Verwaltungsrecht

Erfolglose Klage auf Erteilung einer wasserrechtlichen Genehmigung für eine Uferbefestigung

Aktenzeichen  8 ZB 21.668

Datum:
15.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 41450
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 86 Abs. 1 S. 1, § 96 Abs. 1 S. 2, § 108 Abs. 1, § 113 Abs. 5, § 117 Abs. 2 Nr. 5, § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 5, § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2
WHG § 67 Abs. 2 S. 1, § 68 Abs. 3 Nr. 1
BayVwVfG Art. 38

 

Leitsatz

1. Die Umgestaltung eines Gewässers ist nur dann unwesentlich, wenn sie unbedeutend ist und keine ins Gewicht fallenden Auswirkungen verursacht, die Anlass zu einer behördlichen Vorabkontrolle mittels Planfeststellung oder Plangenehmigung geben. (Rn. 11) (red. LS Andreas Decker)
2. Die Zusage einer bestimmten Rechtsauslegung kann eine zusagefähige Maßnahme iSv Art. 38 BayVwVfG darstellen. (Rn. 14) (red. LS Andreas Decker)
3. Auch wenn § 68 Abs. 3 Nr. 1 WHG im Wortlaut als Vorgabe für die Entscheidung über die Planfeststellung ausgestaltet ist, enthält sie eine zwingende Voraussetzung für die Gestattung eines Gewässerausbaus, die auch im Wege der Abwägung nicht überwunden werden kann. (Rn. 20) (red. LS Andreas Decker)

Verfahrensgang

B 7 K 19.230 2020-12-21 Urt VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger begehrt vom Beklagten eine wasserrechtliche Plangenehmigung für die von ihm bereits aus Steinquadern errichtete Ufermauer im H.bach (Gemeinde E.).
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks mit der FlNr. … der Gemarkung E., das in südwestlicher Richtung an den H.bach (FlNr. …), einem Gewässer dritter Ordnung, grenzt. Der Kläger hat im September 2014 entlang des Ufers des H.bachs auf Höhe seines Grundstücks ca. 80x80x60 cm große Steinquader in drei übereinanderliegenden Reihen eingebracht, um das Ufer zu befestigen. Das dahinterliegende Gelände wurde mit Schotter aufgefüllt.
Mit Schreiben vom 28. September 2018 beantragte der Kläger beim Beklagten unter Einreichung verschiedener Planunterlagen nachträglich die wasserrechtliche Planfeststellung/Plangenehmigung für einen Gewässerausbau des H.bachs durch Errichtung einer Ufermauer. Nach Einholung einer Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamtes Kronach lehnte das Landratsamt Forchheim mit Bescheid vom 11. Februar 2019 den Antrag ab. Laut der Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamtes führe die vom Kläger errichtete Ufermauer zu einer Erhöhung der Hochwassergefahr. Es liege damit ein zwingender Versagungsgrund vor.
Die auf Verpflichtung des Beklagten gerichtete Klage, die beantragte Plangenehmigung zu erteilen, hilfsweise, über den Antrag neu zu entscheiden, hat das Verwaltungsgericht Bayreuth mit Urteil vom 21. Dezember 2020 abgewiesen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung.
II.
A. Der Zulassungsantrag des Klägers hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 und 5 VwGO).
1. Aus dem Zulassungsvorbringen ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Das Vorbringen der Klagepartei stellt keinen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Ersturteils durch schlüssige Gegenargumente infrage (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546 = juris Rn. 19). Solche sind nicht erst dann gegeben, wenn der Erfolg des Antrags auf Zulassung der Berufung wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (BVerfG, B.v. 16.4.2020 – 1 BvR 2705/16 – juris Rn. 22). Bei der Beurteilung ist nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung abzustellen (BVerfG, B.v. 16.7.2013 – 1 BvR 3057/11 – BVerfGE 134, 106 = juris Rn. 40; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9).
