Verwaltungsrecht

Erfolgloser Berufungszulassungsantrag gegen rückständige Rundfunkgebühren

Aktenzeichen  7 ZB 17.756

Datum:
6.12.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 137004
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RGebStV § 2 Abs. 2, § 3 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 4, Nr. 9, § 4 Abs. 4
BGB § 195, § 199 Abs. 1, § 242

 

Leitsatz

1 § 3 Abs. 2 Nr. 4 RGebStV verlangt im Falle eines Umzuges, dass die Adresse der Wohnung, in der die Rundfunkgeräte in Zukunft bereitgehalten werden, mitgeteilt wird. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein Umzug führt nicht zwingend dazu, dass Rundfunkgeräte nicht mehr iSd § 1 Abs. 2 S. 2 RGebStV zum Empfang bereitgehalten werden. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
3 Wird die neue Wohnadresse pflichtwidrig nicht mitgeteilt mit der Folge, dass deshalb die Rundfunkgebühren nicht innerhalb der Verjährungsfrist erhoben werden konnten, steht der Einrede der Verjährung der Einwand unzulässiger Rechtsausübung (§ 242 BGB) entgegen. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 6 K 16.358 2017-02-02 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 1.191,72 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger wendet sich gegen den Bescheid des Beklagten vom 1. Februar 2016, mit dem für den Zeitraum vom 1. Juni 2007 bis 31. Dezember 2012 rückständige Rundfunkgebühren sowie ein Säumniszuschlag in Höhe von insgesamt 1.191,72 Euro festgesetzt werden. Er trägt zur Begründung im Wesentlichen vor, Rundfunkgebühren für seine ehemalige Wohnung in Erlangen könnten nicht rückwirkend verlangt werden, weil er sich ordnungsgemäß mit Schreiben vom 30. Juni 2006 unter Hinweis auf die Beendigung seines Mietverhältnisses zum 31. August 2006 abgemeldet habe. Außerdem habe er die Einrede der Verjährung erhoben und der Bescheid sei schon deswegen rechtswidrig.
Das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach hat mit dem hier angegriffenen Urteil vom 2. Februar 2017 die Klage abgewiesen. Nach § 4 Abs. 2 des bis 31. Dezember 2012 gültigen Rundfunkgebührenstaatsvertrags (RGebStV) ende die Rundfunkgebührenpflicht nicht vor Ablauf des Monats, in dem der Landesrundfunkanstalt gemäß § 3 RGebStV angezeigt werde, dass kein Rundfunkempfangsgerät mehr zum Empfang bereitgehalten werde. Eine wirksame Abmeldung des Klägers nach dessen Auszug aus der Wohnung in Erlangen im Jahr 2006 sei jedoch bis Dezember 2012 nicht erfolgt. Der Kläger habe in seinem „Kündigungsschreiben“ vom 30. Juni 2006, das (erst) mit der Klagebegründung in Kopie vorgelegt worden sei, weder seine neue Adresse angegeben (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 RGebStV) noch Angaben über den Verbleib der bisher bereitgehaltenen Empfangsgeräte gemacht (§ 3 Abs. 2 Nr. 9 RGebStV). Dahingestellt bleiben könne infolgedessen, ob die Mutter des Klägers dieses Schreiben tatsächlich – wie vom Kläger vorgetragen – am 1. Juli 2006 in den Briefkasten des Beklagten in Köln eingeworfen habe. Auf die Einrede der Verjährung könne sich der Kläger nicht berufen, weil die dreijährige Verjährungsfrist (§ 4 Abs. 4 RGebStV i.V.m. § 195 BGB) erst zum Schluss des Jahres 2014 begonnen habe, in dem der Beklagte Kenntnis von der neuen Adresse des Klägers erlangt habe (§ 4 Abs. 4 RGebStV i.V.m. § 199 Abs. 1 BGB), und deshalb zum Zeitpunkt des Erlasses des Festsetzungsbescheids am 1. Februar 2016 noch nicht abgelaufen gewesen sei. Abgesehen davon stehe der Einrede der Verjährung der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen, weil der Kläger es pflichtwidrig unterlassen habe, dem Beklagten seine neue Wohnadresse mitzuteilen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils verwiesen.
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung macht der Kläger geltend, an der Richtigkeit des Urteils bestünden ernstliche Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Rechtssache habe zudem grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Das Verwaltungsgericht habe fehlerhaft angenommen, dass der Kläger ihm obliegenden Anzeigepflichten nicht nachgekommen sei. Der Kläger habe die zum damaligen Zeitpunkt gültige Meldeadresse gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 4 RGebStV mitgeteilt. Die Bekanntgabe der künftigen Anschrift verlange diese Norm ausdrücklich nicht. Der Einwand unzulässiger Rechtsausübung erübrige sich damit. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts habe der Kläger in seinem Kündigungsschreiben vom 30. Juni 2006 zum Ausdruck gebracht, dass er wegen der Aufgabe der Wohnung keine Rundfunkgeräte mehr bereithalte. Ein Nachweis nach § 3 Abs. 2 RGebStV sei vom Beklagten nicht verlangt worden. Das Verwaltungsgericht Ansbach nehme trotz eines anderweitigen Wortlauts von § 3 Abs. 2 Nr. 4 RGebStV an, dass jeder Wohnungswechsel vom Rundfunkgebührenschuldner anzuzeigen sei. Über diese zu klärende Rechtsfrage sei eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs erforderlich. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Bevollmächtigten des Klägers vom 8. Mai 2017 Bezug genommen.
