Verwaltungsrecht

Erfolglose Klage auf internationalen Schutz (Pakistan)

Aktenzeichen  RN 7 K 16.30085

Datum:
24.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 24805
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 11 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3, § 59, § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
AsylG § 3, § 4, § 34 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Eine durch private Auseinandersetzungen ausgelöste Verfolgung von Privatpersonen wegen Blutrache stellt ein kriminelles Unrecht dar, das nicht an eines der nach § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG geschützten Rechtsgüter anknüpft. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Frage des Bestehens einer inländischen Fluchtalternative ist einer allgemeinen Klärung nicht zugänglich. Ihre Beantwortung hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere den individuellen Verhältnissen des jeweiligen Klägers ab (Anschluss an VGH München BeckRS 2018, 17203 Rn. 8). (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Das Gericht konnte gem. § 102 Abs. 2 VwGO trotz Ausbleibens eines Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung über die Verwaltungsstreitsache verhandeln und entscheiden, da auf diese Möglichkeit in der ordnungsgemäßen Ladung zum Termin hingewiesen wurde.
Die zulässige, insbesondere innerhalb der Frist des § 74 Abs. 1 Halbsatz 1 AsylG erhobene Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid des Bundesamts vom 7.1.2016 erweist sich im entscheidungserheblichen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AsylG) als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO.
Zunächst folgt das Gericht den Feststellungen und der Begründung des streitgegenständlichen Bescheids vom 7.1.2016, macht sich diese zu eigen und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Ergänzend wird Folgendes ausgeführt:
A.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 und 4 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG.
Einem Ausländer wird gem. § 3 Abs. 4 AsylG die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, wenn er Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist.
Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Nr. 1) außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet (Nr. 2), dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (Nr. 2a) oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will (Nr. 2b).
Die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG genannten Verfolgungsgründe werden in § 3b AsylG weiter konkretisiert. Dabei ist unerheblich, ob der Betroffene einen Verfolgungsgrund tatsächlich aufweist, sofern ein Verfolgungsakteur dem Betroffenen einen Verfolgungsgrund zuschreibt, § 3b Abs. 2 AsylG.
Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG gelten gem. § 3a Abs. 1 AsylG Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1) oder in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2).
Nach § 3a Abs. 3 AsylG muss eine kausale Verknüpfung zwischen den Verfolgungshandlungen nach § 3a Absätze 1 und 2 AsylG oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen und den Verfolgungsgründen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3b AsylG bestehen.
Als Verfolgungsakteure kommen gem. § 3c AsylG der Staat (Nr. 1), Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (Nr. 2), oder nichtstaatliche Akteure, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (Nr. 3), in Betracht.
Die Furcht vor Verfolgung ist im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG begründet, wenn dem Ausländer die vorgenannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d.h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit („real risk“) drohen (stRspr, vgl. bspw. BVerwG, B.v. 13.2.2019 – 1 B 2/19 -, Rn. 6, juris, m.w.N.).
Die Auslegung der nationalen Rechtsvorschriften erfolgt in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Richtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011. Aus Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU ergibt sich, dass für die Beurteilung der Frage, ob die Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG begründet ist, der einheitliche Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit gilt, unabhängig davon, ob bereits eine Vorverfolgung stattgefunden hat (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.2011 – 10 C 25/10 -, BVerwGE 140, 22-33, Rn. 22; BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23/12 -, BVerwGE 146, 67-89, Rn. 32). Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU stellt allerdings eine Beweiserleichterung in Form einer widerleglichen Vermutung auf, dass eine früher verfolgte Person auch heute noch verfolgt wird. Die Tatsache, dass ein Ausländer bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ist ein ernsthafter Hinweis darauf, dass seine Furcht vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass er erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. Unter den Einschränkungen des Art. 5 der Richtlinie 2011/95/EU kann die begründete Furcht vor Verfolgung auch auf Nachfluchtgründen beruhen.
Vor dem Hintergrund der besonderen Mitwirkungspflichten (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO i.V.m. §§ 15, 25 Abs. 1 und 2 AsylG) und im Lichte des Art. 4 Abs. 1, 2 und 5 der Richtlinie 2011/95/EU kann vom Schutzsuchenden erwartet werden, dass er seine Fluchtgründe in schlüssiger Form vorträgt und sich insbesondere um die Vorlage von Urkunden bemüht, die sein Vorbringen nachweisen oder jedenfalls substantiiert glaubhaft machen (vgl. BVerwG, U.v. 22.3.1983 – 9 C 68/81 -, juris). Zu berücksichtigen ist jedoch, dass dieser sich typischerweise in Beweisnot befindet und zumeist als „Zeuge in eigener Sache“ das einzige Beweismittel ist. In der Regel kommt deshalb dem persönlichen Vorbringen des Schutzsuchenden, seiner Persönlichkeit und Glaubwürdigkeit sowie der Art seiner Einlassung besondere Bedeutung zu (vgl. BVerwG, B.v. 10.5.2002 – 1 B 392/01 -, Rn. 5, juris, m.w.N.). Gleichwohl ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass der Schutzsuchende sein Verfolgungsschicksal glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts darlegen muss und das Gericht einer Überzeugungsbildung nach § 108 Abs. 1 VwGO nicht enthoben ist. Der Schutzsuchende muss zumindest unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt schildern, aus dem sich bei verständiger Würdigung ergibt, dass ihm in seinem Heimatstaat Verfolgung droht. Hierzu gehört, dass er zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Asylanspruch lückenlos zu tragen. Erhebliche Widersprüche und Unstimmigkeiten im Vorbringen können dem entgegenstehen, es sei denn, diese können überzeugend aufgelöst werden. Bei der Bewertung der Stimmigkeit des Sachverhalts sind u.a. Persönlichkeitsstruktur, Wissensstand und Herkunft des Schutzsuchenden zu berücksichtigen (vgl. BayVGH, U.v. 12.12.2019 – 8 B 19.31004 -, Rn. 27, juris, m.w.N.).
Hiervon ausgehend scheidet die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft aus.
I. Das Gericht ist aufgrund der Angaben des Klägers bei der Anhörung vor dem Bundesamt, der Angaben im gerichtlichen Verfahren und insbesondere in der mündlichen Verhandlung sowie aufgrund des persönlich gewonnenen Eindrucks nicht davon überzeugt, dass dieser vorverfolgt ausgereist ist bzw. ihm bei der Rückkehr nach Pakistan eine Verfolgung droht.
