Verwaltungsrecht

Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Studiums

Aktenzeichen  B 6 S 18.957

Datum:
18.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 43692
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 16 Abs. 1 S. 1, § 51 Abs. 1 Nr. 2, § 81 Abs. 4 S. 1
VwGO § 80 Abs. 5, § 123

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 1.250 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage auf die Verpflichtung der Antragsgegnerin auf erneute Verbescheidung seines Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels und seiner Klage gegen die gegen ihn ergangene Ausreiseaufforderung samt Abschiebungsandrohung.
Der Antragsteller, geb. am … in T. (Marokko), ist marokkanischer Staatsangehöriger und verfügt über einen bis 13.10.2019 gültigen marokkanischen Reisepass.
Nach erfolgreichem Schulbesuch erwarb er im Jahr 2014 an der Universität in K. (Marokko) einen Bachelorabschluss im Bereich „IT-Ingenieur Systeme/Netze“ und im Februar 2015 das Zertifikat B 1 über seine Deutschkenntnisse. Im April 2015 wurde er auf seinen Antrag hin im Wintersemester 2015/2016 zum Deutschkurs im Rahmen einer Bewerbung für den Studiengang Master of Science „Informatik“ an der Friedrich-Alexander-Universität E./N. (FAU) zugelassen.
Am 28.09.2015 reiste er mit einem bis 25.12.2015 gültigen Visum zum Zweck eines Studiums in N. erstmals in Bundesgebiet ein und besuchte ab 19.10.2015 einen Kurs an der FAU zur Vorbereitung auf die Sprachprüfung in Deutsch für den Hochschulzugang. Am 22.12.2015 stellte ihm die Ausländerbehörde der Stadt E. gemäß § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG eine Fiktionsbescheinigung aus.
Am 05.02.2016 beantragte er förmlich eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Studiums. Die Sicherung seines Lebensunterhalts wies er über ein Sperrkonto nach. Am 31.03.2016 wurde ihm eine bis 01.12.2016 gültige Aufenthaltserlaubnis zur Absolvierung eines studienvorbereitenden Intensivsprachkurses mit anschließendem Besuch eines Studienkollegs oder Studiums an einer Hochschule erteilt. Im Wintersemester 2016/2017 nahm er an einem weiteren studienvorbereitenden Deutschkurs teil.
Am 03.11.2016 beantragte er die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis. Seinen Lebensunterhalt wies er über eine Verpflichtungserklärung nach, die sein in Frankreich als Ingenieur arbeitender und lebender Bruder für ihn bei der Deutschen Botschaft in Paris abgegeben hatte. Noch am gleichen Tag wurde seine Aufenthaltserlaubnis bis 31.03.2017 verlängert.
Auf seinen erneuten Verlängerungsantrag vom 20.02.2017 hin erhielt er zunächst eine bis 31.07.2017 gültige Fiktionsbescheinigung. Da er mit Bescheid der Hochschule vom 14.01.2017 für das Sommersemester 2017 zum Studiengang Bachelor of Science „Mathematik“ an der Universität R. zugelassen worden war, meldete er sich zum 01.04.2017 in E. ab.
Im Sommersemester 2017 wurde er an der Uni R. im 1.Semester immatrikuliert und nahm in R. seinen Wohnsitz. Am 03.05.2017 stellte er bei der Stadt R. einen Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis. Erneut gab sein Bruder für ihn bei der Deutschen Botschaft in Paris eine Verpflichtungserklärung ab. Am 21.07.2017 erteilte ihm die Ausländerbehörde der Stadt R. eine bis 20.07.2019 gültige Aufenthaltserlaubnis gemäß § 16 Abs. 1 AufenthG zum Zweck des Studiums an der Universität R., Fachrichtung Mathematik. Als Nebenbestimmung fügte die Behörde. u.a. bei:
„Die Aufenthaltserlaubnis erlischt bei Abbruch des Studiums, Studienende, Studienfachwechsel oder Hochschulwechsel.“
Da ihn, wie er selbst angibt, einer seiner Professoren darauf hingewiesen hatte, dass das Mathematikstudium in R. nicht für ihn geeignet sei, weil er das dort vermittelte Wissen bereits besitze, bewarb sich der Antragsteller um ein Bachelorstudium im Studiengang Informatik an der Universität B. Am 12.12.2017 ließ ihn diese Hochschule zu dem Studium zu. Mit Bescheid vom 05.03.2018 exmatrikulierte ihn die Universität R. mit Wirkung zum Ende des Wintersemesters am 31.03.2018. Laut einer vom 21.03.2018 datierenden Immatrikulationsbescheinigung der Universität B. studiert er im 3. Hochschulsemester und beginnt jetzt im 1. Fachsemester mit einem Studium im Studiengang mit dem Abschluss Bachelor of Science.
