Verwaltungsrecht

Erfolgloser Antrag auf vorläufige Zulassung zum Studiengang, Humanmedizin Klinik an der LMU außerhalb der Kapazität, Wintersemester 2020/21, Mittelwertbildung bei Bettenstatistik, Anwendung des Parameters 15,5%, Berücksichtigung der außeruniversitären Krankenanstalten, Keine Pflicht der Universität zur Einbindung weiterer außeruniversitärer Krankenanstalten

Aktenzeichen  M 3 E 20.18087

Datum:
10.5.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 22104
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123
HZV § 49 Abs. 2 Nr. 4
HZV § 52 Abs. 1 S. 2 Nr. 1
HZV § 52 Abs. 1 S. 2 Nr. 2
HZV § 52 Abs. 1 S. 2 Nr. 3

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragspartei hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf EUR 2.500,- festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragspartei beantragt beim Verwaltungsgericht München,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Antragspartei nach Maßgabe eines gerichtlich angeordneten Losverfahrens über die Vergabe zusätzlicher Studienplätze zum Studium der Humanmedizin, 5. Fachsemester, Wintersemester 2020/21, nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2020/21 an der L.-M.-Universität M. vorläufig zuzulassen; hilfsweise wird die Zulassung innerhalb der Kapazität begehrt, sofern Restplätze zu vergeben sind.
Zur Begründung wird die unzureichende Kapazitätsauslastung gerügt.
Die Bewerbung um einen Studienplatz außerhalb der festgesetzten Kapazität bei der L.-M.-Universität M. (LMU), die Hochschulzugangsberechtigung, der Nachweis über den erfolgreich abgelegten Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung bzw. über als einen solchen anerkannte Prüfungen wurden vorgelegt. Ferner legte die Antragspartei eine eidesstattliche Versicherung der deutschen Staatsangehörigkeit sowie dazu vor, dass sie im Studiengang Humanmedizin noch keine endgültige oder vorläufige Zulassung zum Studium an einer deutschen Hochschule erhalten oder aus eigenem Entschluss aufgegeben habe.
Der Antragsgegner beantragt mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2020,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Es sei kein Zulassungsanspruch glaubhaft gemacht. Die Kapazität im Studiengang Humanmedizin, Zweiter Studienabschnitt, sei bereits ausgelastet bzw. sogar überbucht. Es seien zum Wintersemester 2020/21 ingesamt 364 Studierende immatrikuliert. Von den vier Beurlaubten seien zwei erst zum Wintersemester 2020/21 beurlaubt worden und damit kapazitätsdeckend zu berücksichtigen. Selbst wenn die anderen beiden Beurlaubten nicht berücksichtigt würden, wäre bei einer Zahl von 362 Immatrikulierten die Ausbildungskapazität von 217 Studienplätzen ausgeschöpft. Auf die Satzung der LMU über die Festsetzung von Zulassungszahlen für die im Studienjahr 2020/21 als Studienanfängerinnen und Studienanfänger sowie in höhere Fachsemester aufzunehmenden Bewerberinnen und Bewerber (Zulassungszahlsatzung 2020/21) vom 4. August 2020 in Verbindung mit der Anlage, die Kapazitätsberechnungsunterlagen des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst für den Studiengang Humanmedizin (Zweiter Studienabschnitt) im Zulassungszeitraum 2020/21 sowie den vorgelegten Auszug aus der Studierendenstatistik vom 14. Dezember 2020 wurde Bezug genommen.
Das Gericht hat der Antragspartei die Stellungnahme der LMU vom 14. Dezember 2020, den Auszug aus der Studierendenstatistik und die vorgelegten Kapazitätsberechnungsunterlagen zugeleitet. Das Gericht hat der Antragspartei Gelegenheit gegeben, Stellung zu nehmen und insbesondere darzulegen, weshalb noch ein freier Studienplatz, an dessen Verteilung die Antragspartei zu beteiligen wäre, vorhanden sein sollte.
