Verwaltungsrecht

Erfolglose Asylklage nigerianischer Staatsangehöriger

Aktenzeichen  M 9 K 17.39312

Datum:
29.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 18890
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3, § 3e, § 4 Abs. 3 S. 1
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7, § 60a Abs. 2c
EMRK Art. 3

 

Leitsatz

Die allgemeine wirtschaftliche und soziale Lage ist für die Mehrheit der Bevölkerung in Nigeria problematisch; die hiermit verbundenen Gefahren begründen für sich aber keine Verletzung des Art. 3 EMRK. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.
Über den Rechtsstreit konnte trotz Ausbleibens der Beklagten aufgrund der mündlichen Verhandlung am 29. Juni 2018 entschieden werden. In der frist- und formgerechten Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann, § 102 Abs. 2 VwGO.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Kläger haben zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (die Anerkennung als Asylberechtigte wurde nicht beantragt), auf die Gewährung subsidiären Schutzes oder auf ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 4. Mai 2017 ist daher rechtmäßig. Es wird insoweit zunächst in vollem Umfang auf die Gründe des angefochtenen Bescheids (§ 77 Abs. 2 AsylG) Bezug genommen und ergänzend ausgeführt:
1. Die Kläger haben keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG.
Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560 – Genfer Flüchtlingskonvention), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Eine Verfolgung i. S. des § 3 AsylG kann nach § 3c Nr. 3 AsylG auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern der Staat oder ihn beherrschende Parteien oder Organisationen einschließlich internationale Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten.
Dabei ist es Sache des Schutzsuchenden, seine Gründe für eine Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen. Er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Herkunftsland zu verbleiben oder dorthin zurückzukehren. Wegen des sachtypischen Beweisnotstands, in dem sich Flüchtlinge insbesondere im Hinblick auf asylbegründende Vorgänge im Verfolgerland vielfach befinden, genügt für diese Vorgänge in der Regel eine Glaubhaftmachung. Voraussetzung für ein glaubhaftes Vorbringen ist allerdings ein detaillierter und in sich schlüssiger Vortrag ohne wesentliche Widersprüche und Steigerungen.
Eine Flüchtlingsanerkennung der Kläger kommt schon deswegen nicht in Betracht, weil es in Ansehung des geltend gemachten Vorbringens dazu, warum die Klägerin zu 1) Nigeria verlassen hat – die Klägerin zu 1) hat angegeben, sie habe Nigeria aus Furcht vor einem Onkel, der die Klägerin zu 1) wegen einer privaten Erbschafts- und Landstreitigkeit bedrohe –, bereits an einer Anknüpfung an ein asylerhebliches Merkmal i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3b AsylG fehlt, unabhängig davon, ob das Vorbringen der Klägerin zu 1) geglaubt wird. Das Vorbringen der Kläger beinhaltet keine Umstände, die an eines der asylerheblichen Merkmale im gesetzlichen Sinn anknüpfen. Das ist auch bei der Behauptung einer Verfolgung durch private Dritte wie hier Voraussetzung.
Unabhängig davon gilt hinsichtlich der behaupteten drohenden Verfolgung, dass zur Überzeugung des Gerichts davon auszugehen ist, dass in diesem Fall ganz offensichtlich eine inländische Fluchtalternative besteht bzw. interner Schutz zur Verfügung steht (§ 3e AsylG). Es steht außer Frage, dass die Kläger nach einer Rückkehr nach Nigeria in einen anderen Landesteil als den, in dem der Onkel wohnt, ziehen könnten, wo sie die Nachstellungen durch diesen – unterstellt, dass das insoweit angegebene Vorbringen stimmen würde – mit asylrechtlich hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht fürchten müssten. Insbesondere wohnen die Angehörigen der Kläger nach den Angaben der Klägerin zu 1) im Verwaltungsverfahren und in der mündlichen Verhandlung ebenfalls in einem anderen Landesteil als der Onkel, dessen Nachstellungen die Klägerin zu 1) fürchtet. Die nicht näher erläuterte Aussage der Klägerin zu 1), dass der Onkel sehr bekannt sei und sie überall gefunden hätte, ist so lediglich eine pauschale Behauptung, als solche mangels Begründung, worin diese vollkommen außergewöhnliche Stellung des Onkels begründet sei, nicht nachvollziehbar und genügt nicht den Anforderungen an die Glaubaftmachung.
