Verwaltungsrecht

Erfolgloser Antrag auf vorläufige Zulassung zum Studiengang, Humanmedizin Klinik an der LMU außerhalb der Kapazität, hilfsweise in einem niedrigeren Fachsemester, hilfsweise innerhalb der festgesetzten Kapazität, Wintersemester 2019/20, Anwendung des Parameters 15, 5 v.H., Berücksichtigung der außeruniversitären Krankenanstalten, Keine Pflicht der Universität zur Einbindung weiterer außeruniversitärer Krankenanstalten

Aktenzeichen  M 3 E 19.18079

Datum:
30.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 49621
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
§ 123 VwGO,
§ 51 Abs. 2 Nr. 4 HZV,
§ 54 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 HZV,
§ 54 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 HZV,
HZV § 54 Abs. 1 S. 2 Nr. 3

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragspartei hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf EUR 2.500 festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragspartei beantragt beim Verwaltungsgericht München,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Antragspartei zum Studium der Humanmedizin im fünften Semester (erstes klinisches Semester) an der L.Universität M. zum Wintersemester 2019/20 zuzulassen,
hilfsweise im dritten Semester,
hilfsweise im ersten Semester,
auf einen der außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl liegenden Studienplätze,
hilfsweise auf einen der innerhalb der festgesetzten Zulassungszahl liegenden Studienplätze zuzulassen.
Zur Begründung wird die unzureichende Kapazitätsauslastung gerügt.
Die Bewerbung um einen Studienplatz außerhalb der festgesetzten Kapazität bei der L.Universität M. (LMU), die Hochschulzugangsberechtigung, der Nachweis über den erfolgreich abgelegten Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung bzw. über als einen solchen anerkannte Prüfungen wurden vorgelegt. Ferner legte die Antragspartei eine eidesstattliche Versicherung der deutschen Staatsangehörigkeit sowie dazu vor, dass sie im Studiengang Humanmedizin noch keine endgültige oder vorläufige Zulassung zum Studium an einer deutschen Hochschule erhalten habe.
Der Antragsgegner beantragt mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2019,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Es sei kein Zulassungsanspruch glaubhaft gemacht worden. Die Kapazität im Studiengang Humanmedizin, Zweiter Studienabschnitt, erstes klinisches Semester sei bereits ausgelastet bzw. sogar überbucht. Es seien zum Wintersemester 2019/20 insgesamt 377 Studierende immatrikuliert. Von den drei Beurlaubten sei eine erst zum Wintersemester 2019/20 beurlaubt worden und damit kapazitätsdeckend zu berücksichtigen. Selbst wenn die anderen beiden Beurlaubten nicht berücksichtigt würden, wäre bei einer Zahl von 375 Immatrikulierten die Ausbildungskapazität von 217 Studienplätzen ausgeschöpft.
Auf die Satzung der LMU über die Festsetzung von Zulassungszahlen für die im Studienjahr 2019/20 als Studienanfängerinnen und Studienanfänger sowie in höhere Fachsemester aufzunehmenden Bewerberinnen und Bewerber (Zulassungszahlsatzung 2019/20) vom 3. Juli 2019, die Kapazitätsberechnungsunterlagen der LMU und des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst für den Studiengang Humanmedizin (Zweiter Studienabschnitt) im Zulassungszeitraum 2019/20 sowie den vorgelegten Auszug aus der Studierendenstatistik vom 11. Dezember 2019 wurde Bezug genommen.
Das Gericht hat der Antragspartei die Stellungnahme der LMU vom 11. Dezember 2019 übersandt, die den Link zu der im Internet bereitgestellten Kapazitätsberechnung für den Studiengang Medizin (Zweiter Studienabschnitt) enthält. Das Gericht hat der Antragspartei Gelegenheit gegeben, Stellung zu nehmen und insbesondere darzulegen, weshalb noch ein freier Studienplatz, an dessen Verteilung die Antragspartei zu beteiligen wäre, vorhanden sein sollte.
Mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2019 führt die Antragspartei aus, für das erste Studienjahr Vorklinik bestehe eine personalbezogene Kapazität von über 800 Studienplätzen. In Anbetracht dieser enormen personellen Kapazität sei der Antragsgegner verpflichtet, die Ausbildungskapazität im klinischen Abschnitt zu erhöhen. Die zugrunde gelegte patientenbezogene Kapazität sei im Hinblick auf die Gesamtzahl der tagesbelegten Betten zu korrigieren. Der Antragsgegner habe lediglich 1.724 Betten zugrunde gelegt. Die Betten der Privatpatienten seien in voller Höhe in Ansatz zu bringen. Darüber hinaus müssten die tagesbelegten Betten der Tageskliniken in die Berechnung einbezogen werden. Der Parameter 15,5 v.H. sei nicht mehr sachgerecht und gerichtlich zu korrigieren.
Mit Schreiben vom 8. Januar 2020 hat das Gericht Bezug genommen auf die im Wintersemester 2018/19 von der LMU vorgelegten Musterverträge für Vereinbarungen mit Lehrkrankenhäusern für das Praktische Jahr sowie auf die von der LMU vorgelegten Vereinbarungen mit den außeruniversitären Krankenanstalten (Dermatologie, Geriatrie und Neuropädiatrie) und hat diese zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, insbesondere den vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst überprüften Datensatz für das Studienjahr 2019/20 Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO hat in der Sache keinen Erfolg.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Eine einstweilige Anordnung ergeht, wenn das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des in der Hauptsache verfolgten materiellen Anspruchs, sowie eines Anordnungsgrundes, d.h. der Dringlichkeit der einstweiligen Anordnung glaubhaft (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO) gemacht wurde. Nimmt die begehrte einstweilige Anordnung die Entscheidung in der Hauptsache sachlich und zeitlich vorweg, ist dem Antrag nur dann stattzugeben, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes geboten ist und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der mit der Hauptsache verfolgte Anspruch begründet ist (BVerwG, U.v.18.4.2013 – 10 C 9/12 – juris Rn. 22).
Die Antragspartei hat zwar einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, d.h. die Dringlichkeit des Begehrens, bereits vor Abschluss eines Hauptsacheverfahrens wenigstens vorläufig zum nächstmöglichen Termin zum Studiengang Medizin (Klinik) an der LMU nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2019/20 zugelassen zu werden.
Die Antragspartei hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
Das Gericht sieht es nicht als überwiegend wahrscheinlich an, dass an der LMU im ersten Fachsemester des Zweiten Studienabschnitts des Studiengangs Medizin im Wintersemester 2019/20 noch ein weiterer Studienplatz vorhanden ist, der von der Antragspartei in Anspruch genommen werden könnte.
1. Die Zulassungszahlsatzung 2019/20 der LMU beruht auf Art. 3 des Gesetzes über die Hochschulzulassung in Bayern (Bayerisches Hochschulzulassungsgesetz – BayHZG – vom 9. Mai 2007, GVBl. S. 320, BayRS 2210-8-2-WK, zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Dezember 2019, GVBl. S. 737, in der hier maßgeblichen Fassung der Änderungsverordnung vom 26. März 2019, GVBl. S. 98). Die LMU hat dementsprechend – nach näherer Maßgabe der auf der Grundlage des Bayerischen Hochschulzulassungsgesetzes erlassenen Verordnung über die Hochschulzulassung an den staatlichen Hochschulen in Bayern (Hochschulzulassungsverordnung – HZV in der hier maßgeblichen Fassung vom 18. Juni 2007, GVBl S. 401; BayRS 2210-8-2-1-1-K, zuletzt geändert durch Verordnung vom 28. April 2018, GVBl. S. 277; zur Anwendbarkeit vgl. § 59 Abs. 1 HZV vom 10. Februar 2020, GVBl S. 87; BayRS 2210-8-2-1-1-WK), die jährliche Aufnahmekapazität für das Studienjahr 2019/20 ermittelt und auf die beiden Vergabetermine (Wintersemester 2019/20 217 Studierende und Sommersemester 2020 216 Studierende) aufgeteilt (§ 39 Abs. 2 HZV). Als jährliche Aufnahmekapazität für das Studienjahr 2019/20 wurden im ersten klinischen Fachsemester insgesamt 433 Studienplätze festgesetzt.
Als kapazitätsdeckend vergeben sind 375 Studienplätze anzuerkennen. Es wurden keine substantiierten Zweifel an den Angaben der LMU zur Belegung geltend gemacht und es sind auch sonst keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Zahlen über die Belegung des Studiengangs Humanmedizin im ersten klinischen Fachsemester unzutreffend sein könnten. Vor diesem Hintergrund sieht das Gericht keinen Anlass für die Vorlage einer Liste der Immatrikulierten (vgl. BayVGH, B.v. 2.8.2017 – 7 CE 17.10094 u.a. – juris Rn. 8; B.v. 7.12.2015 – 7 CE 15.10254 u.a. – juris Rn. 19). Nach Angabe der LMU sind von den nach der Studierendenstatistik zum Stand vom 11. Dezember 2019 immatrikulierten 377 Studierenden zwei Studierende länger als ein Semester beurlaubt, so dass nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs diese aus der Zahl der im ersten Fachsemester des streitgegenständlichen Studiengangs immatrikulierten Studierenden herauszurechnen sind (B.v. 21.10.2013 – 7 CE 13.10276 u.a. – juris Rn. 14). Auch mit der Immatrikulation von 375 Studierenden im ersten klinischen Fachsemester ist die vorhandene Kapazität jedoch überbucht.
Gegen diese Überbuchung bestehen keine Bedenken. Im Wintersemester ist das erste klinische Fachsemester sowohl an der LMU, als auch an der Technischen Universität München aufgrund des § 36 Abs. 2 Satz 1 HZV regelmäßig stark überbucht. Nach dieser Regelung können Studierende der LMU nach erfolgreichem Abschluss des vorklinischen Teils des Studiengangs ihr Studium am Studienort München unter den in der Hochschulzulassungsverordnung genannten Voraussetzungen fortsetzen, auch wenn dies zu einer „Überlast“ der Universitäten, die dann im Verhältnis von 60 v.H. zu 40 v.H. aufzuteilen ist, führt (vgl. BayVGH, B.v. 8.10.2018 – 7 CE 18.10011 – juris Rn. 13; B.v. 5.11.2015 – 7 CE 15.10362 – juris Rn. 12 – zu 441 im Wintersemester 2014/2015 im ersten klinischen Fachsemester an der LMU immatrikulierten Studierenden bei 249 festgesetzten Studienplätzen). Nach § 3 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 Zulassungszahlsatzung 2019/20, wonach eine Zulassung im Studiengang Humanmedizin zum ersten Fachsemester des Zweiten Studienabschnitts im Sommersemester nur stattfindet, soweit die Summe der als jährliche Aufnahmekapazität festgesetzten Zulassungszahlen für das erste Fachsemester des Zweiten Studienabschnitts nicht überschritten wird, kann die LMU zum Ausgleich dann im jeweils folgenden Sommersemester entsprechend weniger Studierende immatrikulieren. Dementsprechend liegt die Zahl der in den jeweiligen Sommersemestern zum ersten klinischen Fachsemester zugelassenen und immatrikulierten Studierenden regelmäßig deutlich unter der in der Zulassungszahlsatzung festgesetzten Zulassungszahl (in der Studierendenstatistik zum Stand 11. Dezember 2019 ersichtlich in den Studierendenzahlen im zweiten, vierten, sechsten und achten Fachsemester). Das geschilderte Vorgehen ist nicht zu beanstanden, da für die Ausschöpfung der Ausbildungskapazität allein maßgebend ist, dass in der Summe beider Vergabetermine die Gesamtzulassungszahl der Studienplätze an Studierende vergeben wird (BayVGH, B.v. 8.10.2018 – 7 CE 18.10011 – juris Rn. 13; B.v. 5.11.2015 – 7 CE 15.10362 u.a. – juris Rn. 12).