Der Beklagte äußerte sich im Zulassungsverfahren nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
1. An der Richtigkeit des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts bestehen keine ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat überzeugend ausgeführt, dass der Festsetzungsbescheid des Beklagten vom 1. Februar 2016 rechtmäßig ist. Der Senat folgt den ausführlichen Gründen des Urteils und nimmt hierauf Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend ist im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren zu bemerken:
Der Kläger war im streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Juni 2007 bis 31. Dezember 2012 nach § 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 RGebStV rundfunkgebührenpflichtig. Das Schreiben des Klägers vom 30. Juni 2006 – unterstellt, es wäre dem Beklagten zugegangen – war nicht geeignet, die Rundfunkgebührenpflicht zu beenden (§ 4 Abs. 2 RGebStV). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 RGebStV sind Beginn und Ende des Bereithaltens eines Rundfunkgerätes zum Empfang unverzüglich der Landesrundfunkanstalt anzuzeigen; entsprechendes gilt für einen Wohnungswechsel. Welche Daten mitzuteilen sind, regelt § 3 Abs. 2 RGebStV. Der Argumentation des Klägers, er habe seine damalige Adresse in Erlangen und damit die erforderlichen Daten in seinem Schreiben vom 30. Juni 2006 mitgeteilt, die Angabe seiner zukünftigen Adresse nach dem Umzug sei nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Norm jedoch nicht erforderlich, kann nicht gefolgt werden. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 RGebStV sind bei der Anzeige die „gegenwärtige Anschrift sowie letzte Anschrift, unter der ein Rundfunkempfangsgerät angemeldet wurde“ mitzuteilen. Schon der Wortlaut der Norm spricht dafür, dass im Falle eines Umzugs die Adresse der Wohnung, an der die Rundfunkgeräte bisher angemeldet waren, und die Adresse der Wohnung, in der die Rundfunkgeräte in Zukunft bereitgehalten werden, mitzuteilen sind. Offensichtlich ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass eine entsprechende Anzeige erst nach dem Umzug an eine neue Adresse stattfindet. Anderenfalls wäre die Anordnung, die gegenwärtige Anschrift und die letzte Anschrift mitzuteilen, sinnentleert, da diese in der Regel identisch sein dürften. Sinn und Zweck der Regelung ist vielmehr, eine geordnete Rundfunkgebührenerhebung zu gewährleisten. Hierzu ist nicht nur die Angabe der gegenwärtigen Adresse eines Gebührenschuldners erforderlich, wenn dieser vor einem Umzug die Anzeige an die Landesrundfunkanstalt erstattet, sondern auch die Angabe der künftigen Adresse und damit des Standortes der Rundfunkgeräte (s. auch § 3 Abs. 2 Nr. 7 RGebStV). Das Schreiben des Klägers vom 30. Juni 2006 stellt auch keine wirksame Abmeldung im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 9 RGebStV dar. Ein Umzug führt nicht zwingend dazu, dass Geräte nicht mehr im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 2 RGebStV zum Empfang bereitgehalten werden (vgl. BayVGH, B.v. 17.10.2006 – 7 B 05.2012 – juris Rn. 16). Insgesamt hat der Kläger dem Beklagten pflichtwidrig die erforderlichen Daten nicht vollständig mitgeteilt mit der Folge, dass die Rundfunkgebühren im streitgegenständlichen Zeitraum mangels Kenntnis seiner neuen Wohnadresse nicht erhoben werden konnten. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, steht der durch den Kläger erhobenen Einrede der Verjährung infolgedessen der Einwand unzulässiger Rechtsausübung (§ 242 BGB) entgegen.
2. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), weil die Beantwortung der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfrage sich ohne weiteres aus dem Gesetz ergibt (vgl. oben unter Nr. 1).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren ergibt sich aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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