Verwaltungsrecht

Erfolgloser Eilantrag bzgl. eines als offensichtlich unbegründet abgelehnten Asylbegehrens eines Afrikaners aus dem Senegal oder aus Ghambia

Aktenzeichen  M 10 S 17.46758

Datum:
9.7.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 15953
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
GG Art. 16a Abs. 4
AsylG § 17, § 25, § 29a, § 30 Abs. 3 Nr. 5
AsylG § 34 Abs. 1, § 36 Abs. 3
AufenthG § 11 Abs. 7, § 60 Abs. 5, Abs. 7

 

Leitsatz

1. Zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs muss das Bundesamt, wenn der Flüchtling der deutschen Sprache nicht hinreichend kundig ist, bei der Anhörung von Amts wegen einen Sprachmittler hinzuziehen, der in die Muttersprache des Ausländers oder in eine andere Sprache übersetzt, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann und in der er sich verständigen kann. (Rn. 51) (redaktioneller Leitsatz)
2. Beherrscht ein Flüchtling nach eigenen Angaben mehrere Fremdsprachen, hat er keinen Anspruch, die zu dolmetschende Sprache festzulegen, vielmehr liegt die Auswahl im Ermessen des Bundesamtes; insbesondere ist die Zuziehung eines Dolmetschers in der Muttersprache in diesem Fall nicht erforderlich (VGH BW BeckRS 2009, 33099). (Rn. 52) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO (Az. M 10 S 17.46758) wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens Az. M 10 S 17.46758.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO (Az. M 10 S 17.46758) wird abgelehnt.
IV. Im Klageverfahren (Az. M 10 K 17.46755) wird dem Antragsteller unter Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalt … …, hinsichtlich des hilfsweise gestellten Antrags auf Verpflichtung der Antragsgegnerin, das in Ziffer 6 des Bescheids vom 28. Juli 2017 ausgesprochene Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 7 AufenthG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts auf eine geringere und rechtlich zulässige Frist zu bemessen, Prozesskostenhilfe bewilligt.
Im Übrigen wird der Prozesskostenhilfeantrag für das Klageverfahren abgelehnt.

Gründe

I.
Der Antragsteller im Verfahren Az. M 10 S 17.46758 und Kläger im Verfahren Az. M 10 K 17.46755 (nachfolgend: Antragsteller) begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt/Antragsgegnerin), mit dem sein Asylverfahren als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist; ferner begehrt er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sowohl für das Klage- als auch für das Eilverfahren.
Der ohne Ausweispapiere in das Bundesgebiet eingereiste Antragsteller stellte hier am 15. Juli 2015 einen Asylantrag.
Bei der Antragstellung gab der Antragsteller gegenüber dem Bundesamt an und bestätigte mit seiner Unterschrift, dass er T. E. heiße und am … Juli 1992 in der … geborener Staatsangehöriger der Republik Senegal vom Volk der Wolof und muslimischen Glaubens sei; als seine Sprachen gab er Englisch und Mandingo an (vgl. Seite 3 der von der Antragsgegnerin vorgelegten Asylakten). Der Antragsteller wurde schriftlich – auch in der Sprache Englisch – über seine Mitwirkungspflichten im Asylverfahren belehrt (vgl. seine Bestätigung durch eigenhändige Unterschrift S. 11 der Asylakten).
Bei dem sich anschließenden Gespräch zur Bestimmung des zur Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Mitgliedsstaats, welches in englischer Sprache durchgeführt wurde, gab der Antragsteller an, er habe sein Herkunftsland, den Senegal, 2012 verlassen und sei über Mali, Niger, Libyen und Italien am 24. April 2015 nach Deutschland eingereist. Auch diese Angaben sowie das Fehlen von Verständigungsschwierigkeiten und den Verzicht auf eine Rückübersetzung der Niederschrift bestätigte er durch eigenhändige Unterschrift (S. 27 der Asylakten).
Gegenüber dem AVS-Sachbearbeiter hatte der Antragsteller zudem angegeben, er habe die Grundschule besucht und als Landwirt gearbeitet, zudem gab er als (weitere) Sprache Französisch an (S. 29, 30 der Asylakte); Letzteres hatte er auch am 29. April 2015 durch Unterschrift gegenüber der Regierung … – Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber in … – S. 31 der Asylakten) bestätigt.
Die erste Anhörung vor dem Bundesamt am 14. September 2016 wurde abgebrochen. Laut Vermerk in den Asylakten (vgl. S. 46 und 53) weigerte sich der Antragsteller, das Mandingo und das Englisch des anwesenden Dolmetschers zu verstehen; der Antragsteller wurde laut des Vermerks erneut auf seine Mitwirkungspflicht hingewiesen und belehrt sowie mehrmals befragt, in welcher Sprache er seine Anhörung durchführen möchte.
Mit Schriftsatz vom 6. Juli 2016 bestellte sich nunmehr der Verfahrensbevollmächtigte für den Antragsteller und teilte dem Bundesamt mit, dass die Personalien des Antragstellers falsch aufgenommen worden und zu berichtigen seien. Der Antragsteller heiße E. J. und sei Staatsangehöriger von Gambia; hierzu werde eine gambische Geburtsurkunde vorgelegt.
Das vorgelegten Dokument mit der Nr. … und der Überschrift „Birth in the Gambia in the Yerar 1992“ ist in englischer Sprache abgefasst und wurde auf Veranlassung eines F. J. („Bruder“) am 3. Februar 2016 in Bakau ausgestellt; danach soll der Antragsteller am … Juli 1992 in … geboren worden sein.
