Verwaltungsrecht

Familiäre Gründe für eine landesinterne Umverteilung

Aktenzeichen  M 24 K 19.2435

Datum:
7.8.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 23944
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
DVAsyl § 9 Abs. 1, Abs. 6
AufenthG § 61 Abs. 1d
GG Art. 6
EMRK Art. 8

 

Leitsatz

Bei der Abwägung im Rahmen der Ermessensentscheidung über eine landesinterne Umverteilung ist zu berücksichtigen, dass die häusliche Gemeinschaft auch durch Eigeninitiative und auch andernorts, nämlich am Ort des mit der Wohnsitzauflage gebundenen Ausländers, durch die anderen Personen, mit denen eine häusliche Gemeinschaft oder zumindest eine größere örtliche Nähe begründet werden soll und die keinen Wohnsitzverpflichtungen unterliegen, hergestellt werden kann. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat weder Rechtsanspruch im Wege der Ermessensreduzierung auf Null, landesintern von der Gemeinschaftsunterkunft (GU) … … … in … … in eine GU nach … umverteilt zu werden, noch einen Anspruch auf erneute ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Umverteilungsantrag.
1. Über die Klage konnte nach vorheriger Anhörung gemäß § 84 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da die Streitsache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.
2. Das Verwaltungsgericht München ist als Gericht der Hauptsache insbesondere örtlich zuständig gemäß § 52 Nr. 3 VwGO, hingegen nicht nach § 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO. Es handelt sich um keine Streitigkeit nach dem Asylgesetz (AsylG; vgl. BayVGH, B.v. 9.12.2015 – 21 CS 15.30249 – juris Rn. 2-5). Aus dem Ausländerzentralregister wie auch der gerichtsinternen Klägerstammdatenverwaltung geht hervor, dass das Asylverfahren des Klägers rechtskräftig seit dem 7. Januar 2019 abgeschlossen ist. Damit ist der Kläger seit dem 7. Januar 2019 vollziehbar ausreisepflichtig und der Kläger ist bereits bei der streitgegenständlichen Beantragung seiner landesinternen Umverteilung am 7. März 2019 nicht mehr Asylbewerber. Der Kläger ist im Zeitpunkt seiner Klageerhebung (und auch zuvor) Inhaber einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG wegen seiner Passlosigkeit. Somit unterliegt er als Leistungsberechtigter nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) dem Unterbringungsverfahren und der Umverteilung (Zuweisung) nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 7, § 9 Asyldurchführungsverordnung (DVAsyl) in Verbindung mit dem Aufnahmegesetz (AufnG). Die Sachleistung „Unterbringung“ an Leistungsberechtigte nach § 1 AsylbLG erfolgt auf der Grundlage der Asyldurchführungsverordnung (DVAsyl i.d.F. vom 16.8.2016 – BayGVBl. 2016, S. 258) und des Aufnahmegesetzes (§§ 1, 4 AufnG). Der Einzelrichter ist nach Übertragung des Rechtsstreits auf ihn zur Entscheidung berufen (§ 6 VwGO).
Das Gericht stellt als maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung des Erfolgs der erhobenen Klage auf den Zeitpunkt seiner Entscheidung über die Klage ab.
3. Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet.
Der Kläger als vollziehbar Ausreisepflichtiger und gegenwärtig wegen Passlosigkeit im Bundesgebiet Geduldeter hat keinen Rechtsanspruch im Wege der Ermessensreduzierung auf Null, seinen Antrag vom 7. März 2019 entsprechend, unter Zugrundelegung der Begründung dieses Antrags samt der hierzu vorgelegten Unterlagen und Nachweise und der weiteren vorliegenden Umstände des konkreten Einzelfalls, nach … umverteilt zu werden bzw. auf erneute ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Umverteilungsantrag (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO).
3.1. Für die antragsgebundene begehrte Verpflichtung zur landesinternen Umverteilung ist die Regierung von Oberbayern zuständig (§ 9 Abs. 2 S. 2 DVAsyl).
3.2. Rechtsgrundlage der Ablehnungsentscheidung vom 15. April 2019 ist § 9 DVAsyl in der seit 1. September 2016 geltenden Fassung (GVBl. S. 258ff). Der Kläger hat keinen Rechtsanspruch auf Umverteilung nach … auf der Rechtsgrundlage des § 9 DVAsyl.