Der Kläger hat seine Flucht aus Pakistan sowohl gegenüber dem Bundesamt als auch in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen darauf gestützt, dass sein Onkel und sein Cousin väterlicherseits von einer gegnerischen Familie aus dem Nachbardorf umgebracht worden seien, woraufhin seine Cousins jemanden von der gegnerischen Familie getötet hätten. Zwischen seiner Familie und der Rana-Familie bestehe daher Blutrache. Die Ermordung seines Onkels und seines Cousins sei vor ungefähr 15 Jahren gewesen. Es habe keinen konkreten Angriff gegeben, bevor der Kläger damals nach Karachi gegangen sei. In Karachi habe er keine Probleme gehabt, aber die gegnerische Familie hätte ihn auch dort gesucht. Auf mehrfache Nachfrage des Gerichts zu einer individuellen, konkreten Verfolgungssituation des Klägers wich der Kläger aus und gab lediglich an, dass die Rana-Familie seinen Onkel und seinen Cousin ermordet habe. Er gehe davon aus, dass diese Familie auch ihn kriegen wolle.
Der Vortrag des Klägers zu seinem Verfolgungsschicksal ist pauschal und erscheint dem Gericht insgesamt unstimmig. In den maßgeblichen Punkten blieben die Ausführungen des Klägers detailarm und vage, weshalb nicht der Eindruck entstand, dass der Kläger insoweit von tatsächlich Erlebtem berichtete.
II. Im Ergebnis kommt es aber nicht entscheidend auf die Frage der Glaubhaftigkeit des vom Kläger geltend gemachten Verfolgungsschicksals an. Denn selbst bei Wahrunterstellung seines Vortrags hat der Kläger keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.
1. Das vorgetragene Schicksal rechtfertigt keine begründete Furcht vor individueller Verfolgung i.S.d. § 3 Abs. 1 AsylG. Unter Würdigung aller Umstände überwiegen die gegen eine Verfolgung sprechenden Umstände die hierfür sprechenden Umstände, so dass eine Verfolgung nicht beachtlich wahrscheinlich ist. Insbesondere liegt die Ermordung seines Onkels und seines Cousins 15 Jahre zurück. Der Kläger wurde zu keinem Zeitpunkt persönlich angegriffen oder bedroht und konnte seit dem Vorfall etwa im Jahre 2005 bis zu seiner Ausreise in seinem Herkunftsland unbehelligt leben.
2. Zudem fehlt es jedenfalls an einer Verfolgung durch einen rechtlich relevanten Akteur. Zwar kann eine relevante Verfolgung auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern die staatlichen Strukturen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten (§ 3c Nr. 3 AsylG). Die Furcht des Klägers vor Angriffen der befeindeten Familie begründet dies jedoch nicht. Denn sollte er tatsächlich von diesen Personen verfolgt werden, so muss er sich darauf verweisen lassen, staatlichen Schutz in Anspruch zu nehmen und könnte dies auch. Es ist nicht glaubhaft und substantiiert dargelegt, dass eine im Einzelfall möglicherweise fehlende Schutzbereitschaft des Staates Ausdruck einer grundsätzlichen Schutzunwilligkeit oder Schutzunfähigkeit des pakistanischen Staates gegenüber Bedrohungslagen, wie sie der Kläger geschildert hat, wäre. Kein Staat ist in der Lage, lückenlosen Schutz vor kriminellen Übergriffen Dritter zu bieten. Die Handlungsfähigkeit des pakistanischen Staates wird – unter Hinweis auf bestehende Defizite – auch durch die vorliegenden Erkenntnismittel bestätigt (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan, Stand Mai 2019, S. 9 f, S. 19). Dem Kläger ist es also zuzumuten, sich wegen der Blutrache durch Mitglieder der gegnerischen Familie an die örtliche Polizei zu wenden; auch ist zu erwarten, dass er durch staatliche Stellen Schutz erhält.
3. Weiterhin steht auch keine Verfolgung wegen eines flüchtlingsschutzrelevanten Merkmals im Raum. Eine durch private Auseinandersetzungen ausgelöste Verfolgung von Privatpersonen wegen Blutrache stellt ein kriminelles Unrecht dar, das nicht an eines der nach § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG geschützten Rechtsgüter anknüpft.
4. Abgesehen davon muss sich der Kläger – auch im Falle einer beachtlichen Bedrohungslage – auf eine inländische Fluchtalternative verweisen lassen. Die Flüchtlingseigenschaft wird nicht zuerkannt, wenn eine landesinterne Schutzalternative besteht. Dies ist gem. § 3e Abs. 1 AsylG der Fall, wenn der Ausländer in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat (Nr. 1) und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (Nr. 2).
Die Frage des Bestehens einer inländischen Fluchtalternative ist einer allgemeinen Klärung nicht zugänglich. Ihre Beantwortung hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere den individuellen Verhältnissen des jeweiligen Klägers ab, vgl. § 3e Abs. 2 AsylG i.V.m. Art. 4 Richtlinie 2011/95/EU (vgl. BVerwG, B.v. 21.9.2016 – 6 B 14.16 – juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 5.7.2018 – 15 ZB 18.31513 – juris Rn. 8; B.v. 3.11.2017 – 13a ZB 17.31228 – juris Rn. 12; OVG NW, B.v. 29.9.2018 – 13 A 3333/18.A – juris Rn. 8-13; B.v. 20.6.2017 – 13 A 903/17.A – juris Rn. 16-19). Die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse am Ort des internen Schutzes müssen so gestaltet sein, dass das Existenzminimum des betroffenen Ausländers gewährleistet ist (vgl. u.a. BVerwG, B.v. 14.11.2012 – 10 B 22/12 -, juris Rn. 9 unter Hinweis auf BVerwG, U.v. 29.5.2008 – 10 C 11/07 -, juris). Ein verfolgungssicherer Ort bietet erwerbsfähigen Personen das wirtschaftliche Existenzminimum grundsätzlich immer dann, wenn sie dort durch eigene, notfalls auch wenig attraktive und ihrer Vorbildung nicht entsprechende Arbeit, die grundsätzlich zumutbar ist, oder durch Zuwendungen von dritter Seite jedenfalls nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu ihrem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen können. Zu den danach zumutbaren Arbeiten gehören auch Tätigkeiten, für die es keine Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern, und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs ausgeübt werden können, auch soweit diese Arbeiten als Tätigkeiten im Bereich einer „Schatten- oder Nischenwirtschaft“ bezeichnet werden. Der Verweis auf eine kriminelle Arbeit, also eine Arbeit etwa im Sinne „mafiöser“ Erwerbstätigkeit, die für eine kriminelle Organisation geleistet wird und – wie bei Mitgliedern der Mafia – in der fortgesetzten Begehung von oder der Teilnahme an Verbrechen besteht, ist nicht zumutbar (vgl. BVerwG, B.v. 17.5.2006 – 1 B 100/05 -, Rn. 11, juris). Das Existenzminimum ist nicht gewährleistet, wenn der Ausländer am Ort des internen Schutzes bei der gebotenen grundsätzlich generalisierenden Betrachtungsweise auf Dauer ein Leben zu erwarten hat, das zu Hunger, Verelendung und schließlich zum Tode führt oder wenn er dort nichts Anderes zu erwarten hat als ein „Dahinvegetieren am Rande des Existenzminimums“ (vgl. BVerwG, B.v. 31.7.2002 – 1 B 128/02 -, Rn. 2, juris, m.w.N.). Welche darüberhinausgehenden wirtschaftlichen und sozialen Standards erfüllt sein müssen, hat das Bundesverwaltungsgericht bislang ausdrücklich offengelassen; allerdings spricht einiges dafür, dass die gemäß Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2004/83/EG zu berücksichtigenden allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftslandes – oberhalb der Schwelle des Existenzminimums – auch den Zumutbarkeitsmaßstab prägen (vgl. BVerwG, U.v. 29.5.2008 – 10 C 11/07 -, BVerwGE 131, 186-198, Rn. 35).
