Verwaltungsrecht

Erfolgloser Asylfolgeantrag eines mazedonischen Staatsangehörigen

Aktenzeichen  M 24 K 16.31832

Datum:
8.3.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 152544
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7
AsylG § 26, § 29, § 71
VwVfG § 46, § 51

 

Leitsatz

1 Nach dem Inkrafttreten des Integrationsgesetzes zum 31. Juli 2016 stellt sich die Ablehnung der Durchführung eines Asylfolgeverfahrens der Sache nach als eine Entscheidung über die Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG dar. (Rn. 24) (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Seit den Parlamentswahlen im Dezember 2016 in Mazedonien, bei der die Parteien VMRO und SDSM einen annähernd gleichen Stimmenanteil errungen haben, hat sich die Situation der Anhänger der Oppositionspartei SDSM eher verbessert. (Rn. 28) (red. LS Clemens Kurzidem)
3 Die fehlende Begründung eines Verwaltungsaktes ist ein vom Anwendungsbereich des § 46 VwVfG erfasster Verfahrensfehler, der nicht zur Nichtigkeit des Bescheides nach § 44 VwVfG führt. (Rn. 32) (red. LS Clemens Kurzidem)
4 Hat das Bundesamt im ersten Asylverfahren unanfechtbar festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 AufenthG nicht bestehen, so ist die erneute Befassung mit § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG erst dann zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen (BVerwG BeckRS 2000, 30102578). Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, hat das Bundesamt nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob die bestandskräftige Entscheidung zurückgenommen oder widerrufen wird; insoweit besteht ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung. (Rn. 34) (red. LS Clemens Kurzidem)
5 Die für das Familienasyl bzw. den internationalen Schutz von Familienangehörigen geltende Vorschrift des § 26 AsylG findet beim Vorliegen eines nationalen Abschiebungshindernisses keine Anwendung. (Rn. 37) (red. LS Clemens Kurzidem)