Daraufhin wurde eine erneute Anhörung des Antragstellers für den 13. Juni 2017 unter Hinzuziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Mandingo anberaumt. Sie scheiterte jedoch erneut. Laut eines Aktenvermerks in den Asylakten (S. 68) habe der Antragsteller auch auf mehrmalige Nachfrage und mit Hinweis auf seine Mitwirkungspflicht bestätigt, dass er das von der Dolmetscherin gesprochene Mandingo nicht verstehe; zunächst habe er aber auf die Fragen der Dolmetscherin ohne große Probleme antworten können.
Infolge dessen gab das Bundesamt dem Antragsteller mit Schreiben an seinen Bevollmächtigten vom 13. Juni 2017 gemäß § 25 Abs. 5 Satz 2 AsylG Gelegenheit, innerhalb eines Monats zu seinen Asylgründen, evt. Abschiebungshindernissen sowie zu schutzwürdigen Belangen gemäß § 11 Abs. 7 bzw. § 11 Abs. 2 AufenthG Stellung zu nehmen (S. 69 der Asylakten).
Unter dem 18. Juli 2017 teilte der Bevollmächtigte des Antragstellers dem Bundesamt mit, dass sich sein Mandant nicht geweigert habe, eine Anhörung durchzuführen, vielmehr sei kein Übersetzer für seine Muttersprache verfügbar gewesen. Die anwesende Übersetzerin für die Sprache Mandingo habe lediglich den in Mali üblichen Dialekt gesprochen, der sich grundlegend von dem Dialekt des aus Gambia stammenden Antragstellers unterscheide. Der Vorschlag, die Anhörung auf Französisch durchzuführen, sei daran gescheitert, dass der Antragsteller auch diese Sprache nur unzureichend beherrsche, weshalb die erste Anhörung auch behelfsweise in Englisch durchgeführt worden sei. Es werde ein neuer Anhörungstermin beantragt. Aus den gleichen Gründen sei eine ausführliche Schilderung der Fluchtgründe nicht möglich; es könne lediglich mitgeteilt werden, dass der Antragsteller aus Angst vor einer drohenden Verhaftung wegen der Beschuldigung regierungsfeindlicher Umtriebe das Land verlassen habe (S. 71 der Asylakten).
Mit Bescheid vom 28. Juli 2017 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, den Asylantrag sowie den Antrag auf subsidiären Schutz jeweils als offensichtlich unbegründet ab (Ziffer 1 bis 3 des Bescheids). Zudem verneinte es Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG (Ziffer 4). Gleichzeitig forderte es den Antragsteller unter Androhung der Abschiebung in den Senegal auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen; die Abschiebung könne auch in einen anderen zur Aufnahme des Antragstellers bereiten oder verpflichteten Staat erfolgen (Ziffer 5). Das Einreiseund Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG wurde angeordnet und auf 30 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet (Ziffer 6). Außerdem wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 10 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 7).
Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes und die Anerkennung als Asylberechtigter lägen beim Antragsteller offensichtlich nicht vor.
Der Antragsteller stamme aus dem Senegal, einem sicheren Herkunftsstaat im Sinne des Art. 16 a Abs. 3 Satz 1 GG, § 29 a Abs. 2 AsylG i.V.m. der Anlage II zum AsylG, so dass vermutet werde, dass er nicht verfolgt werde.
Der Antragsteller habe auch unter Berücksichtigung der am 3. Februar 2016 ausgestellten gambische Geburtsurkunde nicht glaubhaft machen können, aus Gambia zu stammen. Diese Geburtsurkunde enthalte schon keine Aussage zur Staatsangehörigkeit, sie könnte allenfalls als ein Indiz gewertet werden. Doch auch diese Bedeutung komme dem Dokument nicht zu. So wie im vorliegenden Fall würden häufig gambische Geburtsurkunden vorgelegt, denen zu entnehmen sei, dass die Registrierung der Geburt erst kürzlich und/oder viele Jahre nach dem Ereignis erfolgt sei. Derartige Urkunden hätten wenig Aussagewert. Es sei davon auszugehen, dass die Geburt bereits zu einem früheren Zeitpunkt registriert worden sei, unter Umständen mit anderen Personendaten. Die inhaltliche Richtigkeit einer erst kürzlich registrierten Geburtsurkunde könne erfahrungsgemäß nicht bestätigt werden, vor allem wenn – wie hier – sonstige Identitätsnachweise fehlten. Demnach und vor dem Hintergrund der unglaubhaften Begründung der bei der Aktenanlage falsch gemachten Angaben bezüglich seiner Staatsangehörigkeit (angebliche Mitteilung der fehlerhaften „Erst-Personalien“ durch einen Freund), werde der vom Antragsteller beim Bundesamt vorgelegten Geburtsurkunde kein Beweiswert zugemessen.
Um die Vermutungsregel nach § 29 a Abs. 1 AsylG für sich zu entkräften, müsse der Antragsteller gemäß § 25 Abs. 1 AsylG selbst die Tatsachen vortragen, die seine Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG oder die Gefahr eines ihm drohenden ernsthaften Schadens im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG begründeten und die erforderlichen Angaben machen. Dieser Verpflichtung sei der Antragsteller bisher nicht ausreichend nachgekommen.