In den Städten, vor allem den Großstädten Rāwalpindi, Lahore, Karachi, Peshāwar oder Multan, leben potenziell Verfolgte aufgrund der dortigen Anonymität sicherer als auf dem Land. Selbst Menschen, die die Polizei wegen Mordes sucht, können in einer Stadt unbehelligt leben, die weit genug von ihrem Heimatort entfernt liegt (vgl. zuletzt Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der islamischen Republik Pakistan – Lagebericht, Stand Mai 2019, S. 19).
Der Kläger hat nicht glaubhaft dargelegt, dass er so exponiert ist, dass ihm eine landesweite Verfolgung drohen würde. Angesichts der hohen Bevölkerungszahl in Pakistan sowie mehrerer Millionenstädte landesweit ist nicht glaubhaft vorgebracht, dass die Leute, von denen der Kläger befürchtet, verfolgt zu werden, die Mittel und den Willen haben, ihn landesweit ausfindig zu machen.
Überdies vermag der Kläger in weiten Teilen Pakistans ein ausreichendes Einkommen zu finden. Zwar ist das Leben in den Großstädten teuer. Allerdings haben viele Menschen kleine Geschäfte oder Kleinstunternehmen. Es gibt aufgrund der großen Bevölkerung viele Möglichkeiten für Geschäfte auf kleiner Basis (vgl. Bundesasylamt Republik Österreich vom Juni 2013, Pakistan 2013, Seite 76). Überdies gibt es Programme, die Personen bei der Arbeitssuche unterstützen (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 16.5.2019, S. 103). In den eingangs genannten Großstädten sind demnach auch die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse so gestaltet, dass das Existenzminimum des Klägers gewährleistet ist. Der Kläger hat in Pakistan eine Schule besucht und gelernt, wie man Sanitäranlagen baut. Diesen Tätigkeit übte er im Heimatland ein Jahr lang in Gujranwala aus. Derzeit arbeitet er in einem Restaurant. Das Gericht hat daher – auch unter Berücksichtigung der Ausführungen im Attest vom 21.5.2015 – keine Zweifel an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Klägers. Es kann vom Kläger als erwachsenem und erwerbsfähigem Mann vernünftigerweise erwartet werden, dass er sich in einem anderen Landesteil niederlässt.
B.
Ferner hat der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG.
Gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Abs. 1 AsylG bezeichnete ernsthafte Schaden droht.
Als ernsthafter Schaden gilt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). Dabei muss die Art der Behandlung oder Bestrafung eine Schwere erreichen, die dem Schutzbereich des Art. 3 EMRK zuzuordnen ist und für den Fall, dass die Schlechtbehandlung von nichtstaatlichen Akteuren ausgeht, muss der Staat erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sein, Schutz zu gewähren (§ 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. § 3c Nr. 3 AsylG).
Anhaltspunkte für eine Gefahr der Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe gegen den Kläger bestehen nicht.
Soweit der Kläger eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung durch die gegnerische Familie befürchtet, so erweist sich der Vortrag schon nicht als glaubhaft (s.o.). Unabhängig davon müsste sich der Kläger selbst bei Wahrunterstellung seines Vortrags jedenfalls auf die Möglichkeit des landesinternen Schutzes verweisen lassen, § 4 Abs. 3 AsylG i.V.m. § 3e AsylG (s.o.).
Auch die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG liegen nicht vor. Eine erhebliche individuelle Gefahr für Leib oder Leben im Sinne der vorgenannten Norm kann sich auch aus einer allgemeinen Gefahr für eine Vielzahl von Zivilpersonen im Rahmen eines bewaffneten Konflikts ergeben, wenn sich die Gefahr in der Person des Ausländers verdichtet. Eine solche Verdichtung bzw. Individualisierung kann sich aus gefahrerhöhenden Umständen in der Person des Ausländers ergeben. Sie kann unabhängig davon ausnahmsweise auch bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (vgl. BVerwG, U.v. 14.7.2009 – 10 C 9/08 – amtlicher Leitsatz; BVerwG, U.v. 17.11.2011 – 10 C 13/10 – amtlicher Leitsatz; vgl. grundlegend EuGH, U.v. 17.2.2009 – C-465/07 – Elgafaji / Staatssecretaris van Justitie). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Begriff des bewaffneten Konflikts anhand des Völkerrechts auszulegen und setzt eine gewisse Qualität voraus (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 – 10 C 43/07 – Rn. 23). Er liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn es sich lediglich um innere Unruhen und Spannungen wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und andere ähnliche Handlungen handelt (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 – 10 C 43/07 – Rn. 26).