Nach diesem Maßstab bestehen keine ernstlichen Zweifel, dass das Verwaltungsgericht die Versagungsgegenklage zu Recht abgewiesen hat. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung einer Plangenehmigung für die von ihm bereits errichtete Uferbefestigung oder auf erneute Entscheidung über seinen Antrag hat (§ 113 Abs. 5 VwGO). Das nach § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO maßgebliche Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.
a) Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei der zur Genehmigung beantragten, bereits verwirklichten Uferbefestigung um einen Gewässerausbau i.S.d. § 67 WHG handelt.
Nach der Legaldefinition des § 67 Abs. 2 Satz 1 WHG ist unter einem Gewässerausbau die Herstellung, die Beseitigung und die wesentliche Umgestaltung eines Gewässers oder seiner Ufer zu verstehen. Die Umgestaltung ist wesentlich, wenn sie sich auf den Wasserhaushalt, also etwa Wasserstand, Wasserabfluss, Fließgeschwindigkeit, Selbstreinigungsvermögen, ferner auf die Schifffahrt, die Fischerei oder in sonstiger Hinsicht, z. B. für den Naturhaushalt oder das äußere Bild der Landschaft, in bedeutsamer Weise, also merklich auswirkt. Es genügt, wenn sich die Auswirkungen nur am betroffenen Gewässerabschnitt zeigen. Die Umgestaltung wäre nur dann unwesentlich, wenn sie unbedeutend wäre und keine ins Gewicht fallenden Auswirkungen verursachte, die Anlass zu einer behördlichen Vorabkontrolle mittels Planfeststellung oder Plangenehmigung gäben (Czychowski/Reinhardt, WHG, 12. Aufl. 2018, § 67 Rn. 30; Schenk in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, Stand Sept. 2020, § 67 Rn. 22 m.w.N.).
Das Verwaltungsgericht hat zur Frage des Gewässerausbaus ausgeführt, dass durch die mehrreihige Aufschichtung großer Wasserbausteine am Böschungsfuß und die Auffüllung des dahinterliegenden Geländes das Ufer des H.bachs von der natürlichen Trapezform hin zu einer befestigten Ufermauer umgestaltet worden ist (UA S. 9).
Das Vorbringen im Zulassungsantrag zieht diese Würdigung nicht ernsthaft in Zweifel.
aa) Anders als der Kläger meint, liegt seitens des Beklagten keine wirksame Zusage/Zusicherung vor, dass „bei der klägerischen Maßnahme schon gar kein Gewässerausbau vorliege und daher keine Planfeststellung erforderlich (gewesen sei)“. Zwar kann auch die Zusage einer bestimmten Rechtsauslegung eine zusagefähige Maßnahme im Sinn des Art. 38 BayVwVfG darstellen (vgl. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 38 Rn. 10). Unabhängig davon, dass im Verwaltungsverfahren eine Zusicherung, um eine Bindungswirkung zu entfalten, gem. Art. 38 BayVwVfG schriftlich vorliegen muss – was hier nicht der Fall ist -, fehlt es aber bereits an einer Zusage/Zusicherung an sich. Die von der Klagepartei als Zeugen für die behauptete Zusage benannten Personen, Herr S. (Mitarbeiter des Wasserwirtschaftsamts Kronach) und Herr H. (Mitarbeiter des Landratsamtes Forchheim), waren mit der hier im Streit stehenden Maßnahme nicht befasst (vgl. Bl. 216 2. Teil, Bl. 145 2. Teil der Behördenakte). Die vom Kläger hierzu angeführte Mail vom 7. Juli 2010 betrifft einen anderen Abschnitt des Flussufers, nämlich den bei FlNr. …, wie sich aus dem Bezugsschreiben des Wasserwirtschaftsamts vom 4. September 2009 (Bl. 11 Teil 1 der Behördenakte) sowie der Stellungnahme vom 31. Januar 2019 (S. 4) ergibt.