Der Antragsteller habe bei seiner Aktenanlage am 15. Juli 2015 angegeben, er spreche Englisch, Französisch und Mandingo. Er habe aber weder seine erste noch seine zweite Anhörung mit einem Mandingo-Dolmetscher durchführen wollen und habe somit seine Mitwirkungspflicht gemäß § 25 Abs. 1 AsylG gröblich verletzt. Für die persönliche Anhörung des Antragstellers sei von Amts wegen ein Dolmetscher für die Sprache Mandingo hinzugezogen worden, da der Antragsteller der deutschen Sprache nicht hinreichend kundig gewesen und die Kenntnis der Sprache Mandingo bei dem Antragsteller vernünftigerweise habe vorausgesetzt werden können (vgl. § 17 AsylG).
Das vom Antragsteller geforderte „gambische“ Mandingo unterscheide sich lediglich marginal von dem Mandingo der vom Bundesamt bereit gestellten Sprachmittlerin, da es sich hierbei nur um regionale Dialektvarianten handle. Die Sprachen, die denselben Ursprung hätten und aus derselben Sprachfamilie stammten, unterschieden sich lediglich in ihrer Dialektfärbung. Demzufolge seien zwar marginale Unterschiede in den Sprachen vorhanden, die aber schlussendlich so gering seien, dass sie nicht zu einem schwerwiegenden Kommunikationsproblem führen könnten.
Dieser Umstand werde auch dadurch bestätigt, dass der Antragsteller die Fragen der Sprachmittlerin zunächst mühelos habe beantworten können und die Sprachmittlerin keine Verständigungsprobleme mit dem Antragsteller gehabt habe.
Dem Antragsteller sei zuzumuten gewesen, die erforderlichen Angaben gemäß § 25 Abs. 1 AsylG dem Bundesamt in der Sprache Mandingo vorzutragen, und er sei dazu auch in der Lage gewesen.
Da er nicht verpflichtet sei, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen (§ 25 Abs. 5 AsylG), habe der Antragsteller Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme bekommen, der er aber nicht im ausreichenden Maße nachgekommen sei. Die Gründe, die in der Stellungnahme aufgeführt worden seien, seien zu pauschal und wirkten auch mangels der Erfüllung der Mitwirkungspflicht unglaubhaft. Es werde demzufolge davon ausgegangen, dass der Antragsteller nicht aus begründeter Furcht vor Verfolgung ausgereist sei. Bereits das augenscheinliche Desinteresse an der Weiterführung des Asylverfahrens lasse eine Verfolgungsfurcht oder einen ernsthaften Schaden im Heimatland unglaubhaft erscheinen. Einem tatsächlich Bedrohten müsse es sich geradezu aufdrängen, die Behörden des Landes, in dem er einen Asylantrag stelle, über sein Schicksal zu informieren, wenn er eine entsprechende Bedrohung empfinde. Dies habe der Antragsteller in Verletzung seiner Mitwirkungspflichten schuldhaft unterlassen. Sein Verhalten sei ein deutliches Indiz dafür, dass er bislang Verfolgungshandlungen oder einen ernsthaften Schaden seitens des Staates seines Herkunftslandes oder eines anderen Akteures im Sinne des § 3d AsylG nicht erlitten habe. Demzufolge bestehe kein Anlass, eine begründete Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ihm drohenden ernsthaften Schadens anzunehmen. Sein Asylantrag sei unschlüssig und als offensichtlich unbegründet abzulehnen.
Der bereits gemäß § 29a AsylG als offensichtlich unbegründet abgelehnte Asylantrag werde (zusätzlich) in Verbindung mit § 30 Abs. 3 Nr. 5 AsylG als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Gemäß § 30 Abs. 3 Nr. 5 AsylG sei ein unbegründeter Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn der Antragsteller seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 AsylG gröblich verletzt habe, es sei denn, er habe die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm sei die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich gewesen. Hinweise auf relevante Entschuldigungsgründe lägen nicht vor. Wie bereits festgestellt habe der Antragsteller seinen Asylantrag nicht begründet, da er in keiner seiner angegeben Sprachen die Anhörung habe durchführen wollen, und somit seine Mitwirkungspflichten gemäß § 25 Abs. 1 AsylG gröblich verletzt. Auch der Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme (§ 25 Abs. 5 AsylG) seien der Antragsteller und sein Bevollmächtigter nicht im ausreichenden Maße nachgekommen.
Die Voraussetzungen der Asylanerkennung gemäß Art. 16 a Abs. 1 GG und der Zuerkennung des internationalen Schutzes gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG unterschieden sich lediglich dadurch, dass der Schutzbereich des internationalen Schutzes weiter gefasst sei. Die engeren Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter lägen somit nach Ablehnung des internationalen Schutzes ebenfalls offensichtlich nicht vor.
Auch seien keine Abschiebungsverbote gegeben. Ein Abschiebungsverbot sei festzustellen, wenn eine Abschiebung gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG unzulässig sei, soweit sich dies aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergebe, oder wenn von einer Abschiebung gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG abgesehen werden solle, weil für den Ausländer im Zielstaat eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit bestehe. Solche Abschiebungsverbote seien hier weder vorgetragen noch lägen sie nach den Erkenntnissen des Bundesamtes vor. Wie schon im Rahmen der Prüfung des Asylantrages festgestellt zeige bereits das augenscheinliche Desinteresse an der Weiterführung des Asylverfahrens, dass dem Antragsteller bei Rückkehr in sein Heimatland ebenfalls keine Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG drohten.
Die Abschiebungsandrohung sei gemäß § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG zu erlassen. Die Ausreisefrist von einer Woche ergebe sich aus § 36 Abs. 1 AsylG.
Das Einreise- und Aufenthaltsverbot werde gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG angeordnet; die Befristung auf 10 Monate sei im vorliegenden Fall angemessen. Anhaltspunkte auf schutzwürdige Belange des Antragstellers seien weder vorgetragen noch lägen sie nach den Erkenntnissen des Bundesamtes vor. Der Antragsteller verfüge im Bundesgebiet über keine wesentlichen Bindungen, die im Rahmen der Ermessensprüfung zu berücksichtigen wären.
Müsse die angedrohte oder angeordnete Abschiebung vollzogen werden, weil der Antragsteller seiner Ausreisepflicht nicht nachkomme, gelte nach § 11 Abs. 1 AufenthG ein gesetzliches Einreise- und Aufenthaltsverbot, das von Amts wegen zu befristen sei (§ 11 Abs. 2 AufenthG). Die Befristung auf 30 Monate sei im vorliegenden Fall ermessensgerecht.
Der Bescheid wurde laut Aktenvermerk der Antragsgegnerin am 31. Juli 2017 als Einschreiben zur Post gegeben (Seite 93 der Asylakten).
Mit Schriftsatz vom 8. August 2017 hat der Antragsteller durch seinen Verfahrensbevollmächtigten Klage zum Verwaltungsgericht München erheben lassen (Az. M 10 K 17.46755, Eingang: 9.8.2017). Mit dieser wird zunächst die (vollständige) Aufhebung des Bescheids des Bundesamtes vom 28. Juli 2017 geltend gemacht. Hilfsweise wird beantragt, den Bescheid in den Ziffern 1 und 3 bis 6 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, dem Antragsteller die Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen sowie weiter hilfsweise Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen; weiter hilfsweise wird die Verpflichtung der Antragsgegnerin beantragt, das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 7 AufenthG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts auf eine geringere und rechtlich zulässige Frist zu bemessen. Über die Klage ist noch nicht entschieden.
Gleichzeitig ist nach § 80 Abs. 5 VwGO beantragt worden, hinsichtlich der Abschiebungsandrohung in Ziffer 5 des Bescheids vom 28. Juli 2017 die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen (Az. M 10 S 17.46758).
Schließlich ist sowohl für das Klage- als auch für das Eilverfahren der Antrag gestellt worden,
dem Antragsteller Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten zu gewähren.
Zur Begründung dieser Anträge wird ausgeführt, der angegriffene Bescheid befasse sich ausschließlich mit der Ablehnung internationalen Schutzes für den Senegal, obgleich der Antragsteller ausweislich der vorgelegten Geburtsurkunde gambischer Staatsangehöriger sei. Abschiebungsverbote seien nicht geprüft worden. Die Ermessensausübung zu den Fristen in Ziffer 6 und 7 entspreche nicht der getroffenen Entscheidung, zudem übersteige die gesetzte Frist die Begrenzung des § 11 Abs. 7 Satz 5 AufenthG.
Ferner sei dem Kläger keine Gelegenheit gegeben worden, seine asylrechtlichen Gründe vorzutragen. Eine Verständigung mit der Dolmetscherin in dem für Mali üblichen Dialekt der Sprache Mandinga sei nicht möglich gewesen. Dass die Übersetzerin auch die französische Sprache beherrscht habe, sei auch nicht hilfreich gewesen, da dies für den Antragsteller nicht gelte. Der Vorwurf für einen Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht sei daher dem Bundesamt, nicht jedoch dem Antragsteller zu machen.
Ergänzend wurde mit Schriftsatz vom 18. August 2017 vorgetragen, die Dolmetscherin, die bei der Anhörung anwesend gewesen sei, stamme aus Mali und habe die dort übliche Sprache Bambara gesprochen. Eine Verständigung mit dem Antragsteller sei nur höchst mühsam und nach mehreren Nachfragen und Umschreibungen möglich gewesen. Dies werde auch aus den Informationen, die unter „www.langwhich.com/lexikon/sprachen-und-völker-der-erde/mandinka“ über die in Gambia und Mali üblichen Sprachen verfügbar seien, bestätigt. Daraus gehe hervor, dass das in Gambia übliche Mandinka mit der in Gambia verbreiteten Sprache Bambara des gleichen Mande-Stammes nur geringe Übereinstimmung habe und eine gegenseitige Verständigung daher nicht zu erwarten sei.
Unter dem 6. September 2017 ließ der Antragsteller dem Gericht die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorlegen.
Die Antragsgegnerin hat die Asylakten vorgelegt, ohne sich in der Sache zu äußern.
Mit Beschluss vom 9. Juli 2018 wurde das Klageverfahren Az. M 10 K 17.46755 zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten in den Verfahren Az. M 10 K 17.46755 und M 10 S 17.46758 sowie der vorgelegten Bundesamtsakte verwiesen.
II.
1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg.
1.1. Der Antrag, die gemäß § 75 AsylG kraft Gesetzes ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung in Ziffer 5 des angegriffenen Bescheids des Bundesamts vom 28. Juli 2017 nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO i.V.m. § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG anzuordnen, ist zulässig; insbesondere wurde er innerhalb der Frist von einer Woche gestellt.