Zum einen liegt in Pakistan gegenwärtig kein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt vor. Zwar war Pakistan nach 2008 von einer erheblichen terroristischen Bedrohung durch die Taliban und andere islamistisch-extremistische Gruppen bedroht (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der islamischen Republik Pakistan – Lagebericht, Stand Mai 2016, S. 5). Mit verschiedenen Operationen der Sicherheitskräfte und Militäroffensiven gegen die Terrorgruppen in den Stammesgebieten konnte dort das staatliche Gewaltmonopol jedoch überwiegend wiederhergestellt werden. Seitdem sinkt die terroristische Gewalt in Pakistan weiter. Für 2018 nennt der „US State Department 2018 Country Report on Human Rights“ 686 Todesopfer terroristischer Gewalt (1.260 im Jahr 2017). Trotz Rückgang des Terrorismus verüben die Taliban und andere militante Gruppen insbesondere in den Provinzen Belutschistan und Khyber-Pakhtunkhwa weiter Anschläge, wie beispielweise am 12.4.2019 auf einem Marktplatz der Provinzhauptstadt Quetta (Belutschistan), bei dem 21 Menschen getötet wurden oder im Mai 2019 der Angriff auf ein Luxushotel in Gwadar, bei dem drei PAK Soldaten, ein Wächter des Hotels und drei weitere Hotelangestellte ums Leben kamen (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der islamischen Republik Pakistan – Lagebericht, Stand Mai 2019, S. 20). Ein dauerhafter bewaffneter Konflikt liegt hierin nicht, da weder die Taliban noch andere extremistische Terrorgruppierungen und Jihadisten bei realistischer Einschätzung militärisch dazu in der Lage sind, die Macht in Pakistan oder in relevanten Landesteilen erlangen zu können. Sie genießen auch in weiten Teilen der Bevölkerung keinen Rückhalt. Des Weiteren sind die Auseinandersetzungen nicht so intensiv und dauerhaft, dass man von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt sprechen könnte.
Zum anderen – selbst wenn man das Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts bejahen würde – bestünde keine erhebliche individuelle Gefahr für Leib oder Leben des Klägers. Die in Pakistan drohenden Gefahren weisen objektiv keine derart hohe Dichte bzw. keinen derart hohen Grad auf, dass praktisch jede Zivilperson bei einer Rückkehr allein durch ihre Anwesenheit in dem betreffenden Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung für Leib und Leben ausgesetzt ist. Bei einer Gesamtbevölkerung von über 200 Millionen Menschen ist das Risiko, als Zivilperson Schaden an Leib oder Leben durch Anschläge zu erleiden, verschwindend gering. Weite Teile des Landesgebiets sind von Terroranschlägen überhaupt nicht betroffen, der regionale Schwerpunkt terroristischer Anschläge liegt in den Provinzen Belutschistan und Khyber-Pakhtunkhwa (s.o.).
Gefahrerhöhende individuelle Umstände kann der Kläger nicht erfolgreich geltend machen. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass gerade der Kläger einem besonders hohen Risiko ausgesetzt sein könnte.
C.
Ebenso steht dem Kläger im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung kein Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu.
I. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung EMRK ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Dabei löst nicht jede Verletzung der EMRK im Abschiebezielstaat ein Abschiebungsverbot aus (BVerwG, B.v. 8.2.1999 – 1 B 2/99). Die Gefahr einer Rechtsgutverletzung muss – ohne dass indessen eine Extremgefahr vorliegen muss – erheblich und schwerwiegend sein (vgl. BVerwG, B.v. 8.8.2018 – 1 B 25/18). § 60 Abs. 5 AufenthG bezieht sich lediglich auf zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse nach der EMRK (vgl. zur Vorgängerregelung in § 53 Abs. 4 AuslG BVerwG, U.v. 11.11.1997 – 9 C 13/96; BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15/12 – Rn. 35). Insbesondere sind zu nennen das Recht auf Leben (Art. 2 Abs. 1 EMRK) und das Verbot der Folter (Art. 3 EMRK). Für die Frage, wie die Gefahr beschaffen sein muss, mit der die Rechtsgutverletzung droht, ist auf den asylrechtlichen Prognosemaßstab der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“ zurückzugreifen.
Ein solches zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis liegt nicht vor.
Wie bereits im Rahmen der Prüfung des § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG festgestellt, droht dem Kläger in Pakistan keine, durch einen staatlichen oder nichtstaatlichen Akteur verursachte, Folter oder relevante unmenschliche oder erniedrigende Behandlung. In den Fällen, in denen gleichzeitig über die Gewährung eines subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG) und eines nationalen Abschiebungsschutzes zu entscheiden ist, scheidet bei Verneinung der Voraussetzungen des § 4 AsylG regelmäßig – so auch hier – die Annahme eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG aus denselben tatsächlichen und rechtlichen Gründen aus (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15/12 – Rn. 36).
Darüber hinaus kann nach der Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) eine Verletzung des Art. 3 EMRK ausnahmsweise auch dann in Betracht kommen, wenn der Kläger im Falle seiner Abschiebung tatsächlich Gefahr läuft im Zielstaat auf so schlechte humanitäre Bedingungen zu treffen, dass die Abschiebung dorthin eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt. Bei der Annahme einer unmenschlichen Behandlung allein durch die humanitäre Lage und die allgemeinen Lebensbedingungen im Herkunftsland wird ein sehr hohes Gefährdungsniveau vorausgesetzt (vgl. BayVGH, B.v. 30.9.2015 – 13a ZB 15.30063 -, juris Rn. 5, unter Hinweis auf BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12; BayVGH, B.v. 21.11.2014 – 13a B 14.30284 -, juris, Rn. 19).
Derart schlechte humanitäre Bedingungen sind in Pakistan nicht gegeben. Zwar erhalten Personen, die nach Pakistan zurückkehren, keine staatliche Wiedereingliederungshilfen oder sonstige Sozialleistungen (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der islamischen Republik Pakistan – Lagebericht, Stand Mai 2019, S. 24). Sie sind demnach zur Sicherung des Existenzminimums insbesondere auf ihre eigene und/oder familiäre berufliche und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit angewiesen. Allerdings ist der Kläger als junger, erwachsener, erwerbsfähiger Mann in der Lage, in Pakistan seinen Lebensunterhalt zu sichern (s.o.). Ergänzend vermag der Kläger auch die Unterstützung seiner Großfamilie (entfernte Verwandte mütterlicherseits) in Pakistan in Anspruch zu nehmen.