Am 27.03.2018 zog er nach B. um und fing an, hier zu studieren. Am 09.04.2018 meldete er sich in B. an. Von der Umzugsmeldung erhielt die Ausländerbehörde am 10.04.2018 Kenntnis.
Mit formularmäßigem Schreiben vom 24.05.2018, das beim Ausländeramt der Antragsgegnerin am 28.05.2018 einging, beantragte er, wegen eines Wechsel des Studienfachs/der Studienrichtung die Auflage in seiner Aufenthaltserlaubnis zu ändern. Am 11.06.2018 legte er der Antragsgegnerin den Exmatrikulationsbescheid und eine Exmatrikulationsbescheinigung vor. Am gleichen Tag hörte die Antragsgegnerin den Antragsteller zum Erlöschen seiner Aufenthaltserlaubnis und der daraus resultierenden Ausreiseverpflichtung schriftlich an und stellte ihm eine Grenzübertrittsbescheinigung für eine bis 22.06.2018 befristete freiwillige Ausreise aus.
Der Antragsteller reiste nicht freiwillig aus. Stattdessen baten seine damaligen Verfahrens- und jetzigen Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 13.06.2018 darum, positiv über seinen Antrag auf Studiengangwechsel zu entscheiden. Ergänzend ließ er am 10.07.2018 ein von ihm unterzeichnetes, an das Ausländeramt der Antragsgegnerin adressiertes formloses Schreiben, betitelt „Antrag auf Genehmigung des Studienfachwechsels/Studienortes“ vorlegen, das laut beigefügter Sendebestätigung in französischer Sprache am „19 mars 2018 `a 09:32 “ versandt wurde. Darin teilte er mit, er habe letzte Woche bei der Studierendenkanzlei der Universität B., wo er ab April 2018 studieren wolle, einen Antrag auf Genehmigung des Studienfachwechsels/Studienortes erhalten und bitte deshalb um eine dringende Terminvereinbarung. Am 07.08.2018 reichte er dem Ausländeramt ein Schreiben der Universität R. nach, mit dem verschiedene Leistungen, die er an der Universität in K… (Marokko) erbracht hatte, anerkannt wurden. Gleichzeitig legte er ein Attest vor, mit dem ihm für die am 24. bis 26.07.2018 an der Universität B. anstehenden Prüfungen Prüfungsunfähigkeit bescheinigt wurde.
Mit Bescheid vom 10.08.2018 forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung des Bescheides zu verlassen (Ziff. 1), lehnte den Antrag auf Wechsel des Studienfachs vom 28.05.2018 ab (Ziff. 2) und drohte dem Antragsteller, wenn er der gewährten Ausreisepflicht nicht fristgerecht nachkomme, die Abschiebung in das Königreich Marokko an (Ziff. 3). Die Wirkungen der Abschiebung wurden auf ein Jahr, gerechnet ab dem Tag des Verlassens der Bundesrepublik, befristet (Ziff. 4).
Zur Begründung führt die Antragsgegnerin aus, der Antragsteller halte sich ohne erforderlichen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet auf.
Die von der Stadt R. am 21.07.2017 erteilte Aufenthaltserlaubnis sei erloschen, weil die dem Aufenthaltstitel beigefügte auflösende Bedingung eingetreten sei. Der Antragsteller habe sich seinen Hochschulwechsel nicht vorab von der Ausländerbehörde der Stadt R. genehmigen lassen. Offenbleiben könne, ob der Antragsteller ohne Termin im Ausländeramt der Antragsgegnerin vorgesprochen habe, weil die Antragsgegnerin ohnehin unzuständig gewesen wäre. Aus der Einschreibung an der Universität B. habe der Antragsteller keine ausländerrechtlichen Schlüsse ziehen können, weil eine Immatrikulation hochschulrechtlich auch ohne den entsprechenden Aufenthaltstitel erfolgen könne.
Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf Genehmigung seines Studiengangwechsels, weil er keinen für einen Aufenthalt im Bundesgebiet erforderlichen Aufenthaltstitel mehr besitze. Auch in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens könne dem Antrag nicht entsprochen werden. Zwar könne grundsätzlich ein Studiengangwechsel, auch wenn die Aufenthaltserlaubnis erloschen sei, genehmigt werden. Doch falle die Abwägung hier gegen den Antragsteller aus. Voraussetzung dafür, dass ein Studiengangwechsel trotz vorherigen Erlöschens des Studienfachwechsels zulässig wäre, sei, dass dadurch eine Gesamtaufenthaltsdauer von zehn Jahren nicht überschritten werde und dass das bisherige Studium ernsthaft betrieben worden sei. Der Antragsteller habe in seinem Bachelor-Studium in Marokko allenfalls Leistungen im unteren Mittelfeld erbracht. Während seines dreisemestrigen Studiums in Deutschland habe er bisher noch keine nachweisbaren Leistungen erbracht. Zur Rechtfertigung dafür könne er sich auch nicht auf eine längerdauernde Erkrankung berufen, weil er nur ein Attest für eine Prüfungsunfähigkeit von drei Tagen vorgelegt habe.
Der Bescheid wurde am 10.08.2018 gegen Empfangsbekenntnis versandt, das die Verfahrensbevollmächtigten in der Folgezeit nicht zurücksanden.
Mit Telefax vom 10.09.2018, das am 11.09.2018 bei Gericht einging, haben die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth erhoben und beantragt, unter Aufhebung des Bescheides vom 10.08.2018 die Antragsgegnerin zu verpflichten, über seinen Antrag auf Erteilung eines den Aufenthaltstitels zum Zwecke des Vollzeitstudiums unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Dieses Verfahren wird unter dem Az. B 6 K 18.958 geführt.
Zugleich haben sie, ebenfalls am 10.09.2018, gemäß § 80 Abs. 5 VwGO beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung wird ausgeführt, die aufschiebende Wirkung der Klage sei anzuordnen, weil die Klage aller Voraussicht nach Erfolg haben werde. Der Antragsteller habe einen Anspruch darauf, dass die Antragsgegnerin erneut eine Ermessensentscheidung über die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 16 AufenthG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts treffe.
Aufgrund verschiedener Fehlinformationen und Missverständnisse seitens der Ausländerämter R. und B. habe der Antragsteller die Aufenthaltserlaubnis für sein neues Studium zu spät beantragt. Deshalb sei ihm der Aufenthaltstitel versagt worden. Er habe jedoch bei seinem (ersten) Wechsel eines Studiengangs erst zwei Semester und damit weniger als 18 Monate studiert gehabt und erfülle damit die Voraussetzungen für einen zulässigen Studiengangwechsel.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die am 21.07.2017 von der Stadt R. erteilte zweijährige Aufenthaltserlaubnis sei durch den Eintritt der beigefügten auflösenden Bedingung erloschen. Die Erteilung einer neuen Aufenthaltserlaubnis im Ermessenswege sei abgelehnt worden, weil der Antragsteller bislang keine Leistungspunkte erzielt habe und damit nicht nachgewiesen habe, dass er ordnungsgemäß studiere.
Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die auf elektronischem Wege vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 10.08.2018 wird abgelehnt. Soweit die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis (Ziff. 2 des Bescheides) beantragt wird, ist er unzulässig (nachfolgend a). Soweit die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung (Ziff. 1 und 3) begehrt wird, ist er zulässig, aber unbegründet (nachfolgend b).
a) Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ist nicht statthaft und damit unzulässig, soweit damit begehrt wird, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Studiums im Studiengang Informatik an der Universität B. ab dem Sommersemester 2018 anzuordnen.
