Verwaltungsrecht

Erstellung dienstlicher Beurteilungen bei der Bayerischen Polizei

Aktenzeichen  M 5 K 16.838

Datum:
31.3.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
LlbG LlbG Art. 54, Art. 62
BayBesG BayBesG Art. 30, Art. 66

 

Leitsatz

Dienstliche Beurteilungen werden bei der Bayerischen Polizei „von unten nach oben“ entwickelt, d.h. es erfolgt zunächst eine Reihung auf Dienststellenebene, danach auf Sprengelebene und zuletzt, unter Verzahnung der fünf Sprengel, auf Präsidiumsebene (vgl. BayVGH BeckRS 2014, 53487). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung seiner periodischen Beurteilung vom 1. Juni 2015 für den Beurteilungszeitraum 1. Juni 2012 bis 31. Mai 2015 sowie des Widerspruchsbescheids vom 2. Dezember 2015 und Erstellung einer neuen periodischen Beurteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Die angefochtene Beurteilung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO analog, da eine dienstliche Beurteilung keinen Verwaltungsakt darstellt).
1. Dienstliche Beurteilungen sind ihrem Wesen nach persönlichkeitsbedingte Werturteile, die verwaltungsgerichtlich nur beschränkt überprüfbar sind (BVerwG, U.v. 13.5.1965 – 2 C 146.62 – BVerwGE 21, 127/129; U.v. 26.6.1980 – 2 C 8/78 – BVerwGE 60, 245 ständige Rechtsprechung). Nach dem erkennbaren Sinn der Regelung über die dienstliche Beurteilung soll nur der Dienstherr oder der für ihn handelnde Beurteiler ein persönliches Werturteil darüber abgeben, ob und inwiefern der Beamte den vom Dienstherrn zu bestimmenden, zahlreichen fachlichen und persönlichen Anforderungen des konkreten Amtes entspricht. Bei einem derartigen, dem Dienstherrn vorbehaltenden Akt wertender Erkenntnis steht diesem eine der gesetzlichen Regelung immanente Beurteilungsermächtigung zu. Demgegenüber hat sich die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle darauf zu beschränken, ob der Beurteiler den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat, oder ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Soweit der Dienstherr Richtlinien für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, ist vom Gericht auch zu prüfen, ob die Richtlinien eingehalten sind und ob sie den gesetzlichen Regelungen über die dienstliche Beurteilung und auch sonst mit gesetzlichen Vorschriften in Einklang stehen (BVerwG, U.v. 11.1.1999 – 2 A 6/98 – ZBR 2000, 269). Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle kann dagegen nicht dazu führen, dass das Gericht die fachliche oder persönliche Beurteilung des Beamten durch den Dienstherrn in vollem Umfang nachvollzieht oder diese gar durch eine eigene Beurteilung ersetzt (BVerwG, U.v. 26.6.1980, a.a.O.).
Zugrunde zu legen sind Art. 54 ff. des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen (Leistungslaufbahngesetz – LlbG), die Verwaltungsvorschriften zum Beamtenrecht (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen v. 18.11.2010 – VV-BeamtR, FMBl. S. 264, Abschnitt 3: Dienstliche Beurteilung – allgemeine Beurteilungsrichtlinien), sowie die Richtlinien für die dienstliche Beurteilung, Leistungsfeststellungen nach Art. 30 und 66 des Bayerischen Besoldungsgesetzes (BayBesG) – i.V.m. Art. 62 LlbG für die Beamtinnen und Beamten der Bayerischen Polizei und des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz vom 8. April 2011 (Beurteilungsrichtlinien der Bayerischen Polizei, AllMBl S. 129). Maßgebend ist, welches Beurteilungssystem und welche Regelungen zum Beurteilungsstichtag (hier: 31.5.2015) gegolten haben (vgl. BVerwG, U.v. 2.3.2000 – 2 C 7/99 – NVwZ-RR 2000, 621 unter Hinweis auf BVerwG, B.v. 14.2.1990 – 1 WB 181/88 – BVerwGE 86, 240).
2. Gemessen an diesen Grundsätzen ist die angefochtene dienstliche Beurteilung vom 1. Juni 2015 rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Zeugen – an deren Glaubhaftigkeit das Gericht keinen Anlass zu Zweifeln sieht – haben in der mündlichen Verhandlung das formale Vorgehen wie auch die maßgeblichen Erwägungen für die Bewertung des Klägers im Vergleich mit den Beamten derselben Besoldungsgruppe (A 10) dargestellt. Danach ist gegen die Beurteilung rechtlich nichts einzuwenden.
Es wurde geschildert, dass die Beurteilung im vorliegenden Fall, wie bei der Bayerischen Polizei üblich, „von unten nach oben“ entwickelt wurde. So wurde zunächst eine Reihung auf Dienststellenebene gebildet, danach auf Sprengelebene und zuletzt, unter Verzahnung der fünf Sprengel, auf Präsidiumsebene (vgl. hierzu BayVGH, U.v. 7.5.2014 – 3 BV 12.2594 – RiA 2014, 277, juris Rn. 55). Der Kläger war hierbei dienststellenintern auf Platz vier von vier Beamten gereiht, auf Sprengelebene auf Rang 17 von 21 und auf Präsidiumsebene auf Platz 64 von insgesamt 76 in dieser Besoldungsgruppe zu beurteilenden Beamten.