Mit Schriftsätzen vom 2. Februar 2021 weist die LMU darauf hin, dass bei der Berechnung der Größe „tagesbelegte Betten“ seit jeher die Statistik des Vorjahres vor der Erstellung der Kapazitätsberechnung herangezogen werde; der Stichtag werde nach § 40 Abs. 1 HZV bestimmt. In letzten Jahren habe die Zahl der tagesbelegten Betten kaum geschwankt. Bei Heranziehung des Durchschnittswerts aus den letzten drei Jahren würde sich die Zahl der rechnerischen Studienplätze lediglich um zwei erhöhen. Der Parameter von 15,5% sei durch die jeweiligen Verordnungsgeber bundeseinheitlich normiert worden und könne vernünftigerweise nur bundeseinheitlich durch die Verordnungsgeber geändert werden. Auch in Berlin werde für den traditionellen Staatsexamensstudiengang der Parameter 15,5% angewandt (§ 17 BerlKapVO). Die zitierte Entscheidung des VG Berlin betreffe lediglich den Modellstudiengang; zur Aufnahmekapazität im traditionellen Medizinstudiengang äußere sich das VG Berlin darin nicht. Da die Verordnungen der Länder über die Kapazitätsberechnungen übereinstimmen müssten (Art. 12 Abs. 2 des Staatsvertrags über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung), bleibe das Ergebnis einer Untersuchung zur Ermittlung der patientenbezogenen Aufnahmekapazität durch die Stiftung für Hochschulzulassung (im Folgenden: SfH) abzuwarten, ob und ggf. in welcher Weise der Parameter zu ändern sei. Immerhin habe die SfH vor kurzem mitgeteilt, dass der Bericht zu den Modellstudiengängen inzwischen fertiggestellt sei und demnächst in den Gremien behandelt werde. Die teilstationären Patienten, die nicht über Nacht verblieben, würden bei Berechnung der patientenbezogenen Kapazität miteinbezogen; es finde keine Mitternachtszählung statt. Zur Zulassung von 362 Studierenden wird ausgeführt, gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 HZV hätten alle Studierenden, die den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung am Studienort M. erfolgreich abgelegt hätten, einen Übernahmeanspruch in den klinischen Studienabschnitt. Angesichts der hohen Zahl der zu Übernehmenden gebe es keine Kapazitäten für externe Bewerber. Außeruniversitäre Lehrveranstaltungen würden in der Klinik T. Straße M. für das Fach Dermatologie, im Städtischen Klinikum M.-N. für das Fach Geriatrie und in der Schönklinik Vogtareuth für das Fach Neuropädiatrie durchgeführt. Da die außeruniversitäre Krankenanstalt für die Dermatologie keine Ambulanz aufweise und in den Verträgen mit den außeruniversitären Krankenanstalten in der Geriatrie und der Neuropädiatrie lediglich eine Zusammenarbeit im stationären Bereich vereinbart sei, würden nur tagesbelegte Betten, nicht aber poliklinische Neuzugänge berücksichtigt.
Mit E-Mail vom 4. Februar 2021 hat das Gericht mitgeteilt, dass nach Auskunft der LMU hinsichtlich der vertraglichen Vereinbarungen mit den außeruniversitären Krankenanstalten keine Änderungen gegenüber den im Wintersemester 2018/19 mit Schriftsatz der LMU vom 21. Februar 2019 vorgelegten und damals an die Antragsparteien versandten Unterlagen ergeben hätten. Auf das Angebot einer nochmaligen Übersendung dieser Unterlagen sind bei Gericht keine entsprechenden Anforderungen eingegangen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, insbesondere den vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst überprüften Datensatz für das Studienjahr 2020/21 Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO hat in der Sache keinen Erfolg.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Eine einstweilige Anordnung ergeht, wenn das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des in der Hauptsache verfolgten materiellen Anspruchs, sowie eines Anordnungsgrundes, d.h. der Dringlichkeit der einstweiligen Anordnung glaubhaft (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO) gemacht wurde. Nimmt die begehrte einstweilige Anordnung die Entscheidung in der Hauptsache sachlich und zeitlich vorweg, ist dem Antrag nur dann stattzugeben, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes geboten ist und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der mit der Hauptsache verfolgte Anspruch begründet ist (BVerwG, U.v.18.4.2013 – 10 C 9/12 – juris Rn. 22).
