Verwaltungsrecht

Erneute Androhung eines Zwangsgeldes, Rechtskräftige Beseitigungsanordnung

Aktenzeichen  M 29 K 20.6240

Datum:
15.9.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 53568
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwZVG Art. 29 Abs. 2 Nr. 1
VwZVG Art. 31
VwZVG Art. 36

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

Die Klage ist zulässig. Auch soweit der Kläger ein Wiederaufgreifen des Verfahrens hinsichtlich der Beseitigungsverfügung begehrt, ist die Klage fristgerecht erfolgt. Zwar wurde der entsprechende Antrag des Klägers mit Schreiben des Landratsamtes vom 13. Oktober 2020 abgelehnt. Hierin ist angesichts des eindeutigen Regelungscharakters auch ein Verwaltungsakt im Sinne des Art. 35 BayVwVfG zu sehen. Allerdings war dem Schreiben keine Rechtsbehelfsbelehrungbeigefügt worden, sodass gemäß § 58 Abs. 2 VwGO die Jahresfrist läuft. Die am 30. November 2020 erhobene Klage ist damit auch hinsichtlich des begehrten Wiederaufgreifens des Verfahrens fristgerecht.
Die Klage bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.
Die streitgegenständliche Androhung eines weiteren Zwangsgeldes ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (hierzu unter 1.). Auch hat der Kläger keinen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens. Der dieses Begehren ablehnenden Bescheid des Landratsamts vom 13. Oktober 2020 ist mit anderen Worten ebenfalls rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (hierzu unter 2.)
1. Die Zwangsgeldandrohung findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 29 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, Art. 31, Art. 36 VwZVG. Danach kann die Vollstreckungsbehörde denjenigen, der eine Pflicht zu einer Handlung nicht erfüllt, durch ein Zwangsgeld zur Erfüllung anhalten (Art. 31 Abs. 1 VwZVG). Die erneute Androhung eines Zwangsgeldes war zulässig, nachdem die bisherige Androhung erfolglos blieb (Art. 36 Abs. 6 Satz 2, 37 Absatz 1 Satz 2 VwZVG).
a) Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor. Der Kläger ist durch den Bescheid vom 18. April 2017 rechtskräftig zur Beseitigung der Gabionenwand verpflichtet. Damit liegt ein vollstreckbarer Grundverwaltungsakt i.S.v. Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 VwZVG vor. Die vom Kläger hiergegen erhobenen materiellrechtlichen Einwendungen, die im Wesentlichen seinem Vortrag aus den Verfahren gegen den Beseitigungsbescheid entsprechen, sind im vorliegenden Verfahren unbeachtlich. Der Kläger wendet sich hier gegen Maßnahmen der Anwendung von Zwangsmitteln. In einem solchen Verfahren kann der Kläger gemäß Art. 38 Abs. 3 VwZVG nur geltend machen, durch die Vollstreckungsmaßnahmen selbst in seinen Rechten verletzt zu sein. Einwendungen gegen den unanfechtbaren Grundverwaltungsakt sind dagegen ausgeschlossen. Es sind nur Umstände in Zusammenhang mit dem Bedingungseintritt i.S.v. Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG beachtlich, also die Frage, ob der Betroffene die ihm auferlegte Pflicht rechtzeitig und vollständig erfüllt hat (BayVerfGH, E.v. 25.1.2007 -Vf.50-VI-05 – juris Rn. 48). Der Kläger hat die Gabionenwand unstreitig bislang nicht beseitigt.
b) Die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen ebenfalls vor. Zwangsgelder sind ein zulässiges Zwangsmittel zur Vollstreckung der Beseitigungsverfügung (Art. 29 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Art. 31 Abs. 1 VwZVG).
Die weitere Androhung eines Zwangsgeldes ist auch geeignet, erforderlich und angemessen. Einer Eignung des Zwangsgeldes steht insbesondere (noch) nicht entgegen, dass der Kläger sich bislang geweigert hat, der Beseitigungsverfügung Folge zu leisten. Zwar kann ein Zwangsmittel gemäß Art. 37 Abs. 1 Satz 2 VwZVG grundsätzlich so lange und so oft angewendet werden, bis die aufgegebene Verpflichtung erfüllt ist. Allerdings muss das gewählte Zwangsmittel und damit auch die seiner Anwendung vorausgehende Androhung des Zwangsmittels im Einzelfall verhältnismäßig sein. Das gewählte Zwangsmittel muss u.a. geeignet sein, den Betroffenen zur Erfüllung der ihm aufgegebenen Verpflichtungen anzuhalten, d.h. einen rechtzeitigen und zweckentsprechenden Erfolg im Hinblick auf die Erfüllung