1.2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Nach Art. 16a Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 GG, § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG i.V.m. §§ 29a Abs. 1, 30 Abs. 1 AsylG darf die Aussetzung der Abschiebung in den Fällen, in denen der Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist, nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben bei der Prüfung unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig (Art. 16a Abs. 4 Satz 2 GG, § 36 Abs. 4 Satz 2 AsylG). Ernstliche Zweifel im Sinne des Art. 16a Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 GG liegen dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – juris Rn. 99). Anknüpfungspunkt zur Frage der Bestätigung oder Verwerfung des Sofortvollzugs durch das Gericht muss daher die Prüfung sein, ob das Bundesamt den Antrag zu Recht als offensichtlich unbegründet abgelehnt hat und ob diese Ablehnung auch weiterhin Bestand haben kann.
Ferner können ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung auf Verfahrensfehler des Bundesamtes im Asylverfahren zurückzuführen sein, wenn nicht auszuschließen ist, dass diese sich auf die Entscheidung des Bundesamtes ausgewirkt haben (vgl. BVerfG, U.v. vom 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – juris Rn. 135; Pietzsch in BeckOK Ausländerrecht, Stand 1.8.2017, § 36 AsylG Rn. 41 m.w.N.).
Das Gericht hat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch die Einschätzung des Bundesamts, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht bestehen, zum Gegenstand seiner Prüfung zu machen. Dies ist zwar der gesetzlichen Regelung in § 36 AsylG nicht unmittelbar zu entnehmen, dafür sprechen jedoch § 34 Abs. 1 AsylG und Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, B.v. 17.7.1996 – 2 BvR 1291/96 – juris Rn. 3).
Gemessen an diesen Maßstäben bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen, an die Ausreisefrist von einer Woche (§ 36 Abs. 1 AsylG) anknüpfenden Abschiebungsandrohung in Ziffer 5 des Bescheids vom 28. Juli 2017.
Das Bundesamt hat den Antrag des Antragstellers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes jeweils zu Recht als offensichtlich unbegründet abgelehnt; auch die Entscheidung, dass Abschiebungsverbote nicht vorliegen, ist nicht zu beanstanden. Die Anerkennung als Asylberechtigter wird im Klageweg nicht weiter verfolgt.
Das Gericht folgt insoweit den umfassenden Ausführungen des Bundesamtes im angegriffenen Bescheid vom 28. Juli 2017 und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 77 Abs. 2 AsylG hierauf Bezug.
Im gerichtlichen Verfahren wurden keine Umstände geltend gemacht, die diesbezüglich eine abweichende Entscheidung rechtfertigen könnten.
Im Hinblick auf die Klage- und Antragsbegründung wird insoweit ergänzend ausgeführt:
1.2.1. Ernstliche Zweifel bestehen insbesondere nicht an der (formellen) Rechtmäßigkeit der ablehnenden Entscheidungen des Bundesamtes. Entgegen den hierzu vorgetragenen Bedenken des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers sind die Anhörungen des Antragstellers am 14. September 2016 und am 13. Juni 2017 nach § 25 Abs. 1 und 2 AsylG ordnungsgemäß erfolgt; insbesondere genügen sie den Anforderungen des § 17 AsylG.
Die Anhörung ist Kernelement des Asylverfahrens und als Ausdruck eines fairen und rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahrens mit individualschützend-grundrechtlicher Dimension grundsätzlich zwingend durchzuführen (vgl. Schönenbroicher in Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, Stand: 1.5.2018, § 25 AsylG Rn. 1). Dabei hat der Ausländer selbst die Tatsachen und Angaben vorzutragen, die seine Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ihm drohenden ernsthaften Schadens begründen; dies gilt auch hinsichtlich eventueller Abschiebungsverbote, vgl. § 25 Abs. 1 und 2 AsylG. Um dieses rechtliche Gehör zu gewährleisten muss das Bundesamt, wenn der Asylantragsteller der deutschen Sprache nicht hinreichend kundig ist, bei der Anhörung nach § 17 Abs. 1 AsylG von Amts wegen einen Sprachmittler hinzuziehen, der in die Muttersprache des Ausländers oder in eine andere Sprache zu übersetzen hat, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann und in der er sich verständigen kann (vgl. auch Art. 12 Abs. 1 lit. b Richtlinie 2013/32/EU – sog. Asylverfahrensrichtlinie).
Beherrscht der Antragsteller nach eigenen Angaben mehrere Fremdsprachen, so hat er keinen Anspruch, die zu dolmetschende Sprache festzulegen, vielmehr liegt die Auswahl insoweit im Ermessen des Bundesamtes; insbesondere ist die Zuziehung eines Dolmetschers in der Muttersprache in diesem Fall nicht erforderlich (VGH BW Beschluss vom 25.3.2009 – A 9 S 666/09 – BeckRS 2009, 33099; VG München, B.v. 10.1. 2018 M 21 S 17. 33327- juris; Sieweke/Kluth in Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, Stand: 1.5.2018, § 17 AsylG Rn. 8).
