Verwaltungsrecht

Erfolglose Beschwerde gegen eine negative Eilentscheidung wegen Versagung einer Aufenthaltsverlängerung zu Studienzwecken und Abschiebungsandrohung

Aktenzeichen  10 CS 18.789

Datum:
20.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 19967
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5, § 146 Abs. 4
AufenthG § 16 Abs. 2 S. 4
AufenthG § 81 Abs. 4

 

Leitsatz

Der angemessene Zeitraum zum Erreichen eines Studienabschlusses wird bestimmt durch den Aufenthaltszweck, die persönlichen Umstände und dem Bemühen des Ausländers, das Ziel des Aufenthalts in einem überschaubaren Zeitraum zu erreichen; dabei sind Anhaltspunkte für die zu treffende Prognoseentscheidung u.a. die üblichen Studien- und Aufenthaltszeiten und das bisherige Studienverhalten, vor allem bisher erbrachte Zwischenprüfungen und Leistungsnachweise. (Rn. 10 – 11) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 1 S 18.102 2018-03-15 Bes VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin, eine kamerunische Staatsangehörige, verfolgt mit ihrer Beschwerde ihren Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage (Au 1 K 18.63) weiter.
Gegenstand der Klage und des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO ist der Bescheid der Antragsgegnerin vom 15. Dezember 2017, mit dem diese ihren Antrag auf Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Studiums abgelehnt und ihr unter Bestimmung einer Ausreisefrist die Abschiebung angedroht hat.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, mit dem mit der Beschwerde angefochtenen Beschluss vom 15. März 2018 abgelehnt. Die Beschwerde sei überwiegend bereits unzulässig, weil die Antragstellerin nicht – wie behauptet – am 9. Juni 2016 einen Verlängerungsantrag gestellt habe, sondern erst nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der vorangegangenen Aufenthaltserlaubnis am 4. August 2016. Im Übrigen sei der Antrag auch unbegründet, da die Interessenabwägung zuungunsten der Antragstellerin ausfalle. Die auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis gerichtete Verpflichtungsklage werde aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben. Die tatbestandlichen Voraussetzungen nach § 16 Abs. 2 Abs. 4 AufenthG lägen nicht vor. Angesichts der von der Antragstellerin bisher erbrachten Studienleistungen sei nicht mit einem Abschluss des Studiums innerhalb eines angemessenen Zeitraums zu rechnen.
Im Rahmen ihrer Beschwerde beantragt die Antragstellerin weiterhin, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage anzuordnen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nur die Erteilung bzw. Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zur Fortsetzung des Studiums. Die inzwischen bei der Stadt Nürnberg beantragte Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug ist hier nicht Streitgegenstand.
Der Verwaltungsgerichtshof ist gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO in seiner Prüfung auf die vom Beschwerdeführer vorgebrachen Gründe beschränkt. Der Beschwerdeführer hat sich in seiner Beschwerdebegründung mit der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts auseinanderzusetzen (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO).
Es kann offenbleiben, ob die Meinung des Verwaltungsgerichts zutrifft, der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO sei bereits überwiegend unzulässig, weil die Antragstellerin nicht rechtzeitig (§ 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG) vor dem Ablauf der zuvor erteilten Aufenthaltserlaubnis am 21. Juni 2016 einen wirksamen Antrag auf Verlängerung gestellt habe. Denn das Verwaltungsgericht hat – selbständig tragend – zu Recht festgestellt, dass der Antrag jedenfalls unbegründet ist.
Die Klage, die Antragsgegnerin zur Erteilung bzw. Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Fortsetzung des Studiums zu verpflichten, wird auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens aller Voraussicht nach erfolglos blieben. Die Voraussetzung, dass der Abschluss des Studiums in einem angemessenen Zeitraum noch erreicht werden kann (§ 16 Abs. 2 Satz 4 AufenthG), liegt nicht vor.
Zwar trifft das Argument der Antragstellerin zu, dass eine Höchstdauer für das Erreichen eines Studienabschlusses gesetzlich nicht festgelegt ist. Vielmehr bestimmt sich der „angemessene Zeitraum“ im Sinn des § 16 Abs. 2 Satz 4 AufenthG nach dem Aufenthaltszweck und den persönlichen Umständen sowie dem Bemühen des Ausländers, das Ziel seines Aufenthalts in einem überschaubaren Zeitraum zu erreichen. Anhaltspunkte für die zu treffende Prognoseentscheidung sind unter anderem die üblichen Studien- und Aufenthaltszeiten und das bisherige Studienverhalten des Ausländers, vor allem bisher erbrachte Zwischenprüfungen und Leistungsnachweise (Fleuß in Kluth/Heusch, BeckOK AuslR, Stand 1.5.2018, § 16 Rn. 32; zu Einzelheiten der Prognose: BayVGH, U.v. 5.5.2010 – 19 BV 09.3103 – juris Rn. 49-62).
Aus den von der Antragstellerin im Verwaltungsverfahren wie auch im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin in absehbarer Zeit noch einen Studienabschluss erreichen könnte. Sie hat seit ihrem Studienbeginn im Wintersemester 2012/2013 nunmehr vier Studiengänge aufgenommen, ohne in einem von ihnen nennenswerte Erfolge aufweisen zu können. An der Hochschule Heilbronn wurde sie nach 7 Fachsemestern „Medizinische Informatik“ exmatrikuliert, nachdem sie (nur) 40 ECTS-Punkte erreicht hatte. Davon konnten lediglich 16 ECTS-Punkte auf ihr weiteres Studium „Informatik“ an der Universität Augsburg angerechnet werden, bis zu ihrer Exmatrikulation aus diesem Studiengang am 30. September 2017 hatte sie insgesamt 20 ECTS-Punkte (von 180) erreicht. Aus den vor ihr vorgelegten Unterlagen ist zu entnehmen, dass anschließend die Universität Augsburg ihren Wechsel in den Studiengang „Informatik und Multimedia“ genehmigt hat; irgendwelche Belege über tatsächliche Studienleistungen oder erzielte Leistungsnachweise hat sie nicht erbracht. Aus der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Bestätigung der Technischen Hochschule Nürnberg vom 18. April 2018 ergibt sich, dass sie nunmehr dort im Studiengang „Angewandte Mathematik und Physik“ eingeschrieben ist, und zwar vorläufig in das zweite Fachsemester; eine endgültige Einstufung könne erst nach abgeschlossener Notenanerkennung erfolgen. Insoweit hat die Antragstellerin zwar ihren Antrag auf Anerkennung von vorangegangenen Studienleistungen vorgelegt, aber keine weiteren Angaben mehr gemacht, weder zu erfolgten Anerkennungen noch zu neuerdings erzielten Studienleistungen.
Aus alledem ergibt sich das Bild eines eher planlosen und bisher erfolglosen Studienverlaufs, der es nicht rechtfertigt, einen Abschluss des zuletzt aufgenommenen Studiums innerhalb absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu prognostizieren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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