Verwaltungsrecht

Erstattung notwendiger Auflagen durch Feuerwehreinsatz

Aktenzeichen  4 BV 16.346

Datum:
25.4.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 110414
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayFwG Art. 28 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 4, Abs. 4 S. 1
GG Art. 20 Abs. 3, Art. 35 Abs. 1, Abs. 2 S. 2
BayVwVfG § 8 Abs. 1 S. 2
BPolG § 11 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 S. 3, Abs. 5
StPO § 135a Abs. 1, § 153a Abs. 1
BayGO Art. 61, Art. 62

 

Leitsatz

1. Eine „grob fahrlässig“ herbeigeführte Gefahr im Sinne des Art. 28 Abs. 2 Nr. 4 BayFwG kann auch vorliegen, wenn das diesbezügliche Strafverfahren nach § 153a Abs. 1 Satz 1 StPO eingestellt worden ist. (Rn. 30)
2. Für eine auf Anforderung einer Ortsfeuerwehr geleistete Amtshilfemaßnahme (hier: Löscheinsatz von Hubschraubern der Bundespolizei) kann der Bund von der Gemeinde als Auslagenersatz (§ 8 Abs. 1 Satz 2 VwVfG) nur nachweisbar angefallene Baraufwendungen fordern, nicht dagegen pauschal berechnete Anteile an den Personal- und Sachkosten. (Rn. 34 und 39)

Verfahrensgang

M 7 K 14.3249 2015-08-05 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. In Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 5. August 2015 wird der Kostenbescheid der Beklagten vom 18. Mai 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juni 2014 hinsichtlich eines weiteren Teilbetrags in Höhe von 10.695,57 Euro aufgehoben.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt vier Neuntel, die Beklagte fünf Neuntel der Kosten des Verfahrens beider Instanzen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.
Die Berufung des Klägers, über die nach dem Verzicht der Beteiligten auf weitere mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), hat teilweise Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, soweit der angefochtene Leistungsbescheid die Kosten für die Freiwilligen Feuerwehren … und … (mit Ausnahme der überhöhten Stundensätze für Brandwachen) sowie für den Einsatz des Bayerischen Roten Kreuzes und des Luftsportvereins W … betraf (nachfolgend 1.). Hinsichtlich des geforderten Kostenersatzes für den Einsatz von zwei Hubschraubern der Bundespolizei-Fliegergruppe hat die Berufung dagegen Erfolg (nachfolgend 2.).
1. Der angegriffene Bescheid findet seine Rechtsgrundlage in Art. 28 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Abs. 4 Satz 1 BayFwG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2, Abs. 3, § 2 Abs. 1 der seit dem 1. Januar 2014 geltenden „Satzung der Beklagten über Aufwendungs- und Kostenersatz für Einsätze und andere Leistungen gemeindlicher Feuerwehren“ vom 28. November 2013 (Feuerwehrkostensatzung, abrufbar unter: http: …www.gemeinde-paehl.de/index.php?id=0,29). Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 4 BayFwG können die Gemeinden für Einsätze, die durch eine vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführte Gefahr veranlasst waren, Ersatz der notwendigen Auslagen verlangen, die ihnen durch Ausrücken, Einsätze und Sicherheitswachen ihrer Feuerwehren (Art. 4 Abs. 1 und 2 BayFwG) entstanden sind.
a) Bei dem Feuerwehreinsatz am 12. März 2014 handelte es sich um einen Einsatz im abwehrenden Brandschutz (Art. 4 Abs. 1 BayFwG), der durch eine vom Vorstandsvorsitzenden des Klägers in Ausführung einer landschaftspflegerischen Vereinstätigkeit (§ 31 BGB) geschaffene Gefahr in Gestalt des Großbrandes veranlasst war. Der Kläger konnte für diesen Einsatz nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BayFwG grundsätzlich auf Kostenersatz in Anspruch genommen werden, da die Gefahr von ihm grob fahrlässig herbeigeführt worden war.