Die Antragspartei hat zwar einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, d.h. die Dringlichkeit des Begehrens, bereits vor Abschluss eines Hauptsacheverfahrens wenigstens vorläufig zum nächstmöglichen Termin zum Studiengang Medizin (Klinik) an der LMU nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2020/21 zugelassen zu werden.
Die Antragspartei hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
Das Gericht sieht es nicht als überwiegend wahrscheinlich an, dass an der LMU im ersten Fachsemester des Zweiten Studienabschnitts des Studiengangs Medizin im Wintersemester 2020/21 noch ein weiterer Studienplatz vorhanden ist, der von der Antragspartei in Anspruch genommen werden könnte.
1. Die Zulassungszahlsatzung 2020/21 der LMU beruht auf Art. 3 des Gesetzes über die Hochschulzulassung in Bayern (Bayerisches Hochschulzulassungsgesetz – BayHZG – vom 9. Mai 2007, GVBl. S. 320, BayRS 2210-8-2-WK, zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Dezember 2019, GVBl. S. 737). Die LMU hat dementsprechend – nach näherer Maßgabe der auf der Grundlage des Bayerischen Hochschulzulassungsgesetzes erlassenen Verordnung über die Hochschulzulassung an den staatlichen Hochschulen in Bayern (Hochschulzulassungsverordnung – HZV) vom 10. Februar 2020 (GVBl. S. 87, BayRS 2210-8-2-1-1-WK), zuletzt geändert durch Verordnung vom 10. November 2020 (GVBl. S. 646), in der hier maßgeblichen Fassung vom 7. Juli 2020 (GVBl S. 399), die jährliche Aufnahmekapazität für das Studienjahr 2020/21 ermittelt und auf die beiden Vergabetermine (Wintersemester 2020/21 217 Studierende und Sommersemester 2020 216 Studierende) aufgeteilt (§ 37 Abs. 2 HZV). Als jährliche Aufnahmekapazität für das Studienjahr 2020/21 wurden im ersten klinischen Fachsemester insgesamt 433 Studienplätze festgesetzt.
Als kapazitätsdeckend vergeben sind 362 Studienplätze anzuerkennen. Es wurden keine substantiierten Zweifel an den Angaben der LMU zur Belegung geltend gemacht und es sind auch sonst keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Zahlen über die Belegung des Studiengangs Humanmedizin im ersten klinischen Fachsemester unzutreffend sein könnten. Vor diesem Hintergrund sieht das Gericht keinen Anlass für die Vorlage einer Liste der Immatrikulierten (vgl. BayVGH, B.v. 2.8.2017 – 7 CE 17.10094 u.a. – juris Rn. 8; B.v. 7.12.2015 – 7 CE 15.10254 u.a. – juris Rn. 19). Nach Angabe der LMU sind von den nach der Studierendenstatistik zum Stand vom 14. Dezember 2020 immatrikulierten 364 Studierenden zwei Studierende länger als ein Semester beurlaubt, so dass nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs diese aus der Zahl der im ersten Fachsemester des streitgegenständlichen Studiengangs immatrikulierten Studierenden herauszurechnen sind (B.v. 21.10.2013 – 7 CE 13.10276 u.a. – juris Rn. 14). Auch mit der Immatrikulation von 362 Studierenden im ersten klinischen Fachsemester ist die vorhandene Kapazität jedoch überbucht.