2. Nach der vorliegend maßgeblichen patientenbezogenen Kapazität (§ 51 Abs. 2 Nr. 4, § 54 HZV) ist zunächst zum Stichtag der Berechnung im Januar 2019 die Zahl der im Jahr 2018 tagesbelegten Betten (1724,0110) zu berücksichtigen (Vorjahr: 1722,0849 tagesbelegte Betten im Jahr 2017).
Was den Vortrag der Antragspartei zum Missverhältnis zwischen der personellen Ausbildungskapazität in der Vorklinik und der patientenbezogenen Ausbildungskapazität anbelangt, folgt allein aus dem Auseinanderfallen von personeller und patientenbezogener Ausbildungskapazität im klinischen Teil des Studiengangs Humanmedizin noch keine Verletzung des Grundrechts der Antragspartei aus Art. 12 Abs. 1 GG. Nach §§ 51 Abs. 1, 2 Nr. 4 i.V.m. § 54 HZV setzt die Ausbildung im Zweiten Studienabschnitt des Studiengangs Humanmedizin voraus, dass sowohl das erforderliche Lehrpersonal, als auch die für die Ausbildung am Krankenbett erforderlichen Patienten vorhanden sind. Aus einer höheren personellen Kapazität ergibt sich kein Anspruch auf eine Anpassung der patientenbezogenen Kapazität; hierbei würde es sich um einen verfassungsrechtlich grundsätzlich gerade nicht begründeten Anspruch auf Errichtung neuer Kapazitäten handeln (BayVGH, B.v. 8.10.2018 – 7 CE 18.10011 – juris Rn. 11; B. v. 21.8.2018 – 7 CE 18.10002 u.a. – juris Rn. 15). Ein derartiger Leistungsanspruch von Studienbewerbern könnte allenfalls in Ausnahmefällen und bei evidenter Pflichtverletzung anerkannt werden (BVerwG, B.v. 13.12.1984 – 7 C 66/83 – juris Rn. 15). Diese Voraussetzungen sind hier nicht ersichtlich, insbesondere können sie nicht allein wegen des Auseinanderfallens von personeller und patientenbezogener Kapazität angenommen werden. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Universität von ihrer Organisationsgewalt missbräuchlich Gebrauch gemacht hätte.
Die LMU hat in die Berechnung der patientenbezogenen Kapazität die von Privatpatienten/Wahlleistungspatienten belegten Betten einbezogen. Dies ergibt sich bereits aus der Vorbemerkung der Tabelle „Kapazitätsrechnung Klinik WS 2019/2020 und SS 2020 – Betriebsstatistik; Januar 2019“, wo explizit „inkl. Privatbetten“ sowie unten beim Ergebnis „mit Privatpatienten gerechnet!“ vermerkt ist (zu einer vergleichbaren Sachverhaltskonstellation: BayVGH, B.v. 5.11.2015 – 7 CE 15.10367 – juris Rn. 21). Wenn die Universität versichert, die Privatpatienten berücksichtigt zu haben, wie dies hier durch die entsprechenden Angaben in der Kapazitätsberechnung geschehen ist, bedarf es keines gesonderten Nachweises, dass sämtliche Privatpatienten in die Kapazitätsberechnung eingegangen sind (vgl. BayVGH, B. v. 16.12.2015 – 7 CE 15.10324 – juris Rn. 8).
Was die Berücksichtigung teilstationärer Patienten anbelangt, hat die LMU in den Zulassungsverfahren nach den Rechtsverhältnissen des Sommersemesters 2019 ausgeführt, dass die teilstationären Patienten bei der Berechnung der patientenbezogenen Kapazität an der LMU einbezogen würden; es finde keine Mitternachtszählung statt. Ob diese Verfahrensweise auch bei der streitgegenständlichen Berechnung angewandt wurde, kann letztlich dahinstehen. Denn im Hinblick auf die für die Ausbildungseignung bedeutsame Verweildauer der Patienten könnte es weiterhin nicht beanstandet werden, Betten nur dann als „tagesbelegt“ im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HZV anzusehen, wenn sie stationär über Nacht belegt sind. Die Universitäten sind deshalb kapazitätsrechtlich nicht verpflichtet, bei der Ermittlung der Zahl der tagesbelegten Betten auch Patienten zu berücksichtigen, die lediglich teilstationär in der Tagesklinik behandelt und am Aufnahmetag wieder entlassen werden (vgl. BayVGH B.v. 8.10.2018 – 7 CE 18.10011 – juris Rn. 8 ff.; B.v. 9.1.2018 – 7 CE 17.10240 – juris Rn.11; B.v. 25.9.2017 – 7 CE 17.10229 – juris Rn. 10). Im Hinblick auf die eindeutige Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sieht das Gericht keine Veranlassung, eine etwaige derartige Praxis der Ermittlung der patientenbezogenen Kapazität im Rahmen des vorliegenden Verfahrens zu korrigieren.
