Verwaltungsrecht

erweiterte Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit, Straftaten mit gewerblichem Bezug, Einträge in das Schuldnerverzeichnis

Aktenzeichen  22 ZB 21.1302

Datum:
2.8.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 24958
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GewO § 35

 

Leitsatz

Verfahrensgang

M 16 K 19.3272 2020-11-13 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 20.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger wendet sich gegen eine erweiterte Gewerbeuntersagung.
Mit Bescheid vom 12. Juni 2019 untersagte die Beklagte dem Kläger nach dessen Anhörung die Ausübung des Gewerbes “Friseurhandwerk” als selbstständigem Gewerbetreibendem im stehenden Gewerbe gem. § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO (Nr. 1). Ebenso untersagte die Beklagte dem Kläger gem. § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person sowie die Ausübung jeglicher selbständigen Tätigkeit im stehenden Gewerbe (Nr. 2). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger im gewerberechtlichen Sinne unzuverlässig sei. Der Kläger habe Straftaten mit gewerblichem Bezug begangen. Er sei wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung in Tatmehrheit mit vorsätzlicher Verletzung der Buchführungsplicht in Tatmehrheit mit vorsätzlichem Bankrott in Tatmehrheit mit vorsätzlicher Verletzung der Buchführungspflicht zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt worden. Zwar habe der Kläger die Straftaten in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der von ihm vertretenen Gesellschaft begangen. Jedoch lasse eine solche Tat Rückschlüsse auf das gewerberechtliche Verhalten als Einzelgewerbetreibender zu, zumal es sich um eine Ein-Mann-Gesellschaft gehandelt habe. Der Kläger befinde sich zudem in ungeordneten Vermögensverhältnissen. Einträge des Klägers im Schuldnerverzeichnis gem. § 882c Abs. 1 Nr. 1 ZPO belegten, dass er weder freiwillige Zahlungen leiste noch mit seinen Gläubigern tragfähige Sanierungskonzepte zur Schuldenregulierung habe erarbeiten können bzw. wollen.
Der Kläger erhob gegen den Bescheid Klage zum Verwaltungsgericht München. Mit Urteil vom 13. November 2020, dem Klägerbevollmächtigten zugestellt am 9. April 2021, wies das Verwaltungsgericht die Klage ab.
Mit am 29. April 2021 beim Verwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom gleichen Tag beantragte der Kläger die Zulassung der Berufung. Er begründete diesen Antrag mit Schriftsatz vom 8. Juni 2021, eingegangen beim Verwaltungsgerichtshof am gleichen Tag, und machte ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), besondere rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sowie die Abweichung von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) geltend.
Die Beklagte ist dem Antrag auf Zulassung der Berufung entgegengetreten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) ergeben sich weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, noch besondere rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) oder eine Divergenz i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen dann, wenn nach dem Vortrag des Rechtsmittelführers gegen die Richtigkeit des Urteils gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (BVerfG, B.v. 7.10.2020 – 2 BvR 2426.17 – juris Rn. 34; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – juris Rn. 9). Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 62 f.). Daran fehlt es vorliegend.
1.1 Das Verwaltungsgericht hat die Abweisung der gegen den Bescheid vom 12. Juni 2019 erhobenen Anfechtungsklage damit begründet, dass angesichts der strafrechtlichen Verurteilung des Klägers (vorsätzliche Insolvenzverschleppung in Tatmehrheit mit vorsätzlichem Bankrott in Tatmehrheit mit vorsätzlicher Verletzung der Buchführungspflichten in zwei tatmehrheitlichen Fällen) von seiner gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit auszugehen sei. Dabei komme es nicht ausschlaggebend darauf an, ob gegen den Betroffenen eine strafrechtliche Sanktion verhängt worden sei; maßgeblich sei vielmehr, dass der Gewerbetreibende ein Verhalten an den Tag gelegt habe, das den Schluss rechtfertige, er werde seinen beruflichen Pflichten künftig (weiterhin) nicht nachkommen. Die Straftaten, wegen derer der Kläger verurteilt worden sei, stünden sämtlich im Zusammenhang mit seiner Betätigung als einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer einer gewerblich tätigen Gesellschaft, wiesen also den zu fordernden gewerblichen Bezug auf. Der Kläger habe durch Nichtbeachtung der Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH gezeigt, dass er seine eigenen Belange bzw. diejenigen der von ihm vertretenen GmbH über die geltenden Vorschriften stelle, die dem Schutz des Vermögens anderer dienten. Als Einzelgewerbetreibender unterliege er vergleichbaren Pflichten. Es sei weder nachvollziehbar dargelegt noch ersichtlich, dass der vom Kläger begangene Pflichtenverstoß keine Auswirkung auf die Zuverlässigkeit als Einzelgewerbetreibender haben sollte. Bereits die über einen längeren Zeitraum dokumentierten gewerbebezogenen Rechtsverstöße des Klägers rechtfertigten die Annahme der Beklagten, dass der Kläger in gewerberechtlicher Hinsicht unzuverlässig sei und sein Gewerbe auch künftig nicht ordnungsgemäß ausüben werde. Zwar seien die Tathandlungen, wegen derer der Kläger strafrechtlich verurteilt worden sei, rund sieben bis acht Jahre vor Erlass des angefochtenen Bescheids begangen worden. Der Kläger sei aber bereits 2014 und 2015 wieder strafrechtlich in Erscheinung getreten. Auch sei er mit vier Eintragungen ins Schuldnerverzeichnis erfasst gewesen. Ein innerer Einstellungswandel, der eine für den Kläger günstigere Prognose zulassen würde, sei vor diesem Hintergrund nicht erkennbar. Die Einlassung des Klägers im Verwaltungs- und im gerichtlichen Verfahren genügten nicht um nachzuweisen, dass die Voraussetzungen für die Eintragungen nicht mehr vorgelegen hätten.
1.2 Das Vorbringen des Klägers in der Antragsbegründung vermag ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils nicht hervorzurufen.
1.2.1 Die Antragsbegründung besteht zu einem wesentlichen Teil (S. 2 unten bis S. 4 erster Absatz) – ohne dass dies gekennzeichnet wurde – aus einer beinahe wörtlichen Wiedergabe eines Beschlusses des Senats (vgl. BayVGH, B.v. 17.8.2020 – 22 ZB 20.1037 – juris Rn. 9 und Rn. 12), einschließlich einer Wiedergabe des Vorbringens des dortigen Klägers. Teilweise wurden zwar einzelne Wörter geändert, um das Verhalten des Klägers im vorliegenden Fall im milderem Licht erscheinen zu lassen (z.B. “einfache” statt “schwerwiegende” Pflichtverletzung; “sehr geringe” statt “erhebliche” kriminelle Energie; vgl. Antragsbegründung S. 4 gegenüber BayVGH, a.a.O., juris Rn. 12). Die gebotene konkrete Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des Verwaltungsgerichts leistet eine solche Antragsbegründung jedoch nicht. Außerdem ist nicht dargelegt, dass die vom Kläger in jenem Verfahren vorgebrachten Umstände auch für den vorliegenden Fall zutreffen (vgl. Antragsbegründung S. 3 erster Absatz, entnommen aus BayVGH, B.v. 17.8.2020 – 22 ZB 20.1037 – juris Rn. 9). Vielmehr weist der Kläger (Antragsbegründung S. 4 oben) selbst darauf hin, dass sich der vorliegende Fall von dem in der genannten Entscheidung des Senats beschriebenen (vgl. BayVGH, a.a.O., juris Rn. 12) Fall des Verwaltungsgerichts München unterscheide, welcher Gegenstand einer weiteren Entscheidung des Senats war (BayVGH, B.v. 12.12.2017 – 22 ZB 17.2147 – juris). Im Übrigen hatte der Senat in der vom Kläger weithin zitierten Entscheidung vom 17. August 2020 das Vorbringen des dortigen Klägers nicht für ausreichend gehalten, ernstliche Zweifel an der vom Verwaltungsgericht angenommenen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zu wecken (BayVGH, B.v. 17.8.2020 – 22 ZB 20.1037 – juris Rn. 12). Dass der vorliegende Fall anders zu bewerten sein sollte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
1.2.2 Soweit die Begründung des Zulassungsantrags des Klägers jenseits einer Wiedergabe der genannten Entscheidung des Senats auf den vorliegenden Fall bezogenes Vorbringen enthält, ergeben sich daraus keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils.
Der Kläger macht geltend, es liege eine Verurteilung bzw. Strafbarkeit “unterhalb der Bagatellgrenze” vor. Das Verwaltungsgericht habe sich nicht mit der Entstehung und den Folgen der von ihm begangenen Straftaten auseinandergesetzt sowie eine tätige Einsicht im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nicht in Erwägung gezogen. Zudem liege der strafrechtlich geahndete Sachverhalt bereits viele Jahre zurück.
1.2.2.1 Dazu, weshalb vorliegend eine “Bagatellgrenze” unterschritten sein sollte, ist nichts näher dargelegt. Sollte der Kläger – wofür sein entsprechender Verweis auf S. 3 Mitte der Antragsbegründung spricht – damit darauf Bezug nehmen wollen, dass die gegen ihn verhängte Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen gem. § 32 Abs. 2 Nr. 5 Buchst. a BZRG nicht in das Führungszeugnis aufzunehmen ist, so ergibt sich hieraus nichts zu seinen Gunsten. Gem. § 4 Nr. 1 BZRG ist jede strafrechtliche Verurteilung in das Bundeszentralregister aufzunehmen. Zwar mag der in § 32 Abs. 2 BZRG vorgesehenen Nichtaufnahme bestimmter Strafen in das Führungszeugnis (vgl. § 30 Abs. 1 Satz 1 BZRG) die Erwägung des Gesetzgebers zur Grunde liegen, dass leicht und erstmalig Bestraften eine echte Bewährungschance gegeben werden soll. Ein Verwertungsverbot ist hiermit jedoch nicht verbunden (vgl. BayVGH, B.v. 16.10.2008 – 22 ZB 08.1928 – juris Rn. 6). Vielmehr sind in ein Führungszeugnis für Behörden, das etwa für eine Entscheidung nach § 35 Abs. 1 GewO bestimmt ist, bei entsprechendem gewerblichem oder wirtschaftlichem Bezug der Straftaten u.a. auch die in § 32 Abs. 2 Nr. 5 Buchst. a BZRG genannten Verurteilungen aufzunehmen (vgl. § 32 Abs. 4 BZRG i.V.m. § 149 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b GewO); durch diese Einbeziehung in das Führungszeugnis soll den Gewerbebehörden auch insoweit eine bessere Beurteilung der Betroffenen ermöglicht werden (vgl. BT-Drs. 7/626, S. 19).
1.2.2.2 Allein auf die Höhe der dem Kläger auferlegten Strafe und insbesondere darauf, ob die Verurteilung im Führungszeugnis nach dem BZRG einzutragen ist, kann zudem aus folgenden Gründen nicht abgestellt werden: Für die Beurteilung der Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden kommt es nicht auf die Strafurteile als solche und die ausgesprochene strafrechtliche Sanktion, sondern auf das Verhalten des Gewerbetreibenden, das zur Verurteilung geführt hat, an (vgl. BVerwG, B.v. 23.5.1995 – 1 B 78.95 – juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 20.7.2016 – 22 ZB 16.284 – juris Rn. 10; B.v. 6.4.2016 – 22 ZB 16.366 – juris Rn. 20). Dabei müssen sich die Verwaltungsgerichte selbst davon überzeugen, welcher Sachverhalt einer Bestrafung zu Grunde gelegen hat – wobei sie i.d.R. von den tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts ausgehen dürfen -, und in eigener Verantwortung prüfen, ob die zur Bestrafung führenden Tatsachen eine Verneinung der Zuverlässigkeit rechtfertigen (BVerwG, B.v. 26.2.1997 – 1 B 34.97 – juris Rn. 10; BayVGH, B.v. 20.7.2016 – 22 ZB 16.284 – juris Rn. 10). Jenseits des hier ersichtlich nicht vorliegenden Verwertungsverbots gem. § 51 Abs. 1 BZRG wegen Tilgungsreife der Verurteilungen gem. §§ 45, 46 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a BZRG ist es eine Frage der Würdigung der Einzelfallumstände, ob längere Zeit zurückliegende Taten, die zu einer Verurteilung geführt haben, die Annahme der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit rechtfertigen können (vgl. BVerwG, B.v. 23.5.1995 – 1 B 78.95 – juris Rn. 5 f.; BayVGH, B.v. 5.3.2014 – 22 ZB 12.2174 u.a. – juris Rn. 34)