Grob fahrlässig handelt derjenige, der die verkehrserforderliche Sorgfalt in besonders schwerem, ungewöhnlich hohem Maße verletzt. Dies ist der Fall, wenn einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden und dasjenige unbeachtet bleibt, was in der konkreten Situation jedem einleuchten müsste, wobei auch in der Person des Handelnden begründete Umstände zu berücksichtigen sind (BayVGH, B.v. 2.10.2014 – 4 ZB 14.1562 – juris Rn. 9; BGH, B.v. 15.11.2011 – II ZR 304/09 – juris Rn. 9; Forster/Pemler/Remmele, BayFwG, Stand Januar 2016, Art. 28 Rn. 49; Schober, Kostenersatz nach Feuerwehreinsätzen in Bayern, 2. Aufl. 2008, 73 ff.). Hiernach lag im Entzünden des Räumfeuers durch den Vorstandsvorsitzenden des Klägers unter den damals gegebenen Umständen selbst bei enger Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals (vgl. BayVGH, U.v. 14.12.2011 – 4 BV 11.895 – juris Rn. 37) bereits eine grobe Fahrlässigkeit. Wie im erstinstanzlichen Urteil überzeugend dargelegt wird, hätte es angesichts der damals bestehenden Waldbrandgefahrenstufe 3, des im Verlauf des Tages spürbar zunehmenden Windes, des geringen Abstands zu leicht entzündlichem trockenem Pflanzenmaterial und der fehlenden Löschmittel jedem unmittelbar einleuchten müssen, dass zu dieser Zeit an dem betreffenden Ort kein größeres Feuer entfacht werden durfte, weil durch aufkommende Windböen brennendes Material sehr leicht auf die umgebenden trockenen Wiesen gelangen konnte.
Wie der Senat bereits in seiner Entscheidung im Parallelverfahren klargestellt hat (B.v. 1.8.2016 – 4 ZB 16.345 – juris Rn. 15 ff.), hat das Verwaltungsgericht entgegen den Einwänden des Klägers bei der Ermittlung des den Verschuldensvorwurf begründenden Sachverhalts weder übersehen, dass sich das gesammelte Material zum Zeitpunkt des Anzündens auf einer Wegfläche befand, noch ergab sich aus der Aussage einer Zeugin, wonach die im Überschwemmungsbereich des Ammersees gelegene Wiese teilweise gefroren und nicht nur nass gewesen sei, die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung. Auch im Berufungsverfahren müssen daher hierzu keine weiteren Feststellungen getroffen werden. Das Gleiche gilt für die von der Klägerseite angesprochenen Unterschiede der Brandgefahren im Wald und im freien Gelände, deren sich das Verwaltungsgericht ersichtlich bewusst war und die es auch mit seinem allgemeinen Hinweis auf die damals geltende Waldbrandgefahrenstufe nicht in Frage gestellt hat.
Entgegen dem Einwand des Klägers hat das Verwaltungsgericht die im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren und im erstinstanzlichen Klageverfahren zu Protokoll gegebenen Zeugenaussagen nicht einseitig zu Lasten des Vorstandsvorsitzenden des Klägers gewertet. Das Gericht hat seine Überzeugung, dass es beim Anzünden des Räumfeuers nicht mehr windstill war, maßgeblich auf entsprechende Äußerungen der Zeugen Dr. F. und K. bei ihrer Befragung durch die Polizei gestützt. Dass es diesen kurz nach dem Brandereignis zu Protokoll gegebenen Erklärungen höheres Gewicht beigemessen hat als den auffallend detailarmen späteren Ausführungen des weiteren Zeugen Dr. M., der seine frühere Aussage bei der gerichtlichen Vernehmung ersichtlich zu relativieren versucht hat, ist aus den vorliegenden Niederschriften unmittelbar nachvollziehbar und begründet demzufolge keinen zusätzlichen Aufklärungsbedarf.