Wiederum unabhängig davon hat das Gericht durchgreifende Zweifel an der Glaubhaftigkeit des von der Klägerin zu 1) vorgetragenen Vorbringens zu den Gründen ihres Weggangs aus Nigeria. Zunächst ist auffällig, dass die Klägerin zu 1) insbesondere hinsichtlich des Vortrags zu ihrem Onkel, bei dem es sich um den zentralen Bestandteil des (Verfolgungs-)Vorbringens der Kläger zu 1) handelt, bei dem eine zusammenhängende, konsistente und widerspruchsfreie Darstellung zu erwarten ist, in der mündlichen Verhandlung erstens insgesamt deutlich detaillierter erzählt hat als bei der Anhörung vor dem Bundesamt, das aber zweitens nicht im Zusammenhang, obwohl dazu Gelegenheit gegeben wurde, sondern jeweils immer erst auf einzelne Nachfragen. Vielmehr hat die Klägerin zu 1) zunächst auf die gegebene Gelegenheit, ihr Verfolgungsschicksal zu schildern, lediglich auf das bereits im Verwaltungsverfahren Gesagte verwiesen und sogar ausdrücklich gesagt, sie habe dem nichts hinzuzufügen, ohne die Gelegenheit zu ergreifen, die behaupteten Nachstellungen durch den Onkel im Zusammenhang zu schildern. Im Folgenden hat sie dann jedoch auf Detailnachfragen überwiegend des Gerichts, zu einem kleineren Teil auch ihrer Bevollmächtigten, doch wiederum viele Einzelheiten angegeben, die so in der Anhörung beim Bundesamt nicht vorgetragen wurden. Unabhängig davon, dass es nicht der Sinn der informatorischen Anhörung des Asylklägers in der mündlichen Verhandlung ist, die behauptete Verfolgungsgeschichte durch eine Vielzahl von Nachfragen überhaupt erst zu Tage fördern zu müssen, weil der Asylkläger selbst im Zusammenhang so gut wie gar nichts vorbringt, haben die Antworten der Klägerin zu 1) auf die in der mündlichen Verhandlung gestellten Fragen maßgebliche Details ergeben, die sie in der Anhörung vor dem Bundesamt nicht angegeben hat. Daher liegen erhebliche Steigerungen und Widersprüche im Vortrag in der mündlichen Verhandlung im Vergleich zu dem Vorbringen in der Anhörung vor dem Bundesamt vor, was regelmäßig und so auch hier dazu führt, dass die Angaben nicht glaubhaft sind. Insbesondere dazu, dass bei einem der Brüder der Klägerin zu 1) angeblich eine ähnliche Bedrohungssituation bezüglich eines anderen Grundstücks vorgelegen habe, was für die Beurteilung auch der von der Klägerin zu 1) behaupteten eigenen Bedrohung eine wesentliche Rolle spielt, weil es für die Glaubhaftmachung der Bedrohung durch den Onkel einen Unterschied macht, ob diese auch gegenüber anderen erfolgt, weil die geltend gemachten Fälle dann besser eingeordnet und auch besser beurteilt werden können. Ganz besonders wesentlich ist der Umstand, dass die Klägerin zu 1) in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, dass der Bruder seinerseits, anders als sie, der Forderung des Onkels letztlich sogar freiwillig nachgekommen ist. Diesen Umstand hat die Klägerin zu 1) in der Anhörung beim Bundesamt nicht angegeben, außerdem hat sie noch weitergehend die bei ihrem Bruder laut der Behauptung in der mündlichen Verhandlung bestehende parallele Bedrohungssituation überhaupt nicht erwähnt. Auch ansonsten lassen die Angaben der Klägerin zu 1) in der mündlichen Verhandlung an der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben durchgreifend zweifeln. Insbesondere die Angabe der Klägerin zu 1), sie habe die Besitzurkunde für das Stück Land, das der Onkel habe bekommen wollen, vergraben und nur sie wisse, wo, ergibt keinen Sinn. Denn wenn das so ist und wenn es zutrifft, dass die Besitzurkunde zwingend ist, um mit dem Stück Land etwas anzufangen, was die Klägerin zu 1) in der mündlichen Verhandlung beides angegeben hat, wäre das Stück Land nach dem Weggang der Klägerin zu 1) aus Nigeria komplett wertlos, was die Klägerin zu 1) in der mündlichen Verhandlung auch ausdrücklich bestätigt hat. Wenn das so stimmen würde, wäre es für die Klägerin zu 1) aber vollkommen sinnlos gewesen, das Grundstück dem Onkel vorzuenthalten, wodurch sie sich nach ihrer Behauptung der Verfolgung durch den Onkel ausgesetzt habe, weil dann die jetzige Situation für die Klägerin zu 1) und ihre Kernfamilie, d.h. für alle Erben ihres