3.2.1. Nach § 9 DVAsyl kann eine nach dem Asylbewerberleistungsgesetz leistungsberechtigte Person, wie vorliegend der Kläger, aus den in § 9 Abs. 6 DVAsyl genannten Gründen ihre landesinterne Umverteilung beantragen.
§ 9 Abs. 6 DVAsyl selbst ist nach seinem Wortlaut auf seinen häufigsten Anwendungsbereich zugeschnitten, dass eine Umverteilung von Amts wegen erfolgt. Bei einer solchen Umverteilung von Amts wegen – auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 S. 1 DVAsyl -, die gleichermaßen als Ermessensnorm ausgestaltet ist, ist dem hierfür erforderlichen öffentliche Interesse an der Umverteilung unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 6 DVAsyl genannten Belangen als „Soll-Belange“ bei der Ermessensentscheidung Rechnung zu tragen, um bei der insoweit ausgeübten Leistungs- und zugleich Eingriffsverwaltung zu einer verhältnismäßigen und verfassungskonformen Entscheidung zu gelangen. Bei dieser Leistungs- und zugleich Eingriffsverwaltung im Rahmen der als Pflichtaufgabe im Vordergrund stehenden Unterbringung von zuvorderst Asylbewerbern als einer Gruppe der nach § 1 Asylbewerberleistungsgesetz leistungsberechtigten Personengruppe, die nach §§ 44ff. AsylG auf die Landkreise zuzuweisen ist und die der Wohnsitzauflage (§ 60 AsylG) unterliegen, soll nicht nur rein den administrativen, damit öffentlichen Interessen einer gleichmäßigen landesweiten Verteilung, einer optimalen Kapazitätsauslastung bei gleichzeitiger Sparsamkeit der Verwendung der Haushaltsmittel der Unterbringungsverwaltung Rechnung getragen werden, sondern auch dem Belang der Wahrung einer bereits bestehenden Hausgemeinschaft von Ehegatten sowie Eltern und ihren minderjährigen ledigen Kindern oder sonstigen humanitären Gründen von gleichem Gewicht, also Belangen, die aus der Sphäre des der Zuweisung Unterliegenden herrühren und als grundrechtliche Schutzpositionen Verfassungsrang (Art. 2, 6 GG) haben. Insoweit, als § 9 Abs. 6 DVAsyl explizit „nur“ die Wahrung der Hausgemeinschaft benennt, ist zu sehen, dass der auf die Durchführung der vorgenannten Eingriffsverwaltung zugeschnittene Wortlaut des § 9 Abs. 6 DVAsyl bei dieser nur bereits bestehende, und damit für die Unterkunftsverwaltung überhaupt ersichtliche Hausgemeinschaften erfasst und erfassen kann. Hieraus kann im Umkehrschluss im Fall der Umverteilung auf Antrag nicht rückgeschlossen werden, dass eine Umverteilung auf Antrag nicht den Fall der (erstmaligen) Herstellung einer Haushaltsgemeinschaft von Ehegatten sowie Eltern und ihren minderjährigen ledigen Kindern erfassen könnte (vgl. betreffend Asylbewerber: BeckOK, § 50 AsylG, Rn. 15).
Mit den in § 9 Abs. 6 DVAsyl genannten Belangen hat der Verordnungsgeber explizit, aber nicht abschließend, der Verwaltung bei der Ausübung der Eingriffsverwaltung aufgegeben, den in Art. 6 GG, Art. 2 GG, Art. 8 EMRK, Art. 7 EU-GRCharta genannten Schutzrechten und Schutzpositionen mit Verfassungsrang und völkervertragsrechtlichem Rang Rechnung zu tragen. Im Übrigen unterliegen darüber hinaus die von der Verwaltung zu treffenden Ermessensentscheidungen immer dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und der (verhältnismäßigen) Beachtung der grundrechtlichen und völkervertragsrechtlichen individuellen Schutzpositionen.
