Verwaltungsrecht

Erfolgreiche Klage auf Feststellung eines Abschiebungsverbots wegen schlechter humanitärer Bedingungen in Afghanistan

Aktenzeichen  M 4 K 15.30757

Datum:
13.10.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5
EMRK EMRK Art. 3
VwGO VwGO § 113 Abs. 5 S. 1

 

Leitsatz

Durch die Rechtsprechung des VGH München ist hinreichend geklärt, dass schlechte humanitäre Bedingungen eine auf eine Bevölkerungsgruppe bezogene Gefahrenlage darstellen können, die zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung iSv Art. 3 EMRK führt und dass dies bei der Rückkehr von Familien mit minderjährigen Kindern unter den in Afghanistan derzeit herrschenden Rahmenbedingungen im Allgemeinen der Fall ist (vgl. VG München BeckRS 2016, 54230 und VGH München BeckRS 2015, 42433). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 12. Mai 2016 wird in Nr. 4 insoweit aufgehoben, als ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG verneint wird. Er wird zudem in Nr. 5 insoweit aufgehoben, als die Abschiebung nach Afghanistan angedroht wird.
II.
Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich Afghanistans vorliegen.
III.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
IV.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da die Beklagte ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Die zulässigen Klagen sind begründet.
Die Kläger haben Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG. Soweit ein solches in Nr. 4 des Bescheides des Bundesamtes vom 12. Mai 2016 verneint und den Klägern in Nr. 5 des Bescheides die Abschiebung nach Afghanistan angedroht wird, ist dieser rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO-).
Ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erfüllt sind, bedarf keiner Prüfung, da es sich beim national begründeten Abschiebungsverbot um einen einheitlichen und nicht weiter teilbaren Streitgegenstand handelt (BVwerG, U. v. 08.09.2011 – 10 C 14.10 – BVerwGE 140, 319, Rn. 16 und 17).
Dass schlechte humanitäre Bedingungen eine auf eine Bevölkerungsgruppe bezogene Gefahrenlage darstellen können, die zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK führt und dass dies bei der Rückkehr von Familien mit minderjährigen Kindern unter den in Afghanistan derzeit herrschenden Rahmenbedingungen im Allgemeinen der Fall ist, ist durch Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hinreichend geklärt (vgl. hierzu B. v. 04.08.2015 – 13a ZB 15.300032 – juris; U. v. 21.11.2014 – 13a B 14.30284 – juris). Vorliegend sind auch keine Gesichtspunkte erkennbar, die den Fall der Kläger in einem anderen Licht erscheinen lassen.
Nach alledem war der Klage mit der Kostenfolge des § 155 Abs. 1 VwGO sattzugeben.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung in dem nach § 83b AsylG gerichtskostenfreien Verfahren beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben