Verwaltungsrecht

Erfolgloser Antrag auf vorläufige Zulassung zum 1. Fachsemester im Studiengang Medizin, 1. Studienabschnitt, LMU; Wintersemester 2019/20, Überprüfung der Kapazitätsberechnung von Amts wegen

Aktenzeichen  M 3 E L 19.10109

Datum:
27.4.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 14714
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123
HZV § 56

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragspartei hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,– € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragspartei hat im vorliegenden Verfahren beim Verwaltungsgericht München beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, sie vorläufig zum 1. Fachsemester im Studiengang Medizin, 1. Studienabschnitt, im Wintersemester 2019/20 an der L.-Universität M. (LMU) zuzulassen.
Zur Begründung trägt sie vor, die LMU habe im Studiengang Medizin, 1. Studienabschnitt (Vorklinik) die vorhandene Kapazität nicht erschöpft.
Die LMU hat in § 1 ihrer Satzung über die Festsetzung von Zulassungszahlen für die im Studienjahr 2019/20 als Studienanfängerinnen und Studienanfänger sowie in höhere Fachsemester aufzunehmenden Bewerberinnen und Bewerber (Zulassungszahlsatzung 2019/20) vom 3. Juli 2019 in Verbindung mit der Anlage hierzu für den Studiengang Medizin, 1. Studienabschnitt, für das 1. Fachsemester im Wintersemester 2019/20 878 Studienplätze festgesetzt:
Nach der Studierendenstatistik, Stand 11. Dezember 2019, sind im Wintersemester 2019/20 im Studiengang Medizin, 1. Studienabschnitt, im 1. Fachsemester insgesamt 927 Studierende immatrikuliert.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Es sei kein Zulassungsanspruch glaubhaft gemacht worden; die Kapazität im Studiengang Medizin, 1. Studienabschnitt, sei bereits ausgelastet bzw. sogar überbucht. Von den im 1. Fachsemester immatrikulierten Studierenden seien 13 Personen beurlaubt, fünf davon erstmals. Selbst wenn die acht wiederholt beurlaubten Studierenden nicht berücksichtigt würden, wäre die Kapazität des 1. Fachsemesters mit dann 919 Studierenden in jedem Fall ausgeschöpft.
Die der Festsetzung der Zulassungszahl zu Grunde liegende Kapazitätsberechnung aufgrund der personellen Ausstattung geht von folgenden Werten aus (in Klammern die entsprechenden Werte des vorangegangenen Studienjahres):
Stellen: 122,52 (122,16)
Gesamtdeputat: 899,32 SWS (896,17)
Deputatsverminderung: 21 (21)
unbereinigtes Lehrangebot: 878,32 (875,17)
Lehrauftragsstunden / 2 : 0 (0,9)
Dienstleistgsexp: 0,7939 x 66 = 52,3974 (0,7939 x 66 = 52,3974)
bereinigtes Lehrangebot Sb: 825,9226 (823,6714)
CAp: 1,9381 (1,9381)
Schwundfaktor: 0,9708 (0,9764)
Das Gericht hat der Antragspartei die Stellungnahme der LMU vom 11. Dezember 2019 sowie die Kapazitätsberechnung für den Studiengang Medizin 1. Studienabschnitt übersandt. Das Gericht gab der Antragspartei Gelegenheit Stellung zu nehmen und insbesondere darzulegen, weshalb noch ein freier Studienplatz, an dessen Verteilung die Antragspartei zu beteiligen wäre, vorhanden sein sollte.
Die Antragspartei äußerte sich hierzu mit Schreiben vom 29. Dezember 2019.
Bei der Berechnung des Schwundausgleichsfaktors sei lediglich von drei Übergangsquoten ausgegangen worden. Nach dem „Hamburger Modell“ seien die Studierendenzahlen der vergangenen 4 bzw. besser 6 Semester zugrunde zu legen. Die vom Antragsgegner angegebenen Daten lediglich für drei Wintersemester führten aber nicht zu einem stabilen Schwundausgleichsfaktor. Es seien mindestens die vorausgegangenen 4 Wintersemester heranzuziehen.
Die Zahl der Deputatsverminderungen sei um 3 SWS gesunken. Es sei jedoch nicht ersichtlich, ob die Deputatsverminderungen wie in den vergangenen Berechnungszeiträumen vollständig kompensiert würden, da das Lehrangebot aus Stellen um 2 SWS gesunken sei.
Völliges Unverständnis bestehe auch darüber, dass die Deputatsverminderungen um 21 SWS nicht kompensiert würden. Es sei nicht erkennbar, dass Handeln nach dem Grundsatz der Kapazitätserschöpfung eingehalten worden sei., indem alle zur Verfügung stehenden Ressourcen in der effektivst möglichen Weise in die Berechnung eingegangen seien.
Der Antragsgegner führt dazu in seiner Stellungnahme vom 11. Februar 2020 aus, es bestehe kein Grund, mehr als fünf Stichprobensemester bei der Schwundberechnung anzusetzen, denn die bayerischen Verwaltungsgerichte hätten diesen Ansatz in langjähriger Rechtsprechung stets gebilligt. Im Übrigen habe sich in der Praxis erwiesen, dass der Schwundausgleichsfaktor bei fünf Stichprobensemestern manchmal höher und manchmal niedriger sei als bei zehn Stichprobensemestern.
Nach der aktuellen Kapazitätsberechnung seien Deputatsverminderungen in Höhe von insgesamt 21 LVS angegeben. Die Minderung des Deputats für den Studiendekan um eine LVS sei unmittelbar aus § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LUFV gerechtfertigt. Die übrigen 20 LVS an Deputatsverminderungen seien kapazitätsneutral kompensiert worden. Im Ergebnis sei es auf diese Weise möglich gewesen, die vorhandene Ausbildungskapazität aufrechtzuerhalten, so dass genau so viele Studienbewerber hätten aufgenommen werden können wie ohne die Deputatsreduzierungen, um deren Anspruch auf Zugang zum Studium nicht zu beeinträchtigen. Diese Vorgehensweise sei vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 28. September 2017 (Az. 7 CE 17.10112 u.a.) gebilligt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, insbesondere den vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst überprüften Datensatz für das Studienjahr 2019/20 Bezug genommen.
II.
Der gestellte Antrag nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO hat keinen Erfolg.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht der Hauptsache auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert würde. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist eine Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die Regelung nötig erscheint, um den Antragsteller vor bestimmten Nachteilen zu bewahren. Der Antrag ist somit begründet, wenn insbesondere der prozessuale Anspruch auf Sicherung des Hauptsacheanspruchs besteht. Das ist der Fall, wenn der zu sichernde Anspruch des Antragstellers nach den Vorschriften des materiellen Rechts besteht (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 ZPO) gemacht wird. Trotzdem gilt auch in Verfahren nach § 123 VwGO der Amtsermittlungsgrundsatz; dieser kann die Anforderungen an die Glaubhaftmachung reduzieren, wenn sich nach den dem Gericht vorliegenden Unterlagen ein Anordnungsanspruch aufdrängt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Auflage, Rn 24 zu § 123).
Für das Vorliegen eines Anordnungsgrunds ist grundsätzlich Voraussetzung, dass dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Interessen, aber auch der öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Personen, ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung nicht zumutbar ist (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., Rn 26 zu § 123 VwGO).
Hinsichtlich der Frage des Vorliegens eines Anordnungsanspruchs hat das Gericht die widerstreitenden privaten und öffentlichen Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen. Für diese Abwägung ist in erster Linie entscheidend, ob die Antragspartei mit einem Erfolg in einem Hauptsacheverfahren rechnen kann. Insbesondere dann, wenn mit einer – sei es auch nur befristeten – Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Hauptsache bereits vorweggenommen würde, muss der Erfolg in der Hauptsache jedoch nicht nur wahrscheinlich sein, sondern bejaht werden können.
Die Antragspartei hat zwar einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, d.h. die Dringlichkeit des Begehrens, bereits vor Abschluss eines Hauptsacheverfahrens wenigstens vorläufig zum nächstmöglichen Termin zum 1. Fachsemester des Studiengangs Medizin, 1. Studienabschnitt, an der LMU nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2019/20 zugelassen zu werden.