Die drei Zeugen haben im Übrigen bei ihrer Befragung durch das Verwaltungsgericht entgegen der Darstellung in der Berufungsbegründung keineswegs bekundet, dass im Zeitpunkt des Entzündens des Feuers kein Wind gegangen sei. Die Zeugin Dr. F. hat lediglich berichtet, ihr sei zunächst „kein stärkerer Wind aufgefallen“; erst später habe sie gemerkt, dass es windstille Phasen und Phasen mit Böen gegeben habe. Der Zeuge Dr. M. hat auf Nachfrage eine leichte Brise ausdrücklich für möglich gehalten; der weitere Zeuge K. konnte sich in der mündlichen Verhandlung an die damaligen Windverhältnisse nicht mehr erinnern. Keiner der Zeugen hat demnach gegenüber dem Gericht behauptet, zum fraglichen Zeitpunkt habe Windstille geherrscht. Bei ihrer Vernehmung im Rahmen früheren Strafverfahrens, etwa zwei Wochen nach dem Brand, haben die Zeugen Dr. M. und K. dagegen ausdrücklich bestätigt, es sei ein leichter bzw. starker Wind gegangen. Dies steht im Einklang mit der vom Verwaltungsgericht angeführten Auskunft des DIW, wonach die Windstärke am fraglichen Tag bis 14.00 Uhr auf 3,1 m/sec angestiegen sei und damit zu einer im Gesicht fühlbaren leichten Brise geführt habe.
Angesichts dieser Begleitumstände ist das Verwaltungsgericht zu Recht zu der Einschätzung gelangt, dass die Windstöße, die zur Ausbreitung des Feuers geführt haben, für den Vorstandsvorsitzenden des Klägers ohne weiteres vorhersehbar waren. Dass er sich gleichwohl über die von seinen Begleitern unmittelbar vor dem Anzünden des Feuers geäußerten Bedenken und Warnungen kurzerhand und ohne geeignete Sicherheitsvorkehrungen hinweggesetzt hat, zeugt von besonderer Leichtfertigkeit und begründet den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit im Sinne des Art. 28 Abs. 2 Nr. 4 BayFwG.
Der Umstand, dass das Strafverfahren gegen den Vorstandsvorsitzenden des Klägers nach § 153a Abs. 1 StPO eingestellt wurde, ist für die Kostenerstattungspflicht nach Art. 28 BayFwG nicht relevant und spricht insbesondere nicht gegen ein „grob fahrlässiges“ Herbeiführen der Brandgefahr. Wie der Senat bereits früher dargelegt hat, lassen sich aus den zu einem solchen Schadensfall ergangenen rechtlichen Bewertungen und Reaktionen Dritter, etwa von Strafverfolgungs- und Aufsichtsbehörden oder Versicherungen, keine Argumente dazu gewinnen, um welchen Grad an Fahrlässigkeit es sich gehandelt hat (BayVGH, B.v. 25.10.2005 – 4 CS 05.2079 – juris Rn. 11). Die vorläufige Einstellung eines Strafverfahrens nach § 153a Abs. 1 Satz 1 StPO in Fällen, in denen „die Schwere der Schuld nicht entgegensteht“, zwingt nicht zu dem Schluss, dass keine grobe Fahrlässigkeit vorgelegen habe (ebenso VG Stuttgart, U.v. 5.5.1998 – 13 K 5013/96 – juris; LG München I, U.v. 8.5.2014 – 10 O 4590/13 Ver – NJW-RR 2015, 29/31). Die Beurteilung des strafrechtlichen Schuldvorwurfs erfolgt nach anderen Kriterien als die Bewertung der Fahrlässigkeit im feuerwehrrechtlichen oder auch zivilrechtlichen Sinne. Dass die Strafverfolgungsorgane mit ihren – vom Träger der Feuerwehr nicht anfechtbaren – Einstellungsentscheidungen auf die Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Ausgleichsansprüche präjudizierend einwirken könnten, sieht das geltende Recht nicht vor.
b) Die Inanspruchnahme des Klägers durch den angefochtenen Kostenbescheid ist nicht deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte die Voraussetzungen für einen Verzicht auf Aufwendungsersatz aus Billigkeitsgründen (Art. 28 Abs. 1 Satz 3 BayFwG) verneint hat. Zwar nimmt der Kläger als eingetragener Naturschutz- und Landschaftspflegeverein durch seine ehrenamtlich tätigen Mitglieder dem Gemeinwohl dienende Aufgaben wahr. Eine generelle Privilegierung gemeinnützig tätiger Akteure sieht die genannte Billigkeitsvorschrift aber nicht vor. Eine besondere persönliche oder sachliche Härte, die bei juristischen Personen wohl nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt, war hier zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung weder ersichtlich noch substantiiert geltend gemacht worden. Dass die streitgegenständliche Kostenforderung von ursprünglich knapp 20.000 Euro die weitere Existenz des Klägers als Verein konkret gefährden könnte, haben dessen Vertreter auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht überzeugend darzulegen vermocht. Angesichts des von ihnen nicht in Abrede gestellten umfangreichen privaten Spendenaufkommens und der in einem zweijährigen Turnus gewährten öffentlichen Fördermittel in Höhe von 300.000 Euro muss vielmehr davon ausgegangen werden, dass der streitige Erstattungsbetrag durch Umschichtungen und Einsparungen im Jahresetat aufgebracht werden kann. Wegen der vergleichsweise geringen Höhe des Betrags kann auch nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Vorstandsvorsitzende des Klägers durch eine etwaige Regressforderung des Klägers persönlich unzumutbar belastet werden könnte.