Bei seiner Asylantragstellung am 15. Juli 2015 gab der Antragsteller gegenüber dem Bundesamt an und bestätigte mit seiner Unterschrift, dass er Senegalese sei und die Sprachen Englisch und Mandingo beherrsche (vgl. Seite 3 der Asylakten). Das sich anschließende Gespräch zur Bestimmung des zur Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Mitgliedsstaats wurde in englischer Sprache durchgeführt; im Anschluss an dieses Gespräch bestätigte der Antragsteller schriftlich das Fehlen von Verständigungsschwierigkeiten und verzichtete sogar auf eine Rückübersetzung der Niederschrift (S. 27 der Asylakten). Gegenüber dem Sachbearbeiter im Asylverfahrenssekretariat hatte der Antragsteller bei der Aktenanlage zudem Französisch als (weitere) Sprache angegeben (S. 29, 30 der Asylakte); dies hatte er auch am 29. April 2015 mit eigenhändiger Unterschrift gegenüber der Regierung … – Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber in … – (S. 31 der Asylakten) bestätigt.
Auf Basis dieser Angaben des Antragstellers zog das Bundesamt zu dem ersten Anhörungstermin am 14. September 2016 einen Dolmetscher für die Sprachen Mandingo und Englisch hinzu; der Antragsteller gab jedoch an, den anwesenden Dolmetschers nicht zu verstehen, weshalb die Anhörung abgebrochen wurde (vgl. die Vermerke des Bundesamtes auf S. 46 und 53 der Asylakten).
Auf Betreiben des nunmehr vom Antragsteller bestellten Verfahrensbevollmächtigten wurde eine erneute Anhörung für den 13. Juni 2017 unter Hinzuziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Mandingo und Französisch anberaumt, welche jedoch wiederum an vom Antragsteller vorgetragenen Verständigungsschwierigkeiten scheiterte (vgl. den Aktenvermerk S. 68 der Asylakten sowie das Schreiben Bevollmächtigten vom 18.7.2017).
Nach Aktenlage ist unklar, wie gut sich die Dolmetscherin in der Anhörung vom 13. Juni 2017 tatsächlich mit dem Antragsteller verständigen konnte. Während der Antragsteller über seinen Verfahrensbevollmächtigten angab, die von der Dolmetscherin gesprochene Mandingo-Variante (“Bambara“, verbreitet in Mali) nicht verstehen zu können, war eine Verständigung laut des Aktenvermerks zunächst ohne große Probleme möglich.
Wie groß die lexikalische Similarität zwischen den in Gambia, Senegal und Mali gesprochenen Varianten der Mandingo-Sprachen-Gruppe bzw. die Distanz zwischen den vom Antragsteller und der Dolmetscherin gesprochenen Dialekten tatsächlich ist, kann hier – auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Verfahrensbevollmächtigten im Schriftsatz vom 17. August 2018 – nicht abschließend beurteilt werden. Unstreitig ist, dass die Mandingo-Sprachen untereinander verwandt sind. Insoweit ist nicht erklärlich, weshalb der Antragsteller sein Verfolgungsschicksal nicht in seiner eigenen Dialektvariante dargelegt hat, nachdem er über eine mögliche Entscheidung nach Aktenlage belehrt worden war, und es der Dolmetscherin überlassen hat, ob sie das Gesagte versteht und übersetzen kann. Unabhängig davon kann dies aber auch dahinstehen. Denn jedenfalls wurde dem Antragsteller nach Aktenlage auch eine Anhörung in Englisch und Französisch angeboten, welche er ebenfalls verweigerte, obwohl er diese Sprachen selbst mehrfach als (Zweit-)Sprachen angegeben hatte. Insbesondere hatte der Antragsteller bei der Asylantragstellung und dem sich anschließenden Gespräch zur Bestimmung des für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Mitgliedsstaats seinen Reiseweg und seine Herkunft auf Englisch geschildert und verschiedene Dokumente in englischer Sprache entgegengenommen. Hierbei handelt es sich auch nicht nur um „formale“ Fragen. Außerdem verzichtete er auch auf eine Rückübersetzung, was gegen Verständigungsschwierigkeiten spricht.
Hinzu kommt, dass – wenn man die Angaben des Antragstellers über seine gambische Staatsangehörigkeit als wahr unterstellt – Englisch in Gambia (einzige) Amtssprache ist. Zwar kann je nach Herkunftsregion innerhalb eines Landes sowie Schulbildung und Sozialisation nicht in jedem Fall davon ausgegangen werden, dass ein Asylsuchender die Amtssprache seines Herkunftslandes angemessen beherrscht (Fränkel in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Auflage 2016, § 17 AsylG Rn. 5 ff., beck-online); hier hatte der Antragsteller aber erklärt, dass er die Grundschule besucht habe (Seite 29 der Asylakten), so dass auch unter diesem Aspekt davon auszugehen ist, dass die Beherrschung dieser Sprache bei ihm vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.
Vor diesem Hintergrund sind dem Bundesamt keine Ermessensfehler bei der Auswahl der Sprachmittler zu Durchführung der Anhörung des Antragstellers vorzuwerfen. Auch sonst sind hier Verfahrensfehler nicht ersichtlich.
1.2.2. Auch im gerichtlichen Verfahren hat der Antragsteller nicht einmal in groben Zügen ein konkretes Verfolgungsschicksal oder sonst Umstände geschildert, aus denen sich ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, des subsidiären Schutzes oder die Feststellung von Abschiebungsverboten herleiten ließe. Die Mitteilung, dass der Antragsteller aus Angst vor einer drohenden Verhaftung wegen der Beschuldigung regierungsfeindlicher Umtriebe das Land verlassen habe (S. 71 der Asylakten), genügt nicht ansatzweise den Anforderungen an einen substantiierten Sachvortrag. Die Ablehnung des Asylantrags und die Verneinung von Abschiebungshindernissen hat daher auch im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Halbs. 2 AsylG) Bestand.
