Verwaltungsrecht

Erfolglose Berufung in Verfahren um Dienstpostenbesetzung

Aktenzeichen  3 ZB 17.442

Datum:
19.1.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 530
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 33 Abs. 2
VwGO § 124 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Wird der ausgeschriebene Dienstposten wegen Gleichwertigkeit im Rahmen einer Um- oder Versetzung besetzt, ist das Auswahlverfahren nicht an den Maßstäben des Art. 33 Abs. 2 GG, mithin nicht anhand eines Leistungsvergleichs aufgrund der aktuellen Beurteilungen zu messen; vielmehr steht dem Dienstherrn hier ein weites pflichtgemäßes Ermessen zu. (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei einer Dienstpostenbesetzung durch Umsetzung oder Versetzung ist es ermessensfehlerfrei, dienstliche Interessen an einer entsprechenden Altersstruktur zu berücksichtigen.  (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 1 K 16.995 2017-01-17 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000,- € festgesetzt.

Gründe

Der ausdrücklich auf sämtliche Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg. Es kann dahinstehen, ob der Antrag nicht schon deshalb abzulehnen ist, weil der Kläger mit seinem Vorbringen, ohne dieses eindeutig einem bestimmten Zulassungsgrund zuzuordnen, nicht dem Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügt (vgl. BayVGH, B.v. 13.5.2009 – 19 ZB 09.7 – juris Rn. 4). Denn die von ihm geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Solche sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht hat zumindest im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen, den Beklagten zu verpflichten, über die Bewerbung des Klägers vom 29. Mai 2015 auf den Dienstposten als Sachbearbeiter 3. QE, zugleich Leiter Zivile Einsatzgruppe (ZEG) beim Polizeipräsidium O., Abt. Einsatz SG E 2, Operative Ergänzungsdienste (OEG), Dienstort W., A 11/00, erneut zu entscheiden. Denn unabhängig davon, ob der Kläger im Rahmen einer Dienstpostenbesetzung durch Umbzw. Versetzung überhaupt klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO) und die Klage zulässig ist, ist die Klage jedenfalls mangels Verletzung des Anspruchs auf fehlerfreie Ermessensausübung unbegründet.
1.1 Das Verwaltungsgericht hat die Klage bereits als unzulässig angesehen. Hierzu hat es unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Dezember 2015 (2 A 6.13 – BVerwGE 153, 246) ausgeführt, dem 1969 geborenen und schwerbehinderten (GdB 50 vH) Kläger, der als Polizeihauptkommissar (BesGr A 11) im Dienst des Beklagten steht und zuletzt als Sachbearbeiter im Kommissariat 4 der Kriminalpolizeiinspektion (KPI) W. eingesetzt war, fehle die Klagebefugnis. Der ausgeschriebene Dienstposten entspreche in seiner Wertigkeit dem Amt, das der Kläger innehabe. Bei einer Umbzw. Versetzungskonkurrenz fehle regelmäßig schon die Klagebefugnis. Ein Beamter habe i.d.R. keinen Anspruch auf Übertragung eines bestimmten Dienstpostens. Bei einer Umbzw. Versetzungskonkurrenz bestehe auch kein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Ein solcher ergebe sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht. Eine Klagebefugnis folge auch nicht daraus, dass Um-/Versetzungen bei Vorliegen zwingender persönlicher Gründe zu erfolgen hätten. Die Auswahl unter den Bewerbern um eine ämtergleiche Um-/Versetzung unterfalle grundsätzlich auch nicht Art. 33 Abs. 2 GG. Auch die interne Vorgabe, Stellen mit dem hierfür am besten geeigneten Bewerber zu besetzen, führe nicht dazu, dass die Auswahlentscheidung an Art. 33 Abs. 2 GG zu messen sei. Der Beklagte habe sich auch nicht freiwillig den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG unterworfen. Er habe in der Ausschreibung deutlich gemacht, dass alle Bewerber, die bereits einen Dienstposten der Wertigkeit A 9/11 innehätten, unabhängig von ihrer Besoldungsgruppe als Um-/ Versetzungsbewerber behandelt würden, weil bei Dienstposten der Wertigkeit A 9/11 und A 11/00 die Beförderungszeiten gleich lang seien. Selbst wenn man aber die Klage für zulässig halten würde, wäre sie unbegründet, da die Auswahlentscheidung nicht ermessensfehlerhaft sei. Für die Besetzung des streitgegenständlichen Dienstpostens sei eine entsprechende Altersstruktur erforderlich, um optisch in die „Szene“ zu passen und nicht sofort als Polizist erkannt zu werden, was beim Kläger aufgrund seines Alters nicht der Fall