c) Zu den der Beklagten durch den Feuerwehreinsatz entstandenen „notwendigen Aufwendungen“ (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayFwG) gehörten in erster Linie die von der Beklagten gemäß ihrer Feuerwehrkostensatzung berechneten Kosten für den Personal- und Sachmitteleinsatz der Freiwilligen Feuerwehren … und … (Nr. 1 des Bescheids vom 18.5.2014) abzüglich der vom Verwaltungsgericht beanstandeten überhöhten Stundensätze für Brandwachen. Darüber hinaus konnte aber auch Ersatz für die dem Bayerischen Roten Kreuz auf dessen Schreiben vom 31. März 2014 hin erstatteten Auslagen in Höhe von 155,27 Euro für die Verpflegung der Einsatzkräfte (Metzgerei und Getränke) sowie für die gegenüber dem Luftsportverein W … beglichene Rechnung vom 9. April 2014 in Höhe von 98,44 Euro für den 92-minütigen Aufklärungseinsatz des Motorseglers (1 Euro pro Minute zzgl. 7% MwSt) verlangt werden (Nr. 3 des Bescheids vom 18.5.2014).
Dass solche Zahlungsansprüche Dritter ebenfalls von der feuerwehrrechtlichen Erstattungspflicht erfasst sind, hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen. Die in der Anlage zur Feuerwehrkostensatzung der Beklagten festgelegten Pauschalsätze für Strecken-, Ausrückestunden- und Personalkosten decken nur die Inanspruchnahme der eigenen Einsatzkräfte und -fahrzeuge ab und schließen den Ersatz der notwendigen Auslagen für den übrigen Personal- und Materialaufwand nicht aus (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 und 3 der Feuerwehrkostensatzung). Dieses weite Verständnis entspricht auch dem Rechtsbegriff der „Aufwendungen“ gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayFwG, der nach allgemeiner Auffassung neben den der Feuerwehr selbst entstandenen Kostenanteilen ebenso alle sonstigen durch den Einsatz verursachten Kosten umfasst, insbesondere die Entgelte für vom Einsatzleiter veranlasste privatrechtliche Leistungen Dritter (vgl. BayVGH, U.v. 28.2.1996 – 4 B 94.2229 – NVwZ-RR 1996, 652/653; U.v. 24.9.2015 – 4 B 14.1831 – juris Rn. 30; VG Ansbach U.v. 11.4.2013 – 5 K 12.02122, BeckRS 2013, 50832; Forster/Pemler/Remmele, a.a.O., Art. 28 Rn. 31a; Schober, a.a.O., 33; Schulz in Praxis der Kommunalverwaltung, Stand August 2015, BayFwG, Art. 28 Anm. 1.3.3). Um eine solche auf privatrechtlicher Grundlage erbrachte Leistung handelte es sich auch bei der Verpflegung durch das Bayerische Rote Kreuz, da diese Organisation trotz ihres formellen Rechtsstatus als Körperschaft des öffentlichen Rechts und ungeachtet der Erfüllung gemeinwohlbezogener Aufgaben kein Teil der öffentlichen Verwaltung ist und daher jedenfalls im Außenrechtsverhältnis im Regelfall rein privatrechtlich tätig wird (vgl. VerfGH, E.v. 2.5.2016 – Vf. 93-VI-14 – BayVBl 2017, 300 Rn. 34 f. m.w.N.).
