Verwaltungsrecht

Fehlen von Abschiebungsverboten hinsichtlich Uganda

Aktenzeichen  W 10 K 20.30295

Datum:
8.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 25086
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3, § 3b, § 3e, § 4, § 77 Abs. 1 S. 1
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
EMRK Art. 3

 

Leitsatz

1. Eine Personenidentität von Anhörer und Entscheider im Asylverfahren ist rechtlich nicht erforderlich. Eine Personenverschiedenheit ist verfassungsrechtlich nicht bedenklich, sofern sich die Entscheidung nicht auf subjektive Eindrücke wie Körpersprache, Stimmlage oder Blickkontakt stützt, sondern auf den in der Anhörung protokollierten Inhalt der Einlassungen und Schilderungen, die objektiv nachvollziehbar und inhaltlich einer Wertung zugänglich sind. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es bestehen keine triftigen Anhaltspunkte dafür, dass sich die Lebensverhältnisse und die humanitären Lebensbedingungen in Folge der COVID-19-Pandemie in Uganda so verschlechtert hätten oder alsbald verschlechtern würden, dass generell für jeden Rückkehrer eine extreme konkrete Gefahr für Leib und Leben mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen würde. (Rn. 58) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Das Gericht konnte durch die Einzelrichterin entscheiden, nachdem dieser das Verfahren durch Beschluss der Kammer zur Entscheidung übertragen worden ist, § 76 Abs. 1 AsylG.
Die zulässige Klage, über die nach § 102 Abs. 2 VwGO auch in Abwesenheit eines Vertreters der Beklagten verhandelt und entschieden werden durfte, ist unbegründet. Die Klägerin hat zum maßgeblichen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keinen Anspruch auf die begehrten Entscheidungen des Bundesamts zu ihren Gunsten. Der streitgegenständliche Bescheid vom 13. Februar 2020 ist daher rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Ablehnung der Asylanerkennung (Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids) ist bereits unanfechtbar geworden.
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.
a) Rechtsgrundlage der begehrten Zuerkennung ist § 3 Abs. 4 und Abs. 1 AsylG (BT-Drs. 16/5065, S. 213; vgl. auch § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG).
Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG oder das Bundesamt hat nach § 60 Abs. 8 Satz 3 AufenthG von der Anwendung des § 60 Abs. 1 AufenthG abgesehen.
Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560 – Genfer Flüchtlingskonvention), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Lands (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
Dem Ausländer muss eine Verfolgungshandlung drohen, die mit einem anerkannten Verfolgungsgrund (§ 3b AsylG) eine Verknüpfung bildet, § 3a Abs. 3 AsylG. Als Verfolgungshandlungen gelten gemäß § 3a AsylG solche Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 – EMRK (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1) oder Handlungen, die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Die für eine Verfolgung im Sinne des Flüchtlingsschutzes nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG relevanten Merkmale (Verfolgungsgründe) sind in § 3b Abs. 1 AsylG näher definiert. Nach § 3c AsylG kann eine Verfolgung sowohl von dem Staat, von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten. Nach § 3e AsylG wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft allerdings nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslands keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat (Nr. 1) und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (Nr. 2) (interner Schutz bzw. innerstaatliche Fluchtalternative).
Maßgeblich für die Beurteilung, ob sich ein Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb des Heimatlands befindet, ist der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, der dem Maßstab des „real risk“, den der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) bei der Prüfung des Art. 3 EMRK anwendet, entspricht (vgl. EGMR, U.v. 28.2.2008 – 37201/06, NVwZ 2008, 1330 Rn. 125 ff.; U.v. 23.2.2012 – 27765/09, NVwZ 2012, 809 Rn. 114). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) ist die Furcht des Ausländers begründet, wenn bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 – juris Rn. 32; U.v. 19.4.2018 – 1 C 29.17 – juris Rn. 14; VGH BW, U.v. 3.11.2016 – A 9 S 303/15 -, juris Rn. 32 ff.; NdsOVG, U.v. 21.9.2015 – 9 LB 20/14 -, juris Rn. 30).
Wurde der betroffene Ausländer bereits verfolgt oder hat er einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten bzw. war er von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht und weisen diese Handlungen und Bedrohungen eine Verknüpfung mit einem Verfolgungsgrund auf, greift zu dessen Gunsten die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 QRL, wonach die Vorverfolgung bzw. Vorschädigung einen ernsthaften Hinweis darstellt, dass sich die Handlungen und Bedrohungen im Fall einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden (vgl. BVerwG, U.v. 19.4.2018 – 1 C 29.17 – juris Rn. 15). Die Vorschrift privilegiert den betroffenen Ausländer durch eine widerlegliche Vermutung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Eine Widerlegung der Vermutung ist möglich, wenn stichhaltige Gründe gegen eine Wiederholung sprechen. Durch Art. 4 Abs. 4 QRL wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte davon befreit, stichhaltige Gründe dafür vorzubringen, dass sich die Bedrohungen erneut realisieren, wenn er in sein Heimatland zurückkehrt.
