Verwaltungsrecht

Erfolglose Klage eines ivorischen Staatsangehörigen auf Feststellung eines Abschiebungsverbots

Aktenzeichen  W 2 K 18.30102

Datum:
20.9.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 34064
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7
EMRK Art. 3

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Die zulässige Klage, über die gemäß § 102 Abs. 2 VwGO auch in Abwesenheit eines Beteiligten verhandelt werden konnte, ist unbegründet.
Der Bundesamtsbescheid vom 5. Januar 2018 ist in dem verfahrensgegenständlichen Umfang rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) keinen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Europäischen Menschenrechtskonvention ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Die Abschiebung eines Ausländers ist danach unzulässig, wenn ihm im Zielstaat unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK droht oder wenn im Einzelfall andere in der Europäischen Menschenrechtskonvention verbürgte, von allen Vertragsstaaten als grundlegend anerkannte Menschenrechtsgarantien in ihrem Kern bedroht sind (vgl. BVerwG, U.v. 24. Mai 2000 – 9 C 34/99 -, juris Rn. 11). Dabei können unter bestimmten Umständen auch schlechte humanitäre Bedingungen eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen. Ist die schlechte humanitäre Lage weder dem Staat noch den Konfliktparteien zuzurechnen, sondern bedingt durch die allgemeinen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse, kommt eine Verletzung von Art. 3 EMRK nur dann in Betracht, wenn ganz außergewöhnliche Umstände in der Person des Antragstellers vorliegen, die über die allgemeine Beeinträchtigung der Lebenserwartung des Antragstellers im Herkunftsland hinausgehen (vgl. EGMR, U.v. 27. Mai 2008 – 26565/05, U.v. 28. Juni 2011 – 8319/07). Solche Umstände liegen beim Kläger – auch unter Berücksichtigung der Unterhaltslast für seine Ehefrau und das gemeinsame Kind – nicht vor. Auf die zutreffenden Ausführungen im verfahrensgegenständlichen Bundesamtsbescheid wird gemäß § 77 Abs. 2 AsylG Bezug genommen und ergänzend ausgeführt: Mit seiner sechsjährigen Schulausbildung und seiner Berufserfahrung im Kleingewerbe und der Landwirtschaft ist davon auszugehen, dass der gesunde, junge, arbeitsfähige Kläger in der Lage sein wird, sich in einer der zahlreichen Großstädte der Elfenbeinküste eine den Anforderungen des Art. 3 EMRK entsprechende Existenz aufzubauen – ohne dabei auf die Hilfe und Unterstützung durch ein weiteres familiäres Netzwerk angewiesen zu sein. So ist er bereits 2010 alleine nach Abidjan gegangen und hat sich dort wirtschaftlich selbständig im An- und Verkauf von Kleidung betätigt. Er gab in der mündlichen Verhandlung an, die Tagesumsätze bei seinem Bekleidungsverkauf hätten zwischen 2.000 und 5.000 CFA-Franc geschwankt. Davon hätte er noch Unkosten z.B. für Personal abziehen müssen. Der Kläger ist mithin mit dem Arbeitsmarkt und dem Wirtschaftsleben in der Elfenbeinküste vertraut, so dass es ihm jedenfalls mittelfristig möglich sein wird, sich dort wieder in den Arbeitsmarkt und das Wirtschaftsleben zu integrieren. Zusammen mit seiner ebenfalls erwerbsfähigen Ehefrau wird es ihm zur Überzeugung des Gerichtes möglich sein, ein Familieneinkommen sicherzustellen, dass die elementaren Bedürfnisse aller Familienmitglieder – einschließlich des Kleinkindes – gewährleistet. Auch in Anbetracht der in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Operationen, die er für seine Ehefrau vorgetragen hat (Entfernung eines Myoms und Kaiserschnitt) ist nicht ersichtlich, was gegen die Erwerbstätigkeit seiner ebenfalls im Kleingewerbe und in der Landwirtschaft erfahrenen Ehefrau sprechen könnte. Im Übrigen besteht entsprechend der Gratuité Ciblée für die elfmonatige Tochter des Klägers als Kind unter fünf Jahren ein kostenloser Zugang zur Gesundheitsversorgung (vgl. zur Gratuité Ciblée: Auskunft der Schweizer Flüchtlingshilfe zur Medizinischen Versorgung in der Elfenbeinküste, 7. September 2012, S. 2). Außergewöhnliche Umstände, die über die allgemeinen Lebensumstände in der Elfenbeinküste hinausgehen, liegen in der Person des Klägers nicht vor.
Ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kommt nicht in Betracht.
Gesundheitsbedingte Einschränkungen in einem für ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG relevanten Schweregrad wurden weder vorgetragen, noch sind solche ersichtlich. Auftreten und Erscheinungsbild des Klägers in der mündlichen Verhandlung gaben zudem keinen Anlass an seiner Gesundheit und Leistungsfähigkeit zu zweifeln, so dass auch ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht in Betracht kommt.
Die Klage war mit der Kostenfolge des § 154 VwGO, § 83b AsylG abzuweisen.


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