Bei beantragten Umverteilungen von vom Unterbringungsverfahren unterliegenden Personen ist bei der Ermessensentscheidung nach § 9 Abs. 1 Satz 1, Abs. 6 DVAsyl hierüber den in Art. 6 GG, Art. 2 GG, Art. 8 EMRK, Art. 7 EU-GRCharta genannten Schutzrechten und Schutzpositionen mit Verfassungsrang und völkervertragsrechtlichem Rang Rechnung zu tragen. Insoweit ist zu sehen, dass es sich immer um eine Einzelfallentscheidung handelt. Soweit die Verwaltung einwendet, es könne eine Bezugsfallwirkung entstehen, ist darauf hinzuweisen, dass eine zu treffende rechtmäßige Einzelfallentscheidung eine solche Bezugsfallwirkung nur im Rahmen der Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung, also Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln, hat. Eine „generelle“, abstrakte, vom Einzelfall unabhängige Bezugsfallwirkung, wie der Beklagte sie anführt, entsteht aus Sachlagen bzw. Einzelfallentscheidungen, wie der vorliegenden, nicht (vgl. zu dieser Thematik Rennert in Eyermann, VwGO, Kom. 15. A. 2019, § 114 Rn. 27ff.).
Ein Blick auf die Rechtsprechung zu den Anforderungen aufgrund der rechtlichen Schutzwirkung des Art. 6 GG bei Entscheidungen im Bereich einer Aufenthaltsbeendigung ist bei der Qualifizierung der ausländerrechtlichen Schutzwirkungen des Art. 6 GG, Art. 8 EMRK bei der Entscheidung zu einer beantragten Umverteilung eines vollziehbar ausreisepflichtigen, geduldeten Ausländers als Orientierung dienlich: Ausländerrechtliche Schutzwirkungen entfaltet Art. 6 GG nicht schon aufgrund formal-rechtlicher familiärer Bindungen. Entscheidend ist vielmehr die tatsächliche Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine Hausgemeinschaft vorliegt und ob die von einem Familienmitglied tatsächlich erbrachte Hilfe auch von anderen Personen erbracht werden könnte (BVerfG, B.v. 9.1.2009 – 2 BvR 1064/08 – FamRZ 2009, 579). Bei der vorzunehmenden Bewertung familiärer Beziehungen im Hinblick auf ausländerrechtliche Schutzwirkungen aufgrund von Art. 6 GG bei der Durchsetzung der Ausreisepflicht (Abschiebung) von vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländern verbietet sich eine schematische Einordnung und Qualifizierung als entweder aufenthaltsrechtlich grundsätzlich schutzwürdige Lebens- und Erziehungsgemeinschaft oder Beistandsgemeinschaft oder aber als bloße Begegnungsgemeinschaft ohne aufenthaltsrechtliche Schutzwirkungen, zumal auch der persönliche Kontakt mit dem Kind in Ausübung eines Umgangsrechts unabhängig vom Sorgerecht Ausdruck und Folge des natürlichen Elternrechts und der damit verbundenen Elternverantwortung ist und daher unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG steht. Erforderlich ist daher, dass der Sorgeberechtigte nach außen erkennbar in ausreichendem Maße Verantwortung für die Betreuung und Erziehung seines minderjährigen Kindes übernimmt (BayVGH, B.v. 28.7.2015 – 10 ZB 15.858 – juris Rn. 5). Der Annahme einer familiären Lebensgemeinschaft steht nicht entgegen, dass ein Elternteil nur ausschnittsweise am Leben teilnimmt und keine alltäglichen Erziehungsentscheidungen trifft. Es kommt darauf an, ob die vorhandenen Kontakte in ihrer Bedeutung für das Verhältnis zum Kind dem auch sonst Üblichen entsprechen und auf diese Weise die Vater-Kind-Beziehung gelebt wird. Außerdem ist es angemessen zu berücksichtigen, wenn im Falle einer Rückkehr des Vaters in sein Heimatland ein Abbruch des persönlichen Kontakts zu seinem Kind droht und auch dessen finanzielle Versorgung in Frage steht. Für die Beurteilung der Schutzwürdigkeit der familiären Gemeinschaft und der Zumutbarkeit einer (vorübergehenden) Trennung sowie der Möglichkeit, über Briefe, Telefonate und Besuche auch aus dem Ausland Kontakt zu halten, spielt schließlich das Alter des Kindes eine wesentliche Rolle (BVerfG, B.v. 8.12.2005 – 2 BvR 1001/04 – juris Rn. 37; BayVGH, B.v. 17.12.2018 – 10 CE 18.2177 – Rn. 18f.).