II. Auch die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen nicht vor.
Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Unerheblich ist hierbei, von wem die Gefahr ausgeht und auf welchen Umständen sie beruht. Gleichwohl genügt für die Annahme einer „konkreten Gefahr“ im Sinne der Norm nicht jede bloße Möglichkeit, Opfer von Eingriffen in geschützte Rechtsgüter zu werden. Vielmehr ist auch hier der asylrechtlichen Prognosemaßstab der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“ anzuwenden, und zwar unabhängig davon, ob der Ausländer vorverfolgt ausgereist ist oder nicht. Zudem ergibt sich aus dem Element der „Konkretheit“ der Gefahr für „diesen“ Ausländer das zusätzliche Erfordernis einer auf den Einzelfall bezogenen, individuell bestimmten und erheblichen, also auch alsbald nach der Rückkehr eintretenden Gefährdungssituation. Schließlich muss es sich um Gefahren handeln, die dem Ausländer landesweit drohen, denen er sich also nicht durch Ausweichen in sichere Gebiete seines Herkunftslandes entziehen kann.
1. Gefahren nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen (§ 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG). Die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG greift nur ausnahmsweise dann nicht ein, wenn sich für die Einzelperson aufgrund der Situation im Zielstaat aus Gründen, die in einer abstrakt generellen Leitentscheidung nicht berücksichtigt werden können, eine verfassungswidrige Lücke im Schutz ergibt. Dazu muss sich entweder die generelle Gefahrenlage zu einer Extremgefahr gesteigert haben oder sonst eine individuelle, existenzielle Gefahr bestehen. Bei einer generellen Gefahrenlage muss der Schutzsuchende „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen“ ausgeliefert werden (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 1 C 15.12 – Rn. 38; BVerwG, U.v. 13.6.2013 – 10 C 13.12 – Rn. 13 ff.).
Eine generelle Gefahrenlage, die sich zu einer Extremgefahr gesteigert hat, liegt nicht vor (s.o.).
2. Demgegenüber sind die Anforderungen für eine konkret individuelle existenzielle Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG etwas niedriger anzusetzen (vgl. BVerwG, B.v. 24.5.2006 – 1 B 118/05 -, juris, Rn. 4).
Bei der Geltendmachung einer Krankheit als Abschiebungshindernis liegt eine erhebliche konkrete Gefahr i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, vor. Der Gesetzgeber geht ausdrücklich davon aus, dass lediglich „äußerst gravierende“, insbesondere lebensbedrohliche Erkrankungen der Abschiebung eines Ausländers entgegenstehen (vgl. Gesetzesbegründung in BT-Drs. 18/7538, 18). Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände – bspw. faktisch unzureichende Behandlungsmöglichkeiten oder fehlender Zugang zu einer grundsätzlich vorhandenen medizinische Versorgung – in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, d.h. dass eine wesentliche oder gar lebensbedrohliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U.v. 22.3.2012 – 1 C 3/11 – BVerwGE 142, 179 – juris Rn. 34; B.v. 17.8.2011 – 10 B 13/11 u.a. – juris Rn. 3; U.v. 17.10.2006 – 1 C 18.05 – BVerwGE 127, 33 – juris Rn. 15; U.v. 25.11.1997 – 9 C 58.96 – BVerwGE 105, 383 – juris Rn. 13; vgl. BayVGH, B.v. 12.8.2015 – 11 ZB 15.30054 – juris Rn. 10 unter Bezugnahme auf BVerwG, B.v. 24.5.2006 – 1 B 118.05 – juris). Eine bloß bessere Behandelbarkeit im Bundesgebiet begründet die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm hingegen nicht: Nach § 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt gemäß § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist.
Hiervon ausgehend vermag das Gericht keine erhebliche individuelle Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit des Klägers i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bei seiner Rückkehr in sein Heimatland zu erkennen.
a) Es fehlt an der hinreichend substantiierten Geltendmachung einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung.
Ob eine entsprechende schwerwiegende oder lebensbedrohliche Erkrankung vorliegt, bedarf der Darlegung durch den jeweiligen Kläger (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO; vgl. dazu BVerwG, B.v. 26. Juli 2012 – 10 B 21.12; U.v. 11. September 2007 – 10 C 8.07, jeweils juris).
Dabei entsprach es gefestigter Rechtsprechung (bspw. BayVGH, B.v. 10.1.2018 – 10 ZB 16.30735 – juris Rn. 8; OVG LSA, B.v. 28.9. 2017 – 2 L 85/17 – juris Rn. 2 ff.; OVG NW, B.v. 9.10.2017 – 13 A 1807/17.A – juris Rn. 19 ff., BayVGH, B.v. 9.11.2017 – 21 ZB 17.30468 – juris Rn. 4), dass die Anforderungen an ein ärztliches Attest gemäß § 60a Abs. 2c AufenthG auf die Substantiierung der Voraussetzungen eines krankheitsbedingten Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG zu übertragen sind. Nunmehr wurde die entsprechende Anwendung des § 60a Abs. 2c Sätze 2 und 3 AufenthG ausdrücklich in § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG kodifiziert.
Eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, muss vom Kläger demnach durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft gemacht werden (§ 60a Absatz 2c Satz 2 AufenthG). Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten (§ 60a Absatz 2c Satz 3 AufenthG).
Überdies gehört nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts – ursprünglich bezogen auf Beweisanträge – zur Substantiierung des Vorbringens einer Erkrankung an PTBS angesichts der Unschärfe des Krankheitsbildes sowie seiner vielfältigen Symptomatik regelmäßig die Vorlage eines fachärztlichen Attests, aus dem sich nachvollziehbar ergeben muss, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat (eigene ärztliche Exploration) und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer PTBS auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist (vgl. BVerwG, U.v. 11.09.2007 – 10 C 17/07 -, Rn. 15, juris).
Weiterhin ist höchstrichterlich geklärt, dass es ausschließlich Sache des Tatrichters ist, sich selbst die nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO notwendige Überzeugungsgewissheit von der Wahrheit des Parteivortrags zu verschaffen (vgl. BVerwG, B.v. 22.2.2005 – 1 B 10.05 – juris Rn. 2). Die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Asylbewerbers gehört – auch in schwierigen Fällen – zum Wesen der richterlichen Rechtsfindung, vor allem der freien Beweiswürdigung (vgl. BVerwG, B.v. 18.7.2001 – 1 B 118.01 – juris Rn. 3; OVG NW, B.v. 13.6.2014 – 19 A 2166/11.A – juris Rn. 4; VGH BW, B.v. 20.10.2006 – A 9 S 1157/06 – juris Rn. 3). Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung umfasst dabei sowohl die Würdigung des Vorbringens der Partei im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren einschließlich der Beweisdurchführung als auch die Wertung und Bewertung vorliegender ärztlicher Atteste sowie die Überprüfung der darin getroffenen Feststellungen und Schlussfolgerungen auf ihre Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit (vgl. OVG NW, B.v. 10.1.2007 – 13 A 1138/04.A – juris Rn. 44). Der Sachverständige begutachtet demgegenüber lediglich als „Gehilfe“ des Richters einen grundsätzlich vom Gericht festzustellenden (Mindest-) Sachverhalt aufgrund seiner besonderen Sachkunde auf einem Fachgebiet (vgl. BVerwG, U.v. 6.2.1985 – 8 C 15.84 – juris Rn. 16). Die Feststellung der Wahrheit von Angaben des Asylbewerbers oder der Glaubhaftigkeit einzelner Tatsachenbehauptungen unterliegt als solche nicht dem Sachverständigenbeweis (vgl. BVerwG, B.v. 22.2.2005 a.a.O.).