1.2.3. Das Bundesamt durfte den Antrag auf internationalen Schutz auch als offensichtlich unbegründet ablehnen.
Sofern der Antragsteller, wie er zunächst mehrfach angegeben hat, senegalesischer Staatsangehöriger ist, folgt dies, wie das Bundesamt in seinem Bescheid zu Recht festgestellt hat, schon aus Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG, § 29a Abs. 1 und 2 AsylG i.V.m. Anlage II zum AsylG, da es sich bei Senegal um einen sicheren Herkunftsstaat handelt und die damit bestehende Nichtverfolgungsvermutung vom Antragsteller nicht entkräftet wurde.
Die später vorgetragene gambische Staatsangehörigkeit wurde vom Antragsteller nicht belegt. Dies gilt insbesondere auch mit Blick auf den vorgelegten Geburtsregisterauszug „Birth in the Gambia in the Yerar 1992“ vom 3. Februar 2016. Zum einen kann dieses Dokument dem Antragsteller nicht sicher zugeordnet werden; ferner handelt es sich schon der Art der Urkunde nach nicht um einen Nachweis der Staatsangehörigkeit, sondern nur um die Bestätigung einer nachträglichen Registrierung einer Geburt in Gambia. Die inhaltliche Richtigkeit einer solch erst kürzlich (hier 2016) registrierten Geburtsurkunde kann nach Erfahrungen der deutschen Botschaft in Dakar nicht bestätigt werden, vor allem wenn sonstige Identitätsnachweise fehlen (VG München, B.v. 9.10.2017 – M 10 S 17.39734, B.v. 25.1.2017 – M 21 S 16.31376 – juris m.w.N.). Es ist dem Antragsteller nicht gelungen nachzuweisen, dass und weshalb seine mehrfache ursprüngliche Angabe über die senegalesische Staatsangehörigkeit falsch gewesen sein sollte.
Selbst wenn der Antragsteller aus Gambia stammt, durfte das Bundesamt den Asylantrag nach § 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylG (Täuschung des Asylbewerbers über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder Verweigerung dieser Angaben) als offensichtlich unbegründet ablehnen. Ein individuelles Verfolgungsschicksal kann nur festgestellt werden, wenn die Identität und Staatsangehörigkeit des Antragstellers bekannt sind. Dem Ausländer, der in der Bundesrepublik Deutschland um Asyl nachsucht, weil er auf den Schutz deutscher Behörden vertraut, ist zuzumuten, spätestens gegenüber dem für die Entscheidung zuständigen Bundesamt seine Identität und Staatsangehörigkeit wahrheitsgemäß darzulegen (vgl. BT-Drs. 12/4450, 22). Zwar ist ein Berufen auf § 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylG grundsätzlich dann nicht mehr möglich, wenn der Asylbewerber seine fehlerhaften Angaben rechtzeitig korrigiert. Der Antragsteller hat hier noch vor den Anhörungen seine Angaben geändert und angegeben, er sei gambischer Staatsangehöriger. Jedoch muss er diese Angaben auch in geeigneter Weise glaubhaft machen, um dem Bundesamt zu ermöglichen, sie zu überprüfen (vgl. VG Regensburg, B.v. 7. Februar 2017 – RN 5 S 17.30264 – juris). Dies ist im vorliegenden Fall nicht geschehen, der Antragsteller hat keinerlei Nachweise seiner gambischen Staatsangehörigkeit beigebracht. Es spricht einiges dafür, dass die Änderung der Angaben asyltaktisch motiviert war.
Jedenfalls ist hier aber der Tatbestand des § 30 Abs. 3 Nr. 5 AsylG erfüllt, wonach ein unbegründeter Asylantrag insbesondere dann als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden kann, wenn der Ausländer seine Mitwirkungspflichten nach § 25 Abs. 1 AsylG gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich.
Der Antragsteller hat vorliegend seine Mitwirkungspflichten nach § 25 Abs. 1 AsylG gröblich verletzt, indem er beide anberaumten Anhörungstermine jeweils wegen angeblicher Verständigungsschwierigkeiten mit den jeweiligen Sprachmittlern abgebrochen hat. Wie ausgeführt durfte das Bundesamt hier auf der Grundlage der eigenen Angaben des Antragstellers vernünftigerweise voraussetzen, dass er sich in Mandigo, jedenfalls aber in Französisch und/oder Englisch verständigen kann. Die Zuziehung der entsprechenden Dolmetscher nach § 17 Abs. 1 AsylG war daher als ermessensfehlerfrei anzusehen. Indem sich der Antragsteller vollständig verweigert und keinerlei Angaben zur Sache gemacht hat, hat er er gröblich gegen die ihm obliegende Mitwirkungspflicht nach § 25 Abs. 1 AsylG verstoßen (VGH BW B.v. 25.3.2009 – A 9 S 666/09 – BeckRS 2009, 33099; VG München, B.v. 10.1. 2018 – M 21 S 17. 33327- juris; B.v. 21.9.2017 – M 10 S 17.45293; B.v. 22.11.2017 – M 10 S 17.48096, M 10 K 17.48095; B.v. 15.12.2017 – M 10 S 17.48346; GB.v. 11.1.2018 – M 10 K 17.45292; Sieweke/Kluth in Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, Stand: 1.5.2018, § 17 AsylG Rn. 8).