Gegen diese Überbuchung bestehen keine Bedenken. Im Wintersemester ist das erste klinische Fachsemester sowohl an der LMU, als auch an der Technischen Universität M. aufgrund des § 58 Abs. 2 Satz 1 HZV regelmäßig stark überbucht. Nach dieser Regelung können Studierende der LMU nach erfolgreichem Abschluss des vorklinischen Teils des Studiengangs ihr Studium am Studienort M. unter den in der Hochschulzulassungsverordnung genannten Voraussetzungen fortsetzen, auch wenn dies zu einer „Überlast“ der Universitäten, die dann im Verhältnis von 60 v.H. zu 40 v.H. aufzuteilen ist, führt (vgl. BayVGH, B.v. 8.10.2018 – 7 CE 18.10011 – juris Rn. 13; B.v. 5.11.2015 – 7 CE 15.10362 – juris Rn. 12 – zu 441 im Wintersemester 2014/2015 im ersten klinischen Fachsemester an der LMU immatrikulierten Studierenden bei 249 festgesetzten Studienplätzen). Nach § 3 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 Zulassungszahlsatzung 2020/21, wonach eine Zulassung im Studiengang Humanmedizin zum ersten Fachsemester des Zweiten Studienabschnitts im Sommersemester nur stattfindet, soweit die Summe der als jährliche Aufnahmekapazität festgesetzten Zulassungszahlen für das erste Fachsemester des Zweiten Studienabschnitts nicht überschritten wird, kann die LMU zum Ausgleich dann im jeweils folgenden Sommersemester entsprechend weniger Studierende immatrikulieren. Dementsprechend liegt die Zahl der in den jeweiligen Sommersemestern zum ersten klinischen Fachsemester zugelassenen und immatrikulierten Studierenden regelmäßig deutlich unter der in der Zulassungszahlsatzung festgesetzten Zulassungszahl (in der Studierendenstatistik zum Stand 14. Dezember 2020 ersichtlich in den Studierendenzahlen im zweiten, vierten, sechsten und achten Fachsemester). Das geschilderte Vorgehen ist nicht zu beanstanden, da für die Ausschöpfung der Ausbildungskapazität allein maßgebend ist, dass in der Summe beider Vergabetermine die Gesamtzulassungszahl der Studienplätze an Studierende vergeben wird (BayVGH, B.v. 8.10.2018 – 7 CE 18.10011 – juris Rn. 13; B.v. 5.11.2015 – 7 CE 15.10362 u.a. – juris Rn. 12).
2. Nach der vorliegend maßgeblichen patientenbezogenen Kapazität (§ 49 Abs. 2 Nr. 4, § 52 HZV) ist zunächst zum Stichtag der Berechnung (§ 40 Abs. 1 HZV), vorliegend im Januar 2020, die Zahl der tagesbelegten Betten zu berücksichtigen.
a) Es ist nicht zu beanstanden, dass die Zahl der tagesbelegten Betten anhand der Statistik des Jahres 2019 und nicht anhand eines Durchschnittswertes über die vergangenen drei Jahre ermittelt wurde. § 40 Abs. 1 HZV sieht lediglich vor, dass die jährliche Aufnahmekapazität auf der Grundlage der Daten eines Stichtages ermittelt wird, der nicht mehr als neun Monate vor Beginn des Zeitraums liegt, für den die Ermittlung und die Festsetzung gelten. Nach § 40 Abs. 2 HZV sollen wesentliche Änderungen der Daten, die vor Beginn des Berechnungszeitraums erkennbar sind, berücksichtigt werden. Die Zahl der tagesbelegten Betten an der LMU wies in den letzten Jahren relativ geringe Schwankungen auf (2018: 1724,0110; 2017: 1722,0849; 2016: 1747,9426; 2015: 1715,5068). Soweit die Rechtsprechung teilweise davon ausgeht, dass hierbei grundsätzlich die Ergebnisse des dem Berechnungszeitraum vorausgehenden Kalenderjahres, sofern diese Werte den aktuellen Stand einer kontinuierlichen Entwicklung widerspiegeln, maßgeblich sei, andernfalls der Mittelwert der letzten drei Jahre zu bilden sei (OVG Lüneburg, U.v.25.6.2019 – 2 LC 164/16 – juris Rn. 24; OVG LSA, B.v. 23.2.2021 – 3 M 273/20 – juris Rn. 3), handelt es sich hierbei um eine mögliche Methode, die (voraussichtlichen) Belegungszahlen abzuschätzen. Bei den derzeitigen relativ geringen Schwankungen der Zahlen der tagesbelegten Betten bei der LMU ist allerdings die Heranziehung des Wertes des vorausgehenden Kalenderjahres anstelle der Mittelwertbildung über die vergangenen drei Jahre ebenso zulässig. Weiter ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass noch vor Beginn des Berechnungszeitraums wesentliche Änderungen (insbesondere höhere Belegungszahlen) im Sinne von § 40 Abs. 1 HZV erkennbar gewesen wären. Die Frage, wie etwaige stärkere Schwankungen bedingt durch die Corona-Pandemie in zukünftigen Berechnungszeiträumen zu behandeln sind, stellt sich für den hier gegenständlichen Berechnungszeitraum nicht.