Gemäß § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend, wenn ein Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels beantragt. Wurde der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung verspätet gestellt, kann die Ausländerbehörde gemäß § 81 Abs. 4 Satz 3 AufenthG zur Vermeidung einer unbilligen Härte die Fortgeltungswirkung anordnen.
Die verfahrensrechtliche Fiktion, die dem Ausländer den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet sichert, endet mit der Ablehnung des Antrages durch die Behörde. Anschließend darf er sich auch dann nicht länger im Bundesgebiet aufhalten, wenn er eine Klage erhebt. Denn eine Klage gegen die Ablehnung eines Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis hat gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 84 Abs. 1 Nr. 1 VwGO keine aufschiebende Wirkung. Deshalb kann der Ausländer vorläufigen Rechtsschutz gemäß § 80 Abs. 5 VwGO dann in Anspruch nehmen, wenn die Fiktionswirkung entstanden ist und er sie durch die Ablehnung des Antrages verliert. War die Fiktionswirkung entstanden und verspricht die Klage gegen die Ablehnung Erfolg, ist die aufschiebende Wirkung anzuordnen. Hat die Klage keine Aussicht auf Erfolg, ist die aufschiebende Wirkung nicht anzuordnen und der Antragsteller wird ausreisepflichtig. Gleiches gilt, wenn die Fiktionswirkung schon gar nicht entstanden ist. Dann erleidet der Ausländer durch die ablehnende Entscheidung keinen Rechtsverlust und der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ist nicht statthaft. Rechtsschutz mit dem Ziel, ihm vorläufig ein Bleiberecht zu sichern, ist dem Ausländer aber auch in diesem Fall nicht verwehrt. Er hat in diesem Fall, ggf. hilfsweise, einen Antrag gemäß § 123 VwGO stellen, der darauf gerichtet ist, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Abschiebung des Antragstellers vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen.
Der unzweideutig als Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gestellte Antrag ist, soweit er gegen Ziffer 2 des Bescheides gerichtet ist, der an diesen Grundsätzen zu messen ist, nicht statthaft.
aa) Zwar hat der Antragsteller am 28.05.2018 wegen seines Studiengangwechsels formblattmäßig eine „Auflagenänderung“ und keine neue Aufenthaltserlaubnis beantragt. Zudem hat die Antragsgegnerin im Bescheid vom 10.08.2018 tenoriert, ein Antrag auf Wechsel des Studienfachs werde abgelehnt. Aus der Begründung des Bescheides und den im gerichtlichen Verfahren gewechselten Schriftsätzen ergibt sich jedoch, dass die Beteiligten darunter die Ablehnung einer neuen Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Studiums im Studiengang Informatik verstanden haben. Diese Auslegung der getroffenen Regelung steht im Einklang mit dem richtig verstandenen Begriff des Aufenthaltszwecks gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1
AufenthG. Aufenthaltszweck i.S. dieser Vorschrift ist nicht die Durchführung (irgend-) eines nicht näher umrissenen Studiums, sondern eines Studiums in einem oder mehreren konkreten Studiengängen oder Studienfächern an einer bestimmten Hochschuleinrichtung, für das dem Ausländer die Zulassung von dieser Hochschuleinrichtung erteilt wurde (Fleuß in Kluth/Heusch, BeckOKAuslR, Stand 01.11.2018, § 16 AufenthG Rn. 17). Damit spricht auch viel dafür, dass es sich bei der Angabe des konkreten Studiums in der Aufenthaltserlaubnis nicht um eine selbständige Auflage handelt, sondern um eine nähere Beschreibung des Aufenthaltszwecks (VG Freiburg, B. v. 20.06.2018 – 1 K 3401/18 – juris Rn. 8).
Ziffer 2 des Bescheides vom 10.08.2018 ist damit dahingehend zu verstehen, dass die Antragsgegnerin damit die (Neu-) Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis abgelehnt hat, die der Antragsteller am 28.05.2018 beantragt hat bb) Durch den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ist jedoch keine verfahrensrechtliche Fiktion entstanden, die der Antragsteller durch die negative Entscheidung der Antragsgegnerin verloren hat. Denn der Antragsteller hatte die Erteilung nicht rechtzeitig vor Ablauf der ihm am 21.07.2017 erteilten Aufenthaltserlaubnis beantragt.
Die Dauer dieser Aufenthaltserlaubnis war zwar bis 20.07.2019 befristet. Sie war jedoch gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG erloschen, weil die ihr gemäß § 12 Abs. 4 AufenthG beigefügte auflösende Bedingung am 31.03.2018 eingetreten war.
Die am 20.07.2017 ohne Rechtsbehelfsbelehrung:verfügte, ausreichend bestimmte und verständliche Nebenbestimmung sah vor, dass die Aufenthaltserlaubnis automatisch erlischt, wenn der Antragsteller Studienfach oder/und Hochschule wechselt und diente damit dazu, ein Verfahren zur nachträglichen Verkürzung der Geltungsdauer gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 AufentG zu vermeiden. Sie ist zulässig, sofern die Antragsgegnerin auch dann, wenn der Ausländer aufgrund des Eintritts der auflösenden Bedingung über keine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 16 Abs. 1 AufenthG mehr verfügt, prüft, ob ihm im Wege des Ermessens eine neue Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des neuen Studiums an der neuen Hochschule erteilt werden kann (BayVGH, B.v.07.09.2010 – 19 CS 10.1681 – juris Rn. 6).
Nachdem der Antragsteller für das Sommersemester 2018 zum Studium der Informatik an der Uni B. zugelassen worden war und ihn die Universität R. daraufhin zum Ende des Wintersemesters 2018/2019 am 31.03.2018 exmatrikuliert hatte, war die auflösende Bedingung eingetreten und seine bisherige Aufenthaltserlaubnis erloschen.
Ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis hätte damit eine Fortgeltungsfiktion nur auslösen können, wenn er vor dem Erlöschen der Aufenthaltserlaubnis am 31.03.2018 gestellt worden wäre (vgl. dazu BayVGH, a.a.O. Rn. 2) oder wenn gemäß § 81 Abs. 4 Satz 3
AufenthG die Fortgeltungswirkung angeordnet worden wäre. Beides war aber nicht der Fall.
Zwar hat der Antragsteller durch die Vorlage einer entsprechenden Sendebescheinigung glaubhaft gemacht, dass er sich am 19.03.2018 im Zusammenhang mit dem von ihm beabsichtigten „Wechsel des Studienfachs und des Studienortes“ per E-Mail an die Ausländerbehörde gewandt hat. Er hat aber, obwohl ihm in der Studierendenkanzlei der Universität B. die formularmäßige Erklärung, die er dann am 28.05.2018 bei der Ausländerbehörde eingereicht hat, ausgehändigt wurde, keinen entsprechenden Antrag gestellt, sondern lediglich, allerdings dringlich, um einen Termin gebeten. In der Folgezeit hat er dann jedoch ausweislich der Akten bis Ende Mai 2018 nichts weiter unternommen, um eine neue Aufenthaltserlaubnis für sein Studium in B. zu erhalten.
Die seit dem Umzug des Antragstellers nach B. am 27.03.2018 für den Antragsteller zuständige Antragsgegnerin hat die Fortgeltungswirkung auch nicht rückwirkend ab Ablauf des bisherigen Aufenthaltstitels am 31.03.2018 zur Vermeidung einer unbilligen Härte angeordnet. Eine unbillige Härte liegt nicht schon darin, dass der Antragsteller als Ausländer nicht mit den einschlägigen deutschen Rechtsvorschriften vertraut war. Denn es war ihm, auch verfassungsrechtlich zumutbar, sich zu erkundigen. Insbesondere war von ihm zu verlangen, nachdem er keine Antwort erhalten hatte, zeitnah bei der Antragsgegnerin nachzufragen. en wenn er keine Antwort erhalten hatte, erneut zeitnah nachzufragen (vgl. BSG, U. v. 16.03.2016 – B 9 V 6/15 R – juris Rn. 22).