der zu vollstreckenden Pflicht erwarten lassen (Art. 34 VwZVG entsprechend). An dieser Voraussetzung mangelt es einer erneuten Zwangsgeldandrohung dann, wenn mehrere vorangegangene Zwangsgeldandrohungen trotz entsprechender Erhöhungen der nachfolgenden Zwangsgelder erfolglos geblieben sind. Das gewählte Zwangsmittel ist entgegen seinem Zweck dann nicht geeignet, den Verpflichteten zur Erfüllung der durchzusetzenden Pflichten anzuhalten. Wenn die Anwendung des Zwangsmittels keinen zweckentsprechenden und rechtzeitigen Erfolg erwarten lässt, scheidet die Androhung weiterer Zwangsgelder daher aus (BayVGH, B.v. 27.8.2020 – 2 CS 20.1199 – BayVBl 2020, 776; VG München, B.v. 27.4.2020 – M 8 E 20.1457, M 8 S 20.1458 – n.V., jeweils m.w.N.). Bei der vorliegend streitgegenständlichen Zwangsgeldandrohung handelt es sich erst um das zweite Zwangsgeld, sodass noch nicht von einer fehlenden Eignung des Zwangsmittels ausgegangen werden kann. Zwar hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung nochmals geäußert, der Beseitigungsverfügung auf gar keinen Fall nachkommen zu wollen. Da das Zwangsgeld nach den Vorschriften des VwZVG gegenüber der Ersatzvornahme vorrangig ist, hält die Kammer die Androhung eines zweiten Zwangsgeldes auch vor dem Hintergrund der zitierten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs noch für geeignet. Sie ist ferner erforderlich, da der Kläger der Beseitigungsverpflichtung nach wie vor nicht nachgekommen ist.
Gegen die Höhe des Zwangsgelds bestehen ebenfalls keine Bedenken. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes liegt im unteren Bereich des zur Verfügung stehenden Rahmens von 15,- bis 50.000,- EUR (Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG) und ist im Hinblick auf das wirtschaftliche Interesse Klägers und im Hinblick darauf, dass zusammen mit dem Grundverwaltungsakt bereits erfolglos ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 € angedroht wurde, angemessen.
Auch steht einer Vollstreckung nicht entgegen, dass der Kläger zwischenzeitlich einige der betroffenen Grundstücke veräußert und übereignet hat. Denn zum einen wurden die Erwerber der Grundstücke mit Bescheid vom 20. Oktober 2020 unter Anordnung des Sofortvollzuges zur Duldung der Beseitigung verpflichtet. Zum anderen aber wirken bauaufsichtliche Maßnahmen wie die vorliegende Beseitigungsverfügung bereits kraft Gesetzes gegen den Rechtsnachfolger (Art. 54 Abs. 2 Satz 3 BayBO), sodass eine Vollstreckung auch vor Erlass der Duldungsverfügung rechtlich zulässig gewesen wäre.
Schließlich sind auch keine Ermessenfehler der Beklagten ersichtlich.
Die streitgegenständliche Androhung eines weiteren Zwangsgeldes ist daher rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
2. Der Kläger hat schließlich keinen Anspruch auf ein Wiederaufgreifen des Verfahrens hinsichtlich der Beseitigungsverfügung.
Gemäß Art. 51 Abs. 1 BayVwVfG hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung eines unanfechtbaren Verwaltungsakts zu entscheiden, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat (Nr. 1), neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden (Nr. 2) oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind (Nr. 3).
Derartige Wiederaufnahmegründe hat der Kläger nicht vorgebracht. Der Kläger beschränkt sich im Rahmen seines behördlichen Antrags im Wesentlichen auf eine Wiedergabe derjenigen Argumente, die er bereits im Rahmen seines Klageverfahrens gegen die Beseitigungsverfügung vorgebracht hat. Soweit der Kläger im gerichtlichen Verfahren ergänzend rügt, die seitens des Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten zeigten eine ihn belastende Aktenführung, teilt die Kammer diesen Eindruck nicht. Ein Wiederaufnahmegrund liegt auch insoweit nicht vor. Gleiches gilt für die Rüge des Klägers, die Beklagte sei widersprüchlich vorgegangen, da im Bußgeldbescheid von einer Gabionenwand mit einer Länge von ca. 75 m die Rede gewesen sei, wohingegen die Gabionenwand tatsächlich103 m lang sei.
Nach alldem besteht kein Anspruch des Klägers auf Wiederaufgreifen des Verfahrens, sodass die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen ist.


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