Verwaltungsrecht

Erfolgloser Antrag auf Zulassung der Berufung mangels grundsätzlicher Bedeutung (Asyl – Sierra Leone)

Aktenzeichen  9 ZB 19.33309

Datum:
24.9.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 27568
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3

 

Leitsatz

Wendet sich der Kläger im Gewand einer Grundsatzrüge gegen die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, wird damit kein in § 78 Abs. 3 AsylG genannter Zulassungsgrund dargetan. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 30 K 17.44216 2019-03-28 VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der von den Klägern geltend gemachte Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) liegt nicht vor.
Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird (vgl. BayVGH, B.v. 17.4.2019 – 9 ZB 19.30847 – juris Rn. 3 m.w.N.). Dem wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.
1. Hinsichtlich der von den Klägern als grundsätzlich klärungsbedürftig angesehenen Frage, „ob einer alleinstehenden Frau mit einem minderjährigen Kind bei einer Rückkehr nach Sierra Leone im gesamten Staatsgebiet keine geeignete und zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung steht, auch nicht in den großen Städten des Landes“, fehlt es schon an der nachvollziehbaren Darlegung der Entscheidungserheblichkeit. Das Verwaltungsgericht hat die Angaben der Klägerin zu 1 zu ihrer Ausreise aus Sierra Leone, die wegen einer Verfolgung durch die eigene Familie erfolgt sei, nachdem sie sich einer Zwangsheirat entzogen habe, schon nicht geglaubt. Es hat auch für den Fall der Wahrunterstellung der Zwangsverheiratung und des Widerstands der Klägerin zu 1 hiergegen keine fortbestehende Bedrohungssituation angenommen, weil sie nach ihrem eigenen Vorbringen noch mehrere Jahre in Sierra Leone, unter anderem in der Stadt ihres vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts, gelebt habe, ohne dass es zu Übergriffen von Seiten des angedachten Ehemannes oder der Familie gekommen sei. Nach den Angaben der Klägerin zu 1 habe sich auch die von ihrer Mutter eingeschaltete Polizei nicht in die Familienangelegenheit einmischen wollen. Ausgereist sei die Klägerin erst im Jahr 2015 im Zusammenhang mit einem geplanten Auftritt ihrer Tanz- und Gesangsgruppe. Das Verwaltungsgericht hat schließlich ergänzend, selbst für den Fall, dass die Angaben der Klägerin zu 1 und ihre Befürchtungen hinsichtlich einer Gefährdung durch ihre Familie zutreffen würden, was allerdings nicht erkennbar sei, eine inländische Fluchtalternative als möglich und zumutbar angesehen. Auf die Beantwortung der als grundsätzlich klärungsbedürftig aufgeworfenen Frage kommt es nach alledem für das Ergebnis der Entscheidung nicht an.
Darüber hinaus wäre auch die grundsätzliche Klärungsbedürftigkeit nicht ausreichend dargelegt. Das Verwaltungsgericht hat sich bei seiner Entscheidung, auch zu der Frage der Stellung von Frauen und Mädchen in Sierra Leone, auf eingeführte Erkenntnismittel gestützt. Die Kläger legen aber nicht anhand überprüfbarer Hinweise auf vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte Tatsachen- und Erkenntnisquellen dar, warum die aufgeworfene Frage im Berufungsverfahren zu einer vom angefochtenen Urteil abweichenden Entscheidung führen könnte. Sie wenden sich letztlich im Gewand einer Grundsatzrüge gegen die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Damit wird jedoch kein in § 78 Abs. 3 AsylG genannter Zulassungsgrund dargetan (vgl. BayVGH, B.v. 1.8.2019 – 9 ZB 19.32756 – juris Rn. 4).
2. Soweit die Kläger auch im Hinblick darauf, dass das Verwaltungsgericht Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG verneint hat, eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend machen, ist schon keine Frage formuliert, die auf ihre Entscheidungserheblichkeit und ihre grundsätzliche Klärungsbedürftigkeit untersucht werden könnte. Selbst wenn dem diesbezüglichen Zulassungsvorbringen, das Verwaltungsgericht verkenne, dass die Kläger aufgrund der „ausgebrachten Verfolgungsmaßnahmen“ der Familie gezwungen wären, ständig Maßnahmen zu ergreifen, um nicht entdeckt zu werden und sie dies an der Sicherstellung ihres Lebensunterhalts hindern würde, sowie dass es außerdem nicht darauf eingehe, dass alleinstehende muslimische Frauen mit unehelichen Kindern von radikalen Moslems verfolgt werden, eine grundsätzliche Fragestellung zu entnehmen wäre, würde es an der ausreichenden Darlegung sowohl der Entscheidungserheblichkeit als auch der grundsätzlichen Klärungsbedürftigkeit fehlen. Auf die unter 1. angeführten Gründe kann hierzu verwiesen werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Mit der nach § 80 AsylG unanfechtbaren Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


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