bb) Soweit das Zulassungsvorbringen geltend macht, dass es sich deswegen um keinen Gewässerausbau handle, weil der Einbau der Steine entlang der vormaligen Böschung erfolgt sei und nicht in das vormalige Gewässerbett hineinreiche, und hierfür verschiedene Beweismittel anbietet, gilt Folgendes: Auf die Frage, ob die Steinmauer entlang der ehemaligen Böschung gesetzt wurde und ob sie in das Gewässerbett hineinreicht, kam es für die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass ein Gewässerausbau nach § 67 Abs. 2 WHG vorliegt, nicht entscheidungserheblich an. Das Verwaltungsgericht hat die Einstufung der Maßnahme als Gewässerausbau nicht mit dem Verlauf der Mauer begründet, sondern damit, dass durch das Einbringen von Wasserbausteinen und die Auffüllung des dahinterliegenden Geländes das Ufer des H.bachs von einer natürlichen Trapezform erheblich zu einer befestigten Ufermauer umgestaltet worden sei. Diese Würdigung hat das Zulassungsvorbringen nicht infrage gestellt (§ 124 a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO). Insbesondere hat es sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob sich durch die Wasserbausteine die vom Verwaltungsgericht angeführte Trapezform verändert hat oder nicht.
Im Übrigen kommt es auf die Frage, ob die Ufermauer entlang der ehemaligen Böschung errichtet wurde, auch deswegen nicht an, weil allein durch die erhebliche optische Umgestaltung des Ufers des H.bachs eine wesentliche Umgestaltung des Ufers (vormals Böschung, jetzt 1,50 m hohe Ufermauer aus 80x80x60 cm großen Wasserbausteinen) vorliegt, wie sich unschwer aus dem sich im Behördenakt befindlichen zahlreichen Fotomaterial (z.B. Bl. 3, 4, 22-31, 53, 54, 64-75, 101-104, 154-156 2. Teil, Bl. 4-9 3. Teil der Behördenakte), und der Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts vom 8. Dezember 2014 (Bl. 100 2. Teil der Behördenakte) entnehmen lässt, sodass auch aus diesem Grund ein Gewässerausbau i.S.d. § 67 Abs. 2 WHG anzunehmen ist.
Da es für die Frage, ob ein Gewässerausbau i.S.d. § 67 Abs. 2 WHG vorliegt, nicht entscheidungserheblich darauf ankam, ob die Mauer entlang der ehemaligen Uferböschung verläuft, musste das Verwaltungsgericht insoweit auch keine weitere Sachverhaltsaufklärung betreiben.
b) Das Verwaltungsgericht ist auch zu Recht zu dem Schluss gekommen, dass der beantragten Plangenehmigung der zwingende Versagungsgrund des § 68 Abs. 3 Nr. 1 WHG entgegensteht. Entgegen dem Vorbringen im Zulassungsantrag ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass die Errichtung der Ufermauer eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit durch eine erhebliche und dauerhafte, nicht ausgleichbare Erhöhung der Hochwasserrisiken erwarten lässt.
aa) Soweit der Kläger meint, der Begriff der „Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit“ setze eine Abwägung mit seinen individuellen Interessen voraus, trifft das nicht zu.
Nach § 68 Abs. 3 Nr. 1 WHG darf der Plan nur festgestellt werden, wenn eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere eine erhebliche und dauerhafte, nicht ausgleichbare Erhöhung der Hochwasserrisiken oder eine Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen, vor allem in Auwäldern, nicht zu erwarten ist. Auch wenn die Vorschrift im Wortlaut als Vorgabe für die Entscheidung über die Planfeststellung ausgestaltet ist, enthält sie eine zwingende Voraussetzung für die Gestattung eines Gewässerausbaus, die auch im Wege der Abwägung nicht überwunden werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 22.10.2015 – 7 C 15.13 – NVwZ 2016, 308 = juris Rn. 40 zu § 31 Abs. 5 Satz 3 WHG a.F., der in § 68 Abs. 3 Nr. 1 WHG 2010 übernommen werden sollte, vgl. BT-Drs. 16/12275 S. 73; BayVGH, U.v. 15.3.2021 – 8 A 18.40041 – BeckRS 2021, 6122 Rn. 49; Schenk in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, Stand Sept. 2020, § 68 Rn. 20).