sei. Bei der Besetzung einer entsprechenden Stelle in A. mit einem lebensälteren Beamten habe es im Unterschied zum vorliegenden Fall an anderen geeigneten Bewerbern gefehlt. Es stehe fest, dass die streitgegenständliche Stelle aus gesundheitlichen Gründen nicht der einzige für den Kläger ideal geeignete Dienstposten sei. Nach Angaben der Polizeiärztin sei es medizinisch gerade noch vertretbar, den Kläger gelegentlich und anlassbezogen Nachtdienst verrichten zu lassen, was auf der streitgegenständlichen Stelle nicht im Sinne einer bestmöglichen Aufgabenerfüllung liege. Auf die Frage der Führungseignung und des Vergleichs der dienstlichen Beurteilungen komme es deshalb vorliegend nicht mehr maßgeblich an.
Dies ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden. Es kann offen bleiben, ob das vom Verwaltungsgericht herangezogene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das vor dem Hintergrund einer Umsetzungskonkurrenz ergangen ist (a.a.O. Rn. 16 ff.), auf den vorliegenden Fall übertragbar ist, in dem es sich hinsichtlich des Klägers wohl um eine Versetzungskonkurrenz handeln dürfte (vgl. BayVGH, U.v. 3.5.2016 – 3 B 13.1069 – juris Rn. 43). Denn unabhängig von der Frage der Klagebefugnis wird der Kläger durch die angefochtene Entscheidung jedenfalls nicht in seinem Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung hinsichtlich seiner (Versetzungs-) Bewerbung verletzt (vgl. BayVGH, U.v. 26.1.2015 – 3 B 12.943 – juris Rn. 19). Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass das Auswahlverfahren nicht an den Maßstäben des Art. 33 Abs. 2 GG zu messen ist. Der Beklagte hat mit dem Hinweis in der Ausschreibung, dass Um-/Versetzungen gemäß Nr. 3 der Richtlinien über die Bestellung auf Dienstposten des gehobenen und des höheren Dienstes der Bayer. Polizei (RBestPol) vom 20. August 1997 i.d.F. vom 31. März 2003 vorrangig durchgeführt werden können, festgelegt, dass Beamte, die bereits einen Dienstposten innehaben, der – wie hier – dem Wert des ausgeschriebenen Dienstpostens gleichwertig ist, nicht am Auswahlverfahren nach Nr. 2 RBestPol teilnehmen. Nur in diesem Fall wäre das Auswahlverfahren an Art. 33 Abs. 2 GG zu messen (vgl. BayVGH, B.v. 14.3.2014 – 3 ZB 13.1194 – juris Rn. 5). Die Auswahlentscheidung musste deshalb auch nicht anhand eines Leistungsvergleichs anhand der aktuellen Beurteilungen getroffen werden, sondern den Anforderungen an die Ausübung eines – weiten – pflichtgemäßen Ermessens genügen, und durfte nicht willkürlich sein (BayVGH a.a.O. Rn. 6). Der Beklagte hat die Auswahlentscheidung ermessensfehlerfrei auf das Erfordernis besonderer dienstlicher Gründe gestützt. Sie beruhte maßgeblich auf der Erwägung, dass der Beigeladene seit über drei Jahren Angehöriger der OED W. war und seit rund zwei Jahren als Sachbearbeiter in der ZEG, faktisch als deren stellvertretender Leiter, eingesetzt wurde. Insoweit ist es ist sachgerecht und vom weiten Ermessen des Dienstherrn gedeckt, wenn zur Gewährleistung größtmöglicher personeller Kontinuität bei Stellen mit Leitungsfunktionen und unter Wegfall einer bei anderen Bewerbern erforderlichen Einarbeitungszeit ein Um-/Versetzungsbewerber, der die Stelle bereits vertretungsweise innehatte, vorrangig ausgewählt wird (vgl. BayVGH, B.v. 9.1.2015 – 3 ZB 12.1447 – juris Rn. 6). Demgegenüber konnte der Kläger keine zwingenden persönlichen Gründe für eine Versetzung auf die fragliche Stelle geltend machen, zumal er schon das hierfür vorausgesetzte Altersprofil nicht erfüllt und diese auch aus gesundheitlichen Gründen nicht (ideal) für ihn geeignet ist.
1.2 Die hiergegen innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgebrachten Einwände des Klägers vermögen keine ernstlichen Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des Ersturteils i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu begründen.