Dem Ausländer obliegt gleichwohl die Pflicht, seine Gründe für die Verfolgung schlüssig und vollständig vorzutragen, was bedeutet, dass ein in sich stimmiger Sachverhalt geschildert werden muss, aus dem sich bei Wahrunterstellung und verständiger Würdigung ergibt, dass mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung droht. Dies beinhaltet auch, dass der Ausländer die in seine Sphäre fallenden Ereignisse und persönlichen Erlebnisse, die geeignet sind, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen, wiedergeben muss (vgl. § 25 Abs. 1 und 2 AsylG, § 86 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz VwGO; OVG NW, U.v. 2.7.2013 – 8 A 2632/06.A -, juris Rn. 59 f. mit Verweis auf BVerwG, B.v. vom 21.7.1989 – 9 B 239.89 -, InfAuslR 1989, 349 (juris Rn. 3 f.); B.v. 26.10.1989 – 9 B 405.89 -, InfAuslR 1990, 38 (juris Rn. 8); B.v. 3.8.1990 – 9 B 45.90 -, Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 225 (juris Rn. 2)).
Der Asylsuchende muss dem Gericht glaubhaft machen, weshalb ihm in seinem Herkunftsland die Verfolgung droht. An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es regelmäßig, wenn er im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheinen oder er sein Vorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere, wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgebend bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst spät in das Asylverfahren einführt. In der Regel kommt deshalb dem persönlichen Vorbringen des Asylbewerbers, seiner Persönlichkeit und Glaubwürdigkeit sowie der Art seiner Einlassung besondere Bedeutung zu (vgl. BayVGH, U.v. 26.1.2012 – 20 B 11.30468 – m.w.N.).
b) Unter Berücksichtigung vorgenannter Voraussetzungen und Maßstäbe sind die Voraussetzungen des § 3 AsylG bereits deshalb nicht erfüllt, weil die Klägerin nicht glaubhaft gemacht hat, sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb ihres Heimatlands zu befinden. Zudem kann sie mit ihrer Tochter zumutbaren internen Schutz im Sinne des § 3e Abs. 1 AsylG in Anspruch nehmen.
aa) Der Umstand, dass die persönliche Anhörung der Klägerin und die Fertigung des angegriffenen Bescheids durch zwei verschiedene Mitarbeiter der Beklagten erfolgt ist, führt zu keinem anderen Ergebnis.
Auch nach dem Eindruck in der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ihre begründete Furcht vor Verfolgung in Uganda nicht glaubhaft gemacht (vgl. hierzu unten unter cc). Die Personenverschiedenheit von Anhörer und Entscheider beim Bundesamt ist zudem grundsätzlich nicht zu beanstanden, weil eine Personenidentität von Anhörer und Entscheider im Asylverfahren rechtlich nicht erforderlich ist und eine Personenverschiedenheit verfassungsrechtlich nicht bedenklich ist (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 5.2.2018 – 11 ZB 17.31802 – juris Rn. 4 u.a. unter Verweis auf BVerwG, B.v. 13.5.1996 – 9 B 174.96 – JurionRS 1996, 21040; VG Würzburg, U.v. 23.6.2020 – W 10 K 20.30106 – juris Rn. 59 m.w.N.; B.v. 29.12.2016 – 5 S 16.32672 – BeckRS 2016, 122420 Rn. 17 m.w.N.; VG Köln, U.v. 18.2.2020 – 6 K 7872/17.A – juris Rn. 35 m.w.N.; VG Magdeburg, U.v. 9.9.2019 – 3 A 398/17 – juris Rn. 59 m.w.N.; VG Aachen, U.v. 31.8.2016 – 7 K 893/15.A – juris Rn. 49 f. m.w.N.). Darüber hinaus wäre ein solcher Verfahrensfehler – unterstellt, ein solcher ergäbe sich aus der Personenverschiedenheit von Anhörer und Entscheider – im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich bzw. beachtlich. Denn eine unzureichende Anhörung kann nach § 46 VwVfG und auch nach Unionsrecht im gerichtlichen Verfahren unbeachtlich sein, wenn sie das Entscheidungsergebnis nicht beeinflusst hat (vgl. SächsOVG, B.v. 5.8.2019 – 6 A 93/18.A – BeckRS 2019, 18391 Rn. 11). Dies ist hier der Fall. Denn auch aus dem Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 4. September 2020, bei der sie auf ihre Ausführungen beim Bundesamt Bezug genommen hat, ergibt sich kein Anspruch auf die begehrten Entscheidungen (vgl. hierzu unten unter cc), sodass in der Sache keine andere Entscheidung des Bundesamts ergehen könnte, zumal es sich bei der Zuerkennung internationalen Schutzes um eine gebundene Entscheidung handelt (vgl. auch SächsOVG, B.v. 5.8.2019, a.a.O.).
