Verwaltungsrecht

Erfolgloser Antrag auf Zulassung der Berufung – Namensänderung des Kindes nach Trennung der Eltern

Aktenzeichen  5 ZB 18.408

Datum:
11.3.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 6047
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 1618
NamÄndG § 3
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

1. Das Namensrecht wird vorrangig durch die Vorschriften des Familienrechts geregelt, an dessen allgemeine Vorgaben das öffentlich-rechtliche Namensrecht gebunden ist. Die öffentlich-rechtliche Namensänderung dient lediglich dazu, individuellen Unzuträglichkeiten der Namensführung in Ausnahmefällen Rechnung zu tragen, nicht aber dazu, die gesetzlichen Wertungen des bürgerlich-rechtlichen Namensrechts zu revidieren. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Einbenennung eines Kindes durch einen Elternteil und dessen neuen Ehegatten, von dem das Kind nicht abstammt, ist durch § 1618 BGB abschließend geregelt. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 14 K 14.1152 2018-01-02 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin trägt den Geburtsnamen B. und führt seit ihrer Eheschließung den Familiennamen S. Sie wendet sich gegen die Änderung des Familiennamens ihrer leiblichen Tochter, der Beigeladenen. Diese lebt im Haushalt des allein sorgeberechtigten Vaters, dessen Ehefrau und dem gemeinsamen Kind, die den Familiennamen R. führen. Mit Bescheid vom 17. Juni 2014 änderte die Beklagte antragsgemäß im Wege der öffentlich-rechtlichen Namensänderung den Familiennamen der Beigeladenen von B. in R. Hiergegen erhob die Klägerin Anfechtungsklage. Während des erstinstanzlichen Verfahrens erfolgte die Einbenennung der Beigeladenen in den Namen R. nach § 1618 BGB, die ausweislich der Bescheinigung des Standesamts der Beklagten am 6. Juli 2015 wirksam wurde. Unter Bezugnahme auf diese Einbenennung und die daraus resultierende Gegenstandslosigkeit der öffentlich-rechtlichen Namensänderung erklärte die Beklagte das verwaltungsgerichtliche Verfahren für erledigt. Die Klägerin stimmte der Erledigungserklärung nicht zu.
Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 2. Januar 2018 ab. Die Klage sei zulässig, aber unbegründet, weil für die Namensänderung unter Berücksichtigung der Interessen der Beteiligten und insbesondere des Kindeswohls ein wichtiger Grund im Sinn von § 3 NamÄndG bestanden habe. Gegen das Urteil richtet sich der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung, dem die Beklagte entgegentritt.
II.
1. Der allein auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils ernstliche Zweifel im Sinn dieser Norm bestehen (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Dies setzt voraus, dass mit dem Zulassungsantrag ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243/1244 m.w.N.).
Die Klägerin trägt zur Begründung ihres Zulassungsantrags vor, die Beklagte habe zwar die richtigen Voraussetzungen für die Beurteilung des Namensänderungsbegehrens zugrunde gelegt, diese jedoch fehlerhaft angewendet. Es sei missachtet worden, dass das Namensrecht durch die Vorschriften des bürgerlichen Rechts umfassend geregelt werde und dass die öffentlich-rechtliche Namensänderung Ausnahmecharakter habe. Der Name wäre vorrangig über das bürgerliche Recht und nicht öffentlich-rechtlich zu ändern gewesen. Ein wichtiger Grund für die Änderung liege nicht vor. Weder das öffentliche Interesse an der Beibehaltung des überkommenen Namens noch das Interesse der Klägerin als des nicht sorgeberechtigten Elternteils sei ausreichend berücksichtigt worden. Es hätte einer persönlichen Anhörung der Beigeladenen bedurft sowie der Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Klärung der Frage, ob die Namensänderung zum Wohl des Kindes erforderlich sei.