Die Antragspartei hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die Kammer sieht es aufgrund der im gebotenen Rahmen vorgenommenen Überprüfung der Kapazitätsberechnung nicht als überwiegend wahrscheinlich an, dass an der LMU im Studiengang Humanmedizin, 1. Studienabschnitt im Wintersemester 2019/20 im 1. Fachsemester über die Zahl der als kapazitätsdeckend vergeben anzuerkennenden 919 Studienplätze hinaus noch ein weiterer Studienplatz zur Verfügung steht, der von der Antragspartei in Anspruch genommen werden könnte. Die Vergabe von 919 Studienplätzen im Wintersemester 2019/20 ist als kapazitätsdeckend anzuerkennen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der sich das Gericht anschließt, ist für die Überprüfung der Zahl der immatrikulierten Studierenden die Vorlage von Belegungslisten nicht zu fordern; der Nachweiswert einer detaillierten (anonymisierten) „Belegungsliste“ wäre nicht höher einzuschätzen als die nicht weiter belegte Zahlenangabe (BayVGH, B. v. 7.12.2015 – 7 CE 15.10254 – juris – Rn 18 f). In der Zahl von 919 immatrikulierten Studierenden sind nach Auskunft der LMU, an deren Richtigkeit das Gericht keine Zweifel hat, keine mehrfach im 1. Fachsemester beurlaubten Studierenden mehr enthalten. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sind nur diejenigen Beurlaubten außer Acht zu lassen, die bereits wiederholt dem 1. Fachsemester zugeordnet waren, da sie andernfalls über mehrere Semester hinweg die Aufnahmekapazität dieses 1. Fachsemesters schmälern würden. Da jedoch beurlaubte Studierende die Kapazität nicht dauerhaft entlasten, da ihnen ein Anspruch auf Wiederaufnahme des Studiums zusteht, ist es sachgerecht, sie sowohl beim Studierendenbestand des zulassungsbeschränkten Studienabschnitts insgesamt, wenn es um die Aufnahme in ein höheres Fachsemester geht, einzubeziehen, als auch ihre erstmalige Beurlaubung unberücksichtigt zu lassen.
Anhaltspunkte für eine unzulässige, rechtsmissbräuchliche Überbuchung bestehen nicht. Es ist zwar zu einer „Überbuchung im eigentlichen Sinn“ gekommen, also zur Immatrikulation von mehr Studierenden als der festgesetzten Zulassungszahl entsprachen, da mehr Studierende als erwartet von der ausgesprochenen Zulassung auch Gebrauch gemacht haben. Diese – in § 7 Abs. 3 Satz 6 HZV normativ geregelte – Möglichkeit der Überbuchung der festgesetzten Kapazität trägt dem Umstand Rechnung, dass nicht alle zugelassenen Bewerber ihren Studienplatz annehmen werden. Eine solche Überbuchung im eigentlichen Sinn ist daher als kapazitätsdeckend anzuerkennen, solange sie ausschließlich dem gesetzlichen Zweck dient, die Ausbildungskapazität der Hochschulen zeitnah auszuschöpfen (BayVGH, B. v. 17.4.2014 – 7 CE 14.10046 – juris Rn. 9 m.w.N.). Da im vorliegenden Fall keinerlei Anhaltspunkte für eine andere, rechtsmissbräuchliche Intention bei der vorgenommenen Überbuchung bestehen, ist diese anzuerkennen, ohne dass der jeweils zu Grunde gelegte Überbuchungsfaktor aufzuklären wäre. Selbst eine unrichtige Prognostizierung des voraussichtlichen Annahmeverhaltens würde nicht zur Rechtsmissbräuchlichkeit der vorgenommenen Überbuchung führen. Die Erfahrung der Universität aus früheren Zulassungsverfahren, dass das Annahmeverhalten im Auswahlverfahren der Hochschulen in der Regel schlechter ist als im Hauptverfahren der Stiftung für Hochschulzulassung, rechtfertigt daher auch die Anwendung eines geringfügig höheren Überbuchungsfaktors als den von Hochschulstart angewendeten.