2. Soweit der angefochtene Kostenbescheid die durch den Einsatz der Bundespolizei-Fliegergruppe mit zwei Personenhubschraubern entstandenen Kosten in Höhe von 10.695,57 Euro umfasst (Nr. 2 des Bescheids vom 18.5.2014), ist er rechtswidrig und daher aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
a) Die Anforderung der Hubschrauber erfolgte durch den Kommandanten der Freiwilligen Feuerwehr … als Einsatzleiter (Art. 18 Abs. 2 Satz 1 BayFwG), wie dieser bei seiner Vernehmung vor dem Verwaltungsgericht unmissverständlich bekundet hat (Sitzungsprotokoll vom 5.8.2015, S. 10). Dass in einem internen Schreiben des Bundespolizeipräsidiums vom 19. März 2014 an die Bundespolizei-Fliegergruppe, das deren Abrechnungsschreiben vom 22. April 2014 an die Beklagte beigefügt war (Bl. 69 der Behördenakten), von einer Anforderung durch den „Landkreis W …“ die Rede war, beruhte auf einer Fehlinformation der für die Feuerwehralarmierung in der Region zuständigen Integrierten Leitstelle (Bl. 58 der Behördenakten); Vertreter des Landkreises waren an dem fraglichen Einsatz in Wahrheit nicht beteiligt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass ein Bediensteter der Beklagten oder ein Mitarbeiter des Landratsamts in der Funktion als örtliche bzw. überörtliche Sicherheitsbehörde (Art. 6 LStVG) um den Hubschraubereinsatz ersucht hätte, so dass ein Ersatz der Auslagen nicht mehr auf der Grundlage des Art. 28 BayFwG, sondern allenfalls nach den allgemeinen kostenrechtlichen Bestimmungen (Art. 2, 10, 20 KG) in Betracht käme (vgl. dazu BayVGH, U.v. 24.9.2015, a.a.O. Rn. 31; Schulz, a.a.O., Art. 18 Anm. 1.1). Nach Lage der Dinge muss daher angenommen werden, dass die Beteiligung der Hubschrauber an den Löschmaßnahmen eine gegenüber der gemeindlichen Feuerwehr erbrachte Hilfeleistung darstellte. Da die Feuerwehr eine unselbständige Dienststelle der Gemeindeverwaltung ist (vgl. BayVGH, U.v. 25.1.2007 – 4 BV 04.3156 – VGH n.F. 60, 53/56 = BayVBl 2007, 274), bestand das entsprechende Rechtsverhältnis also zwischen der zuständigen Bundesbehörde und der Beklagten.
Für die Unterstützung bei der Brandbekämpfung hat die Beklagte zwar nachträglich gegenüber der Bundespolizei-Fliegerstaffel O … eine Kostenübernahmeerklärung abgegeben (Bl. 57 der Behördenakten) und dementsprechend die von der Bundespolizei-Fliegergruppe mit Schreiben vom 22. April 2014 in Rechnung gestellten „einsatzbedingten Kosten“ in voller Höhe erstattet. Diese Zahlung kann jedoch nicht als ersatzfähige notwendige Aufwendung im Sinne des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayFwG angesehen werden, da der Bund als Träger der Bundespolizei-Fliegergruppe eine Erstattung der Kosten des Hubschraubereinsatzes nicht verlangen konnte.
b) Bei der Anforderung der Hubschrauber handelte es sich, wie auch in dem erwähnten Schreiben des Bundespolizeipräsidiums vom 19. März 2014 zum Ausdruck kommt, um ein Amtshilfeersuchen im Sinne des Art. 35 GG. Nach Art. 35 Abs. 1 GG leisten sich alle Behörden des Bundes und der Länder gegenseitig Amtshilfe. Diese Rahmenvorschrift trifft allerdings keine Aussage darüber, wer im Innenverhältnis der beteiligten Stellen die Kosten für eine Amtshilfeleistung zu tragen hat (BVerwG, B.v. 15.5.2014 – 9 B 45/13 – NJW 2014, 2808 Rn. 10; BayVGH, U.v. 4.6.2013 – 5 B 11.2412 – juris Rn. 27; Erbguth in Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 35 Rn. 18). Maßgeblich dafür sind daher die einschlägigen einfachgesetzlichen Amtshilfebestimmungen, wobei es nach ganz herrschender Auffassung auf das für die ersuchte Behörde geltende Recht ankommt (vgl. BVerwG, U.v. 6.2.1986 – 3 C 74.84 – NVwZ 1986, 467; VGH BW, U.v. 15.3.1990 – 1 S 282/90 – NVwZ-RR 1990, 337; Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 8 Rn. 5; Shirvani in Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 1. Aufl. 2014, § 4 Rn. 24; Schliesky in Knack/Hennecke, VwVfG, 10. Aufl. 2014, Rn. 16 vor § 4 m.w.N.).