Unabhängig davon ist die Personenverschiedenheit von Anhörer und Entscheider dann unerheblich, wenn sich die Entscheidung nicht auf subjektive Eindrücke wie Körpersprache, Stimmlage oder Blickkontakt stützt, sondern auf den in der Anhörung protokollierten Inhalt der Einlassungen und Schilderungen, die objektiv nachvollziehbar und inhaltlich einer Wertung zugänglich sind. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn allein aus der Lektüre des Protokolls der Anhörung eine Analyse der Angaben der klagenden Person auf ihre Glaubhaftigkeit hin möglich ist (vgl. hierzu VG Würzburg, B.v. 4.1.2019 – W 8 S 18.50563 – juris Rn. 14 m.w.N.; VG Ansbach B.v. 30.5.2016 – AN 3 S 16.30586 – juris Rn. 22 unter Verweis auf VG München, B.v. 31.3.2003 – M 21 S 03.60104 – juris Rn. 21). Danach ist die im streitgegenständlichen Bescheid erfolgte Einstufung des Vortrags der Klägerin als unglaubhaft nicht zu beanstanden. Denn die der Entscheidung zugrunde gelegte Anhörung erfüllt die vorgenannten Anforderungen. Ausweislich der Niederschrift war es der Klägerin während der sehr ausführlichen Anhörung nicht nur möglich, ihr Verfolgungsschicksal frei und umfassend zu schildern, wobei sie sogar wiederholt nach weiteren Fluchtgründen gefragt wurde. Aufgrund der vielfachen Nachfragen bzw. Vorhalte wurde ihr darüber hinaus Gelegenheit gegeben, ihren Vortrag zu präzisieren bzw. zu plausibilisieren, sodass es nach Überzeugung der Einzelrichterin unschwer möglich ist, sich aufgrund der Niederschrift ein belastbares Bild von der Glaubhaftigkeit des Vortrags der Klägerin zu machen. Dementsprechend ist es nicht zu beanstanden, dass der Entscheider im streitgegenständlichen Bescheid zu dem Ergebnis gekommen ist, dass das Tatsachenvorbringen der Klägerin aufgrund verschiedenster Ungereimtheiten nicht glaubhaft ist, was er ausführlich und nachvollziehbar begründet hat.
bb) Im Hinblick auf die Geschehnisse in Ruanda im Jahr 2015 sind die Voraussetzungen des § 3 AsylG zudem auch bei Wahrunterstellung des Vorbringens der Klägerin nicht erfüllt, weil selbst im Fall einer anzunehmenden Vorverfolgung stichhaltige Gründe im Sinne des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU gegen eine erneute Verfolgung sprechen. Zum einen droht der Klägerin ausweislich der Ziffer 5 des streitgegenständlichen Bescheids nicht die Abschiebung nach Ruanda, sondern nur nach Uganda. Zum anderen waren diese Geschehnisse auch in zeitlicher Hinsicht nicht unmittelbar ursächlich für ihre Ausreise aus Uganda im Juni 2019. Gleiches gilt für die Schlechtbehandlung durch ihre Onkel, die sie mit ihrer Mutter bereits 2009 verlassen hat. Damit fehlt es am erforderlichen Zusammenhang zwischen der vorgetragenen Verfolgung und der Ausreise.
cc) Darüber hinaus erscheint das Vorbringen der Klägerin trotz der vielfach sehr ausführlichen und detaillierten Schilderungen und den situationsgerecht in der mündlichen Verhandlung gezeigten Emotionen im Hinblick auf die zahlreichen Ungereimtheiten insgesamt nicht als glaubhaft, sondern asyltaktisch motiviert.
So wirft beispielsweise bereits die Angabe der Klägerin in der mündlichen Verhandlung Fragen auf, sie habe keinen Kontakt mehr nach Uganda gehabt, seit sie das Land verlassen habe. Denn ausweislich des Protokolls der Befragung durch die Regierung von Oberbayern – Zentrale Ausländerbehörde – gab die Klägerin dort auf die Frage, ob sie einen Personalausweis habe, an, ja, sie habe ihn aber daheim bei ihrer Mutter gelassen. Auf weitere Frage, ob sie ihn nachreichen könne, erklärte sie, dass das kein Problem sein werde. Ausweislich der Bundesamtsakte ist es der Klägerin dann auch tatsächlich gelungen, den Personalausweis vorzulegen. Soweit die Klägerin auf entsprechenden Vorhalt in der mündlichen Verhandlung angab, sie habe nicht gesagt, dass der Personalausweis bei ihrer Mutter sei. Sie habe vielmehr gesagt, dass er dort sei, wo sie gewesen sei und sie habe ihre Cousine in der Schweiz gebeten, dafür zu sorgen, dass sie den Personalausweis erhält, überzeugt das nicht. Denn der Klägerin wurde das entsprechende Protokoll rückübersetzt, sodass sie Gelegenheit und Anlass gehabt hätte, die nach ihrer Ansicht unzutreffenden Passagen zu korrigieren. Darüber hinaus finden sich im Protokoll keine Anhaltspunkte dafür, dass sie ihre Cousine in der Schweiz in diesem Zusammenhang erwähnt hätte. Gegen die Belastbarkeit ihrer Angaben in der mündlichen Verhandlung spricht zudem, dass sie erklärte, sie habe nicht gewollt, dass jemand wisse, wo sie sei und habe deshalb ihre Cousine gebeten, eine E-Mail nach Uganda zu schicken. Denn wenn dies tatsächlich der Fall gewesen wäre, wäre zu erwarten gewesen, dass sie dies auch bei ihrer Anhörung beim Bundesamt so angibt, in der sie insbesondere nach ihrem Kontakt zu ihrer Mutter und ihren diesbezüglichen Bemühungen befragt wurde. Hier erklärte sie jedoch lediglich, ihr sei es nicht möglich, mit ihrer Mutter Kontakt aufzunehmen.