Das Gericht hat im Rahmen seiner – auch in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bestehenden – Amtsermittlungspflicht (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO) die der Festsetzung der Zulassungszahl zugrundeliegende Kapazitätsberechnung angefordert und der Antragspartei – nebst der von der LMU hierzu abgegebenen Stellungnahme – zugänglich gemacht. Die vom Gericht von Amts wegen vorgenommene Überprüfung der Kapazitätsberechnung im gebotenen Rahmen unter Würdigung der erhobenen Einwände hat ebenfalls keinen noch freien Studienplatz im 1. Fachsemester des Studiengangs Humanmedizin, 1. Studienabschnitt, im Wintersemester 2019/20 erkennen lassen.
Das Gericht würde nur dann seine Aufklärungspflicht verletzen, wenn die Antrags- oder Klagepartei auf die Vornahme einer bestimmten Sachverhaltsaufklärung hingewirkt hätte, das Gericht sie aber gleichwohl unterlassen hätte, oder aber, wenn das Gericht eine weitere Sachaufklärung unterlassen hätte, obwohl sie sich ihm auch ohne Hinwirken der Partei hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, B.v. 6.3.2015 – 6 B 41/14 – juris Rn. 26). Hingegen gibt es keine fallübergreifende, allgemeingültige Antwort auf die Frage, welchen Vortrag das Verwaltungsgericht vom Studienplatzkläger erwarten darf, bis es in eine Amtsprüfung eintritt oder die Darlegungslast der Hochschule auferlegt; dies hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab (BVerwG, B.v. 6.3.2015 – 6 B 41/14 – juris Rn. 30). Das bedeutet, dass das Gericht zu einer umfassenden, unabhängig von der konkreten Fallgestaltung und dem konkreten Vorbringen vorzunehmenden Überprüfung der der Festsetzung der Zulassungszahl zu Grunde liegenden Kapazitätsberechnung und ihrer Parameter auch unter dem Gesichtspunkt der Gewährung eines dem Art. 19 Abs. 4 GG genügenden Rechtsschutzes nicht verpflichtet ist. Hinsichtlich der inhaltlichen Nachprüfung von Kapazitätsberechnungen ist es vielmehr verfassungsrechtlich (nur) geboten, dass das Gericht auch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes von seinem Erkenntnis- und Erfahrungsstand ausgehend die gegebenen Begründungen nachvollzieht, Streitpunkten entsprechend dem Stand der Rechtsprechung und öffentlichen Diskussion nachgeht sowie die Einwände der Prozessbeteiligten würdigt (BVerfG, B.v. 22.10.1991 – 1 BvR 393/85, 1 BvR 610/85 – BVerfGE 85, 36, Rn. 77). Das Gericht muss daher die Kapazitätsunterlagen anfordern, der Antragspartei zugänglich machen und konkreten Hinweisen der Antragspartei auf eine zu gering berechnete Kapazität nachgehen (vgl. BVerfG, B.v. 31.3.2004 – 1 BvR 356 – BayVBl 2005, 240 Rn. 6).
Im vorliegenden Berechnungszeitraum hat sich die Ausbildungskapazität des streitgegenständlichen Studiengangs gegenüber dem vorangegangenen Berechnungszeitraum um sieben Studienplätze von 871 auf aktuell 878 Studienplätze erhöht. Diese Erhöhung beruht bei einer leicht erhöhten Anzahl von Stellen, die im Ergebnis bei gleich gebliebenen Deputatsverminderungen und gleichem Dienstleistungsexport wie im Vorjahr zu einem (unbereinigten) Lehrangebot (ohne Lehrauftragsstunden) von aktuell 878,32 SWS, das somit um über 3 SWS über dem entsprechenden Lehrangebot des Vorjahres (875,17) liegt, geführt hat, hauptsächlich auf einem höheren Schwundausgleichsfaktor (bei dem Schwundausgleichsfaktor des Vorjahres ergäben sich 873 Studienplätze) bei einem völligen Wegfall von Lehrauftragsstunden. Das Gericht hat keinen Anlass zu weiterer Sachaufklärung der Deputatsverminderungen, da jedenfalls zu Verminderungen in Höhe von 21 LVS bereits bei der Überprüfung der Kapazitätsberechnung der vorangegangenen Studienjahre festgestellt worden war, dass diese Verminderungen durch anderweitige Maßnahmen der Stellenplanung kompensiert waren und sich daher nicht kapazitätsmindernd auswirkten (zu den kompensierten Deputatsverminderungen in Höhe von 17 LVS vgl. VG München, B.v. 14.3.2016 – M 3 EL 15.10054 – juris).