3.2.2. Zu beachten ist, dass nur die im Zusammenhang mit dem Antrag vom 7. März 2019 gemachten Angaben und die hierzu vorliegenden Unterlagen und Nachweise bei der Entscheidung der Verwaltung wie auch der gerichtlichen Überprüfung der Verwaltungsentscheidung zu berücksichtigen sind.
Die derzeitige Rechtsstellung des Klägers ist wie folgt zu umreißen: Der Kläger ist als rechtskräftig abgelehnter Asylbewerber vollziehbar ausreisepflichtig. Sein illegaler Aufenthalt wird (derzeit) wegen seiner Passlosigkeit als rechtlichem Abschiebungshindernis geduldet. Die Identität des Klägers ist nicht geklärt. Der Kläger ist bislang seiner Passpflicht gemäß § 3 AufenthG nicht nachgekommen. Der Kläger ist mit der Mutter des gemeinsamen Kindes … … …, Frau … …, nicht zivilrechtlich verheiratet. Familienangehöriger des Klägers ist rechtlich gesichert nur das minderjährige ledige Kind … … …, da der Kläger für dieses Kind die Vaterschaft anerkannt hat; für dieses Kind ist der Kläger entsprechend der gemeinsamen elterlichen Sorgerechtserklärung mitsorgeberechtigt. In der Obhut des Klägers befindet sich das Kind …; zu diesem gibt der Kläger sein Vaterschaftsverhältnis an; eine (notwendige) Klärung / Anerkennung der Vaterschaft wie auch der Erziehungsberechtigung des Klägers zum Kind … durch das Amtsgericht ist noch offen. Jedenfalls hat dieses Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Verantwortungsbereich des Jugendamts des Landkreises … … Die Obhutspflichten des Klägers für das Kind … durch dessen Obhut bestehen.
Der Kläger stützt seinen Antrag auf Umverteilung nach … zunächst darauf, dass er in … eine Arbeitsstelle in Aussicht habe. Jedoch liegt für eine mögliche, legale Arbeitsaufnahme des Klägers die notwendige Arbeitserlaubnis nicht vor (vgl. § 4 Abs. 2 S. 3, Abs. 3 S. 1, 2, S. 3 2. Alt. AufenthG). Das Inaussichthaben oder Innehaben einer Arbeitsstelle stellt keinen sonstigen humanitären Grund von vergleichbarem Gewicht im Sinn von § 9 Abs. 6 DVAsyl dar.
Der Kläger hat im Antrag auf Umverteilung vom 7. März 2019 nur seine eigene Umverteilung beantragt, nicht jedoch auch die (gleichzeitige) Umverteilung des in seiner Obhut befindlichen Kindes … Der streitgegenständliche Bescheid betrifft auch nur den Kläger; nur dieser hat als Adressat des Bescheides geklagt. Erst in der Klagebegründung wird eine Beantragung der Umverteilung des Klägers und des Kindes … ausgeführt. Hinsichtlich einer Umverteilung des Klägers und des in seiner Obhut befindlichen Kindes … liegt keine erforderliche vorgerichtliche Antragsbefassung durch die Behörde vor. Diese Prozessvoraussetzung ist nicht heilbar (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2017 – 3 ZB 14.1449 – juris Rn. 2). Mithin ist hinsichtlich des Streitgegenstandes von einer alleinigen Beantragung der Umverteilung des Klägers auszugehen.
Der Kläger stützt seinen Umverteilungsantrag vom 7. März 2019 darauf, dass er nach Arbeitsaufnahme seinen Unterhaltspflichten für sich, das Kind … und auch für das Kind … … … nachkommen könne und erachtet es als Dauerlösung, am Arbeitsort zu wohnen, da dort bereits die Tochter … … … mit der Kindsmutter lebe. In der Klage- und Antragsbegründung wird ergänzend die gesundheitliche Lage der Kindsmutter des gemeinsamen Kindes … … … angeführt: Sie sei wieder schwanger und befürchte in der Situation der Schwangerschaft Belastungen und Stress. Der Kläger wolle die Kindsmutter während ihrer Schwangerschaft unterstützen, ihr schwere Gänge und die „Sorge um das Kind …“ abnehmen, damit sie sich schonen könne. Der Kläger könne bei einer Vollzeittätigkeit und einem Arbeitsweg von 2 Stunden kaum auch noch einen einhergehenden beschützenden und helfenden Kontakt zur Kindsmutter und zur Tochter halten. Gern wolle der Kläger mit der Kindsmutter eine Hausgemeinschaft bilden.