a) Dieses Vorbringen kann nicht zur Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel führen. Die erstinstanzliche Klageabweisung ist im Ergebnis zu Recht erfolgt, weil die Anfechtungsklage unzulässig (geworden) ist und eine Rechtsverletzung der Klägerin unter keinem Gesichtspunkt in Betracht kommt. Wie die Zulassungsbegründung selbst betont, wird das Namensrecht vorrangig durch die Vorschriften des Familienrechts geregelt, an dessen allgemeine Vorgaben das öffentlich-rechtliche Namensrecht gebunden ist. Die öffentlich-rechtliche Namensänderung dient lediglich dazu, individuellen Unzuträglichkeiten der Namensführung in Ausnahmefällen Rechnung zu tragen, nicht aber dazu, die gesetzlichen Wertungen des bürgerlich-rechtlichen Namensrechts zu revidieren (vgl. nur BayVGH, U.v. 22.6.2016 – 5 BV 15.1819 – StAZ 2017, 113 = juris Rn. 16). Die Einbenennung eines Kindes durch einen Elternteil und dessen neuen Ehegatten, von dem das Kind nicht abstammt, ist durch § 1618 BGB abschließend geregelt, so dass grundsätzlich kein Bedarf für eine öffentlich-rechtliche Namensänderung zur Erzielung dieses Ergebnisses oder zur Korrektur der Regelung des § 1618 BGB besteht (vgl. OVG NW, U.v. 23.4.1999 – 10 A 5687/98 – FamRZ 2000, 698 f.; BayVGH, B.v. 1.8.2014 – 5 ZB 14.811 – FamRZ 2015, 334 = juris Rn. 11; v. Sachsen Gessaphe in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, § 1618 BGB Rn. 36).
Hieran gemessen hätte von Anfang an der Weg über eine bürgerlich-rechtliche Einbenennung der Beigeladenen und nicht über die im Jahr 2014 unternommene öffentlich-rechtliche Namensänderung beschritten werden müssen. Auf diesen Fehler kommt es aber im Ergebnis nicht an. Wie sich aus den Akten ergibt und von der Klägerseite nicht in Zweifel gezogen wird, trägt die Beigeladene seit und infolge der im Jahr 2015 durchgeführten bürgerlich-rechtlichen Einbenennung den Familiennamen R. Die Einbenennung konnte nach § 1618 Satz 3 BGB ohne Einwilligung der Klägerin erfolgen, weil diese weder sorgeberechtigt war noch die Beigeladene ihren Namen führte. Durch die bürgerlich-rechtliche Einbenennung von B. in R. wurde genau das Ergebnis erzielt, das durch die vorherige, nicht bestandskräftige öffentlich-rechtliche Namensänderung hätte herbeigeführt werden sollen. Die öffentlich-rechtliche Namensänderung ist somit infolge der Einbenennung nach § 1618 BGB überholt bzw. gegenstandslos, die Klage mithin unzulässig (geworden). Die Klägerin hat daraus im Anfechtungsrechtsstreit keine prozessualen Konsequenzen gezogen. Insbesondere hat sie weder den Rechtsstreit für erledigt erklärt noch die Klage auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO umgestellt. Ihr Klageziel, dass die Beigeladene wieder den Namen B. erhält, kann die Klägerin im hiesigen Verfahren nicht (mehr) erreichen. Auf die Frage des Vorliegens eines wichtigen Grundes nach § 3 Abs. 1 NamÄndG für die öffentlich-rechtliche Namensänderung kommt es nach alledem nicht mehr an.
b) Soweit die Klägerin unter Bezugnahme auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel rügt, es hätte der Einholung eines Sachverständigengutachtens sowie einer Anhörung der Beigeladenen bedurft, macht sie das Vorliegen eines Verfahrensmangels gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO geltend. Ein solcher ist jedoch nicht ordnungsgemäß im Sinn des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt und im Übrigen nicht gegeben. Angesichts des geschilderten Verfahrensablaufs war für die von der Klägerin befürworteten Beweiserhebungen kein Raum (mehr). Im Übrigen hat die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 101 Abs. 2 VwGO verzichtet und sich damit auch der Möglichkeit zur Stellung von Beweisanträgen nach § 86 Abs. 2 VwGO begeben.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG und Nr. 28.1 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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