Nach § 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HZV ergibt sich damit eine patientenbezogene jährliche Aufnahmekapazität von 267,2217 (15,5 v.H. der Gesamtzahl der tagesbelegten Betten); im Vorjahr lag diese Zahl bei 266,9232. Das Gericht sieht keinen Anlass, von dem in § 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HZV genannten Parameter (15,5 v.H. der Gesamtzahl der tagesbelegten Betten) abzuweichen (vgl. BayVGH, B.v. 16.9.2019 – 7 CE 19.10044 – juris Rn. 13; VG München, B.v. 23.10.2019 – M 3 E 19.18028 – Rn. 31 ff.).
3. Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Satz 1 HZV erhöht sich das Berechnungsergebnis um die Zahl Eins je 1000 poliklinischer Neuzugänge, was bei 417.697 poliklinischen Neuzugängen aktuell 417,70 ergibt; diese Erhöhung ist jedoch gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Satz 2 HZV begrenzt auf maximal 50 v.H. der patientenbezogenen Kapazität, d.h. 133,6109 (Vorjahr: 133,4616).
4. Von Seiten der außeruniversitären Krankenanstalten, die Lehrveranstaltungen für diesen Studienabschnitt vereinbarungsgemäß und auf Dauer durchführen (aktuell Einrichtungen, die Lehrveranstaltungen in den Fächern Geriatrie, Neuropädiatrie und Dermatologie anbieten), ergibt sich nach § 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 HZV zusätzlich eine jährliche Aufnahmekapazität von 31,2325.
a) Anhaltspunkte dafür, dass an weiteren außeruniversitären Krankenanstalten Lehrveranstaltungen für diesen Studienabschnitt vereinbarungsgemäß und auf Dauer durchgeführt werden, sind nicht ersichtlich.
Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der sich das Gericht anschließt, ist die Universität nicht verpflichtet, zum Zweck der Erhöhung der patientenbezogenen Aufnahmekapazität außeruniversitäre Krankenanstalten zur Durchführung von Lehrveranstaltungen zu gewinnen (BayVGH, B.v. 8.10.2018 – 7 CE 18.10011 – juris Rn. 12; B.v. 2.9.2014 – 7 CE 14.10172 u.a. – juris Rn. 14).
b) Zum Umfang der im Bereich der außeruniversitären Krankenanstalten in die Ausbildung einbezogenen Patienten ist in § 4 Abs. 1 Satz 2 der vorgelegten Vereinbarung zwischen der Städtisches Klinikum M. GmbH und der LMU über die Zusammenarbeit bei der Durchführung von Lehrveranstaltungen im Querschnittsbereich „Medizin des Alterns und des alten Menschen“ geregelt, dass im Querschnittsbereich Geriatrie eine teilstationäre Abteilung „mit ca. 30 Patienten“ zur Verfügung steht. Der Ansatz von 35 tagesbelegten Betten in der Kapazitätsberechnung der LMU ist daher nicht zu beanstanden.
Im Bereich Neuropädiatrie stehen nach § 4 Abs. 1 Satz 2 der vorgelegten Vereinbarung zwischen der Klinik für Neuropädiatrie und Neurologische Rehabilitation, Epilepsiezentrum für Kinder und Jugendliche, Tagesklinik für Neuropädiatrie S-Klinik V- und der LMU eine Tagesklinik für Neuropädiatrie sowie eine neuropädiatrische Ermächtigungsambulanz zur Verfügung „mit täglich ca. 10 Patienten, die ambulant und teilstationär betreut werden“. Im Rahmen der Kapazitätsberechnung behandelt die LMU diese 10 Patienten unter Vernachlässigung der Unterscheidung zwischen stationären und ambulanten Patienten wie 10 Planbetten. Da sich dies kapazitätsfreundlich auswirkt, ist dies nicht zu beanstanden.