Der Antragsteller hat diese Pflichtverletzung auch zu vertreten, insbesondere zumal er die insoweit zutreffende Belehrung für Erstantragsteller über die Mitwirkungspflichten auch – von ihm ohne Beanstandung unterzeichnet – auf Englisch erhalten hat. Dafür, dass dem Antragsteller die Einhaltung der Mitwirkungspflichten nach § 25 Abs. 1 AsylG aus (anerkennungsfähigen) wichtigen Gründen nicht möglich gewesen ist, ist weder etwas vorgetragen noch sonst etwas ersichtlich.
1.2.3. Nach alledem sind die nach Maßgabe von §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung und die gesetzte Ausreisefrist (Ziffer 5 des Bescheids vom 28. Juli 2017) nicht zu beanstanden. Die Abschiebungsandrohung bezieht sich auch auf andere aufnahmebereite Staaten als den Senegal und ist somit auch dann rechtmäßig, wenn der Antragsteller gegebenenfalls nach Gambia abgeschoben wird.
1.2.4. Die weiteren Entscheidungen des Bundesamts im angegriffenen Bescheid zu den Einreise- und Aufenthaltsverboten sind im Rahmen des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes in Bezug auf die nach § 75 AsylG kraft Gesetzes sofort vollziehbare Abschiebungsandrohung nicht zu prüfen.
1.2.5. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist daher mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
2. Die beantragte Prozesskostenhilfe ist dem Antragsteller nur in geringfügigem Ausmaß zu gewähren.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Antragsverfahren (M 10 S 17.46758) bleibt vollständig ohne Erfolg; im Klageverfahren (M 10 K 17.46755) hat er nur hinsichtlich des letzten Hilfsantrags Erfolg.
Gemäß § 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO ist einer Partei Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht oder nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und darüber hinaus die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
2.1. Zwar kann der Antragsteller nach der Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Verfahrenskosten (hier mit Blick auf § 83b AsylG das Rechtsanwaltshonorar) nicht aufbringen.
2.2. Jedoch sind dem Eilantrag keine Erfolgsaussichten beizumessen; hierzu wird auf die Ausführungen unter vorstehender Nummer 1.2. verwiesen.
2.3. Die Klage ist nur hinsichtlich des hilfsweise gestellten, so verstandenen Antrags (§ 88 VwGO) erfolgversprechend, den Bescheid vom 28. Juli 2017 in Ziffer 6 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 7 AufenthG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts auf eine geringere und rechtlich zulässige Frist zu bemessen.
2.3.1 Dieser Klageantrag ist nach dem gebotenen Prüfungsmaßstab zulässig (vgl. Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz, Stand: Dezember 2015, § 11 Rn. 189) und auch begründet, § 113 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO.
Zwar durfte das Bundesamt nach § 11 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 AufenthG i.V.m. § 29a Abs. 1 AsylG ein (befristetes, vgl. § 11 Abs. 7 Satz 4 AufenthG) Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Nach § 11 Abs. 7 Satz 5 AufenthG soll jedoch die Frist bei der ersten Anordnung ein Jahr nicht überschreiten. Vorliegend hat die Antragsgegnerin in Ziffer 6 des angegriffenen Bescheids das gegenüber dem Antragsteller erstmalig ausgesprochene Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet und damit das ihr zustehende Ermessen überschritten (§ 114 Satz 1 VwGO). Es spricht vieles dafür, dass das Bundesamt schlicht die Fristen in Ziffer 6 und Ziffer 7 des Bescheids „vertauscht“ hat (vgl. insoweit auch die Ausführungen in der Bescheidsbegründung), dies ändert jedoch nichts an der Rechtswidrigkeit der Entscheidung. Das Bundesamt wird daher erneut über diese Frist befinden müssen.
2.3.2. Im Übrigen wird die Klage nach derzeitigem Sach- und Streitstand ohne Erfolg bleiben.
Soweit die schlichte Aufhebung der Anordnung in Ziffer 7 des streitgegenständlichen Bescheids begehrt wird, in der das sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebende Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG lediglich gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG zeitlich befristet wird, ist die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig (vgl. NdsOVG, B.v. 14.12.2015 – 8 PA 199/15 – juris Rn. 5; Funke/Kaiser in Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz, Stand Dezember 2015, § 11 Rn. 183, 190, 193, 196).
Im Übrigen ist die Klage unbegründet, denn das das Bundesamt hat, wie bereits oben unter Nummer 1.2. ausgeführt, den Antrag des Antragstellers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes jeweils zu Recht als offensichtlich unbegründet abgelehnt; ferner ist auch die Entscheidung, dass keine Abschiebungsverbote vorliegen, ebenso wenig zu beanstanden wie die Ausreiseaufforderung verbunden mit der Abschiebungsandrohung. Der Antragsteller wird nach der gebotenen summarischen Prüfung durch die Entscheidungen in den Ziffern 1 und 3 bis 5 des angegriffenen Bescheids nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Anerkennung als Asylberechtigter (Ziffer 2) wird gerichtlich nicht weiter verfolgt. Eine Prozesskostenhilfegewährung kam daher insoweit nicht in Betracht.
Dieser Beschluss ist nach § 80 AsylVfG unanfechtbar; dies gilt auch im Hinblick auf die Entscheidung über die Prozesskostenhilfe (vgl. BayVGH, B.v. 25.09.1992 – 24 C 92.32498 – juris Rn. 2).


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