Auch die Frage der weiteren Reduzierung der Lehrauftragsstunden gegenüber dem Vorjahr auf null kann dahingestellt bleiben, da sich selbst die Berücksichtigung der vorvorjährigen Lehrauftragsstundenzahl / 2 von 3,05 nicht entscheidungserheblich auswirken würde (s. unten).
Auch eine etwa bestehende Unklarheit hinsichtlich der Höhe des in die Kapazitätsberechnung einzustellenden Curriculareigenanteils der Lehreinheit Vorklinik führt nicht zum Erfolg des Antrags.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der sich das erkennende Gericht anschließt, entscheiden die Hochschulen im Rahmen des ihnen zustehenden Organisationsermessens eigenverantwortlich, welche Lehreinheiten in welchem Umfang an der Ausbildung der Studierenden im jeweiligen Studiengang zu beteiligen sind; die Aufteilung des Curricularnormwertes (CNW) auf die an der Ausbildung der Studierenden beteiligten Lehreinheiten ist vom Studienbewerber hinzunehmen und vom Gericht nicht zu beanstanden, solange der Curricularnormwert für einen Studiengang in der Summe nicht überschritten wird (BayVGH, B.v.14.6.2012 – 7 CE 12.10004 – juris Rn. 11).
Die Höhe des Curriculareigenanteils der Lehreinheit Vorklinik war in den Berechnungen zu vorangegangenen Studienjahren umstritten. Der Antragsgegner hat in der streitgegenständlichen Kapazitätsberechnung einen CAp von 1,9381 zugrunde gelegt. Im Beschluss vom 4. April 2019 – 7 CE 18.10072 u.a. – juris – hat sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit dem dortigen Vorbringen der Antragspartei auseinandergesetzt und festgestellt, dass der vom Antragsgegner errechnete Curriculareigenanteil der Lehreinheit „Vorklinische Medizin“ in Höhe von 1,9381 nicht als überhöht zu beanstanden ist, weil er – in der Summe mit den Curricularanteilen der übrigen am Lehrangebot beteiligten Lehreinheiten – den für den Studiengang Humanmedizin (Vorklinik) maßgebenden Curricularnormwert (2,42) nicht übersteigt (vgl. BayVGH, B.v. 28.9.2017 – 7 CE 17.10112 – juris Rn. 18 ff.; B.v. 28.8.2017 – 7 CE 17.10112 u.a. – juris Rn. 17; B.v. 26.8.2014 – 7 CE 14.0084 u.a. – juris Rn. 12 ff.). Insoweit hat der VGH im Beschluss vom 4. April 2019, a.a.O., Rn. 22 ausgeführt: „Vorliegend hat sich die LMU an die genannten Vorgaben“ (aus § 50 HZV) „gehalten. Wie sich aus dem im Rahmen des Beschwerdeverfahrens mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2018 übersandten quantifizierten Studienplan ergibt, der anlässlich der Dritten Satzung zur Änderung der Prüfungs- und Studienordnung für den Studiengang Medizin vom 20. September 2017 erstellt wurde, ist der nach der Anlage 7 zu § 50 Abs. 1 Satz 2 HZV auf 2,42 festgelegte Curricularnormwert für den Studiengang Humanmedizin (Vorklinik) auf die an der Ausbildung beteiligten Lehreinheiten aufgeteilt und in der Summe nicht überschritten worden. Die beteiligten Lehreinheiten sind Folgende: Naturwissenschaften mit einem Curricularanteil von 0,19052, Medizin Vorklinik incl. Anteil Wahlfach mit einem Curricularanteil von 1,9381, TU München mit einem Curricularanteil von 0,04138, klinisch-praktische Medizin mit einem Curricularanteil von 0,19477 und klinisch-theoretische Medizin mit einem Curricularanteil von 0,05126.