Dies zugrunde gelegt hat der Kläger keine lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen durch qualifizierte ärztliche Bescheinigungen glaubhaft gemacht.
(1) Soweit der Kläger über Herzschmerzen und Kopfschmerzen/Migräne klagt, so hat er keine aktuellen Atteste vorgelegt.
(2) Den im behördlichen Verfahren vorgelegten Attesten und Arztberichten kommt im entscheidungserheblichen Zeitpunkt aus mehreren Gründen kein hinreichender Beweiswert zu.
Zum einen sind die Atteste bzw. Arztberichte bereits über fünf Jahre alt und können schon deshalb keine ausreichende Grundlage für die Beurteilung des aktuellen Gesundheitszustands des Klägers darstellen.
Zum anderen genügen jedenfalls die ärztlichen Atteste vom 18.2.2014, vom 6.4.2014 und vom 21.5.2015 nicht den eingangs genannten Anforderungen an eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung. Sie geben weder nachvollziehbaren Aufschluss über die Methode der Tatsachenerhebung, noch über die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben. Aus den Attesten wird nicht ersichtlich, seit wann und wie häufig sich der Kläger in ärztlicher Behandlung befunden hat. Ebenso enthalten sie keine aussagekräftigen Angaben zur Behandlungsbedürftigkeit und den bisherigen Behandlungsverlauf einschließlich etwaig verordneter Medikation und Therapie.
Insbesondere ergibt sich aus dem Attest vom 18.2.2014 und vom 6.4.2014 lediglich der Verdacht auf eine PTBS. Dem ärztlichen Attest vom 21.5.2015, dass als Diagnose dann eine gesicherte PTBS bescheinigt, lässt sich nicht entnehmen, wie die Ärzte der Gemeinschaftspraxis für Innere Medizin / hausärztliche Versorgung zu dieser Einschätzung gelangen. Überdies handelt es sich auch nicht um fachärztliche Atteste.
b) Auch wenn man den Vortrag des Klägers und die vorgelegten Atteste und Arztbriefe berücksichtigt, so würden selbst eine nachgewiesene Cephalgie, Schlafstörungen, eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) und Aorteninsuffizienz 3. Grades nicht zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung führen.
(1) Bei einer Cephalgie und Schlafstörungen handelt es sich schon nicht um schwerwiegende oder lebensbedrohliche Erkrankungen i.S.d. Norm.
(2) Des Weiteren ist nicht dargelegt, dass sich die Erkrankungen des Klägers durch die Abschiebung alsbald wesentlich verschlechtern würden.
Die Verpflichtung zur Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG verlangt die Erstellung einer Gefahrenprognose. Dazu zieht der Tatrichter auf der Basis von Erkenntnissen, die er aus Vergangenheit und Gegenwart gewonnen hat, zukunftsorientierte Schlussfolgerungen (vgl. BayVGH, B.v. 27.11.2017 – 9 ZB 17.31302, BeckRS 2017, 134624 Rn. 4, beck-online).
Aus dem Arztbericht vom 18.3.2014 lässt sich entnehmen, dass (hinsichtlich der Aorteninsuffizienz) keine Notwendigkeit zu einer operativen Maßnahme bestehe. Es seien kardiologische Kontrollen sowie eine medikamentöse Therapie empfohlen. Im Attest vom 6.4.2014 wird angegeben, dass kurzfristig ein operativer Herzklappenersatz notwendig werde. Der Arztbrief vom 15.5.2015 gibt an, dass sich im Befund ein guter Allgemeinzustand zeige und der Kläger erstaunlich gut kompensiert sei. Daher sei es gerechtfertigt, etwas zuzuwarten. Mittelfristig sei sicher eine operative Revision notwendig. Der Kläger solle regelmäßig beobachtet werden und eine UKG-Kontrolle in 6 Monaten durchführen lassen. Es solle weiterhin Ramipril 5 mg (1 – 0 – 0) verabreicht werden. In der mündlichen Verhandlung gab der Kläger an, dass er zwar früher viele Medikamente genommen habe, zur Zeit aber keine Medikamente nehme. Auf Frage des Gerichts, ob es mittlerweile einen Termin für eine Operation gebe, erklärt der Kläger, dass er nicht operiert werden wolle. Er gehe alle sechs Monate zur Kontrolluntersuchung. Betreffend psychischer Probleme gab der Kläger an, vor drei bis vier Jahren bei einem Psychiater gewesen zu sein und Schlafmittel bekommen zu haben. Aktuell nehme er keine Schlafmittel mehr.
In der Gesamtschau ist für das Gericht nicht ersichtlich, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Pakistan alsbald mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine erhebliche und konkrete Gefahr droht. Der Kläger geht lediglich alle 6 Monate zu einer kardiologischen Kontrolluntersuchung und nimmt derzeit keine Medikamente ein. Vor dem Hintergrund, dass in den vergangenen fünf Jahren seit der Diagnose einer Aorteninsuffizienz nach wie vor keine operative Revision erfolgt ist und sich eine Notwendigkeit für einen Eingriff auch sonst nicht ergibt, liegt keine unmittelbare, hinreichend wahrscheinliche Gefahrenlage vor.
(3) Abgesehen davon sind die Erkrankungen des Klägers in Pakistan behandelbar.