b) Da der Antragsgegner mit Schriftsatz vom *. Februar 2021 klargestellt hat, dass teilstationäre Patienten in der Zahl der tagesbelegten Betten mitberücksichtigt sind, kommt es hier auf die Frage der Zulässigkeit der „Mitternachtszählung“ nicht an.
3. Nach § 52 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HZV ergibt sich damit eine patientenbezogene jährliche Aufnahmekapazität von 263,4240 (15,5% der Gesamtzahl der tagesbelegten Betten); im Vorjahr lag diese Zahl bei 267,2217.
Das Gericht sieht keinen Anlass, von dem in § 52 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HZV genannten Parameter (15,5% der Gesamtzahl der tagesbelegten Betten) abzuweichen (vgl. BayVGH, B.v. 16.9.2019 – 7 CE 19.10044 – juris Rn. 13). Die Entscheidung des Verordnungsgebers, vorerst an dem bundeseinheitlich normierten Wert von 15,5% der tagesbelegten Betten festzuhalten, ist nicht zu beanstanden. Soweit dieser Parameter unter Verweis auf den Zeitpunkt von dessen Festsetzung und die zwischenzeitliche Einführung eines Abrechnungssystems nach Fallpauschalen beanstandet wird, ergibt sich allein daraus nicht, dass die Regelung der patientenbezogenen Parameter der Kapazitätsberechnung nicht mehr sachgerecht wäre (vgl. VG Frankfurt a.M., U.v. 12.12.2019 – 3 L 2957/19.FM.W.19 – juris Rn. 28). Dies gilt auch im Hinblick auf die von der SfH in Auftrag gegebene BACES-Studie und die ersichtlich noch nicht abgeschlossene Behandlung der Ergebnisse in den Gremien der SfH. Ob und welche Erkenntnisse sich aus der die Modellstudiengänge betreffenden BACES-Studie für den Regelstudiengang und die Validität des Parameters nach § 52 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HZV gewinnen lassen, lässt sich derzeit nicht absehen und bleibt abzuwarten (vgl. OVG NW, B.v. 30.10.2020 – 13 C 8/20 – Rn. 31 ff.). Vor dem Hintergrund dieser noch offenen Diskussion und der noch erforderlichen Auswertung der Erkenntnisse durch die jeweiligen Normgeber kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Verordnungsgeber die ihn insoweit treffende Obliegenheit, die § 52 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HZV zugrunde liegenden Annahmen und die tatsächliche Entwicklung zu beobachten und gegebenenfalls korrigierend einzugreifen, verletzt hätte (vgl. OVG NW, B.v.7.5.2018 – 13 C 20/18 – juris Rn. 14 ff.; zum Vortrag der Verletzung von Überwachungspflichten durch den Normgeber vgl. auch VG Karlsruhe, B.v. 14.9.2020 – NC 7 K 6330/19 – juris Rn. 24 ff.).
4. Gemäß § 52 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Satz 1 HZV erhöht sich das Berechnungsergebnis um die Zahl Eins je 1000 poliklinischer Neuzugänge, was bei 397.506 poliklinischen Neuzugängen aktuell 397,51 ergibt; diese Erhöhung ist jedoch gemäß § 52 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Satz 2 HZV begrenzt auf maximal 50 v.H. der patientenbezogenen Kapazität, d.h. 131,7120 (Vorjahr: 133,6109).