Soweit der Kläger rügt, entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts sei hier eine Klagebefugnis zu bejahen, weil es sich aufgrund dessen, dass die in Frage stehende Stelle direkt beim Polizeipräsidium O. und nicht bei der KPI W. angesiedelt sei, nicht um eine Umsetzung handle, kommt es nach dem unter 1.1 Ausgeführten hierauf im Ergebnis nicht an. Entsprechendes gilt auch für sein Vorbringen, eine Klagebefugnis ergebe sich aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn und der damit verbundenen Ermessenreduzierung auf Null, da es sich bei der ausgeschriebenen Stelle um die einzig gesundheitlich für ihn unbedenkliche Stelle handle. Im Übrigen legt der Kläger nicht dar, weshalb es sich dabei um den einzigen aus gesundheitlichen Gründen in Betracht kommenden Dienstposten für ihn handeln sollte, so dass nicht von einer Ermessensreduzierung auf Null ausgegangen werden kann. Auch soweit der Kläger mit der Behauptung, die Auswahlentscheidung hätte nach Art. 33 Abs. 2 GG anhand eines Leistungsvergleichs durchgeführt werden müssen, eine Klagebefugnis in Form des sog. Bewerbungsverfahrensanspruchs zu begründen versucht, ist dieser Vortrag mangels Entscheidungserheblichkeit unbehelflich. Zudem führt die Vorgabe, dass Dienstposten nach den dienstlichen Belangen mit dem hierfür am besten geeigneten Bewerber zu besetzen sind, nicht dazu, dass der Beklagte sich auf ein an Art. 33 Abs. 2 GG zu messendes Auswahlverfahren festgelegt hätte. Diese Vorgabe bezieht sich ersichtlich nicht auf das angestrebte Statusamt, sondern allein auf die konkreten Anforderungen des Dienstpostens.
Soweit der Kläger meint, der Beklagte habe das von ihm für die Besetzung des streitgegenständlichen Dienstpostens mit dem Beigeladenen angeführte dienstliche Interesse einer entsprechenden Altersstruktur dadurch konterkariert, als in A. für einen vergleichbaren Dienstposten ein lebensälterer Bewerber ausgewählt worden sei, hat der Beklagte dargelegt, dass es dort – anders als nunmehr – keine anderen geeigneten Bewerber gegeben habe, so dass dieser Fall nicht mit dem vorliegenden verglichen werden kann. Hiergegen trägt der Kläger nichts substantiiert vor. Auch die unbelegte Behauptung, der vormalige Leiter der ZEG in W. sei deutlich älter als der Kläger gewesen, vermag angesichts der Tatsache, dass andere geeignete Bewerber zur Auswahl stehen, keine Ausnahme von der Altersvorgabe zu begründen.
Soweit der Kläger anführt, das Verwaltungsgericht hätte aufgrund der Angaben der Polizeiärztin, es sei medizinisch gerade noch vertretbar, ihn gelegentlich Nachtdienst verrichten zu lassen, nicht zu dem Schluss kommen dürfen, dass die fragliche Stelle aus gesundheitlichen Gründen nicht der einzige für den Kläger ideal geeignete Dienstposten sei, legt er nicht dar, warum das Urteil im Ergebnis unrichtig sein sollte. Das Verwaltungsgericht ist aufgrund der Einschätzung der Polizeiärztin im Gutachten 26. Juli 2016 vielmehr zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger, der wegen einer gesundheitsbedingten Verwendungseinschränkung keinen (regelmäßigen) Nachtdienst mehr leisten soll, für die Stelle, auf der dies erforderlich ist, nicht (ideal) geeignet ist. Hiergegen trägt der Kläger nichts substantiiert vor. Auch legt er nicht dar, weshalb diese Schlussfolgerung nur auf der Grundlage der Einvernahme der Polizeiärztin bzw. eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens und nicht anhand des schriftlichen Gutachtens vom 26. Juli 2016 getroffen werden hätte dürfen. Für eine diesbezügliche Notwendigkeit gibt es keine Anhaltspunkte.
2. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO hat der Kläger nicht vorgetragen. Darüber hinaus liegen solche nach dem unter 1. Ausgeführten nicht vor.
3. Eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat der Kläger nicht formuliert. Im Übrigen würde sich nach dem unter 1. Ausgeführten in einem Berufungsverfahren nicht die Frage stellen, ob der Kläger klagebefugt ist.
4. Anhaltspunkte für eine Divergenz i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO wurden nicht dargetan.
5. Ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhen kann, i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO wurde nicht dargelegt. Der Kläger bezeichnet schon keine Verfahrensnorm, gegen die verstoßen worden sein soll. Eine Beweisaufnahme musste sich dem Verwaltungsgericht nach dem unter 1. Ausgeführten nicht aufdrängen. Im Übrigen verstößt ein Gericht grundsätzlich dann nicht gegen seine Aufklärungspflicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die eine anwaltlich vertretene Partei in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt hat. Die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in erster Instanz zu kompensieren.
6. Der Zulassungsantrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG (wie Vorinstanz).
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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