Vaters, auch nicht anders ist, als wenn sie das Grundstück dem Onkel überlassen hätte. Dazu kommt noch, dass die Klägerin zu 1) in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, einer ihrer Brüder habe dem fraglichen Onkel ein anderes Stück Land letztlich freiwillig überlassen, was die – von der Klägerin zu 1) nicht sinnvoll beantwortete – Frage aufwirft, warum sie nicht auch so habe handeln können. Das spricht ausreichend dafür, dass die Angaben der Klägerin zu 1) insgesamt, auch unter Berücksichtigung der größtenteils wirren, schwer nachvollziehbaren und schwer verständlichen Ausführungen, insgesamt so wie vorgetragen nicht glaubhaft sind, sondern dass damit eine Erklärung für den Weggang der Klägerin zu 1) aus ihrem Heimatland gefunden werden sollte, der die eigentlichen Gründe, vermutlich die schlechte wirtschaftliche Lage (vgl. hierzu Bl. 39 der Bundesamtsakte, dort Frage und Antwort zu 12.), überspielen sollte.
Ergänzend wird auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG), dort Seite 3 unter 1. und 2. bis Seite 5 unten.
2. Den beantragten (unionsrechtlichen) subsidiären Abschiebungsschutz nach § 4 AsylG können die Kläger ebenfalls nicht beanspruchen, wofür ergänzend auf die zu § 3 AsylG erläuterten Gründe verwiesen wird.
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt dabei auch die Gefahr der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG). Die Art der Behandlung oder Bestrafung muss eine Schwere erreichen, die dem Schutzbereich des Art. 3 EMRK zuzuordnen ist und für den Fall, dass die Schlechtbehandlung von nichtstaatlichen Akteuren ausgeht, muss der Staat erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sein, Schutz zu gewähren (§ 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. § 3 c Nr. 3 AsylG).
Gemessen an diesen Maßstäben haben die Kläger keinen Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes i.S. des § 4 Abs. 1 AsylG. Im Herkunftsstaat hat den Klägern keine derartige Gefahr gedroht. Weshalb ihnen bei der Rückkehr – bezogen auf die Klägerin zu 1), der Kläger zu 2) ist hier geboren und würde erstmals in sein Heimatland kommen – ein ernsthafter Schaden, insbesondere eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG) oder gar die Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG) drohen sollte, ist unter keinem Gesichtspunkt erkennbar geworden. Schließlich besteht in Nigeria auch kein internationaler oder innerstaatlicher bewaffneter Konflikt im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG.
Unabhängig davon gilt die inländische Fluchtalternative auch hinsichtlich des subsidiären Schutzes, § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3e Abs. 1 AsylG.
Ergänzend wird auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG), dort Seite 5 unter 3. bis Seite 6.
3. Der streitgegenständliche Bescheid ist auch insoweit rechtmäßig, soweit das Nichtvorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festgestellt wurde.
Bei den national begründeten Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK und dem nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG handelt es sich um einen einheitlichen und nicht weiter teilbaren Verfahrensgegenstand (BVerwG, U.v. 8.9.2011 – 10 C 14.10 – BVerwGE 140, 319 Rn. 16 f.).
Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 AsylG) nicht vor.
§ 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK steht einer Abschiebung entgegen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene tatsächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Maßgeblich sind die Gesamtumstände des jeweiligen Falls und Prognosemaßstab ist die beachtliche Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U.v. 7.9.2010 – 10 C 11/09 – juris Rn. 14). Ein Abschiebungsverbot infolge der allgemeinen Situation der Gewalt im Herkunftsland kommt nur in Fällen ganz extremer Gewalt in Betracht und auch schlechte humanitäre Bedingungen können nur in besonderen Ausnahmefällen ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK begründen.
Auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid des Bundesamts wird auch insofern Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG), dort Seite 6 unter 4. bis Seite 8 unten. Ergänzend dazu wird noch ausgeführt, dass auch die wirtschaftliche Situation in Nigeria ein Abschiebeverbot aus humanitären Gründen nicht rechtfertigen kann. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass nach der derzeitigen Erkenntnislage die allgemeine wirtschaftliche und soziale Lage für die Mehrheit der Bevölkerung in Nigeria problematisch ist. Bei den mit der schwierigen ökonomischen Situation verbundenen Gefahren handelt es sich jedoch um Gefahren, die einen Großteil der Bevölkerung in Nigeria betreffen und die für sich keine Verletzung von Art. 3 EMRK i.S.d. Rechtsprechung des EGMR begründen (vgl. auch dazu BVerwG, B.v. 25.10 2012 – 10 B 16/12 – juris Rn. 8 f.).
Anhaltspunkte für einen besonderen Ausnahmefall, in dem humanitäre Gründe in der Person der Kläger zwingend gegen eine Aufenthaltsbeendigung bzw. gegen eine Rückführung nach Nigeria sprechen, sind vorliegend nicht ersichtlich.
Für die Kläger kann auf Grund ihrer individuellen Voraussetzungen und konkreten Lebenssituation bei einer Rückkehr nach Nigeria keine mit hoher Wahrscheinlichkeit eintretende besondere – außergewöhnliche – Gefahrenlage angenommen werden. Die Klägerin zu 1) hat nach ihren eigenen Angaben neun Jahre die Schule besucht (Bl. 39 der Bundesamtsakte). Die (Schul-) Bildung der Klägerin zu 1) erweist sich damit für nigerianische Verhältnisse als weit überdurchschnittlich – die Analphabetenquote beträgt bei Männern 30 Prozent, bei Frauen sogar rund 50 Prozent (s. Auswärtiges Amt, Länderinformation/Nigeria/Kultur und Bildung unter www.auswäertiges-amt.de, Stand: März 2017); darauf kann sie bei der Sicherung des Lebensunterhalts für den Fall der Rückkehr nach Nigeria aufbauen. Außerdem haben die Kläger nach den Angaben der Klägerin zu 1) (Bl. 39 der Bundesamtsakte) Angehörige im Heimatland, von denen anzunehmen ist, dass sie ihnen beistehen können und die auch in einem anderen Landesteil wohnen als der Onkel, dessen Verfolgung die Klägerin zu 1) nach ihren Angaben fürchtet. Schließlich lebt nach den Angaben der Klägerin zu 1) in der mündlichen Verhandlung im Heimatland ihr erster, mittlerweile zehnjähriger Sohn; unabhängig davon, dass es als nicht fernliegend erscheint, dass sich die Klägerin zu 1) dort auch um diesen kümmern könnte, ist davon auszugehen, dass sich irgendjemand dort um diesen Sohn kümmert, so dass wiederum davon auszugehen ist, dass dort Unterstützungsstrukturen bestehen, derer sich auch die Kläger bedienen können.
Die von der Klägerin zu 1) geltend gemachten gesundheitlichen Einschränkungen stehen diesem Ergebnis nicht entgegen, insbesondere begründen sie kein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Die Klägerin zu 1) hat in der mündlichen Verhandlung auf die auch bereits im Verwaltungsverfahren (vgl. Bl. 45ff. der Bundesamtsakte) bekannte Nabelhernie hingewiesen, wegen der sie unter Zugrundelegung der Angaben in der mündlichen Verhandlung operiert wurde. Dieser Umstand vermag aus mehreren voneinander unabhängig geltenden Gründen kein Abschiebungsverbot zu begründen. Zunächst wurde für die Klägerin überhaupt nichts vorgelegt, geschweige denn, was erforderlich wäre, eine aktuelle ärztliche Stellungnahme insbesondere zu den Folgen der Operation i.S.v. § 60a Abs. 2c AufenthG, der auch bezüglich der Substantiierung der Voraussetzungen eines krankheitsbedingten Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG gilt (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 24.1.2018 – 10 ZB 18.30105 – juris Rn. 7). Unabhängig davon begründet die offensichtlich erfolgreiche Operation wegen der Nabelhernie keine lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG.
4. Die im angefochtenen Bescheid enthaltene Abschiebungsandrohung nach Nigeria gemäß § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG ist ebenfalls rechtmäßig; die Voraussetzungen hierfür liegen vor, wie sich aus den Ausführungen oben 1. – 3. ergibt. Einen asylunabhängigen Aufenthaltstitel haben die Kläger nicht.
5. Bedenken gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots (§ 11 Abs. 1 AufenthG) sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Klage wird nach alledem mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abgewiesen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708ff. ZPO.


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