Hinsichtlich des klägerischen Vortrags ist zu dessen Berücksichtigungsfähigkeit Folgendes auszuführen:
Da der Kläger mit der Mutter des gemeinsamen Kindes … … …, Frau … …, nicht zivilrechtlich verheiratet, ist Frau … … selbst keine Familienangehörige des Klägers. Eine familiäre Anbindung von Frau … … besteht über das gemeinsame Kind, das Familienangehörige des Klägers wie auch von Frau … … ist (insoweit siehe unten). Die an die Person von Frau … … anknüpfenden Aspekte des Klägervortrags bleiben deshalb außer Betracht. Darüber hinaus hat der Kläger die von ihm vorgetragenen Aspekte des Gesundheitszustandes und der Schwangerschaft der Kindsmutter des gemeinsamen Kindes nicht belegt oder nachgewiesen. Eine derzeitige Schwangerschaft der Kindsmutter des gemeinsamen Kindes ist fachärztlich nicht belegt. Ebenso wenig bestehen fundierte fachärztliche Aussagen zum derzeitigen Gesundheitszustand der Kindsmutter. Das im Zusammenhang mit einem früheren Umverteilungsantrag vorgelegte Attest von Frau Dr. … … vom 7. September 2018 ist rechtlich unbeachtlich. Es ist zunächst nicht unterschrieben und damit bereits im Rechtsverkehr ohne Bedeutung. Das ärztliche Attest bezieht sich inhaltlich auf eine bereits zum Ausstellungszeitpunkt nicht mehr aktuelle Wohnsituation der Kindsmutter [in einer Pension], da das Attest an Frau … … an diese bereits unter ihrer Anschrift im Frauenhaus adressiert ist. Darüber hinaus ist das Attest weder zeitlich aktuell, noch fachlich fundiert: aus ihm geht weder die Grundlage der Diagnosefindung, die Diagnosefindung in fachlicher Hinsicht nach fachlichen Parametern, noch eine fachliche Beurteilung der Diagnose mit ihren Auswirkungen und Ausführungen zur Therapie und Medikation hervor.
Insbesondere ergibt sich aus der klägerischen Antragsbegründung kein Ansatzpunkt für die Annahme – ungeachtet des für den streitgegenständlichen Antrag erforderlichen Nachweises -, dass die Kindsmutter sich in einem Zustand befindet, der es ihr unmöglich macht, ihre elterliche Sorge über das Kind … … … auszuüben und dadurch eine Beeinträchtigung des Kindeswohls des Kindes … … … entstehen könnte. Dies behauptet der Kläger im Übrigen in seiner Antragsbegründung auch nicht. Vielmehr sieht er sich selbst nur als in zeitlich begrenztem Umfang neben der (von ihm unterstellten) Arbeitstätigkeit als unterstützende Hand.
Der Kläger hat seiner Antragsbegründung zufolge die Umverteilung nach München nicht deshalb beantragt, um mit dem gemeinsamen Kind … … … und dessen Mutter in einer familiären Lebensgemeinschaft im Sinne einer häuslichen Lebensgemeinschaft leben zu wollen. Jedenfalls geht die Antragsbegründung nicht explizit dahin, dass er mit beiden (und ggf. dem Kind …*) eine häusliche Lebensgemeinschaft begründen will. Hierzu wäre der Kläger nach seinen (fehlenden) Angaben und Nachweisen bereits nicht in der Lage, da das Kind … … … und die Kindsmutter nicht in einem von ihnen mit eigenen finanziellen Mitteln unterhaltenen Wohnraum leben, sondern in einer von der … … finanzierten Beherbergung, die ausschließlich schwangeren Frauen und Müttern mit ihren minderjährigen Kleinkindern vorbehalten ist.