Der Begriff „Wohl der Allgemeinheit“ unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff einer uneingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle (vgl. BVerwG, B.v. 28.7.2004 – 7 B 61.04 – NuR 2004, 809 = juris Rn. 9; BVerwG, B.v. 6.9.2004 – 7 B 62.04 – ZfW 2005, 228 = juris Rn 9). Im Wasserhaushaltsgesetz wird der Begriff mehrfach verwendet (vgl. auch § 3 Nr. 10, § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WHG). Der ursprüngliche Begriff, den die Rechtsprechung zu § 6 Abs. 1 WHG a. F. entwickelt hat (vgl. BVerwG, U. v. 17. 3. 1989 – 4 C 30.88 – BVerwGE 81, 347), ist auf den Begriff in § 68 Abs. 3 Nr. 1 WHG nicht ohne Weiteres übertragbar, weil der Begriff im Wasserhaushaltsgesetz in der seit dem 1.3.2010 geltenden Fassung mit unterschiedlicher Bedeutung verwendet wird (vgl. die Zusammenstellung bei Széchényi in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, Stand Sept. 2020, § 3 Rn. 31 ff.). Umfasst sind jedenfalls alle wasserwirtschaftlichen Gesichtspunkte. Ob im Rahmen einer Prüfung des in § 68 Abs. 3 WHG normierten Versagungsgrundes außerhalb des Wasserrechts liegende öffentliche Belange dem Begriff des „Wohls der Allgemeinheit“ (Nr. 1) oder den „sonstigen öffentlichen Vorschriften“ (Nr. 2) zuzuordnen sind, kann letztendlich offenbleiben, da im Rahmen des wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahrens ohnehin alle einschlägigen Belange zu prüfen sind (vgl. BVerwG B.v. 5.7.2016 – 7 B 43.15 – BeckRS 2016, 49595 Rn. 13, 16). Der Allgemeinwohlbegriff erfasst damit jedenfalls nur öffentliche Belange (vgl. BVerwG, U. v. 17. 3. 1989 – 4 C 30.88 – BVerwGE 81, 347 = juris Rn. 13). Andere Gründe, etwa fiskalische Belange oder Rücksichten auf private Gesichtspunkte, werden hingegen nicht umfasst.
Daher ist für den Gemeinwohlbegriff auch nicht maßgeblich, ob der Nachbar schon vor längerer Zeit Maßnahmen, insbesondere Auffüllungen entlang der Uferlinie seines Grundstücks durchgeführt und der Kläger mit der Errichtung der Ufermauer versucht hat, ein Hochwasserrisiko für sein eigenes Grundstück abzuwenden. Eine Berücksichtigung privater Belange kann erst im Rahmen des Abwägungsgebots erfolgen, das aber nur zum Tragen kommt, wenn zwingende Versagungsgründe nicht vorliegen (so etwa BVerwG, U.v. 12.7.2018 – 7 B 15.17 – AbfallR 2019, 55 = juris Rn. 16 zur abfallrechtlichen Planfeststellung; Czychowksi/Reinhardt, WHG, 12. Aufl. 2018, § 70 Rn. 37, 42; Maus in Berendes/Frenz/Mügggenborg, WHG, 2. Aufl. 2017, § 68 Rn. 52 ff.). Der im Zulassungsantrag angeführten, insoweit missverständlichen Ansicht in der Kommentarliteratur, wonach vom Wohl der Allgemeinheit auch das planungsrechtliche Abwägungsgebot umfasst wird (vgl. Riese in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Mai 2021, § 68 Rn. 85 ff.), vermag der Senat nicht zu folgen; auch die dort in Bezug genommenen Fundstellen tragen eine solche Auffassung nicht.
bb) Soweit der Kläger bemängelt, dass das Verwaltungsgericht nicht begründet habe, dass sich durch das Vorhaben des Klägers das Hochwasserrisiko erheblich erhöht, rügt er in der Sache nicht den Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, sondern einen Verfahrensmangel gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO aufgrund eines Begründungsmangels nach § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO (vgl. dazu unten A. 2. b).
2. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels, auf dem das Ersturteil beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), zuzulassen. Entgegen dem Zulassungsvorbringen ist weder ein Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO gegeben noch ein Verstoß gegen die Verpflichtung des Gerichts nach § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO, das Urteil ausreichend zu begründen.
a) Der vom Zulassungsantrag gerügte Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegt nicht vor.
aa) Nach Ansicht des Klägers habe sich eine weitere Sachverhaltsaufklärung im Hinblick auf die Frage der Verschmälerung des Bachbetts durch den Kläger, die Frage eines Hochwasserrisikos für das nachbarliche Grundstück und die Frage der vorausgegangenen durch den Nachbarn verursachten Gewässerveränderungen aufdrängen müssen.
§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 VwGO verpflichtet das Gericht zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen. Diese Ermittlungspflicht gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Das Gericht ist nicht auf ein bestimmtes Beweismittel festgelegt. Es kann gemäß § 96 Abs. 1 Satz 2 VwGO Sachverständige vernehmen oder sich auch auf Gutachten oder gutachterliche Stellungnahmen stützen, die eine Behörde im Verwaltungsverfahren eingeholt hat. Die Entscheidung, ob ein weiteres Gutachten eingeholt wird, steht im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 108 Abs. 1 VwGO im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Dieses Ermessen wird nur dann fehlerhaft ausgeübt, wenn es von der Einholung eines weiteren Gutachtens absieht, obwohl sich ihm die Notwendigkeit dieser weiteren Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, B.v. 10.10.2017 – 7 B 4.17 – juris Rn. 12; B.v. 8.3.2018 – 9 B 25.17 – DVBl 2018, 1179 = juris Rn. 32; BayVGH, B.v. 17.5.2018 – 8 ZB 16.1977 – juris Rn. 39). Dies ist im Allgemeinen der Fall, wenn das vorliegende Gutachten auch für den nicht Sachkundigen erkennbare Mängel aufweist, etwa nicht auf dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft beruht, von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, unlösbare inhaltliche Widersprüche enthält oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Sachverständigen gibt, ein anderer Sachverständiger über neue oder überlegenere Forschungsmittel oder größere Erfahrung verfügt oder wenn das Beweisergebnis durch substantiierten Vortrag eines der Beteiligten oder durch eigene Überlegungen des Gerichts ernsthaft erschüttert wird (vgl. BVerwG, B.v. 6.11.2020 – 6 B 31.20 – juris Rn. 18 f.).
Nach diesem Maßstab hat das Verwaltungsgericht die gerichtliche Aufklärungspflicht nicht verletzt. Denn das Verwaltungsgericht konnte seine Entscheidung in Bezug auf die Frage der Verschmälerung des Bachbetts und des Hochwasserrisikos auf die Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamtes vom 31. Januar 2019 stützen, ohne verpflichtet zu sein, ein weiteres Gutachten einzuholen. Amtlichen Auskünften des Wasserwirtschaftsamts kommt eine besondere Bedeutung zu (BayVGH, B.v. 9.1.2018 – 8 ZB 16.2496 – juris Rn. 10; B.v. 9.3.2011 – 8 ZB 10.165 – BayVBl 2011, 728 = juris Rn. 12). Offensichtliche Mängel dieser Stellungnahme, aufgrund derer sich dem Verwaltungsgericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens hätte aufdrängen müssen, legt der Kläger weder dar noch ist dies ersichtlich. Die vom Wasserwirtschaftsamt in seiner Stellungnahme getroffenen Aussagen sind plausibel und nachvollziehbar. Sie lassen sich anhand der in der Behördenakte befindlichen Fotos und der im Zulassungsverfahren als Anlage B2 vom Kläger vorgelegten Querschnitte (Bl. 33-37 der Gerichtsakte) ohne weiteres nachvollziehen. Die getroffenen Annahmen und Schlussfolgerungen hat der Kläger in keiner Weise erschüttert. Im Gegenteil hat er durch die Vorlage der Querschnitte im Zulassungsverfahren die Richtigkeit der Annahmen des Wasserwirtschaftsamtes bestätigt. Aus den vorgelegten Querschnitten ergibt sich nämlich, dass durch die Einbringung der Steinquader die Trapezform des Bachbetts beseitigt wurde und es bei Hochwasser zu Überschwemmungen vornehmlich auf dem nachbarlichen Grundstück kommen wird.