5. Von Seiten der außeruniversitären Krankenanstalten, die Lehrveranstaltungen für diesen Studienabschnitt vereinbarungsgemäß und auf Dauer durchführen (aktuell Einrichtungen, die Lehrveranstaltungen in den Fächern Geriatrie, Neuropädiatrie und Dermatologie anbieten), ergibt sich nach § 52 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 HZV zusätzlich eine jährliche Aufnahmekapazität von 31,2325.
a) Anhaltspunkte dafür, dass an weiteren außeruniversitären Krankenanstalten Lehrveranstaltungen für diesen Studienabschnitt vereinbarungsgemäß und auf Dauer durchgeführt werden, sind nicht ersichtlich.
Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der sich das Gericht anschließt, ist die Universität nicht verpflichtet, zum Zweck der Erhöhung der patientenbezogenen Aufnahmekapazität außeruniversitäre Krankenanstalten zur Durchführung von Lehrveranstaltungen zu gewinnen (BayVGH, B.v. 8.10.2018 – 7 CE 18.10011 – juris Rn. 12; B.v. 2.9.2014 – 7 CE 14.10172 u.a. – juris Rn. 14).
b) Zum Umfang der im Bereich der außeruniversitären Krankenanstalten in die Ausbildung einbezogenen Patienten ist in § 4 Abs. 1 Satz 2 der von der LMU mit Schriftsatz vom 21. Februar 2019 (für das Wintersemester 2018/19) vorgelegten Vereinbarung zwischen der Städtisches Klinikum M. GmbH und der LMU über die Zusammenarbeit bei der Durchführung von Lehrveranstaltungen im Querschnittsbereich „Medizin des Alterns und des alten Menschen“ geregelt, dass im Querschnittsbereich Geriatrie eine teilstationäre Abteilung „mit ca. 30 Patienten“ zur Verfügung steht. Der Ansatz von 35 tagesbelegten Betten in der Kapazitätsberechnung der LMU ist daher nicht zu beanstanden.
Im Bereich Neuropädiatrie stehen nach § 4 Abs. 1 Satz 2 der vorgelegten Vereinbarung zwischen der Klinik für Neuropädiatrie und Neurologische Rehabilitation, Epilepsiezentrum für Kinder und Jugendliche, Tagesklinik für Neuropädiatrie Schönklinik Vogtareuth und der LMU eine Tagesklinik für Neuropädiatrie sowie eine neuropädiatrische Ermächtigungsambulanz zur Verfügung „mit täglich ca. 10 Patienten, die ambulant und teilstationär betreut werden“. Im Rahmen der Kapazitätsberechnung behandelt die LMU diese 10 Patienten unter Vernachlässigung der Unterscheidung zwischen stationären und ambulanten Patienten wie 10 Planbetten. Da sich dies kapazitätsfreundlich auswirkt, ist dies nicht zu beanstanden.
Zur Einbeziehung der Betten der Dermatologie hat die LMU die Vereinbarung aus dem Jahr 1929 „aus Anlass der Erbauung einer städtischen dermatologischen Krankenhausabteilung und einer dermatologischen Universitätsklinik an der T. straße“ zwischen dem Freistaat Bayern und der Stadtgemeinde M. vorgelegt. Aus den darin enthaltenen Bestimmungen zu Errichtung und Betrieb des Gebäudes sowie zu Personal und Betrieb von Krankenhaus und Klinik ist ersichtlich, dass neben dem Krankenhausbetrieb auch „klinische Zwecke (Unterricht, klinisches Laboratorium)“ (vgl. D. IX) verfolgt werden; der Umfang der heute in die Ausbildung im klinischen Abschnitt des Studiums einbezogenen Betten lässt sich daraus jedoch nicht ableiten. Nach der Homepage der M. Klinik T. Straße, Städtisches Klinikum M. GmbH (www…de/krankenhaus/t.-strasse/) verfügt diese über 160 Betten. Da mit dem Ansatz von 160 Betten somit sämtliche verfügbaren Betten berücksichtigt sind, bestehen hiergegen keine Bedenken.