Insoweit ist auch zu sehen, dass das Kind … … … und die Kindsmutter nach deren Flüchtlingsanerkennung und der ihnen erteilten Aufenthaltserlaubnisse – im Gegensatz zu Asylbewerbern – keinen rechtlichen Einschränkungen in ihren Möglichkeiten einer Wohnsitznahme unterliegen. Bei der Schutzwürdigkeit und Gewichtigkeit ihrer Belange nach Art. 6 GG, Art. 2 GG, Art. 8 EMRK und Art. 7 EU-GRCharta wie auch der des Klägers als Vater des Kindes … … … ist bei der Abwägung im Rahmen der Ermessensentscheidung bei der beantragten Umverteilung dieser zentrale Aspekt zu berücksichtigen, dass die häusliche Gemeinschaft auch durch Eigeninitiative und auch andernorts, nämlich am Ort des mit der Wohnsitzauflage gebundenen Klägers, durch die anderen Personen, mit denen eine häusliche Gemeinschaft oder zumindest eine größere örtliche Nähe begründet werden soll und die keinen Wohnsitzverpflichtungen unterliegen, hergestellt werden kann. Dieser Aspekt gewinnt in der Abwägung umso mehr an Gewicht, je zumutbarer dies für die Beteiligten ist, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Kind leben wollen. Auf die Zumutbarkeit hat Einfluss, inwieweit der andere sorgeberechtigte Elternteil, der einen legalen Aufenthaltsstatus hat, bereits einer Erwerbstätigkeit nachgeht, diesem ein Arbeitsplatzwechsel zumutbar ist oder durch eine aufgenommene Berufsausbildung örtlich gebunden ist. Auf die Zumutbarkeit hat keinen Einfluss, dass der Kläger den – jedenfalls derzeit nicht berechtigten – Wunsch hegt, lieber in … als am Ort seiner Wohnsitznahmeverpflichtung zu arbeiten, ungeachtet dessen, dass er einer Arbeit nur mit entsprechender Genehmigung der Ausländerbehörde nachgehen kann, da er nicht im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, die ihn zur Erwerbstätigkeit berechtigt. Die Ausführungen des Klägers zu seiner Arbeitstätigkeit in … im Rahmen der Begründung der beantragten Umverteilung sind rechtlich unerhebliche Gedankenspiele des Klägers.
Der Kläger hat seinen Umverteilungsantrag auch nicht damit begründet, dass unter Beachtung der Belange nach Art. 6 GG, Art. 2 GG, Art. 8 EMRK und Art. 7 EU-GRCharta das Kindeswohl des Kindes … … … die Umverteilung des Klägers erfordert und dem Kindeswohl des Kindes … … … nur ermessensgerecht entsprochen werden könne, wenn der Kläger nach … umverteilt würde, gleichzeitig aber die vom Kläger (faktisch eingegangenen) Obhutspflichten für das Kind … durch Wahrung dessen Kindeswohls nicht von diesem vernachlässigt würden. Der Kläger hat auch nicht dargelegt und nachgewiesen, ob und inwieweit er bereits bisher nach außen erkennbar in ausreichendem Maße Verantwortung für die Betreuung und Erziehung seines minderjährigen Kindes … … … übernommen hat, realistischerweise bei der zu berücksichtigenden rechtlichen Situation beider Elternteile übernehmen kann und übernehmen will. Der Annahme einer familiären Lebensgemeinschaft steht nicht entgegen, dass ein Elternteil nur ausschnittsweise am Leben teilnimmt und keine alltäglichen Erziehungsentscheidungen trifft. Es kommt darauf an, ob die vorhandenen Kontakte in ihrer Bedeutung für das Verhältnis zum Kind dem auch sonst Üblichen entsprechen und auf diese Weise die Vater-Kind-Beziehung gelebt wird. Hierzu ist von der Klagepartei nichts dargetan.
3.3. Unter Berücksichtigung der vorhergehenden Ausführungen ist die Ablehnung der Umverteilung des Klägers nach … mit Bescheid vom 15. April 2019 rechtlich nicht zu beanstanden. Der streitgegenständliche Bescheid leidet nicht unter Ermessensfehlern (§ 114 VwGO). Die gesetzlichen Grenzen des Ermessens i.S.v. § 114 Satz 1 Alt.1 VwGO werden durch den streitgegenständlichen Bescheid nicht verletzt. An der Verhältnismäßigkeit der Ermessensentscheidung bestehen keine Zweifel. Der Kläger wird nicht in seinen Rechten verletzt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm mit Antrag vom 7. März 2019 begehrte Umverteilung nach …
4. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO.
5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff der Zivilprozessordnung (ZPO).


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