Bl. 5 d. Bundesamtsakte) gab er an, dass das Ziel ihrer Reise mit einem Reisebus Deutschland gewesen sei und sie eine Einladung ihrer Glaubensbrüder aus D… gehabt hätten, damit sie den Glaubensbrüdern helfen. Sie seien im Besitz von polnischen Schengen-Visa gewesen, die sie über ein Reisebüro besorgt hätten. Sie seien immer wieder von ihren Glaubensbrüdern aus D… eingeladen worden. Zu guter Letzt hätten sie dann beschlossen, den Einladungen Folge zu leisten. Sie hätten sich dann um Visa bemüht und seien ausgereist (Bl. 7 a.a.O.). Auf die Frage, ob sie irgendwelche Bestätigungen über ihren Glauben hätten, antwortete der Kläger, dass es so etwas bei Ihnen nicht gäbe, er aber eine Einladung der Glaubensbrüder in D… habe, die er vorliegen könnte (Bl. 8 a.a.O.). An einer weiteren Stelle spricht der Kläger davon, dass die Glaubensbrüder in D… gesagt hätten, dass sie nach Deutschland kommen sollten, hier könnten sie in Ruhe leben und hier würde die Ehefrau des Klägers genesen (Bl. 9 a.a.O.). Aufgrund dieser vorstehend getroffenen Aussagen des Klägers ist davon auszugehen, dass der Kläger und seine Ehefrau die Einladungen zum Anlass für die Ausreise genommen haben. Die versuchte Richtigstellung in der mündlichen Verhandlung durch die Ehefrau ist von daher nicht glaubhaft. Ein aktueller Ausreisegrund, der auf ihre Religionsausübung zurückgeht, ist nicht erkennbar geworden. Auf die Frage, warum sie nicht in andere Landesteile der Ukraine, beispielsweise nach Kiew gezogen seien, antwortete der der Kläger bei der persönlichen Anhörung lediglich, dass es Beispiele von Zeugen Jehovas gebe, die auch in anderen Landesteilen bzw. Städten der Ukraine verfolgt worden seien; man habe auch dort ihre Häuser abgebrannt und sie geschlagen (Bl. 9 a.a.O.). Auf ihre Person bezogen hat der Kläger nur ausgeführt, dass von irgendwelchen Privatpersonen immer wieder versucht worden sei, sie für den Krieg anzuwerben. Als sie sagten, sie seien neutral und würden nichts gegen andere Leute haben, hätten diese Privatpersonen das auch eingesehen, wenngleich sie immer wieder gekommen sein. Der Kläger führte bei der Anhörung ausdrücklich aus, dass sie wegen ihres Glaubens Probleme mit der Bevölkerung gehabt hätten, mit staatlichen Organen jedoch nicht. Sie könnten in der Ukraine ungestört ihren Glauben ausüben und weiter verbreiten. Seitens des Staates würde aber nichts unternommen, wenn die Bevölkerung gegen sie vorgehe (a.a.O.).
Im aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amts über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine vom 7. Februar 2017 wird unter Ziffer 1.4 ausgeführt dass die Freiheit des religiösen Bekenntnisses und der ungestörten Religionsausübung von der Verfassung (Art. 35) garantiert und von der Regierung in ihrer Politik gegenüber Kirchen und Religionsgemeinschaften respektiert werde. Erkenntnisse darüber, dass von diesem grundsätzlichen Bekenntnis zur Religionsfreiheit bei der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas anders verfahren würde, liegen nicht vor. Letztlich bestätigt der Kläger mit seinen Angaben bei der persönlichen Anhörung diese Feststellung des Auswärtigen Amtes. Der Kläger wusste nur in einem Fall davon zu berichten, dass er bei einem Vorfall dabei gewesen sei, als seine Frau bei ihrer Missionstätigkeit von anderen Dorfbewohnern bedroht worden sei, und er deshalb anschließend bei der Polizei Anzeige erstattet habe. Es sei nicht darauf reagiert worden und er habe nie mehr etwas von der Anzeige gehört. Dieser beispielhaft genannte und durch nichts konkret belegte Zwischenfall kann keinen Beleg dafür abgeben, der ukrainisches Staat würde nachgewiesene Straftaten an Mitgliedern der Religionsgemeinschaft Zeugen Jehovas nicht genauso verfolgen wie an anderen Mitbürgern begangene Straftaten. Dass sich möglicherweise andersgläubige Mitbürger gegen eine nicht erbetene Missionstätigkeit verbal oder mit anderen Mitteln zur Wehr setzen, muss nicht naheliegenderweise einen Straftatbestand erfüllen, dem im Wege der Strafverfolgung nachzugehen wäre. Der Kläger hat beschrieben, dass sich die Mitglieder der Religionsgemeinschaft zweimal in der Woche im großen Kreis versammelt hätten und dabei zweimal 45 Minuten beten würden; dann würden sie sich noch einmal pro Woche im kleinen Kreis versammeln und beten. Diese Versammlungen würden im sogenannten Königreichssaal stattfinden (Bl. 7 a.a.O.). Der Kläger wusste nicht davon zu berichten, dass diese Form der Religionsausübung durch irgendjemand beeinträchtigt worden wäre. Er wusste nur über Vorfälle „in den Jahren 2013 oder 2014“ zu berichten, wo die Ehefrau und eine Glaubensschwester bei ihrer Missionstätigkeit mit nicht näher beschriebenen Privatpersonen, die möglicherweise andersgläubig oder keiner religiösen Glaubensrichtung zugehörten, zusammengetroffen seien, die in verschiedener und durchaus auch drastischer Weise (Hunde, Gewehrsschuss, Androhung der Vergewaltigung) abwehrend auf diese Missionstätigkeit reagiert hätten. Danach ist klar, dass der Kläger und seine Ehefrau solchen Reaktionen von Mitbürgern nicht ausgesetzt gewesen wären, hätten sie sich auf die Religionsausübung im Kreis der Mitglieder der Religionsgemeinschaft Zeugen Jehovas – wie oben beschrieben – beschränkt.
Der Kläger wusste nicht davon zu berichten, dass ihre beiden Söhne, die ebenfalls der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas angehören und die weiterhin in der Ukraine leben sollen, mit Einschränkungen ihrer Religionsausübung bzw. Benachteiligungen in anderen Lebensbereichen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit konfrontiert würden.
Die Befristungsentscheidung zum Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 bis 3 AufenthG ist nicht zu beanstanden. Den von Klägerseite vorgetragenen Belangen musste nicht durch eine kürzere Befristung Rechnung getragen werden. § 11 Abs. 4 AufenthG eröffnet im Übrigen die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen das Einreise- und Aufenthaltsverbot aufzuheben oder die Frist zu verkürzen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach §§ 22 ff. AufenthG vorliegen. Es ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass im Rahmen der Fristsetzung der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt worden wäre. Unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erscheint die festgesetzte Frist von 30 Monaten angemessen.
Danach war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83 b AsylG).
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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