a) Insbesondere der Zeuge P. H. hat erläutert, wie die Reihungen „von unten nach oben“ erarbeitet wurden. Er hat geschildert, dass er während der Sprengelsitzung am 23. März 2015 hinsichtlich der Leistungen des Klägers explizit bei dessen unmittelbarem Vorgesetzten nachfragte und sich berichten ließ. Die vorgeschlagene Platzierung des Klägers sei ihm aufgrund dessen plausibel erschienen. Der Zeuge S., der als unmittelbarer Vorgesetzter des Klägers den Beurteilungsentwurf erstellt hat, hat die Hintergründe geschildert, die für der Platzierung des Klägers maßgeblich waren. Demnach habe es sich bei den auf den vorderen Rängen platzierten Beamten um erfahrenere, sehr gute Kollegen des Klägers gehandelt, die zum Teil bereits kurz vor dem Aufstieg gestanden hätten. Die Leistungen des Klägers seien dahinter zurückgeblieben. Auch seien dem Kläger etwa bei der Vorgangskontrolle noch Fehler unterlaufen. Er habe im Mai den Beurteilungsentwurf für den Kläger erstellt und empfinde das Ergebnis als gerecht und leistungsangemessen. Dabei ist unerheblich, dass der Kläger zunächst auf Platz drei der vier Beamten der Dienststelle bzw. auf Rang 13 bei der Sprengelreihung gesetzt worden war. Denn diese Reihung beruht auf internen Gesprächen zur Vorbereitung der Reihungsbesprechungen. Bei diesen (Vor-)Gesprächen auf Dienststellen- und Sprengelebene hat der Zeuge H. als Beurteiler noch nicht teilgenommen. Auch gab der Zeuge S. an, dass sich der Vergleich der Beamten insbesondere im Bereich der Dienststelle als schwierig erwies, da die auf den letzten beiden Rängen gereihten Beamten unterschiedliche Stärken und Schwächen aufwiesen. Letztlich sei die Bewertung jedoch aus seiner Sicht, auch hinsichtlich der Dienststelle und der beiden betreffenden Beamten im Verhältnis untereinander, stimmig und zutreffend gewesen.
Darüber hinaus haben sich schließlich auch keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass bei der Bewertung des Klägers sachfremde Erwägungen in die Beurteilung mit eingeflossen sein könnten.
b) Ein rechtsfehlerhaftes Vorgehen ist auch im Hinblick auf die Anlegung der Quote nicht zu erkennen. Soweit die endgültige Quote bei dem Reihungsgespräch am 23. März 2015 noch nicht vorgelegen hatte, war es legitim, anhand der Werte früherer Beurteilungsrunden eine Quote abzuschätzen und diese zu einer ersten Orientierung heranzuziehen. Bei der Besprechung im Mai wurde dann die zutreffende, für diese Beurteilungsrunde vorgegebene Quote angelegt. Der Zeuge P. H. hat auch ausdrücklich angegeben, dass ihm die endgültige Quote bekannt war.
Es mag ungewöhnlich sein, nicht aber rechtlich zu beanstanden, dass in der streitgegenständlichen Beurteilungsrunde zwar 15 Punkte sowie 13 Punkte vergeben worden sind, nicht jedoch 14 Punkte. Hieran lässt sich vielmehr erkennen, dass die Quote nicht unbedacht angelegt wurde, sondern sich der Beurteiler konkrete Gedanken über die Bewertung der Beamten gemacht hat. Wenn kein Beamter mit 14 Punkten, stattdessen aber vier Beamte mit 13 Punkten beurteilt wurden, spricht dies dafür, dass offenbar keiner dieser vier Beamten mit seinen Leistungen als so herausragend bewertet werden konnte. Hieran ist kein Fehler erkennbar.
c) Auch das Argument der Klagepartei, es liege ein formaler Fehler hinsichtlich der zehn zum Stichtag 1. April 2015 in die Besoldungsgruppe des Klägers hinein beförderten Beamten vor, vermag nicht zu überzeugen. Zwar sind diese Beamten bereits während des Reihungsgesprächs vom 23. März 2015 besprochen worden, obwohl sie zu dem Zeitpunkt noch nicht Bestandteil der Vergleichsgruppe waren. Hierin ist jedoch lediglich eine Vorbesprechung zu sehen, die noch keine abschließende Bewertung darstellt. Im Fokus stehen dabei die Leistungen der Beamten, die sich in der Regel nicht allein aufgrund der Beförderung von einem zum anderen Tag ändern. Es ist lediglich ein veränderter Vergleichsmaßstab aufgrund der neuen Vergleichsgruppe anzulegen, in welche die Beamten hinein befördert werden. Sämtliche Reihungsgespräche sind als Teil des Entwicklungsprozesses anzusehen, an deren Ende die dienstliche Beurteilung steht. Das letzte Reihungsgespräch fand am 22. Mai 2015 statt und bot die Möglichkeit für erneute Diskussion der im März vorbesprochenen Beurteilungsreihung. Dabei ist auch unproblematisch, dass der Polizeipräsident, der Zeuge H., an dem Gespräch im Mai 2015 verhindert war und stattdessen den Vizepräsidenten als seinen Stellvertreter beauftragte. Wie der Zeuge geschildert hat, ließ er sich nach dem Reihungsgespräch über etwaige Änderungen im Vergleich zur letzten Reihungsbesprechung – an der selbst teilgenommen hatte – berichten. Auch ließ er sich das Endergebnis schriftlich vorlegen. Die endgültigen Beurteilungen standen letztlich erst zum Beurteilungsstichtag, dem 31. Mai 2015, fest. Nach Aussage des Zeugen hätten selbst Änderungen im Zeitraum zwischen dem letzten Reihungsgespräch und dem Beurteilungsstichtag noch berücksichtigt werden können.
3. Der Kläger hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.


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