Verwaltungsrecht

Erfolgloser auf grundsätzliche Bedeutung gestützter Berufungszulassungsantrag eines Flüchtlings aus Sierra Leone

Aktenzeichen  9 ZB 18.32917

Datum:
15.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 3478
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 1
EMRK Art. 3

 

Leitsatz

Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des VG von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 4 K 18.31168 2018-10-05 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG).
Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird (BayVGH, B.v. 22.1.2019 – 9 ZB 18.31719 – juris Rn. 2 m.w.N.). Dem wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.
Hinsichtlich der aufgeworfenen Frage, ob aufgrund der schlechten humanitären Bedingungen in Sierra Leone die Rahmenbedingungen eine Gefahrenlage begründen, die zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK führen kann, fehlt es an der Darlegung der grundsätzlichen Klärungsbedürftigkeit. Das Verwaltungsgericht hat im Wege der nach § 77 Abs. 2 AsylG zulässigen Bezugnahme auf den angefochtenen Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) auf die schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen in Sierra Leone abgestellt und ist davon ausgegangen, dass der Kläger als gesunder und arbeitsfähiger junger Mann in der Lage sein wird, sich im Fall seiner Rückkehr nach Sierra Leone eine bescheidene Existenz aufzubauen. Abgesehen davon, dass das Zulassungsvorbringen dem nicht substantiiert entgegentritt, setzt es sich nicht mit den eingeführten Erkenntnismitteln auseinander und legt auch nicht anhand überprüfbarer Hinweise auf vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte Tatsachen- und Erkenntnisquellen (z.B. Gutachten, Auskünfte, Presseberichte, andere Gerichtsentscheidungen) dar, warum die aufgeworfene Frage im Berufungsverfahren zu einer vom angefochtenen Urteil abweichenden Entscheidung führen könnte (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2018 – 9 ZB 18.32733 – juris Rn. 13). Der Kläger wendet sich vielmehr im Gewand einer Grundsatzrüge gegen die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Damit wird kein in § 78 Abs. 3 AsylG genannter Zulassungsgrund geltend gemacht (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2018 a.a.O. Rn. 14).
Dies gilt auch in Bezug auf das Zulassungsvorbringen, es fehle die erforderliche Auseinandersetzung mit den in Sierra Leone verbreiteten Geheimbünden und deren Gefährlichkeit. Der Hinweis auf einen im Jahr 2012 herausgegebenen Reiseführer und mehrere deutlich ältere Quellen genügt nicht, um eine gewisse Wahrscheinlichkeit aufzuzeigen, dass sich hieraus ein Abschiebungsverbot für den Kläger ergibt. Darüber hinaus bleibt trotz der umfangreichen Ausführungen unbeantwortet, wieso die Existenz von Geheimbünden in Sierra Leone im Zusammenhang mit der Beurteilung der dortigen humanitären Bedingungen eine Rolle spielen soll und überhaupt entscheidungserheblich sein kann. Solcher Angaben hätte es jedoch bedurft, nachdem das Verwaltungsgericht dem Kläger die Gefährdung durch einen Geheimbund nicht geglaubt hat. Nur entscheidungserhebliche Fragen können eine grundsätzliche Bedeutung begründen (vgl. BayVGH, B.v. 26.9.2018 – 9 ZB 18.32071 – juris Rn. 8).
Soweit der Kläger noch die medizinische Versorgungslage in Sierra Leone anführt, ist ebenfalls nicht nachvollziehbar dargetan, wie diese die Entscheidungserheblichkeit der als grundsätzlich klärungsbedürftig aufgeworfenen Frage begründen könnte. Das Verwaltungsgericht hat für den Kläger gerade keine Erkrankungen festgestellt, die zu einem Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen könnten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Mit dieser gemäß § 80 AsylG unanfechtbaren Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


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