Nach der allgemeinen bundesrechtlichen Vorschrift des § 8 Abs. 1 VwVfG hat die ersuchende Behörde der ersuchten Behörde für die Amtshilfe keine Verwaltungsgebühr zu entrichten (Satz 1); Auslagen hat sie dagegen der ersuchten Behörde auf Anforderung zu erstatten, wenn sie im Einzelfall 35 Euro übersteigen (Satz 2) und die Behörden nicht demselben Rechtsträger angehören (Satz 3). Ausgehend von diesen gesetzlichen Regelungen musste die Beklagte der um Amtshilfe gebetenen Bundespolizei-Fliegergruppe bzw. dem Bundespolizeipräsidium, dem diese organisatorisch zugeordnet ist, keine Kosten erstatten, da der mit Abrechnungsschreiben vom 22. April 2014 geforderte Betrag von 10.695,57 Euro keine „Auslagen“ gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 VwVfG betraf.
Als Auslagen im amtshilferechtlichen Sinne werden im Einzelnen nachweisbare Baraufwendungen angesehen, die über den allgemeinen Verwaltungsaufwand hinausgehen und den Rechtsträger der ersuchten Behörde haushaltsmäßig besonders belasten (NdsOVG, B.v. 20.2.2012 – 11 LA 217/11 – juris Rn. 10; Schliesky, a.a.O., § 8 Rn. 14; Shirvani, a.a.O., § 8 Rn. 15; Schmitz, a.a.O., § 8 Rn. 9; zur weitergehenden bayerischen Regelung vgl. Adolph in Giehl/Adolph/Käß, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Stand Juni 2016, Art. 8 BayVwVfG Rn. 16 ff.). Dazu zählen z. B. angefallene Reisekosten, Zeugenentschädigungen, Vergütungen von Sachverständigen oder sonstige in § 12 Abs. 1 BGebG genannte tatsächliche Zahlungen, nicht dagegen die nur fiktiv bzw. in pauschalierter Form zu berechnenden Anteile an den eigenen Personal- und Sachkosten der Amtshilfe leistenden Behörde (vgl. NdsOVG, a.a.O., Rn. 18; Shirvani, a.a.O.). Um solche nicht auf konkreten Zahlungsvorgängen beruhende Rechnungsposten handelte es sich aber bei dem für den Hubschraubereinsatz geltend gemachten Betrag, der sich laut beigefügter Aufstellung aus minutengenau berechneten Kostensätzen für die beiden Luftfahrzeuge (insgesamt 10.255,27 Euro), Tagespauschalen für die beteiligten Personen (10,20 Euro) und einer Kilometerentschädigung für den zusätzlich eingesetzten Landebasiswagen (430,10 Euro) zusammensetzte (Bl. 68 der Behördenakten). Bei keinem dieser pauschalierten Einzelbeträge handelte es sich um Baraufwendungen, die durch entsprechende Kassenanordnungen oder Kontoauszüge nachvollziehbar dargelegt und belegt wären (zu dieser Notwendigkeit NdsOVG, a.a.O., Rn. 23).
c) Der aus § 8 Abs. 1 Satz 2 VwVfG folgende Ausschluss der Kostenerstattung entfällt hier entgegen dem Vortrag der Beigeladenen nicht deshalb, weil hinsichtlich der Kostenfolge die Bestimmung des § 11 Abs. 4 Satz 3 BPolG zur Anwendung käme, wonach die durch eine Unterstützung eines Landes nach Absatz 1 entstehenden Mehrkosten das Land trägt, sofern nicht im Einzelfall aus besonderen Gründen in einer Verwaltungsvereinbarung etwas anderes bestimmt wird.