Schließlich hatte der Antragsteller auch keinen Anspruch auf, durch Anordnung der Fortgeltungswirkung gemäß § 81 Abs. 4 Satz 2 AufenthG in den Zustand versetzt zu werden, der bestünde, wenn ihn die Antragsgegnerin darüber beraten hätte, dass er einen Antrag vor dem Eintritt der auflösenden Bedingung stellen muss, um die Fortgeltungswirkung zu erhalten. Denn der aus dem richterrechtlich im Sozialrecht entwickelten Herstellungsanspruch bei nicht ordnungsgemäßer Auskunft und Beratung (BSG, a.a.O., juris Rn. 29; st. Rspr.) lässt sich nicht als allgemeiner Rechtsgedanke auf das Aufenthaltsrecht übertragen (vgl. BVerwG, U. v. 24.03.1988 – 3 C 48/86 – BVerwGE 79, 192/194 = NVwZ 1988, 922/923).
Deshalb braucht das Gericht der Frage nicht nachzugehen, ob die beteiligten Behörden den Antragsteller nicht ausreichend und verständlich genug beraten haben.
Da ein Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO damit nicht zulässig ist, ist Rechtsschutz mit dem Ziel, dem Antragsteller ein Bleiberecht während des (Verpflichtungs-) Klageverfahrens auf Erteilung einer neuen Aufenthaltserlaubnis über einen Antrag gemäß § 123 VwGO zu begehren.
b) Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet, soweit er sich gegen die Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung richtet (Ziff. 1 und 3 des Bescheides).
aa) Der Antrag ist zulässig, insbesondere statthaft. Gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat eine Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO entfällt die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage in den durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Darüber hinaus können die Länder gemäß § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO bestimmen, dass Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden. Demgemäß bestimmt Art. 21a VwZVG sowohl für Landesrecht als auch für Bundesrecht, dass Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden (Art. 21a Satz 1 VwZVG), und ordnet an, dass § 80 Abs. 4, 5, 7 und 8 VwGO entsprechend gelten (Art. 21a Satz 2 VwZVG). Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO und gemäß Art. 21a Satz 2 VwZVG auch in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ganz oder teilweise anordnen.
Beim Erlass einer Abschiebungsandrohung gemäß § 59 AufenthG handelt es sich um eine Maßnahme, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen wird. Deshalb ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der gegen die Abschiebungsandrohung erhobenen Anfechtungsklage gemäß § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO, Art. 21a VwZVG, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO statthaft.
bb) Der Antrag ist unbegründet, weil die vom Gericht durchzuführende Interessenabwägung ergibt, dass das private Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner gegen die Abschiebungsandrohung erhobenen Anfechtungsklage das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung überwiegt. Ein überwiegendes privates Interesse besteht in der Regel dann, wenn die Anfechtungsklage gegen den kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Verwaltungsakt mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg haben wird. Dies ist hier nicht der Fall. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes lediglich gebotenen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage ist die Abschiebungsandrohung allem Voraussicht nach rechtmäßig, so dass die Anfechtungsklage keinen Erfolg haben wird.
Gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen.
aaa) Die dem Antragsteller gesetzte Ausreisefrist von 14 Tagen ist im Hinblick auf die Dauer seines bisherigen Aufenthalts in B. (noch) angemessen.
bbb) Der Antragsteller ist gemäß § 50 Abs. 1 AufenthG ausreisepflichtig, weil er nach dem Erlöschen seiner Aufenthaltserlaubnis zum 31.03.2018 den für seinen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AufenthG erforderlichen Aufenthaltstitel nicht mehr besitzt. Die Ausreisepflicht ist auch vollziehbar, weil sein Aufenthaltstitel nicht gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG als fortbestehend gilt (§ 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG). Gründe für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung wurden nicht vorgetragen und stünden gemäß § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG dem Erlass der Abschiebungsandrohung ohnehin nicht entgegen.
2. Als unterliegender Teil trägt der Antragsteller die Kosten des Verfahrens (§ 154 Abs. 1 VwGO). Der Streitwert für den Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gegen die isolierte Abschiebungsandrohung wird auf 1.250 EUR festgesetzt (§ 63 Abs. 2 Satz 1 GKG, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG, § 52 Abs. 1 GKG, Ziffern. 8.3, 1.5 Streitwertkatalog 2013 ½ Auffangstreitwert, der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nochmals halbiert wird).


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