Gemessen daran ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass es dem Kläger an der für die Ausübung eines Gewerbes erforderlichen Zuverlässigkeit fehlt. Es hat ausgeführt, dass der Kläger insbesondere durch die Nichtbeachtung der Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH gezeigt habe, dass er eigene Belange bzw. diejenigen der von ihm vertretenen GmbH über die geltenden Vorschriften, die den Schutz anderer dienten, stelle (UA Rn. 28). Das Verwaltungsgericht hat eigenständig überprüft, ob auf die der strafrechtlichen Verurteilung bzw. dem vorangegangenen Strafbefehl zu Grunde liegenden tatsächlichen Gegebenheiten im Rahmen des gewerberechtlichen Untersagungsverfahrens zurückgegriffen werden konnte (UA Rn. 32 f.). Weiter hat es angenommen, dass die über einen längeren Zeitraum dokumentierten gewerbebezogenen Rechtsverstöße des Klägers die Annahme rechtfertigten, dass der Kläger in gewerberechtlicher Hinsicht unzuverlässig sei (UA Rn. 33; vgl. zum Schutzzweck des § 15a Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 InsO und zur gewerberechtlichen Relevanz der Verwirklichung dieses Straftatbestands auch BayVGH, B.v. 3.3.2021 – 22 ZB 20.1576 – juris Rn. 11 f., Rn. 15 f.). Dabei hat das Verwaltungsgericht (vgl. UA Rn. 35) berücksichtigt, dass die abgeurteilten Straftaten zum Teil bereits rund sieben bis acht Jahre vor Erlass des angefochtenen Bescheids begangen worden waren. Es hat einen inneren Einstellungswandel des Klägers aber verneint, weil er bereits 2014 und 2015 durch Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt wieder strafrechtlich in Erscheinung getreten und 2019 noch mit vier Eintragungen im Schuldnerverzeichnis erfasst gewesen war (UA Rn. 35). Auch mit den Einwendungen des Klägers betreffend die Löschungsreife dieser Einträge hat sich das Verwaltungsgericht befasst (UA Rn. 36).
Mit diesen Ausführungen des Verwaltungsgerichts setzt sich der Kläger nicht näher auseinander, sondern er verweist lediglich pauschal auf die Berücksichtigungsbedürftigkeit von “Entstehung und Folgen” der Straftaten, einer “tätigen Einsicht” und des Zeitraums seit Begehung der Straftaten. Der Kläger zeigt insbesondere weder konkret auf, welche weiteren Umstände das Verwaltungsgericht insoweit jeweils hätte in den Blick nehmen müssen, noch, weshalb bei deren Berücksichtigung die negative Prognose betreffend seine gewerberechtliche Zuverlässigkeit in Frage gestellt wäre. Substantiierte Einwendungen des Klägers gegen die Beurteilung des Verwaltungsgerichts lassen sich der Antragsbegründung auch an anderer Stelle nicht entnehmen.
1.3 Auch das Vorbringen des Klägers zur erweiterten Gewerbeuntersagung rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Das Verwaltungsgericht hat die nach pflichtgemäßem Ermessen ausgesprochene erweiterte Untersagung gem. § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO nicht beanstandet (UA Rn. 42 – 51). Es hat hierzu im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe Pflichten verletzt, die ihn gewerbeübergreifend als unzuverlässig erscheinen ließen. Die erweiterte Gewerbeuntersagung sei auch erforderlich, weil eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für ein Ausweichen des Gewerbetreibenden vorliege. Ausreichend sei, dass keine besonderen Umstände vorlägen, die es ausschlössen, dass der Gewerbetreibende das andere Gewerbe in Zukunft ausübe, eine anderweitige Gewerbeausübung nach Lage der Dinge also ausscheide. Solche besonderen Umstände lägen hier nicht vor. Ferner seien weder Ermessensfehler ersichtlich, noch sei die Erweiterung der Gewerbeuntersagung unverhältnismäßig.
Der Kläger meint demgegenüber, es habe ihm nicht jegliche Gewerbeausübung untersagt werden dürfen. Es habe jedenfalls ausgereicht, ihm Tätigkeiten als Geschäftsführer sowie die Beschäftigung von Mitarbeitern (mit der Pflicht zu Lohnsteueranmeldungen und zu sozialversicherungsrechtlichen Meldungen) zu untersagen.