Die genannte Vorschrift stellt keine allgemeine Kostenregelung für Einsätze von Dienststellen der Bundespolizei zugunsten von Landesbehörden dar, sondern bezieht sich nur auf die in § 11 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BPolG abschließend aufgeführten Sonderfälle bundesstaatlicher Hilfeleistung, die ihrerseits auf die in Art. 35 Abs. 2 und 3 sowie Art. 91 Abs. 1 GG umschriebenen, im Rahmen der Notstandsverfassung in das Grundgesetz eingefügten spezifischen Gefahrenlagen Bezug nehmen (Graulich in Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2014, BPolG § 11 Rn. 1). Eine solche föderale Nothilfekonstellation lag dem streitgegenständlichen Hubschraubereinsatz nicht zugrunde. Das nur wenige Hektar Wald- und Wiesenfläche betreffende lokale Brandereignis vom 12. März 2014 war nicht im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 BPolG i. V. m. Art. 35 Abs. 2 Satz 2 als „Naturkatastrophe“ (Alt. 1) oder als „besonders schwerer Unglücksfall“ anzusehen, da hierfür eine großräumige, mindestens regionale Gefahrensituation hätte bestehen müssen (vgl. BVerfG, U.v. 15.2.2006 – 1 BvR 357/05 – BVerfGE 115, 118 Rn. 104 ff.; Graulich, a.a.O., Rn. 14). Zudem ist in den vom Grundgesetz genannten Fällen einer Inanspruchnahme der Bundespolizei zur Katastrophenhilfe allein das betroffene – von der Landesregierung vertretene – Bundesland anforderungsberechtigt (vgl. Epping in BeckOK GG, Stand 1.6.2016, Art. 35 Rn. 23; Graulich, a.a.O., Rn. 15), nicht dagegen der Vertreter einer einzelnen Gemeinde. Dieser kann nur im Rahmen der regulären Amtshilfe nach Art. 35 Abs. 1 GG um Hilfe der Bundespolizei nachsuchen; dass dieses Recht von der Sonderbestimmung des § 11 BPolG unberührt bleibt, wird in dessen Absatz 5 klargestellt.
Die auf Art. 86 Satz 1 GG i. V. m. § 69 BPolG gestützte „Allgemeine Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern über die Verwendung der Bundespolizei bei einer Naturkatastrophe oder bei einem besonders schweren Unglücksfall sowie zur Hilfe im Notfall“ vom 4. September 2012 (BPolKatHiVwV; GMBl 2012, 899) kann hier zu keinem anderen Ergebnis führen. Selbst wenn der darin als Unterfall der technischen Katastrophenhilfe (Nr. 1 Abs. 1 Buchst. a) definierte Begriff der „Naturkatastrophe“, der auch Wald- und Großbrände umfassen soll, wenn sie Schäden erheblichen Ausmaßes verursachen und nicht mit den Mitteln der alltäglichen Gefahrenabwehr bewältigt werden können (Nr. 3 Satz 2), weiter zu verstehen sein sollte als der gleichlautende Terminus in § 11 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 BPolG, ergäbe sich daraus kein Anspruch des Bundes auf Kostenerstattung für die durch den Hilfseinsatz entstandenen Mehrkosten (Nr. 9 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 3 BPolKatHiVwV). Einer solchen Erweiterung der Ausgleichspflicht nach § 11 Abs. 4 Satz 3 BPolG stünde jedenfalls der aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgende Vorrang des (förmlichen) Gesetzes entgegen, der eine Abänderung einer gesetzlichen Regelung durch eine bloße Verwaltungsvorschrift generell ausschließt (vgl. BVerfG, U.v. 6.5.1958 – 2 BvL 37/56, 11/57 – BVerfGE 8, 155/169). Die als verwaltungsinterne Richtlinie einseitig vom Bundesministerium des Innern erlassene Vorschrift der Nr. 9 BPolKatHiVwV stellt auch keine im Bund-Länder-Verhältnis geschlossene Verwaltungsvereinbarung dar, mit der die Kostentragungspflicht nach § 11 Abs. 4 Satz 3 BPolG modifiziert werden könnte. Eine spezielle Vorschrift, die über die Beschränkungen des § 8 Abs. 1 Satz 2 VwVfG hinaus einen Erstattungsanspruch des Bundes gegenüber der Beklagten begründen könnte, existiert somit nicht.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
III.
Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, weil der Begriff der „Auslagen“ im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 VwVfG in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bisher nicht geklärt ist.

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen