Verwaltungsrecht

Erfolglose Klage gegen eine periodische Beurteilung

Aktenzeichen  M 5 K 16.3084

Datum:
1.8.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayLlbG BayLlbG Art. 54 ff.
VV-BeamtR Nr. 11.5, 3. Abschnitt

 

Leitsatz

1 Gehören der unmittelbare Vorgesetzte und der zu beurteilende Beamte derselben Besoldungsgruppe an, entfällt nach Nr. 11.5 VV-BeamtR die Beteiligung des unmittelbaren Vorgesetzten. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2 Es genügt, wenn im Rahmen der Sitzung einer Beurteilungskommission konkretere Ausführungen zum Bewertungsmaßstab erfolgen, so dass ein Austausch zwischen der Beurteilerin und den Beamten erfolgen kann, welche im Einzelnen Kenntnisse über die Leistungen der zu beurteilenden Beamten besitzen. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Aufhebung seiner periodischen Beurteilung vom … Juli 2015 für den Beurteilungszeitraum … November 2011 bis 31. Oktober 2014 und Erstellung einer neuen periodischen Beurteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Die angefochtene Beurteilung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO analog, da eine dienstliche Beurteilung keinen Verwaltungsakt darstellt).
1. Dienstliche Beurteilungen sind ihrem Wesen nach persönlichkeitsbedingte Werturteile, die verwaltungsgerichtlich nur beschränkt überprüfbar sind (ständige Rechtsprechung: BVerwG, U.v. 13.5.1965 – 2 C 146.62 – BVerwGE 21, 127/129; U.v. 26.6.1980 – 2 C-8/78 – BVerwGE 60, 245). Nach dem erkennbaren Sinn der Regelung über die dienstliche Beurteilung soll nur der Dienstherr oder der für ihn handelnde Beurteiler ein persönliches Werturteil darüber abgeben, ob und inwiefern der Beamte den vom Dienstherrn zu bestimmenden, zahlreichen fachlichen und persönlichen Anforderungen des konkreten Amtes entspricht. Bei einem derartigen, dem Dienstherren vorbehaltenden Akt wertender Erkenntnis steht diesem eine der gesetzlichen Regelung immanente Beurteilungsermächtigung zu. Demgegenüber hat sich die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle darauf zu beschränken, ob der Beurteiler den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat, oder ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Soweit der Dienstherr Richtlinien für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, ist vom Gericht auch zu prüfen, ob die Richtlinien eingehalten sind und ob sie den gesetzlichen Regelungen über die dienstliche Beurteilung und auch sonst mit gesetzlichen Vorschriften in Einklang stehen (BVerwG, U.v. 11.1.1999 – 2 A 6/98 – ZBR 2000, 269). Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle kann dagegen nicht dazu führen, dass das Gericht die fachliche oder persönliche Beurteilung des Beamten durch den Dienstherrn in vollem Umfang nachvollzieht oder diese gar durch eine eigene Beurteilung ersetzt (BVerwG, U.v. 26.6.1980, a.a.O.).
Zugrunde zu legen sind die Art. 54 ff. des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen (Leistungslaufbahngesetz – LlbG) sowie die Verwaltungsvorschriften zum Beamtenrecht (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen v. 18.11.2010 – VV-BeamtR, FMBl. S. 264, Abschnitt 3: Dienstliche Beurteilung – allgemeine Beurteilungsrichtlinien). Maßgebend ist, welches Beurteilungssystem und welche Regelungen zum Beurteilungsstichtag (hier: 31.10.2014) gegolten haben (vgl. BVerwG, U.v. 2.3.2000 – 2 C-7/99 – NVwZ-RR 2000, 621 unter Hinweis auf BVerwG, B.v. 14.2.1990 – 1 WB 181/88 – BVerwGE 86, 240).
2. Gemessen an diesen Grundsätzen ist die angefochtene dienstliche Beurteilung vom … Juli 2015 rechtlich nicht zu beanstanden.
a) Die Zeugen haben in der mündlichen Verhandlung das formale Vorgehen für die Bewertung des Klägers im Vergleich mit den Beamten derselben Besoldungsgruppe (A 12) dargestellt. Danach ist gegen die Beurteilung rechtlich nichts einzuwenden.
Es wurde geschildert, dass die Beurteilerin, die Zeugin E., zunächst unter anderem den Zeugen K. schriftlich aufforderte, einen Entwurf für die dienstliche Beurteilung des Klägers zu erstellen. Der Zeuge K. war zum Beurteilungsstichtag zwar als Sachgebietsleiter nicht der unmittelbare Vorgesetzte des Klägers, gleichwohl jedoch zuständig. Denn der unmittelbare Vorgesetzte, der Arbeitsbereichsleiter, hatte zum damaligen Zeitpunkt dasselbe Statusamt inne wie der Kläger. Nach Nummer 11.5 des 3. Abschnitts der VV-BeamtR entfällt die Beteiligung des unmittelbaren Vorgesetzten, wenn der unmittelbare Vorgesetzte und der zu beurteilende Beamte derselben Besoldungsgruppe angehören. In diesen Fällen ist der nächsthöhere Vorgesetzte zu beteiligen, sofern er nicht bereits für die Beurteilung der Beamtinnen und Beamten zuständig ist. Es war daher nicht erforderlich, den dem Kläger vorgesetzten Arbeitsbereichsleiter bei der Erstellung