“ RN. 29: „Anlass für die von den Antragstellern vorgetragene „Stauchung“, d.h. eine wegen Überschreitung des Curricularnormwerts vorzunehmende proportionale Kürzung (auch) des Curriculareigenanteils, besteht nicht. Im Rahmen des geltenden Curricularnormwerts ist der Antragsgegner in der Gestaltung von Lehre und Studium frei. Er entscheidet eigenverantwortlich und im Rahmen des ihm zustehenden Organisationsermessens, welche Lehreinheiten in welchem Umfang an der Ausbildung der Studenten im jeweiligen Studiengang beteiligt sind (stRspr d. Senats, vgl. z.B. BayVGH, B.v. 28.9.2017 – 7 CE 17.10112 – juris Rn. 20). Der vom Antragsgegner unter Berücksichtigung der Eigen- und Fremdanteile errechnete Wert von 2,41605 entspricht (nahezu) dem geltenden Curricularnormwert von 2,42, so dass eine Rückführung nicht erforderlich ist.“
Auch die Einwendungen des Antragstellers gegen die Schwundberechnung mit fünf Stichprobensemestern führen nicht zum Erfolg. Der Berechnungszeitraum entspricht den üblichen fünf Stichprobensemestern (vgl. BayVGH, B.v. 19.04.2013 – 7 CE 13.10003 – juris m.w.N.).
Die Berechnung der jährlichen Aufnahmekapazität des Studiengangs Humanmedizin, 1. Studienabschnitt aufgrund der personellen Ausstattung mit 878 Studienplätzen ist nach der Formel II. der Anlage 5 zur HZV zutreffend erfolgt:
Ap = (2 x Sb)/CA x zp;
Ap = 825,9226 x 2  1651,8452
: CAp (= 1,9381)  852,3013
: SF (= 0,9708)  877,9371
gerundet 878 Studienplätze.
Vergleichsberechnung mit der Anzahl der Lehrauftragsstunden aus dem Berechnungszeitraum 2018/2019 Sb = (825,9226 + 3,05) 828,9726 x 2 = 1657,9452
: CAp (= 1, 9381)  855,4487
: SF (= 0,9708)  881,1792
gerundet 881 Studienplätze.
Da im 1. Fachsemester im Studiengang Humanmedizin, 1. Studienabschnitt im Wintersemester 2019/20 bei kapazitätswirksam immatrikulierten 919 Studierenden kein freier Studienplatz außerhalb der festgesetzten Kapazität mehr zur Verfügung steht, war der Antrag auf Zulassung zum 1. Fachsemester abzulehnen.
Dass die Antragspartei des vorliegenden Verfahrens – sei es im Hauptantrag, sei es im Hilfsantrag – neben der vorläufigen Zulassung außerhalb der festgesetzten Kapazität auch die vorläufige Zulassung innerhalb der festgesetzten Kapazität beantragt hat, wirkt sich nicht entscheidungserheblich aus, da die für den zulassungsbeschränkten Studienabschnitt festgesetzte Kapazität (vgl. § 35 Abs. 1 Satz 1 HZV) bereits im regulären Vergabeverfahren erschöpft wurde. Es kann daher offen bleiben, ob sie überhaupt die innerkapazitäre Zulassung beantragt hatte und ob einer Entscheidung im Rahmen des vorliegenden Verfahrens die Bestandskraft dieses die Bewerbung ablehnenden Bescheids entgegenstünde.
Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO;
Streitwert: §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG, wobei eine ergänzend beantragte auch innerkapazitäre Zulassung nach der ständigen Spruchpraxis des erkennenden Gerichts den Streitwert unverändert lässt, da es sich wirtschaftlich gesehen um ein- und denselben Streitgegenstand, nämlich die vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin, 1. Studienabschnitt, im Wintersemester 2019/20, handelt.


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