Der Zugang zu medizinischer Versorgung ist in Pakistan grundsätzlich gesichert. Bedürftige können sich in staatlichen Krankenhäusern kostenlos behandeln lassen. Für den Nachweis der Bedürftigkeit reicht die Erklärung aus, dass die Behandlung nicht bezahlt werden kann. Dies trifft zwar auf schwierige Operationen, beispielsweise Organtransplantationen, nicht zu. In diesen Fällen können die Kosten aber zumindest teilweise von gemeinnützigen Stiftungen übernommen werden. Weiterhin ist die Grundversorgung mit nahezu allen gängigen Medikamenten sichergestellt. Für die medizinische Versorgung muss in Pakistan nur ein Bruchteil der in Deutschland anfallenden Kosten aufgewendet werden, so dass die Versorgung für weite Teile der Bevölkerung erschwinglich ist (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der islamischen Republik Pakistan – Lagebericht, Stand Mai 2019, S. 25). Speziell das Aga Khan University Hospital in Karachi bietet bedürftigen Patienten finanzielle Hilfe aus dem Wohlfahrts- und Zakatfonds für ihre Behandlung im Rahmen des „Patient Welfare Programme“ an (vgl. Website des Aga Khan Hospital, https://hospitals.aku.edu/pakistan/patients-families/welfare-zakat-assistance/Pages/default.aspx, zuletzt abgerufen am 23.7.2020).
Vorgenanntes gilt aber jedenfalls nicht uneingeschränkt hinsichtlich der Behandlung psychischer Erkrankungen. In den Recherchen der Schweizerischen Flüchtlingshilfe wird ausgeführt: „Die psychiatrische Versorgung in Pakistan ist dürftig und auf primärer, sekundärer und tertiärer Ebene nicht mit europäischen Standards vergleichbar. Zugang, Qualität, Quantität, Stabilität und Kosten der medizinischen Versorgung variieren in Pakistan innerhalb von Städten, zwischen Stadt und Land sowie zwischen privatem und öffentlichem Sektor. Obwohl sich die allgemeine medizinische Versorgung in den letzten Jahren in den Städten verbessert hat, ist die Versorgung in den ländlichen Gebieten mangelhaft. Notfallversorgung bei Unfall oder Krankheit ist quasi inexistent.“ (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Pakistan: Psychiatrische Versorgung in Lahore, 5.11.2009, Seite 2). „Trotz einer hohen Zahl an Personen mit psychischen Erkrankungen in Pakistan sind solche Erkrankungen bei weitem keine Priorität für die Regierung. Es wird geschätzt, dass es in Pakistan eine/n Psychiater_in für 400‘000 Einwohner_innen gibt. Menschen mit psychischen Erkrankungen werden häufig stigmatisiert und lassen sich nicht behandeln. (…) Dr. U. R2. leitet ein psychiatrisches Spital in Lahore und sagte gegenüber der BBC, dass in einigen konservativen Landesregionen psychische Krankheiten als «Charakterschwäche» angesehen werden und dass viele Patient_innen unter sozialer Stigmatisierung leiden, weshalb sie sich nicht behandeln lassen würden (BBC, 29. September 2016).“ (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Pakistan: Zugang zu psychiatrischer Versorgung, 27.7.2018, Nr. 3.1)
Gleichwohl gibt es in Pakistan 5 psychiatrische Krankenhäuser mit 344 stationären Einrichtungen sowie 654 psychiatrische Abteilungen in allgemeinen Krankenhäusern (vgl. Home Office UK Country Policies and Information Notes Pakistan, Medical and healthcare issues, 1.8.2018, Nr. 13.1.1.). Die Behandlung in einer psychiatrischen Abteilung in öffentlichen Krankenhäusern kostet 0,50 US-Dollar, in privaten Einrichtungen kostet die Behandlung zwischen 10 und 20 US-Dollar. Weiterhin werden psychisch erkrankte Menschen vor allem von Nichtregierungsorganisationen meistens kostenlos behandelt. In Lahore existiert das „Fountain House“, eine psychiatrische Klinik, die verschiedene Therapien nach europäischem Standard anbietet. Das „Fountain House“ wird vor allem durch internationale Spenden finanziert. Dort wird die Hälfte der zur Verfügung stehenden Betten für mittellose Patienten reserviert. Für begüterte Patienten werden 200 pakistanische Rupien pro Tag berechnet. Weitere psychiatrische Abteilungen gibt es beispielsweise auch im „King Edward Medical College“ und im „Mayo Hospital“ in Lahore (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Pakistan: Psychiatrische Versorgung in Lahore, 5.11.2009, Seite 2 f.). Auch gibt es zur Behandlung von Depressionen, Dysthymie, Angststörungen, PTBS, Anpassungsstörungen und Suizidalität ambulante und stationäre Behandlungsmöglichkeiten, einschließlich Psychotherapie, durch Psychiater, Psychologen und Psychotherapeuten im „Institute of Psychiatry“ in Rawalpindi, im „Psychiatric Hospital & Pharmacy“ in Karachi, im „Shifa International Hospital Ltd.“ in Islamabad sowie im „Aga Khan University Hospital & Pharmacy“ in Karachi (vgl. Medical Country of Origin Information vom 12.7.2018, BMA-11333; Medical Country of Origin Information vom 29.6.2011, BMA-2120). Auch entsprechende Medikamente, wie Antidepressiva, sind in Pakistan erhältlich (vgl. Home Office UK Country Policies and Information Notes Pakistan, Medical and healthcare issues, 1.8.2018, Nr. 13.1.5, m.w.N.).
Hinsichtlich einer Aorteninsuffizienz bestehen u.a. im Aga Khan University Hospital in Karachi sowohl ambulante als auch stationäre Behandlungsmöglichkeiten durch Kardiologen, Operationsmöglichkeiten durch Herzchirurgen sowie die entsprechende diagnostische Maßnahmen (EEG und ECG). Des Weiteren sind etwaig notwendige Medikamente (Ramipril und Generika zu Torasemid) verfügbar (vgl. MedCOI, BMA 10386 vom 12.2.2017, BMA 8228 vom 10.6.2016, BMA 13265 vom 4.2.2020).
Nach alledem ist nicht davon auszugehen, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr nach Pakistan keine ausreichende medizinische Versorgung erlangen kann und eine alsbaldige wesentliche bzw. lebensbedrohliche Verschlechterung seines Gesundheitszustandes zu besorgen ist. Die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen daher nicht vor.
3. Eine weitere Beweisaufnahme war nach Vorstehendem nicht angezeigt.
a) Die Klägervertreterin hat in der mündlichen Verhandlung beantragt Beweis zu erheben über die Tatsache, dass der Kläger an einer Aorteninsuffizienz leidet, die in Pakistan nicht ordnungsgemäß behandelt werden kann, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens auf internistischem Gebiet.
Die Beweistatsache, dass der Kläger an einer Aorteninsuffizienz leidet, ist nicht geeignet, die Entscheidung zu Gunsten des Klägers zu beeinflussen, vgl. § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 StPO (s.o.)