Tenor

I. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

1. Das Gericht konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Februar 2017 entscheiden, obwohl von Seiten der Beklagten niemand zur mündlichen Verhandlung erschienen war. Denn in dem Ladungsschreiben vom 17. Januar 2017, das der Beklagten am 20. Januar 2017 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt wurde, war _ unter Bezugnahme auf das ursprüngliche Ladungsschreiben vom 8. Dezember 2016 _ darauf hingewiesen worden, dass bei Nichterscheinen eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO). Die beteiligte Regierung von Oberbayern als Vertreter des öffentlichen Interesses hat in den generellen Beteiligungserklärungen vom 11. und 18. Mai 2015 lediglich um Übersendung der Letzt- bzw. Endentscheidung gebeten und damit unter anderem auch auf Ladung zur mündlichen Verhandlung verzichtet.
2. Das Verwaltungsgericht München ist zur Entscheidung über die Klage örtlich zuständig (§ 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO). Aufgrund des Kammerbeschlusses vom 10. Oktober 2016 ist der Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung über die Klage berufen (§ 76 Abs. 1 AsylG).
3. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vom 23. Februar 2017 die erhobene Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 23. Januar 2015 und die Verpflichtungsklage auf Asylanerkennung im Hinblick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Dezember 2016 (BVerwG, U.v. 14.12.2016 _ 1 C 4.16 _ juris) zurückgenommen. Insoweit war das Verfahren einzustellen (§ 92 Abs. 3 VwGO).
4. Die Klage ist, soweit sie noch anhängig ist, zulässig, und zwar als Anfechtungsklage hinsichtlich der Entscheidung des Bundesamtes, kein weiteres Asylverfahren durchzuführen, verbunden mit der hilfsweise erhobenen Verpflichtungsklage im Hinblick auf die abgelehnte Abänderung des Bescheides vom 23. Januar 2015 bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 14.12.2016 _ 1 C 4.16 _ juris, Rn. 15-20).
5. Die Klage ist jedoch unbegründet und war daher abzuweisen. Der Bescheid der Beklagten vom 4. Juli 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 VwGO).
5.1. Das Bundesamt hat zu Recht den Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens abgelehnt, was sich nach Inkrafttreten des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016 der Sache nach als eine Entscheidung über die Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG darstellt. Nach dieser Vorschrift ist ein Asylantrag unzulässig, wenn u.a. im Falle eines Folgeantrags nach § 71 AsylG ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.
§ 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG bestimmt unter anderem, dass im Falle eines Folgeantrags nach unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asyl(erst) antrages ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen ist, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis Abs. 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) vorliegen. Gemäß § 51 Abs. 1 VwVfG hat die Behörde auf Antrag über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn sich die Sach- und Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat (Nr. 1) oder neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden (Nr. 2) oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO gegeben sind. § 71 Abs. 3 Satz 1 AsylG verpflichtet den Ausländer zu Angaben über seine Anschrift sowie zu Tatsachen und Beweismitteln, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis Abs. 3 VwVfG ergibt. Nach § 51 Abs. 3 VwVfG muss der Wiederaufgreifensantrag binnen drei Monate ab Kenntniserlangung gestellt werden.
Der Vortrag des Klägers enthält keine Angaben, die darauf schließen lassen, dass die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 und 3 AsylG, § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG gegeben sind. Wie das Bundesamt in seinem Bescheid vom 4. Juli 2016 zutreffend ausgeführt hat, ist ein schlüssiger und objektiv geeigneter Sachvortrag erforderlich, um das Vorliegen der Wiederaufgreifensvoraussetzungen nach § 51 Abs. 1 VwVfG zu bejahen. Soweit das Gesetz verlangt, dass eine Änderung zugunsten des Betroffenen vorliegt, beinhaltet dies zwar nicht die zusätzliche Voraussetzung, dass auch die neue Entscheidung zugunsten des Betroffenen ergehen muss. Ausreichend, aber auch erforderlich ist vielmehr, dass die Änderung der Sachlage geeignet ist, sich möglicherweise zu Gunsten des Betroffenen auszuwirken.
Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Der Kläger, der am … September 2016 volljährig wurde, begründete seine Asylanträge im Wesentlichen damit, dass aufgrund der politischen Einstellung und Tätigkeiten seines Vaters für ihn in Mazedonien eine erhebliche Gefahr bestehe. Das Vorbringen des Klägers im vorangegangenen Asylverfahren, dass sein Vater seit … April 2014 Probleme aufgrund von Schlägereien habe, oft verhaftet und seine Familie von der Polizei zusammengeschlagen worden sei, hat nicht zum Erfolg seines Asylantrages geführt. Für das Gericht ist nicht ersichtlich, inwiefern der Vortrag, dass ein Onkel des Vaters des Klägers niedergeschlagen worden und anschließend gestorben sei und dass seine Großmutter ebenfalls geschlagen, angespuckt und deren Rock angezündet worden sei, sich auch nur möglicherweise zugunsten des Klägers auswirken könnte. Im Übrigen hat der Kläger auch nicht einmal ansatzweise vorgetragen, dass er von diesen Vorfällen erst drei Monate vor der erneuten Asylantragstellung am … September 2015 erfahren hätte. Gegenüber dem Bundesamt trug der Kläger im Rahmen der Asylantragstellung am … September 2015 vor, dass sich der Vorfall mit dem Onkel seines Vaters Ende Februar 2015 zugetragen hätte. In der mündlichen Verhandlung am 23. Februar 2017 konnte der Vater des Klägers diese Vorfälle zeitlich überhaupt nicht einordnen. Der Angriff auf dessen Mutter habe eine Woche nach dem Tod des Onkels stattgefunden; wann sein Onkel niedergeschlagen worden und gestorben sei, wisse er nicht mehr. Die Großeltern des Klägers sind zudem zwischenzeitlich wieder nach Mazedonien zurückgekehrt. Der Kläger selbst hat sich in der mündlichen Verhandlung vom 23. Februar 2017 zu seinen Asylgründen nicht geäußert.
Auch aus den im Klageverfahren zahlreich vorgelegten Unterlagen, insbesondere den Presseartikeln, lassen sich keine Aussagen zur Verfolgungssituation des Klägers entnehmen, die zu einer günstigeren Entscheidung für den Kläger führen könnten. Vielmehr dürfte sich nach der letzten Wahl, bei der die Parteien VMRO und SDSM einen annähernd gleichen Stimmenanteil errungen haben, die Stellung der Anhänger der SDSM eher verbessert haben. Im Übrigen war und ist der Kläger nicht Mitglied der Oppositionspartei SDSM und hat sich auch selbst nicht politisch betätigt.
Soweit vom Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung auf den aktuellsten Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 2. Dezember 2016 Bezug genommen wurde, in dem in der Zusammenfassung ausgeführt wird, dass „Andersdenkende und Kritiker der Machteliten mit Drohungen und Einschüchterungen bis hin zu körperlicher Gewalt rechnen müssen, die sich nicht nur gegen ihre eigene Person richten, sondern auch gegen Familienangehörige, wobei vor Kindern nicht halt gemacht wird“, beinhaltet dies keine Änderung der Sachlage, die geeignet ist, sich möglicherweise zu Gunsten des Klägers auszuwirken. Das Bundesamt hat den ersten Asylfolgeantrag des Klägers im Bescheid vom 23. Januar 2015 als offensichtlich unbegründet u.a. mit der Begründung abgelehnt, dass die Gewährung internationalen Schutzes voraussetzt, dass der Einzelne einer gezielten und damit individuellen Rechtsgutverletzung ausgesetzt ist. Der bloße Verweis auf gegen andere Personen gerichtete Verfolgungsmaßnahmen, die sich in einer dem Schutzsuchenden vergleichbaren Situation befunden haben sollen, genügt daher für die Annahme einer eigenen Schutzbedürftigkeit regelmäßig nicht. Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass sein Vater oft verhaftet worden sei, führe dies nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Vor diesem Hintergrund stellen die _ oben zitierten _ Ausführungen in der Zusammenfassung des Lageberichts des Auswärtigen Amtes vom 2. Dezember 2016 keine neue Sachlage für den Kläger dar, die geeignet ist, sich möglicherweise zu Gunsten des Klägers auszuwirken. Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass _ unabhängig von der zitierten Passage in der Zusammenfassung des Lageberichts vom 2. Dezember 2016 _ in diesem Lagebericht weiterhin (unter und II. 1.1. auf Seite 7) ausgeführt ist, dass eine staatlich gezielte Repression gegen Minderheiten oder Andersdenkende in Mazedonien nicht stattfindet und die Betätigungsmöglichkeiten der politischen Opposition nicht eingeschränkt sind.
Auch stellen die vorgelegten Presseartikel und der Lagebericht vom 2. Dezember 2016 keine neuen Beweismittel i.S.v. § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG dar, die eine dem Betroffenen (möglicherweise) günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden. Denn aus diesen lassen sich _ wie oben bereits zur neuen Sachlage ausgeführt _ keine konkreten Aussagen zur Verfolgungssituation des Klägers entnehmen. Welche beweisbedürftigen Tatsachen, die im vorangegangenen Asylverfahren nicht zu einer Asylanerkennung des Klägers geführt haben, nunmehr durch diese Dokumente belegt sein sollen, ist für das Gericht nicht ersichtlich. Auch die Einbeziehung dieser Dokumente ändert nichts daran, dass sich das Vorbringen des Klägers zur Begründung des Asylfolgeantrags nicht auf sein Verfolgungsschicksal, sondern auf Vorfälle, die sich gegenüber dem Onkel seines Vaters und seine Großeltern zugetragen haben, beziehen.
Einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens kann der Kläger daraus nicht ableiten. Es fehlt somit an einem glaubhaften Vortrag des Klägers, dass Gründe für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens im Hinblick auf seine Anerkennung als Asylberechtigter oder auf Zuerkennung internationalen Schutzes vorliegen.