Daneben konnte die Klägerin nicht plausibel erklären, warum ihre Mutter sie trotz der Vergangenheit ihres Vaters und der ihr damit drohenden Gefahr nach Ruanda geschickt haben sollte. Sie erklärte hierzu zwar einerseits in der mündlichen Verhandlung, ihre Mutter habe das nicht wissen können und habe es auch nicht gewusst. Sie habe ihr auch nicht erzählt, dass ihr Vater Regierungsgegner in Ruanda gewesen sei. Die Klägerin gab jedoch andererseits an, ihre Mutter habe ihr erzählt, dass ihr Vater während des Völkermords zurück nach Ruanda gegangen sei, um dort zu kämpfen. Damit hätte es aber durchaus Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Klägerin dort Gefahr drohen könnte. Im Hinblick auf das sonstige von der Klägerin geschilderte Verhalten ihrer Mutter wäre zu erwarten gewesen, dass sie ihre Tochter zumindest warnt, wenn sie sie denn überhaupt dieser Gefahr aussetzt. Denn Anlass für die Reise nach Ruanda war nach Angaben der Klägerin lediglich, dass sie Geld holen sollte, um sich weiterbilden zu können.
Soweit die Klägerin angab, sie sei im August 2018 von der Polizei festgenommen worden, weil sie für die Freilassung von Robert Kyagulanyi demonstriert habe, den sie unterstützt habe, weil sie ihn sehr inspirierend finde, er sich für die Rechte der Menschen, insbesondere der Jugendlichen einsetze und gegen die Regierung gewesen sei, sind ihre diesbezüglichen Schilderungen zwar sehr detailliert. Die Klägerin konnte in der mündlichen Verhandlung auch den Namen der Bewegung von Robert Kyagulanyi (People Power) angeben. Die Frage, ob diese ein besonderes Symbol habe, verneinte die Klägerin jedoch. Aus der Erkenntnismittellage ergibt sich allerdings, dass Unterstützer von Kyagulanyis People Power als Symbol rote Barette getragen haben, was die Regierung sogar dazu veranlasst hat, diese im September 2019 zu verbieten (vgl. United States Departement of State, Uganda 2019 Human Rights Report vom 11.3.2020, S. 12). Es erscheint wenig nachvollziehbar, dass die Klägerin einerseits ein so überzeugter Anhänger von Kyagulanyi gewesen sein will, dass sie eine Festnahme sowie monatliche Berichte in Kauf nimmt und sogar die Konfrontation mit der Polizei sucht, indem sie dieser auf die Frage, warum sie die Tätigkeit bei der Regierung beendet habe und nun Kyagulanyi, einen Gegner der Regierung unterstütze, antwortet, dies sei ihr Recht, woraufhin diese wütend wurde, ihr aber andererseits das mittlerweile sogar verbotene Symbol der Bewegung unbekannt ist.
Darüber hinaus bleibt im Dunkeln, wie die Polizei allein aufgrund ihrer Teilnahme an einer Demonstration für Robert Kyagulanyi auf die Idee hätte kommen sollen, gegen die Klägerin wegen Spionage für Ruanda zu ermitteln. Zudem erklärte die Klägerin in der mündlichen Verhandlung, dieses Thema sei erst bei ihrer Festnahme am 4. Februar 2019 aufgekommen, während sie beim Bundesamt im Zusammenhang mit den Ausführungen zu ihrem ersten vergeblichen Versuch im Oktober 2018, einen Pass zu beschaffen angab, sie hätten weitere Ermittlungen durchführen und überprüfen wollen, ob sie unter den Leuten sei, die als Spione für den Präsidenten Ruandas tätig seien. Zudem ist nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin bei ihrer Festnahme nicht einmal den Versuch unternommen haben will, zu erklären, wie es dazu kommen konnte, dass sich ihr Name auf der Spionageliste befindet, die ihr nach ihren Angaben bei der Polizei gezeigt wurde. Die Klägerin erklärte hierzu lediglich pauschal, sie hätten ihr ohnehin nicht geglaubt und sie habe Angst gehabt, dass sie weitere Schwierigkeiten bekommen könnte.
Das weiteren konnte die Klägerin nicht plausibel machen, warum die Leute in Ruanda davon hätten ausgehen sollen, dass sie in der Lage gewesen wäre, den Präsident Ugandas zu bespitzeln, wie das von ihr verlangt wurde. Soweit sie in der mündlichen Verhandlung angab, eine Kontaktperson hätte ihr in Uganda mitteilen sollen, was sie zu tun habe, überzeugt das nicht. Es ist kaum zu erwarten, dass ein Land eine für sie völlig fremde Person, die keinerlei Einfluss oder sonst eine besondere, für Spionagezwecke hilfreiche Position innehat, für die Bespitzelung des Präsidenten eines Landes einsetzt, noch dazu ohne in irgendeiner Art und Weise sicherzustellen, dass diese Person den Anweisungen Folge leisten wird.
dd) Selbst bei Wahrunterstellung des Vorbringens der Klägerin sind die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bereits deshalb nicht erfüllt, weil sie sich auf die bestehende Möglichkeit der Inanspruchnahme internen Schutzes (innerstaatliche Fluchtalternative) verweisen lassen muss, § 3e AsylG. Nach dieser Vorschrift wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslands keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.
Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Klägerin jedenfalls in einer anderen Stadt oder auch in anderen Landesteilen Ugandas eine den genannten Anforderungen genügende Ausweichmöglichkeit vorfinden wird, zumal Uganda immerhin eine Größe von gut 240 km² aufweist und seine Bevölkerungszahl etwa zwischen 35 und 45 Millionen Menschen liegt. Der Klägerin ist es nach ihren Angaben zudem nicht nur gelungen, mithilfe neuer Identifikationsdokumente das Land unbehelligt zu verlassen, sodass davon auszugehen ist, dass es ihr auch bei einer Rückkehr gelingen würde, mithilfe dieser Dokumente von den Sicherheitskräften unbehelligt zu bleiben. Sie konnte sich darüber hinaus nach ihrer Flucht aus dem Gefängnis erfolgreich bei dem Pastor vor den Sicherheitskräften verbergen. Das Gericht ist daher davon überzeugt, dass es der Klägerin auch bei einer Rückkehr gelingen wird, ihren Verfolgern zu entgehen.
Es ist der Klägerin zudem möglich und zumutbar, sich bei einer Rückkehr nach Uganda mit ihrer Tochter anderswo niederzulassen und dort ein neues Leben aufzubauen. Auch wenn es in den letzten Jahren Rückschläge gab, steht Uganda in vielerlei Hinsicht besser da als die meisten Nachbarländer. Es hat sich in den vergangenen Jahren zu einer stabilisierenden politischen Kraft in der Region entwickelt und gilt als friedliches und relativ sicheres Land, auch wenn sich Unruhen in den Nachbarstaaten immer wieder auf angrenzende Regionen auswirken (vgl. Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (im Folgenden: BMZ), Afrika südlich der Sahara – Uganda, Abruf am 4.9.2020, http://www.bmz.de/de/laender_regionen/subsahara/uganda/index.jsp; Auswärtiges Amt, Uganda: Überblick, Abruf am 4.9.2020, Stand: 16.7.2019, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/uganda-node/uganda/208750; Uganda: Reise- und Sicherheitshinweise, Abruf am 4.9.2020, Stand: 22.7.2020, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/uganda-node/ugandasicherheit/208752; Das Länder-Informations-Portal (im Folgenden: LIPortal), Uganda: Geschichte & Staat, Abruf am 4.9.2020, Stand: Juli 2020, https://www.liportal.de/uganda/geschichte-staat/; Uganda: Alltag, Abruf am 4.9.2020, Stand: August 2020, https://www.liportal.de/uganda/alltag/; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich (im Folgenden: BFA), Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Uganda vom 27.9.2017, Stand: 11.11.2019 (im Folgenden: Länderinformationsblatt), S. 13, 25). Die Verfassung und das Gesetz gewährleisten die uneingeschränkte Bewegungsfreiheit im Land sowie Auslandsreisen, Emigration und Rückkehr nach Uganda (vgl. BFA, Länderinformationsblatt, a.a.O., S. 24). Auch die wirtschaftliche Lage ist solide – trotz großer Herausforderungen wie der weit verbreiteten Korruption und dem hohen Bevölkerungswachstum (vgl. BMZ, a.a.O.). Seit Anfang der 1990er-Jahre konnte Uganda eine deutliche Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage erzielen. Die Armutsrate wurde erheblich reduziert, auch wenn 2017 wieder etwa 21,4% der ugandischen Bevölkerung mit weniger als 2 USD auskommen mussten und Uganda nach wie vor zu den ärmsten Ländern der Welt zählt (vgl. LIPortal, Uganda: Wirtschaft & Entwicklung, Abruf am 4.9.2020, Stand: Juli 2020, https://www.liportal.de/uganda/wirtschaft-entwicklung/; BFA, Länderinformationsblatt, a.a.O., S. 26 f.). Im Jahr 2019 erreichte das Bruttoinlandsprodukt 29,9 Milliarden USD, pro Kopf ca. 746,6 USD (vgl. Auswärtiges Amt, Uganda: Überblick, a.a.O.). Jahrelang verzeichnete Uganda ein Wirtschaftswachstum von ca. 6 bis 7%. In den letzten Jahren setzten ungünstige Wetterbedingungen, Inflation und die Stromknappheit der Wirtschaft zu und verringerten das Wachstum. Der Internationale Währungsfonds (IWF), Weltbank und weitere Geber honorieren jedoch die entwicklungspolitischen Bemühungen Ugandas durch umfangreiche Neuzusagen, um das Land bei der Armutsbekämpfung zu unterstützen (vgl. LIPortal, Uganda: Wirtschaft & Entwicklung, a.a.O.; IWF, IMF Staff Concludes Visit to Uganda vom 3.2.2020, https://www.imf.org/en/News/Articles/2020/02/03/pr2031-uganda-imf-staff-concludes-visit).