Zur Einbeziehung der Betten der Dermatologie hat die LMU die Vereinbarung aus dem Jahr 1929 „aus Anlass der Erbauung einer städtischen dermatologischen Krankenhausabteilung und einer dermatologischen Universitätsklinik an der T. straße“ zwischen dem Freistaat Bayern und der Stadtgemeinde München vorgelegt. Aus den darin enthaltenen Bestimmungen zu Errichtung und Betrieb des Gebäudes sowie zu Personal und Betrieb von Krankenhaus und Klinik ist ersichtlich, dass neben dem Krankenhausbetrieb auch „klinische Zwecke (Unterricht, klinisches Laboratorium)“ (vgl. D. IX) verfolgt werden; der Umfang der heute in die Ausbildung im klinischen Abschnitt des Studiums einbezogenen Betten lässt sich daraus jedoch nicht ableiten. Nach der Homepage der M. Klinik T. Straße, Städtisches Klinikum M. GmbH (www.m.-klinik.de/krankenhaus/t.-strasse/) verfügt diese über 160 Betten. Dass hiervon lediglich ein Teil in die Ausbildung im klinischen Abschnitt des Studiums einbezogen sein soll, lässt sich weder der Vereinbarung noch sonstigen Umständen entnehmen. Da für eine Einbeziehung von lediglich 130 Planbetten kein Anhalt ersichtlich ist, legt das Gericht der Kapazitätsberechnung 160 Planbetten zugrunde.
c) Zur Ermittlung der tagesbelegten Betten in den Bereichen Geriatrie, Neuropädiatrie und Dermatologie hat die LMU eine durchschnittliche Belegung von 90 v.H. zugrunde gelegt.
Für den Bereich der Geriatrie begegnet diese Vorgehensweise jedenfalls deshalb im Ergebnis keinen Bedenken, weil nach § 4 Abs. 1 Satz 2 der vorgelegten Vereinbarung zwischen der Städtisches Klinikum M. GmbH und der LMU über die Zusammenarbeit bei der Durchführung von Lehrveranstaltungen im Querschnittsbereich „Medizin des Alterns und des alten Menschen“ vorgesehen ist, dass lediglich „ca. 30 Patienten“ zur Verfügung stehen. Mit dem Ansatz von 31,5 tagesbelegten Betten ist der Rahmen von § 4 Abs. 1 Satz 2 der Vereinbarung ausgeschöpft; dass tatsächlich mehr Patienten vereinbarungsgemäß für die Ausbildung zur Verfügung stehen, ist nicht ersichtlich.
Demgegenüber stehen im Bereich der Neuropädiatrie nach § 4 Abs. 1 Satz 2 der vorgelegten Vereinbarung zwischen der Klinik für Neuropädiatrie und Neurologische Rehabilitation, Epilepsiezentrum für Kinder und Jugendliche, Tagesklinik für Neuropädiatrie S-klinik V- und der LMU eine Tagesklinik für Neuropädiatrie sowie eine neuropädiatrische Ermächtigungsambulanz zur Verfügung „mit täglich ca. 10 Patienten, die ambulant und teilstationär betreut werden“. Der Vereinbarung ist damit bereits eine Durchschnittszahl an Patienten zugrunde gelegt. Es ist nicht nachvollziehbar, warum dieser Wert noch einmal um eine pauschale Belegungsquote zu mindern ist. Danach sind 10 tagesbelegte Betten zu berücksichtigen.
