Verwaltungsrecht

Erfolgloser Folgeantrag

Aktenzeichen  AN 11 S 16.30825

Datum:
14.7.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 36 Abs. 4, § 71 Abs. 1

 

Leitsatz

Der bloße Hinweis, eine 71-jährige Frau benötige regelmäßig Medikamente, die für sie im Zielstaat der Abschiebung nur auf dem Schwarzmarkt zu erlangen seien, genügt nicht für die Begründung eines Abschiebungsverbots iSv § 60 Abs. 5, Abs. 7 AufenthG, wenn weder die benötigten Medikamente bezeichnet noch bestehende Erkrankungen glaubhaft gemacht sind. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

I.
Die Antragstellerin, die am …1944 in … geboren wurde und die russische Staatsangehörigkeit besitzt, begehrt Rechtsschutz gegen die Androhung der Abschiebung in die Russische Föderation.
Ein hier nicht streitgegenständlicher Asylantrag der Antragstellerin in Deutschland war mit Bescheid vom 6. Februar 2012 abgelehnt worden. Nach eigenen Angaben der Antragstellerin sei sie anschließend in ihr Heimatland ausgereist und am 7. August 2015 wieder in Deutschland eingereist. Am 26. August 2015 stellte die Antragstellerin beim Bundesamt für … (…) einen Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens. In ihrer schriftlichen Begründung des Folgeantrags trug die Antragstellerin vor, in Deutschland würden ihr Sohn und ihre Tochter mit Familien leben. In Dagestan habe sie niemanden. Sie sei alt und brauche ihre Kinder, die sie ebenfalls bräuchten. Des Weiteren führte sie aus, sie sei 71 Jahre alt und es sei sehr schwer für sie, in Dagestan allein zu leben, sie könne sich dort weder Wohnung noch Lebensmittel noch Medikamente leisten, die für ihre Behandlung notwendig seien.
Mit Bescheid vom 29. Juni 2016 (Bl. 54 ff. BA) lehnte das BAMF den Antrag der Antragstellerin auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens (Ziffer 1) sowie den Antrag auf Abänderung des Bescheids vom 6. Februar 2012 bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes (Ziffer 2) ab und forderte die Antragstellerin auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, ansonsten würde sie in die Russische Föderation abgeschoben (Ziffer 3). Gleichzeitig befristete es das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 12 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 4).
Zur Begründung führt das BAMF aus, es lägen keine Wideraufgreifensgründe für ein weiteres Asylverfahren vor. Die Antragstellerin habe weder eine individuell gegen ihre Person gerichtete Verfolgung noch einen drohenden ernsthaften Schaden geltend gemacht. Die pauschale Behauptung, sie könne sich in Dagestan keine Mietwohnung, keine Lebensmittel und keine Medikamente leisten, genüge nicht, um eine Sachlagenänderung darzulegen. Sie habe weder angegeben, wie sie bisher ihren Lebensunterhalt bestritten habe noch habe sie ausgeführt, unter welchen Erkrankungen sie möglicherweise leide, die einer Behandlung bedürften.
Auch die Voraussetzungen für ein Wideraufgreifen zu § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG seien vorliegend nicht geben. Es lägen keine Voraussetzungen vor, die eine Abänderung der bisherigen Entscheidung gemäß § 49 VwGO rechtfertigen würden. Ob im Falle einer Abschiebung die Antragstellerin tatsächlich Gefahr liefe, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein, sei nicht vorgetragen worden. Allein eine allgemein schwierige soziale und wirtschaftliche Lage begründe kein Abschiebungsverbot. Es sei nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin ihren Lebensunterhalt bei Rückkehr in die Russische Föderation nicht durch den Bezug von Rente sowie mit Unterstützung ihrer in Deutschland lebenden Kinder sichern könne.
Auch der Vortrag der Antragstellerin, sie benötige Medikamente, die für ihre Behandlung erforderlich seien, genüge nicht, um ein Abschiebungsverbot im Sinne von § 60 Abs. 7 AufenthG zu begründen. Sie habe weder vorgetragen, unter welchen Erkrankungen sie leide, ob diese ärztlich diagnostiziert worden seien und welche Medikamente sie tatsächlich benötige. Auf den ablehnenden Bescheid wird im Übrigen Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 5. Juli 2016, bei Gericht per Telefax eingegangen am 7. Juli 2016, reichte der Bevollmächtigte der Antragstellerin Klage gegen den ablehnenden Bescheid ein. Zur Begründung führte er lediglich aus, dass die Klägerin dargelegt habe, sie verfüge in ihrem Heimatland nicht über entsprechende Möglichkeiten, Medikamente, die zu ihrer Behandlung nötig seien, zu erwerben. Es würde sich von selbst ergeben, dass eine 71-jährige Frau Medikamente benötige. Es sei auch gerichtsbekannt, dass sich die Lage in Dagestan monatlich verschlimmere und die medikamentöse Versorgung nicht gegeben sei. Lediglich auf dem Schwarzmarkt könnten Medikamente, die auch entsprechend wirksam seien, erworben werden. Diese seien jedoch derart teuer, dass ein Normalbürger und insbesondere eine 71-jährige Frau, die lediglich staatliche Rente erhalte, die nicht einmal das Existenzminimum gewährleistet, nicht erwerben können.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Bundesamtsakte verwiesen.
II.
Soweit sich der Eilantrag gegen die Abschiebungsandrohung richtet, ist er zulässig aber unbegründet, im Übrigen ist er bereits unzulässig.
Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO, § 71 Abs. 4 i. V. m. § 36 Abs. 4 AsylG kann das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im angefochtenen Bescheid vom 29. Juni 2016 enthaltene Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung anordnen. Dies ist der Fall, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Diese Voraussetzungen sind nach Auffassung des Gerichts im vorliegenden Verfahren nicht gegeben. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes ist nach der im Eilverfahren vorzunehmenden Prüfung (vgl. Kopp/Schenke § 80 VwGO Rn. 146 ff.) rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin daher nicht in ihren Rechten. Zur Begründung wird auf die Gründe des angefochtenen Bescheids verwiesen, § 77 Abs. 2 Asylgesetz, dessen Argumentation das Gericht folgt.
Auch die Klagebegründung führt zu keinem anderen Ergebnis. Es wird hier kein Sachverhalt vorgetragen, der über den im Bescheid bereits geprüften hinausgeht. Das Gericht hat keine Zweifel, dass die Antragstellerin in ihrer Heimat den Lebensunterhalt sichern kann. Zwischen ihrer Aus- und Wiedereinreise nach Deutschland hat sie diesen offenbar auch sichern können. Der Hinweis, dass eine 71-jährige Frau regelmäßig Medikamente benötige, ohne bestehende Krankheiten zu nennen, genügt nicht, um Abschiebungsverbote im Sinne von § 60 Abs. 5, Abs. 7 AufenthG zu begründen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylG. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.


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