Auch insoweit lässt es der Kläger an der nach § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO gebotenen konkreten Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts vermissen. Vielmehr gibt der Kläger erneut das Vorbringen eines Klägers aus einem anderem durch den Senat entschiedenen Fall wieder (vgl. BayVGH, B.v. 23.3.2020 – 22 ZB 18.1514 – juris Rn. 36). Der Senat hat dieses Vorbringen zudem bereits in jenem Fall nicht für durchgreifend erachtet (a.a.O., juris Rn. 37). Insbesondere ist der Senat – wie vorliegend das Verwaltungsgericht – davon ausgegangen, dass die sich aus der Strafbarkeit gem. § 15a Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 InsO ergebenden Unzuverlässigkeitsgründe gewerbeübergreifend seien; die aus Schulden resultierenden Unzuverlässigkeitsgründe – die sich vorliegend aus den Einträgen des Klägers ins Schuldnerverzeichnis ergeben – seien ohnehin für jedes Gewerbe relevant. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der vorliegende Fall anders zu bewerten ist.
2. Besondere rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache gem. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO sind weder dargelegt noch erkennbar.
Der Kläger benennt zwar diesen Zulassungsgrund (Antragsbegründung S. 1); seine Ausführungen befassen sich jedoch nur mit § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (dazu 3.). Die aufgeworfenen Rechtsfragen lassen sich zudem ohne weiteres anhand der bisherigen Rechtsprechung, inwieweit Straftaten und Pflichtenverstöße als Schuldner im Rahmen des § 35 GewO relevant sind, beantworten.
3. Die Berufung ist auch nicht wegen Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) zuzulassen. Aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich nicht, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, auf die sich der Kläger in seiner Antragsbegründung bezieht, abweicht. Um diesen Zulassungsgrund erfolgreich geltend zu machen, ist unter anderem die Darlegung erforderlich, welcher Rechtssatz in dem Urteil des Divergenzgerichts enthalten ist und welcher bei Anwendung derselben Rechtsvorschrift in dem angefochtenen Urteil aufgestellte Rechtssatz hierzu in Widerspruch steht. Die divergierenden Sätze müssen einander so gegenübergestellt werden, dass die Abweichung erkennbar wird (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 73). Dem wird die Zulassungsbegründung nicht gerecht.
3.1 Der Kläger entnimmt einer Entscheidung des Senats vom 12. Dezember 2017 (BayVGH, B.v. 12.12.2017 – 22 ZB 17.2147 – juris) den Rechtssatz, es müssten neben dem einer strafrechtlichen Verurteilung zu Grunde liegenden Sachverhalt weitere Anhaltspunkte vorliegen, um eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit annehmen zu können. Er stellt dem aber bereits keinen konkreten Rechtssatz des Verwaltungsgerichts gegenüber, der hierzu im Widerspruch stehen könnte. Allenfalls beanstandet er eine unzutreffende Rechtsanwendung im Einzelfall; dies genügt für die Darlegung einer Divergenz jedoch nicht (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 73).
3.2 Zudem lässt sich der vom Kläger bezeichnete Rechtssatz der von ihm genannten Entscheidung des Senats nicht entnehmen. Der Senat hat in jener Entscheidung betont (BayVGH, B.v. 12.12.2017 – 22 ZB 17.2147 – juris Rn. 25), dass es für die Beurteilung der Unzuverlässigkeit auf eine Gesamtbetrachtung bzw. -würdigung des Verhaltens des Gewerbetreibenden ankomme, wie sich auch aus der von der seinerzeitigen Beklagten angeführten Entscheidung (BayVGH, B.v. 24.9.2015 – 22 ZB 15.1722 – juris) ergebe. Unter Berücksichtigung der Maßgeblichkeit des Gesamteindrucks des Verhaltens sowie des von der Beklagten gem. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO Dargelegten hat der Senat eine Abgrenzung zu dem von ihm am 24. September 2015 entschiedenen Fall vorgenommen. Rechtssatzartige Aussagen dazu, wann das einer strafrechtlichen Verurteilung zu Grunde liegende Verhalten des Gewerbetreibenden ausreichend sein kann, um eine Unzuverlässigkeit nach § 35 GewO anzunehmen, und wann es zusätzlicher Umstände (insbesondere Pflichtverletzungen) bedarf, hat der Senat in der Entscheidung vom 12. Dezember 2017 hingegen nicht getroffen.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus § 47, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. der Empfehlung in Nrn. 54.2.1, 54.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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