Nicht oder schlecht ausgebildete Erwachsene, die in Uganda zudem als Eltern oft mehrerer Kinder ihren Unterhalt bestreiten, sind kein Einzelfall. Ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung in Uganda hat keinen Schulabschluss bzw. keine Berufsausbildung. Ein volljähriger ugandischer Staatsangehöriger kann – selbst ohne Schul- und Ausbildung – einen, wenn auch möglicherweise minimalen, Lebensunterhalt sicherstellen. Es ist dabei möglich, auch ohne Schulabschluss gewisse Hilfstätigkeiten auszuführen. Dies gilt selbst dann, wenn Angehörige der Familie oder Bekannte, die einen Rückhalt gewährleisten könnten, nicht mehr vorhanden sein sollten. Selbst für eine alleinerziehende Mutter ist es ohne familiären Rückhalt möglich, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten (vgl. VG Regensburg, U.v. 11.10.2013 – RN 3 K 13.30143 – juris unter Verweis auf Auswärtiges Amt, Auskunft an das VG Darmstadt vom 23.5.2007; VG Hannover, U.v. 9.2.2010 – 4 A 3834/08 – juris unter Verweis auf German Institute of Global and Area Studies vom 25.4.2007 an das VG Darmstadt). Der informelle Sektor entwickelt sich stetig. Viele Ugander gründen kleine Betriebe. So sind gut 400.000 Menschen als Motorradtaxiunternehmer tätig, andere als (Klein-)Händler, Friseure oder im Tourismus. Auch die Subsistenzlandwirtschaft spielt eine große Rolle (vgl. LIPortal, Uganda: Wirtschaft & Entwicklung, a.a.O.; Uganda: Gesellschaft, Abruf am 4.9.2020, Stand: August 2020, https://www.liportal.de/uganda/gesellschaft/; BFA, Länderinformationsblatt, a.a.O., S. 26).
Vor diesem Hintergrund ist das Gericht auch in Anbetracht der persönlichen Situation der Klägerin davon überzeugt, dass diese unter Überwindung von Anfangsschwierigkeiten die Möglichkeit haben werden, sich und ihrer Tochter eine Existenzgrundlage aufzubauen und so jedenfalls ihre elementaren Grundbedürfnisse zu befriedigen. Die Klägerin verfügt nach ihren Angaben immerhin über eine elfjährige Schulbildung. Sie hat zwar keinen Beruf erlernt, stand aber schon in Uganda auf eigenen Füßen und erwirtschaftete als Security für die Regierung sowie als Getränkeverkäuferin ihren Lebensunterhalt. Es ist somit nicht ersichtlich, dass es der Klägerin als junger und gesunder Frau nicht möglich sein wird, erneut Fuß zu fassen und den Lebensunterhalt für sich und ihre Tochter zu erwirtschaften, auch wenn sie nicht auf ein familiäres Netzwerk in Uganda zurückgreifen könnte. Erforderlich und ausreichend ist insoweit zudem, dass die Klägerin durch eigene, notfalls auch wenig attraktive und ihrer Vorbildung nicht entsprechende Arbeit, die grundsätzlich zumutbar ist, oder durch Zuwendungen von dritter Seite jedenfalls nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu ihrem notwendigen Lebensunterhalt Erforderliche erlangen kann. Zu den danach zumutbaren Arbeiten gehören auch Tätigkeiten, die nicht den überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern, und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs, beispielsweise in der Landwirtschaft oder auf dem Bausektor, ausgeübt werden können (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 1.2.2007 – 1 C 24.06 – NVwZ 2007, 590; OVG NW, U.v. 17.11.2008 – 11 A 4395/04.A – juris Rn. 47). Durch ihre in Europa gesammelten Erfahrungen befindet sich die Klägerin zudem in einer vergleichsweise guten Position, da sie und ihre Tochter von diesen auch zukünftig in ihrem Heimatland, mit dessen Sprache und Gepflogenheiten die Klägerin vertraut ist, profitieren können.
Unabhängig davon verfügen die Klägerin und ihre Tochter in Uganda über ein soziales Netz, auf dessen Hilfe sie in Notsituationen sowie zur Überbrückung von Anfangsschwierigkeiten zählen kann, wie sie es schon in der Vergangenheit konnte. Jedenfalls über ihre Cousine in der Schweiz bzw. über den Pastor wird es der Klägerin nach Überzeugung des Gerichts möglich sein, mit ihrer Mutter in Verbindung zu treten. Es ist auch davon auszugehen, dass diese sie – wie schon in der Vergangenheit – unterstützen wird, auch wenn es der Klägerin nicht möglich sein sollte, zu ihr zurückzukehren. Gleiches gilt für den Pastor, der ihr nicht nur bei der Flucht aus dem Gefängnis geholfen, sondern sie bis zu ihrer Ausreise bei sich aufgenommen hat. Das spricht dafür, dass er ihr erneut beistehen würde, zumal er ein Freund ihrer Mutter ist.