Die Nichtberücksichtigung der 40 tagesklinischen Behandlungsplätze ist nicht zu beanstanden. Bei Ermittlung der tagesbelegten Betten ist nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der sich das erkennende Gericht anschließt, die „Mitternachtszählung“ mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der erschöpfenden Kapazitätsauslastung vereinbar (BayVGH, B.v. 9.1.2018 – 7 CE 17.10240 – juris Rn. 11 m.w.N., insbesondere B.v. 12.6.2014 – 7 CE 14.10011 – juris Rn. 14 ff.). Aus der vorgelegten Vereinbarung ergeben sich keine Hinweise für eine Einbeziehung auch der teilstationären Patienten in die Ausbildung.
c) Der Ansatz einer Belegungsquote von 90% im Bereich der Geriatrie begegnet jedenfalls deshalb keinen Bedenken, weil nach § 4 Abs. 1 Satz 2 der vorgelegten Vereinbarung zwischen der Städtisches Klinikum M. GmbH und der LMU über die Zusammenarbeit bei der Durchführung von Lehrveranstaltungen im Querschnittsbereich „Medizin des Alterns und des alten Menschen“ vorgesehen ist, dass lediglich „ca. 30 Patienten“ zur Verfügung stehen. Mit dem Ansatz von 31,5 tagesbelegten Betten ist der Rahmen von § 4 Abs. 1 Satz 2 der Vereinbarung ausgeschöpft; dass tatsächlich mehr Patienten vereinbarungsgemäß für die Ausbildung zur Verfügung stehen, ist nicht ersichtlich.
d) Dass die LMU für die außeruniversitären Krankenanstalten keine poliklinischen Neuzugänge angesetzt hat, ist nicht zu beanstanden.
In den Bereichen Geriatrie und Neuropädiatrie ist nach der Festlegung der zur Verfügung stehenden Patienten in § 4 Abs. 1 Satz 2 der jeweiligen Vereinbarung im darauf folgenden § 4 Abs. 1 Satz 3 jeweils geregelt, dass Patienten aus anderen Bereichen nicht zur Verfügung stehen. Es sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sich diese Regelung lediglich auf stationäre Patienten beziehen soll. Bezüglich der poliklinischen Neuzugänge liegt daher keine Vereinbarung vor, wonach auch diese Patienten für die Ausbildung im klinischen Teil des Studiums zur Verfügung stehen sollen.
Im Bereich der Dermatologie wird der ambulante Bereich von der Universität selbst unterhalten. Dementsprechend sind die poliklinischen Neuzugänge der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie bereits bei der Gesamtzahl der poliklinischen Zugänge des Klinikums der Universität berücksichtigt (vgl. „Kapazitätsrechnung Klinik WS 2020/21 und SS 2021“).
e) Insgesamt ergibt sich daher für den Bereich der außeruniversitären Krankenanstalten nach § 52 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 HZV folgende patientenbezogene jährliche Aufnahmekapazität:
Tagesbelegte Betten:
Geriatrie
31,5
Neuropädiatrie
10,0
Dermatologie
160,0
Summe
201,5
15,5% der tagesbelegten Betten: 31,2325
6. Insgesamt errechnet sich daher nach § 52 Abs. 1 Satz 2 HZV eine jährliche Ausbildungskapazität von 426,3685, gerundet 426 Studienplätzen.
Gegen die festgesetzte Ausbildungskapazität von 433 Studienplätzen bestehen daher keine Bedenken.
Der Antrag auf vorläufige Zulassung zum ersten Fachsemester des Studiengangs Humanmedizin, Zweiter Studienabschnitt, außerhalb der festgesetzten Kapazität war daher abzulehnen.
7. Da die für das Wintersemester 2020/21 festgesetzte Kapazität von 217 Studienplätzen mit einer Belegung von 362 im regulären Vergabeverfahren zugelassenen und immatrikulierten Studierenden weit überbucht wurde, bleibt auch ein etwaiger Antrag auf Zulassung innerhalb der festgesetzten Kapazität ohne Erfolg.
8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG, wobei eine etwaig ergänzend beantragte innerkapazitäre Zulassung nach der ständigen Spruchpraxis des erkennenden Gerichts den Streitwert unverändert lässt, da es sich jedenfalls wirtschaftlich gesehen um ein- und denselben Streitgegenstand, nämlich die vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin, Zweiter Studienabschnitt, im Wintersemester 2020/21, handelt.


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