Verwaltungsrecht

Erfolgloser Berufungszulassungsantrag in asylrechtlicher Angelegenheit

Aktenzeichen  9 ZB 19.33414

Datum:
28.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 30533
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 1
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
EMR Art. 3

 

Leitsatz

Stützt sich das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung auf bestimmte eingeführte Erkenntnismittel, muss die Grundsatzrüge zu einer Tatsachenfrage zumindest einen überprüfbaren Hinweis auf andere Gerichtsentscheidungen oder auf vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte sonstige Tatsachen- oder Erkenntnisquellen enthalten, die den Schluss zulassen, dass die aufgeworfene Frage einer unterschiedlichen Würdigung zugänglich ist und damit einer Klärung im Berufungsverfahren bedarf. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 30 K 17.40541 2019-07-08 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG).
Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird (vgl. BayVGH, B.v. 16.9.2019 – 9 ZB 19.33175 – juris Rn. 2 m.w.N.). Dem wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.
Hinsichtlich der vom Kläger aufgeworfenen Frage, „ob einem Staatsangehörigen von Sierra Leone, der sich gegen einen sierra-leonischen Geheimbund gestellt und deren Haus in Brand gesteckt hat, dazu führt, dass im gesamten Staatsgebiet von Sierra Leone bei einer Rückkehr dorthin keine geeignete und zumutbare Fluchtalternative zur Verfügung steht, insbesondere auch nicht in einer der großen Städte von Sierra Leone“, ist schon die Entscheidungserheblichkeit nicht ausreichend dargelegt, jedenfalls soweit sich der Kläger hierzu auf eine landesweite Verfolgungsgefahr durch die Sicherheitsbehörden und die Polizei bezieht. Der Kläger berücksichtigt insoweit nicht, dass das Verwaltungsgericht ihm den Vortrag, wonach die Gefahr polizeilicher Ermittlung und Inhaftierung wegen des Inbrandsetzens eines Hauses eines Geheimbundes bestehe, schon nicht geglaubt und dies auch ausführlich und nachvollziehbar begründet hat. Im Übrigen und soweit der Kläger daneben auch hinsichtlich des Geheimbundes landesweite Verfolgung geltend macht, fehlt es jedenfalls an der ausreichenden Darlegung der allgemeinen Klärungsbedürftigkeit. Das Zulassungsvorbringen setzt sich nicht ausreichend mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts auseinander, wonach es Geheimbünden aufgrund verschiedener Umstände nicht möglich ist, von ihnen gesuchte Personen zu finden. Stützt sich das Verwaltungsgericht – wie hier – bei seiner Entscheidung auf bestimmte eingeführte Erkenntnismittel, ist erforderlich, dass das Zulassungsvorbringen zumindest einen überprüfbaren Hinweis auf andere Gerichtsentscheidungen oder auf vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte sonstige Tatsachen- oder Erkenntnisquellen enthält, etwa entsprechende Auskünfte, Stellungnahmen, Gutachten oder Presseberichte, die den Schluss zulassen, dass die aufgeworfene Frage einer unterschiedlichen Würdigung zugänglich ist und damit einer Klärung im Berufungsverfahren bedarf. Der Kläger kritisiert letztlich die tatrichterliche Sachverhaltswürdigung durch das Verwaltungsgericht. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind nach § 78 Abs. 3 AsylG aber gerade kein Grund für die Zulassung der Berufung (vgl. BayVGH, B.v. 9.7.2019 – 9 ZB 19.32353 – juris Rn. 4).
Die Fragen, „ob die Gefahr nicht einem ferner Gerichtsverfahren in Sierra Leone ausgesetzt zu sein, ein Abschiebungsverbot im Sinne von § 60 Abs. 5 S. 1 AufenthG in Verbindung mit Art. 3 EMR wegen einer zielstaatsbezogenen konkreten Gefahr für Leib oder Leben begründet“ und „ob sich der Kläger aufgrund der beschriebenen Verfolgung auf ein Abschiebungsverbot im Sinne von § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 S. 1 AufenthG wegen einer zielstaatsbezogenen, erheblichen konkreten Gefahr für Leib oder Leben berufen kann“, bei denen der Kläger jeweils die von ihm behaupteten, nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts jedoch nicht bestehenden Verfolgungsgefahren zugrunde legt, können nach alledem ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Mit der nach § 80 AsylG unanfechtbaren Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


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