Darüber hinaus verfügt Uganda über eine rege Zivilgesellschaft mit einem großen Selbsthilfepotenzial und einer Vielzahl von Nichtregierungsorganisationen. Vielfältige – auch staatliche – Initiativen sollen den Menschen aus der Armut heraushelfen. So profitieren im Moment vor allem Frauen von den zahlreichen Angeboten der Mikrofinanzierung (vgl. LIPortal, Uganda: Wirtschaft & Entwicklung, a.a.O.). Überdies steht es der Klägerin frei, ihre finanzielle Situation in Uganda aus eigener Kraft zu verbessern und Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen oder sich an karitative Einrichtungen vor Ort zu wenden, um Unterstützung und Starthilfe zu erhalten und erste Anfangsschwierigkeiten gut überbrücken zu können. So können ugandische ausreisewillige Personen etwa Leistungen aus dem REAG-Programm, dem GARP-Programm, sowie dem „Bayerischen Rückkehrprogramm“ erhalten (https://www.returningfromgermany.de/de/countries/uganda; https://www.lfar.bayern.de/mam/ueber_das_lfar/freiwilligerueckkehr/bayerische_richtlinie_zur_förderung_der_freiwilligen_rückkehr_-_bayerisches_rückkehrprogramm_-_vom_30.08.2019.pdf). Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass sich die Klägerin nicht darauf berufen kann, dass die genannten Start- und Reintegrationshilfen ganz oder teilweise nur für freiwillige Rückkehrer gewährt werden, also teilweise nicht bei einer zwangsweisen Rückführung. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann ein Asylbewerber, der durch eigenes zumutbares Verhalten – wie insbesondere durch freiwillige Rückkehr – im Zielstaat drohende Gefahren abwenden kann, nicht vom Bundesamt die Feststellung eines Abschiebungsverbots verlangen (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.1997 – 9 C 38.96 – juris; VGH BW, U.v. 26.2.2014 – A 11 S 2519/12 – juris). Dementsprechend ist es der Klägerin möglich und zumutbar, gerade zur Überbrückung der ersten Zeit nach einer Rückkehr nach Uganda freiwillig Zurückkehrenden gewährte Reisehilfen sowie Reintegrationsleistungen in Anspruch zu nehmen.
An Vorstehendem ändert auch die weltweite COVID-19-Pandemie nichts, zumal die Klägerin nicht substantiiert vorgebracht hat, dass und inwieweit ihr persönlich aufgrund der Pandemie zum jetzigen Zeitpunkt eine konkrete Gefahr mit beachtlicher bzw. hoher Wahrscheinlichkeit drohen könnte.
Nach den dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln bzw. allgemein zugänglichen Quellen gibt es in Uganda im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt 3.353 bestätigte Corona-Fälle. Davon sind 1.564 Personen genesen. Außerdem gibt es 35 Todesfälle (Stand: 4.9.2020; vgl. Gesundheitsministerium Uganda, Covid-19 Response Info Hub, https://covid19.gou.go.ug/ oder https://www.worldometers.info/coronavirus/ country/uganda/). Auch wenn die Zahl der Coronainfektionen in der jüngsten Vergangenheit stärker gestiegen ist, steht Uganda im internationalen, insbesondere afrikanischen, Vergleich auch unter Berücksichtigung der Einwohnerzahl und einer gewissen Dunkelziffer recht gut da, zumal die Zahl der Todesfälle eher gering ist (vgl. IWF, Policy Tracker, Abruf am 4.9.2020, Stand: 27.8.2020, https://www.imf.org/en/Topics/imf-and-covid19/Policy-Responses-to-COVID-19#U; BFA, Kurzinformation der Staatendokumentation Afrika, COVID-19 – aktuelle Lage (im Folgenden: Kurzinformation zu COVID-19) vom 9.7.2020, S. 1 f.). Zudem bleibt der ugandische Staat nicht tatenlos. So besteht etwa ein generelles Ein- und Ausreiseverbot für alle Staatsangehörigen von und nach Uganda. Der reguläre Passagierflugverkehr am internationalen Flughafen in Entebbe wurde am 22. März 2020 eingestellt. Ausgenommen sind Frachtlieferungen, UN- und Notfallflüge. Auch die Ein- und Ausreise an den Landesgrenzen ist derzeit nicht möglich. Dabei ist der öffentliche Busverkehr unter Auflagen, der private Autoverkehr mit höchstens vier Personen pro Fahrzeug gestattet. Es gilt eine nächtliche Ausgangssperre in der Zeit von 21:00 Uhr bis 5:30 Uhr. In der Öffentlichkeit, auch im Bus oder Auto, besteht Maskenpflicht. Die Medien informieren die Bevölkerung über die Schutzmaßnahmen und die Krankheit. Das Gesundheitsministerium bietet täglich Updates über das Infektionsgeschehen sowie Informationen zur Prävention und Aufklärung. Eine Warnapp soll helfen, die Infektion einzudämmen. Die Armee überwacht die coronabedingten Einschränkungen, manchmal mit harter Hand. Die Regierung bereitet sich auf einen Anstieg der Fallzahlen vor. Das Uganda Virus Research Institute hält Tests vor, die Krankenhäuser bereiten sich auf die Behandlung von mehr Patienten mit schweren Symptomen vor (vgl. Auswärtiges Amt, Uganda: Reise- und Sicherheitshinweise, a.a.O.; Gesundheitsministerium Uganda, Coronavirus (Pandemic)/Covid-19, Abruf am 4.9.2020, https://www.health.go.ug/covid/#; IWF, Policy Tracker, a.a.O.; LIPortal, Uganda: Gesellschaft, a.a.O.; BFA, Kurzinformation zu COVID-19 vom 9.7.2020, S. 10).