Im Bereich der Dermatologie ist hinsichtlich der angenommenen Belegungsquote von 90 v.H. zu berücksichtigen, dass dieser Wert zwar deutlich über der durchschnittlichen Belegung im gesamten Klinikum der LMU (84,59 v.H.) angesetzt ist. Die Belegungsquoten der einzelnen Kliniken der LMU (vgl. „Kapazitätsrechnung Klinik WS WS 2019/2020 und SS 2020 – Betriebsstatistik; Januar 2019“) sind allerdings sehr unterschiedlich (vgl. einerseits 122,12 v.H. Psychiatrie und Psychotherapie, andererseits 67,68 v.H. Kinder- und Jugendmedizin). Vor diesem Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Ansatz einer pauschalen Belegungsquote von 90 v.H. unter Verzicht auf eine Ermittlung der konkreten Belegung sich auf jeden Fall kapazitätsfreundlich auswirkt. Mangels näherer Anhaltspunkte zur konkreten Belegung legt das Gericht seiner Berechnung die ungeminderte Zahl der Betten (160) zugrunde.
d) Dass die LMU für die außeruniversitären Krankenanstalten keine poliklinischen Neuzugänge angesetzt hat, ist nicht zu beanstanden.
In den Bereichen Geriatrie und Neuropädiatrie ist nach der Festlegung der zur Verfügung stehenden Patienten in § 4 Abs. 1 Satz 2 der jeweiligen Vereinbarung im darauf folgenden § 4 Abs. 1 Satz 3 jeweils geregelt, dass Patienten aus anderen Bereichen nicht zur Verfügung stehen. Es sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sich diese Regelung lediglich auf stationäre Patienten beziehen soll. Bezüglich der poliklinischen Neuzugänge liegt daher keine Vereinbarung vor, wonach auch diese Patienten für die Ausbildung im klinischen Teil des Studiums zur Verfügung stehen sollen.
Im Bereich der Dermatologie wird der ambulante Bereich von der Universität selbst unterhalten. Dementsprechend sind die poliklinischen Neuzugänge der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie bereits bei der Gesamtzahl der poliklinischen Zugänge des Klinikums der Universität berücksichtigt (vgl. „Kapazitätsrechnung Klinik WS 2019/2020 und SS 2020 – Betriebsstatistik; Januar 2019“).
e) Insgesamt ergibt sich daher für den Bereich der außeruniversitären Krankenanstalten nach § 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 HZV folgende patientenbezogene jährliche Aufnahmekapazität:
Tagesbelegte Betten:
Geriatrie
31,5
Neuropädiatrie
10,0
Dermatologie
160,0
Summe
201,5
15,5 v. H. der tagesbelegten Betten: 31,2325
5. Insgesamt errechnet sich daher nach § 54 Abs. 1 Satz 2 HZV eine jährliche Ausbildungskapazität von 432,0651, gerundet 432 Studienplätzen.
Gegen die festgesetzte Ausbildungskapazität von 433 Studienplätzen bestehen daher keine Bedenken.
Der Antrag auf vorläufige Zulassung zum ersten Fachsemester des Studiengangs Humanmedizin, Zweiter Studienabschnitt, außerhalb der festgesetzten Kapazität war daher abzulehnen.
6. Da die für das Wintersemester 2019/20 festgesetzte Kapazität von 217 Studienplätzen mit einer Belegung von 375 im regulären Vergabeverfahren zugelassenen und immatrikulierten Studierenden weit überbucht wurde, bleibt auch der Antrag auf Zulassung innerhalb der festgesetzten Kapazität ohne Erfolg.
7. Soweit die Antragspartei hilfsweise die vorläufige Zulassung in einem niedrigeren Semester beantragt, hat auch dieser Antrag keinen Erfolg. Ab einem bereits erreichten Studienfortschritt kann nur eine Zulassung zu einem nächsthöheren Fachsemester beantragt werden (vgl. § 35 Abs. 2 Nr. 1 HZV), damit dieselbe Ausbildungskapazität nicht mehrmals von demselben Studierenden in Anspruch genommen wird.
8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG, wobei eine ergänzend beantragte innerkapazitäre Zulassung nach der ständigen Spruchpraxis des erkennenden Gerichts den Streitwert unverändert lässt, da es sich jedenfalls wirtschaftlich gesehen um ein- und denselben Streitgegenstand, nämlich die vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin, Zweiter Studienabschnitt, im Wintersemester 2019/20, handelt.


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