Zu der Tatsache der Behandelbarkeit der Aorteninsuffizienz des Klägers war die Einholung eines Sachverständigengutachtens ebenfalls entbehrlich, weil das Gericht auf Grundlage der Erkenntnisquellen, die in der Liste enthalten sind, die den Prozessbeteiligten vorab schriftlich übermittelt wurde, sowie der Erkenntnisquellen, die zu Beginn der mündlichen Verhandlung ergänzend zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wurden, bereits ausreichend sachkundig ist. Insbesondere liegen Auskünfte zur Behandelbarkeit von Aorteninsuffizienz 3. Grades, zur Verfügbarkeit von Ramipril, Torasemid und Alternativpräparaten (vgl. MedCOI, BMA 10386 vom 12.2.2017, BMA 8228 vom 10.6.2016, BMA 13265 vom 4.2.2020). vor. Des Weiteren ergeben sich aus dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes Auskünfte zur allgemeinen medizinischen Versorgungslage in Pakistan.
Es wurde nicht substantiiert dargelegt, inwieweit die beantragte Beweiserhebung zur Behandelbarkeit der Aorteninsuffizienz des Klägers andere bzw. bessere Erkenntnisse erbringen würde, als die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisse. Ein Beweisantrag, der angesichts des vorliegenden Erkenntnismaterials weiteren Sachaufklärungsbedarf geltend macht, hat nicht nur das Beweisthema, sondern auch den weiteren Sachaufklärungsbedarf auszuweisen. Dies kann neben der substantiierten Darlegung etwaiger Mängel der vorliegenden Erkenntnisquellen dadurch geschehen, dass dargelegt wird, dass sich die tatsächliche Situation seit dem jeweiligen Zeitpunkt der Erstellung der Erkenntnisquellen qualitativ zum Nachteil des Klägers als Beweisführer geändert hat. Dies ist vorliegend nicht geschehen. Im Übrigen wird auch nicht angegeben, inwieweit ein Sachverständigengutachten auf internistischem Gebiet zur Klärung der Frage, ob die Aorteninsuffizienz des Klägers in Pakistan ordnungsgemäß behandelbar ist, beitragen kann.
b) Ferner hat die Klägervertreterin in der mündlichen Verhandlung beantragt Beweis zu erheben über die Tatsache, dass der Kläger an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet, die sich im Falle seiner Rückkehr nach Pakistan derart verschlechtern würde, dass sie dort nicht mehr ordnungsgemäß behandelt werden kann, insbesondere in Pakistan keine Möglichkeit einer ordnungsgemäßen Psychotherapie gegeben ist, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens auf neurologischem/psychologischem Gebiet.
In der Gesamtschau lassen sich aus den vorgelegten Attesten keine hinreichenden Anhaltspunkte für das Vorliegen einer psychischen Erkrankung herleiten, die eine weitere Sachaufklärung notwendig machen würden. Es fehlt schon an einer hinreichenden Substantiierung des Beweisthemas (vgl. dazu BVerwG, U.v. 11.9.2007 – 10 C 8/07 – juris Rn. 15) (s.o.).
Jedenfalls ist die Beweistatsache, dass der Kläger an einer PTBS leidet, auch nicht geeignet die Entscheidung zu Gunsten des Klägers zu beeinflussen, vgl. § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 StPO (s.o.).
Zu der Tatsache der Behandelbarkeit einer PTBS des Klägers war die Einholung eines Sachverständigengutachtens ebenfalls entbehrlich, weil das Gericht auf Grundlage der Erkenntnisquellen, die in der Liste enthalten sind, die den Prozessbeteiligten vorab schriftlich übermittelt wurde, sowie der Erkenntnisquellen, die zu Beginn der mündlichen Verhandlung ergänzend zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wurden, bereits ausreichend sachkundig ist. Insbesondere liegen Auskünfte zur Behandelbarkeit von psychischen Erkrankungen und zur Verfügbarkeit von Medikamenten vor (vgl. u.a. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Pakistan: Zugang zu psychiatrischer Versorgung, 27.7.2018, Nr. 3.1, Home Office UK Country Policies and Information Notes Pakistan, Medical and healthcare issues, 1.8.2018, Nr. 13.1.1., Schweizerische Flüchtlingshilfe, Pakistan: Psychiatrische Versorgung in Lahore, 5.11.2009, Seite 2 f., Medical Country of Origin Information vom 12.7.2018, BMA-11333; Medical Country of Origin Information vom 29.6.2011, BMA-2120, Home Office UK Country Policies and Information Notes Pakistan, Medical and healthcare issues, 1.8.2018, Nr. 13.1.5, m.w.N.).
Es wurde nicht substantiiert dargelegt, inwieweit die beantragte Beweiserhebung zur Behandelbarkeit der Aorteninsuffizienz des Klägers andere bzw. bessere Erkenntnisse erbringen würde, als die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisse. Ein Beweisantrag, der angesichts des vorliegenden Erkenntnismaterials weiteren Sachaufklärungsbedarf geltend macht, hat nicht nur das Beweisthema, sondern auch den weiteren Sachaufklärungsbedarf auszuweisen. Dies kann neben der substantiierten Darlegung etwaiger Mängel der vorliegenden Erkenntnisquellen dadurch geschehen, dass dargelegt wird, dass sich die tatsächliche Situation seit dem jeweiligen Zeitpunkt der Erstellung der Erkenntnisquellen qualitativ zum Nachteil des Klägers als Beweisführer geändert hat. Dies ist vorliegend nicht geschehen. Im Übrigen wird auch nicht angegeben, inwieweit ein Sachverständigengutachten auf neurologischem/psychologischem Gebiet zur Klärung der Frage, ob die PTBS des Klägers in Pakistan ordnungsgemäß behandelbar ist, beitragen kann.
D.
Die im Bescheid verfügte Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung sind nicht zu beanstanden. Die Abschiebung nach Pakistan oder in einen anderen aufnahmebereiten Staat durfte dem Kläger nach § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG angedroht werden. Die Ausreisefrist beruht auf § 38 Abs. 1 AsylG.
E.
Schließlich bestehen auch keine Bedenken gegen die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 bis 3 AufenthG. Die Ermessensentscheidung des Bundesamts begegnet entsprechend § 114 Satz 1 VwGO keinen rechtlichen Bedenken. Besondere Anhaltspunkte oder fristverkürzende Umstände von – im Hinblick auf den Sanktionscharakter dieser Bestimmung – besonderem (verfassungsrechtlichem) Gewicht sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
F.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO. Die Höhe des Gegenstandswertes ergibt sich aus § 30 RVG.


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