Dass das Bundesamt in der Begründung seines Bescheides vom 4. Juli 2016 das Vorliegen von Wiederaufgreifensgründen nicht explizit im Rahmen der Asylanerkennung oder der Zuerkennung internationalen Schutzes, sondern im Rahmen der erneuten Befassung mit § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG erörtert hat, führt zu keinem andern Ergebnis. Denn selbst wenn man darin einen Fehlen der Begründung i.S.v. § 39 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 VwVfG sehen wollte, würde sich dies nicht auf den Bestand des streitgegenständlichen Bescheides vom 4. Juli 2016 auswirken. Nach § 46 VwVfG kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 VwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die fehlende Begründung eines Verwaltungsaktes ist ein vom Anwendungsbereich des § 46 VwVfG erfasster Verfahrensfehler (Kopp/Ramsauer, Kommentar zum VwVfG, § 46, Rn. 17), der nicht zur Nichtigkeit des Bescheides nach § 44 VwVfG geführt hat. Auch hätte in der Sache keine andere Entscheidung ergehen können, weil, wie oben ausgeführt wurde, die Ablehnung der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens rechtmäßig ist, da keine Wiederaufgreifensgründe vorliegen. Einer entsprechenden Ermessensbetätigung des Beklagten bedurfte es hierfür nicht (vgl. BVerwG, U.v. 17.09.1987 – 5 C 26/84 _ juris Rn. 26 und BVerwG, U.v.21.04.1982 _ 8 C 57/80 _ juris Rn. 12 m.w.N). Im Übrigen hat das Bundesamt das Vorliegen von Wiederaufgreifensgründen nach § 51 Abs. 1 VwVfG geprüft, wenn auch nur explizit im Rahmen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG.
5.2. Auch im Hinblick auf die Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG hat die insoweit hilfsweise erhobene Klage keinen Erfolg.
Hat das Bundesamt im ersten Asylverfahren unanfechtbar festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht bestehen, so ist eine erneute Befassung mit § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG erst dann zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen (vgl. BVerwG, U.v. 21.03.2000 _ 9 C 41/99 _ juris Rn. 9; BVerwG, B. v. 15.01.2001 _ 9 B 475.00 _ juris Rn. 5). Sind die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht erfüllt, hat das Bundesamt nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob die bestandskräftige Entscheidung zurückgenommen oder widerrufen wird; insoweit besteht ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung (BVerwG vom 15.01.2001, a.a.O, Rn. 5).
Auch in Bezug auf § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG ist das Bundesamt in seinem Bescheid vom 4. Juli 2016 zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß § 51 VwVfG i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG nicht gegeben sind. Eine maßgebliche Änderung oder Verschlechterung der Verhältnisse im Heimatland gegenüber dem vorherigen Asylfolgeantrag ist nicht ersichtlich.
Das Bundesamt lehnte es auch ermessensfehlerfrei (§ 114 VwGO) ab, die bestandskräftige frühere Entscheidung über das Nichtvorliegen von Abschiebungsverboten zurückzunehmen oder zu widerrufen (vgl. § 51 Abs. 5 i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG). Gründe, die unabhängig von den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG eine Abänderung der bisherigen Entscheidung zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG erfordern würden, wurden weder geltend gemacht noch sind sie sonst ersichtlich.
Insbesondere kann der Kläger daraus, dass das Bundesamt das Vorliegen der Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG für seine Mutter festgestellt hat, kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG für sich selbst ableiten. Die für das Familienasyl bzw. den internationalen Schutz für Familienangehörige geltende Vorschrift des § 26 AsylG findet beim Vorliegen eines nationalen Abschiebungshindernisses bei einem Familienangehörigen gerade keine Anwendung. Unabhängig davon wird die Ausländerbehörde im Hinblick darauf, dass die Mutter des Klägers im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, zu prüfen haben, ob die Abschiebung des mittlerweile volljährigen Klägers gemessen an Art. 6 Grundgesetz und Art. 8 Europäische Menschenrechtskonvention auszusetzen ist.
6. Soweit in Ziffer 3 des Bescheides des Bundesamtes vom 4. Juli 2016 das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 36 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet wurde, hat der Bevollmächtigte der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 23. Februar 2017 insbesondere durch den Klageantrag klargestellt, dass sich die erhobene Klage nicht auf diesen Teil des Bescheides bezieht. Anderenfalls wäre dieser Teil des Bescheides vom 4. Juli 2016 durch das Gericht aufzuheben gewesen, da das Bundesamt nach § 75 Nr. 12 i.V.m. § 104 Abs. 12 AufenthG für diese Befristungsentscheidung nicht zuständig war, da die Abschiebungsandrohung im Bescheid vom 23. Mai 2015 vor dem 1. August 2015 erlassen wurde.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
8. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff der Zivilprozessordnung (ZPO).


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