Verwaltungsrecht

Erfolglose, durch Gerichtsbescheid und Urteil abgewiesene Asylklage ukrainischer Staatsangehöriger

Aktenzeichen  RO 9 K 17.33235

Datum:
17.8.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 84 Abs. 4
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1, S. 2
EMRK EMRK Art. 3

 

Leitsatz

1. Eine posttraumatische Belastungsstörung ist auch in der Ukraine behandelbar. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die derzeitige Gesetzeslage in der Ukraine gewährleistet die Registrierung, Versorgung und Unterbringung der Binnenflüchtlinge. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid des Bundesamts vom 4. 20. Mai 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Diese haben keinen Anspruch auf einen Schutzstatus im beantragten Umfang (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Nach der mündlichen Verhandlung als dem maßgeblichen Zeitpunkt für die Sach- und Rechtslage (§ 77 Abs. 1 AsylG) haben sich keine neuen Gesichtspunkte ergeben, die zu einer geänderten Beurteilung gegenüber dem vorausgegangenen Gerichtsbescheid führen. Das Gericht folgt der Begründung des Gerichtsbescheids vom 28. Juni 2017 und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 84 Abs. 4 VwGO).
Ergänzend bleibt auszuführen, dass von Klägerseite nicht substantiiert dargelegt wurde, dass für den Kläger zu 2) ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG infrage kommt. Die zuletzt vorgelegten Bescheinigungen des Bezirksklinikums R. vom 22. Juni 2017 und 19. Juli 2017 für den Kläger zu 2), der sich seit 7. Juli 2015 in der Tagesklinik/Institutsambulanz A. der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in ambulanter kinder- und jugendpsychiatrischer Behandlung befindet, in denen die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung fortgeschrieben wird und weiterhin von einem Verdacht auf einen atypischen Autismus gesprochen wird, findet seinen Ausgangspunkt in dem bereits im Bundesamtsverfahren vorgelegten Klinikbrief des Bezirksklinikums R. vom „14.0. 2016“. Darin wurden im Wesentlichen die Angaben der Mutter (Klägerin zu 1) für den Kläger zu 2) zur Symptomatik und den traumaauslösenden Ereignissen wiedergegeben. Von daher scheint die gestellte Diagnose nicht unbedingt sicher. In einer kurz gefassten Bescheinigung vom 29. Dezember 2015 des Bezirksklinikums R. (Bl. 51 d. Bundesamtsakte) ist auch nur davon die Rede, dass der Kläger zu 2) in der Ukraine wiederholt „schlimmen Ereignissen“ ausgesetzt gewesen sein soll, welche höchstwahrscheinlich nachfolgend bei ihm zu einer posttraumatischen Belastungsstörung (F34.1) geführt hätten. Von einer medikamentösen Behandlung des Klägers zu 2) ist an keiner Stelle der genannten Bescheinigungen die Rede. In der Bescheinigung vom 22. Juni 2017 wird ausgeführt, dass eine Rückkehr ins Heimatland „sicher zu einer erneuten Verunsicherung und psychischen Erschütterung des labilen Jungen“ führen würde, jedoch lasse „sich zum aktuellen Zeitpunkt keine Aussage darüber treffen, ob und in welchem Umfang dies sein würde“. In der Bescheinigung vom 19. Juli 2017 wird ausgeführt, dass die „Aussicht auf eine baldige zwangsweise Rückkehr ins Heimatland zu einer erneuten Verunsicherung und psychischen Erschütterung des labilen Jungen geführt“ hat und eine „Retraumatisierung“ sei nicht auszuschließen. Für den Kläger zu 2) sei es wichtig, dass „die therapeutische Begleitung bis zur erneuten Stabilisierung weitergeführt“ werde. Dabei wurde wiederholt, dass über die Behandlungsmöglichkeiten in der Ukraine keine Informationen vorlägen. Der in der mündlichen Verhandlung mit dem verspätet gestellten Beweisantrag zur Einvernahme der beiden Unterfertigten der jüngsten Bescheinigung vom 19. Juli 2017 bezweckten Beweiserhebung war nicht zu entsprechen, da nicht hinreichend dargelegt wurde, welche Aussagen die genannten beiden Personen über den oben dargestellten Inhalt der Bescheinigungen hinaus treffen können sollten. Darin ist auch nicht – wie im Beweisantrag angegeben – von einem „engmaschigen Therapiebündnis“ die Rede, bei dessen Abbruch eine „drastische Gesundheitsverschlechterung“ des Klägers zu 2) zu gewärtigen wäre. Nach der Auskunftslage (Lagebericht des Auswärtigen Amts zur Ukraine vom 7. Februar 2017) ist im Übrigen davon auszugehen, dass eine posttraumatische Belastungsstörung auch in der Ukraine behandelbar ist. Die Bescheinigungen geben im Ergebnis keinen Anhalt für eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib und Leben des Klägers zu 2) im Falle einer Rückkehr in die Ukraine (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG).
4-6 Für beide Kläger ergeben sich im konkreten Einzelfall keine Anhaltspunkte dafür, dass sie im Falle einer Rückkehr in die Ukraine einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen würden, wodurch sich ein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK begründen ließe. Mit dem ukrainischen Gesetz zur Sicherung von Rechten und Freiheiten der Binnenflüchtlinge vom 19. November 2014 (IDP-Gesetz) steht eine Rechtsgrundlage zur Verfügung, die die Registrierung, Versorgung und Unterbringung der Binnenflüchtlinge gewährleistet. Zusätzlich werden Binnenflüchtlinge nach der Erkenntnislage auch von zahlreichen NGOs sowie dem UNHCR und deren Unterorganisation OCHA unterstützt (vgl. u.a. BayVGH, B.v. 24.3.2017 – 11 ZB 17. 30322 -; B.v. 5.4.2017 – 11 ZB 17.30326 u. 30327 – juris m.w.N.).
Danach war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83 b AsylG).
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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