Da die Frage, ob der Nachbar durch Auffüllungen den Lauf des H.bachs verändert hat, nicht entscheidungserheblich ist (vgl. unter A.1.b), musste das Verwaltungsgericht diesem Gesichtspunkt ebenso wenig weiter nachgehen.
bb) Soweit der Kläger geltend macht, das Verwaltungsgericht habe im Urteil zu Unrecht den in der mündlichen Verhandlung bedingt gestellten Beweisantrag abgelehnt, „Beweis zu erheben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Behauptung des Klägers, dass durch die von ihm durchgeführten Gewässerausbaumaßnahmen im Bereich des H.bachs weder eine Erhöhung des Hochwasserrisikos noch eine Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen zu erwarten sind“, vermag dies ebenfalls keinen Aufklärungsmangel zu begründen.
Eine Verletzung der Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO liegt nur vor, wenn bereits im erstinstanzlichen Verfahren auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung hingewirkt worden ist oder wenn sich die weitere Sachverhaltsermittlung oder Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen bzw. geboten gewesen wäre (stRspr; vgl. BVerwG, U.v. 29.5.2008 – 10 C 11.07 – NVwZ 2008, 1246 = beckonline Rn. 13; BVerwG, B.v. 30.9.1996 – 4 B 175.96 – NVwZ-RR 1997, 214 = beckonline). Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung gemäß § 86 Abs. 1 VwGO dann nicht, wenn es von einer sich nicht aufdrängenden Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2021 – 2 B 69.20 – NVwZ-RR 2021, 540 = beckonline Rn. 27 m.w.N.).
Durch Stellung seines bedingten Beweisantrages in der mündlichen Verhandlung hat zwar der Kläger auf eine Sachverhaltsaufklärung hingewirkt (vgl. dazu stRspr BVerwG, B.v. 22.10.2021 – 7 BN 1.20 – juris Rn. BVerwG, B.v. 14.1.2016 – 7 B 19.15 – BeckRS 2016, 41830 Rn. 4). Gleichwohl liegt keine Verletzung des § 86 Abs. 1 VwGO vor. Denn das Verwaltungsgericht konnte den Beweisantrag im Hinblick auf das Gutachten des Wasserwirtschaftsamts vom 31. Januar 2019 ablehnen und von einer weiteren Beweiserhebung absehen. Der Ablehnung ist der Kläger im Zulassungsantrag nicht substantiiert entgegengetreten. Soweit er geltend macht, aus dem Gutachten des Wasserwirtschaftsamts habe sich nicht ergeben, dass die Erhöhung des Hochwasserrisikos auch „erheblich“ sei, vermag dies eine Verletzung der Aufklärungspflicht nicht zu begründen, weil die Frage der Erheblichkeit des Hochwasserrisikos von dem gestellten Beweisantrag nicht erfasst war.
b) Ebenso wenig ist ein Begründungsmangel des Urteils (§ 108 Abs. 1 Satz 2, § 117 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) gegeben, soweit der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe nicht begründet, dass sich durch das Vorhaben des Klägers das Hochwasserrisiko erheblich erhöhen würde.