der streitgegenständlichen Beurteilung mit einzubeziehen. Denn anhand der Formulierung, dass die Beteiligung „entfällt“, wird deutlich, dass keinerlei Beteiligung vorgeschrieben ist. Entgegen der Auffassung der Klägerseite ist hierbei auch keine abgewandelte Form der Beteiligung notwendig. Insbesondere war es nicht erforderlich, den Arbeitsbereichsleiter konkret bezogen auf die anstehende Beurteilung nach Informationen zur Leistung des Klägers zu befragen. Ein solches Erfordernis lässt sich der Verwaltungsvorschrift nicht entnehmen und ist auch nicht zwingend notwendig. Der Zeuge K. hat zudem erklärt, dass er mit dem Arbeitsbereichsleiter jedenfalls generell über die Leistungen und das Verhalten der Beamten gesprochen hatte und somit über dahingehende Kenntnisse verfügte.
b) Der Beurteilerin sowie den übrigen Teilnehmern der später stattfindenden Beurteilungskommission wurden daraufhin Übersichten zugeleitet, welche anhand der Beurteilungsentwürfe durch die Personalstelle gefertigt wurden. Die Zeugin E. hat angegeben, diese Übersichten durchgesehen und sich Anmerkungen notiert zu haben. In der anschließenden Sitzung der Beurteilungskommission seien die Übersichten und Beurteilungsvorschläge besprochen worden. Neben der Beurteilerin sowie einem Sachbearbeiter der Personalverwaltung haben auch die Bereichsleiter teilgenommen. In der Sitzung der Beurteilungskommission wurden nach Aussage der Zeugin E. insbesondere diejenigen Beamten besprochen, bei denen sie sich im Vorfeld wegen Auffälligkeiten Anmerkungen notiert hatte, sowie die „Grenzfälle“ der in den Beurteilungsentwürfen mit 11 und 12 Punkten bewerteten Beamten. Zwar sei nicht jeder der zu beurteilenden Beamten explizit durchgesprochen worden. Jedem der anwesenden Bereichsleiter stand jedoch die Möglichkeit offen, darüber hinaus jederzeit weitere Beamte anzusprechen. Dies gilt insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass die Beurteilerin in der Kommissionssitzung ihren Bewertungsmaßstab deutlich gemacht hat. Soweit einer der anwesenden Bereichsleiter aufgrund dieses Bewertungsmaßstabs eine Anmerkung zu einem Beamten bzw. dessen Beurteilungsvorschlag hätte machen wollen, so bestand hierfür ausreichend Gelegenheit. Die Beurteilerin hat sich auf diese Weise die Beurteilungsvorschläge der unmittelbaren Vorgesetzten zu Eigen gemacht. Entgegen dem Vorbringen der Klagepartei war es nicht notwendig, bereits im Vorfeld der Kommissionssitzung konkretere Ausführungen zum Bewertungsmaßstab vorzunehmen. Denn es genügt, wenn dies im Rahmen der Sitzung der Beurteilungskommission erfolgt, bei der ein Austausch zwischen der Beurteilerin und den Beamten erfolgen kann, welche im Einzelnen Kenntnisse über die Leistungen der zu beurteilenden Beamten besitzen. Im Übrigen sind die betreffenden Beamten durch das interne Schreiben, welches zur Erstellung der Beurteilungsentwürfe aufforderte, generell auf Beurteilungsgrundsätze und -maßstäbe hingewiesen worden.
Dabei ist auch unschädlich, dass die Beurteilerin kein konkretes System etabliert hat um sicherzustellen, dass jeder Bereichsleiter vor der Sitzung der Beurteilungskommission gesicherte Informationen zu den Leistungen der jeweils zu beurteilenden Beamten eingeholt hat. Denn es handelt sich bei den Bereichsleitern um erfahrene Beamte, von denen erwartet werden kann, dass sie sich auch ohne ausdrückliche Anweisung entsprechend vorbereiten und sich die jeweiligen Kenntnisse verschaffen, etwa durch Rücksprache mit den für die Erstellung des Beurteilungsentwurfs zuständigen Beamten.
2. Auch die Tatsache, dass der Dienstposten des Klägers für mehrere Besoldungsgruppen gebündelt bewertet ist, führt nicht zur Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Beurteilung. Unabhängig davon, ob die vom Beklagten vorgenommene Dienstpostenbündelung im vorliegenden Fall rechtmäßig ist, ist dies ohne Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Beurteilung. Denn selbst eine rechtswidrige Dienstpostenbündelung führt nicht zur Rechtswidrigkeit der dienstlichen Beurteilung eines Beamten, der auf einem solchen Dienstposten eingesetzt ist. Die auf dem Dienstposten erbrachten Leistungen sind auch am Maßstab des Statusamtes des Beamten zu messen (BVerwG, U.v. 17.9.2015 – 2 C-27/14 –, BVerwGE 153, 48-63, juris Rn. 28; ThürOVG, B.v. 19.5.2014 – 2 EO 313/13 – juris Rn. 19; OVG Saarl, U.v. 15. Januar 2014 – 1 A 370/13 – juris Rn. 90). Die Beurteilerin hat zudem ausgeführt, dass sie sich Gedanken über Aufgabenprofile und Grundanforderungen der Dienstposten gemacht und anschließend die erbrachten Leistungen mit den Leistungen der Kollegen derselben Besoldungsgruppe verglichen hat.
3. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).


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