Nach § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO müssen im Urteil die Gründe angegeben werden, die für die richterliche Überzeugungsbildung leitend gewesen sind. Sinn dieser Regelung ist es zum einen, die Beteiligten über die der Entscheidung zugrundeliegenden tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen zu unterrichten, und zum anderen, dem Rechtsmittelgericht die Nachprüfung der inhaltlichen Richtigkeit in prozessrechtlicher und materiell-rechtlicher Hinsicht zu ermöglichen. Nicht mit Gründen versehen ist eine Entscheidung in diesem Sinne deshalb nur, wenn sie – jedenfalls in maßgeblichen Teilen – so mangelhaft begründet ist, dass die Entscheidungsgründe ihre doppelte Funktion nicht mehr erfüllen können. Demgegenüber liegt ein Mangel der Begründung nicht schon dann vor, wenn die Entscheidungsgründe lediglich unklar, unvollständig, oberflächlich oder unrichtig sind (vgl. BVerwG, B.v. 23.11.2020 – 6 B 33.20 – juris Rn. 21 zu § 138 Nr. 6 VwGO). Lückenhafte Entscheidungsgründe sind allerdings zu beanstanden, wenn das Urteil auf „einzelne Ansprüche“ oder „einzelne selbständige Angriffs- und Verteidigungsmittel“ überhaupt nicht eingeht (vgl. BVerwG, B.v. 15.7.2010 – 8 B 94.09 – juris Rn. 13 zu § 138 Nr. 6 VwGO).
Nach diesen Maßstäben hat das Verwaltungsgericht der Begründungspflicht genügt. Die Entscheidungsgründe handeln folgerichtig und nachvollziehbar die wesentlichen Gesichtspunkte ab, die den Tenor des Urteils tragen. Das gilt auch für die Beurteilung der Erheblichkeit der Erhöhung der Hochwasserrisiken. In den Entscheidungsgründen ist das Verwaltungsgericht – wenn auch knapp – auf die Erheblichkeit der Erhöhung der Hochwasserrisiken sowohl bei der Darstellung der Tatbestandsmerkmale des § 68 Abs. 3 Nr. 1 WHG (vgl. UA S. 9) als auch im Rahmen der Subsumtion unter dieses Merkmal für den vorliegenden Fall eingegangen (vgl. UA S. 10). Es hat insoweit festgestellt, dass „der beantragten Plangenehmigung eine erhebliche und dauerhafte, nicht ausgleichbare Erhöhung der Hochwasserrisiken“ entgegenstehe. Auch wenn das Verwaltungsgericht die Frage der Erheblichkeit im Folgenden nicht mehr näher problematisiert hat, ergibt sich aus den weiteren Ausführungen, dass es die durch die Baumaßnahmen des Klägers (Mauer und dahinterliegende Auffüllungen) verursachte Verringerung des Abflussquerschnitts und die dadurch bewirkten Hochwasserrisiken auf dem Nachbargrundstück nicht nur als geringfügig eingestuft hat. Maßgeblich für das Verwaltungsgericht war, dass durch die durchgehende Errichtung der 1,50 m hohen Steinmauer auf der einen Seite des H.bachs dieser nur noch die Möglichkeit hat, auf das andere Ufer auszuweichen und dieses damit umso mehr von Überschwemmungen betroffen wäre. Hieraus ergibt sich, dass das Verwaltungsgericht in der zahlenmäßigen Häufigkeit die Erheblichkeit gesehen hat. Dies genügt den Begründungserfordernissen, zumal der Kläger nicht dargelegt hat, dass er die Frage der Erheblichkeit der Hochwasserrisiken im erstinstanzlichen Verfahren selbst thematisiert hat und das Verwaltungsgericht hierauf nicht eingegangen ist.
B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
C. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und Abs. 3 sowie § 52 Abs. 2 GKG.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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