Auch wenn sich die wirtschaftliche Situation in Uganda aufgrund der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie verschlechtern mag (vgl. IWF, The IMF’s Support for Uganda’s Health Care, Most Vulnerable, Businesses, and Stability vom 22.5.2020, https://www.imf.org/en/News/Articles/2020/05/21/ na052120-the-imfs-support-for-ugandas-health-care-the-vulnerable-businesses-and-stability; BFA, Kurzinformation zu COVID-19 vom 9.7.2020, S. 6), hält es das Gericht zum jetzigen maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt nicht für hinreichend beachtlich wahrscheinlich, dass sich die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse derart negativ entwickeln werden, dass von einer grundsätzlich abweichenden Beurteilung ausgegangen werden kann. Dies gilt selbst unter Berücksichtigung der Überflutungen vor allem in West-, aber auch in Ostuganda Ende April/Anfang Mai 2020, durch die über 24.000 Menschen vertrieben wurden und weitere ca. 177.000 durch die Zerstörung ihrer Häuser, der Ernte, der Infrastruktur sowie durch die fehlende oder eingeschränkte Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, betroffen sind, zumal die Auswirkungen trotz allem räumlich begrenzt sind (vgl. LIPortal, Uganda: Überblick, Abruf am 4.9.2020, Stand: Juni 2020, https://www.liportal.de/uganda/ueberblick/; UNICEF, Uganda Humanitarian Situation Report No. 6 – June 2020 vom 30.6.2020, https://reliefweb.int/report/uganda/unicef-uganda-humanitarian-situation-report-no-6-june-2020). Für den Eintritt einer Verschlechterung der humanitären Verhältnisse im oben genannten Sinn fehlen dem Gericht zum jetzigen Entscheidungszeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AsylG) jedoch greifbare Anhaltspunkte. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass gerade hinsichtlich der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie ein Gegensteuern des ugandischen Staates erkennbar ist. So wurde der zunächst sehr strenge Lockdown seit Ende Mai nach und nach gelockert (vgl. IWF, Policy Tracker, a.a.O.). Durch Konjunkturmaßnahmen werden Einzelpersonen sowie Firmen bzw. Geschäfte unterstützt, beispielsweise durch Abfederung von durch COVID-19 verursachten Schuldenlasten, Erhöhung der landwirtschaftlichen Produktion sowie Stärkung des Sozialschutzes (vgl. IWF, Policy Tracker, a.a.O.; IMF Executive Board Approves a US$491.5 Million Disbursement to Uganda to Address the COVID-19 Pandemic vom 6.5.2020, https://www.imf.org/en/News/Articles/2020/05/06/pr20206-uganda-imf-executive-board-approves-us-million-disbursement-address-the-covid-19-pandemic; BFA, Kurzinformation zu COVID-19 vom 9.7.2020, S. 8). Darüber hinaus wird Uganda im Kampf gegen COVID-19 mit finanziellen Hilfen u.a. des IWF, der Weltbank bzw. der EU unterstützt (vgl. IWF, Abruf am 4.9.2020, https://www.imf.org/en/Topics/imf-and-covid19/COVID-Lending-Tracker#AFR; IMF Executive Board Approves a US$491.5 Million Disbursement to Uganda to Address the COVID-19 Pandemic vom 6.5.2020, a.a.O.; UNICEF, World Bank Group Provides $15.2 Million in Support of Coronavirus Response in Uganda vom 16.7.2020, https://reliefweb.int/report/uganda/ world-bank-group-provides-152-million-support-coronavirus-response-uganda; UNICEF, Humanitarian aid: EU announces €24 million in Uganda amid coronavirus pandemic vom 14.7.2020, https://reliefweb.int/ report/uganda/humanitarian-aid-eu-announces-24-million-uganda-amid-coronavirus-pandemic). Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass der Zugang zu Lebensmitteln bzw. sonstigen für den Lebensunterhalt notwendigen Dingen unzumutbar erschwert wäre, zumal die Preise jedenfalls insgesamt nicht gravierend gestiegen sind (vgl. UNICEF, Uganda: Market Monitor – Refugee Hosting Areas | Refugee Settlement Price and Market Functionality Snapshot, 15 – 31 July 2020 vom 7.8.2020, https://reliefweb. int/report/uganda/uganda-market-monitor-refugee-hosting-areas-refugee-settlement-price-and-market-3; Bundesamt, Briefing Notes vom 20.4.2020, S. 11). Das Gericht geht zudem davon aus, dass gerade der für viele Ugander als Einnahmequelle bedeutende informelle Sektor mangels genereller Ausgangsbeschränkungen auch der Klägerin zur Verfügung steht. Gegebenenfalls können die Klägerin und ihre Tochter auf private Hilfsmöglichkeiten oder Hilfsorganisationen zurückgreifen, sodass sie nicht völlig mittellos wären und sich in Uganda etwa auch mit Medikamenten, Desinfektionsmitteln oder Gesichtsmasken versorgen könnten. Zudem könnten der Klägerin und ihrer Tochter bei Bedarf diese Dinge für eine Übergangszeit mitgegeben werden (vgl. OVG NW, U.v. 24.3.2020 – 19 A 4470/19.A – juris; BayVGH, B.v. 10.10.2019 – 19 CS 19.2136).
2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf die hilfsweise beantragte Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG.
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Subsidiären Schutz kann nur beanspruchen, wem mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3).
Weder die Vollstreckung oder die Verhängung der Todesstrafe noch die Bedrohung des Lebens oder Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts kommen vorliegend in Betracht. Wie ausgeführt, sind die von der Klägerin geschilderten Verfolgungshandlungen nicht glaubhaft. Dem Gericht fehlen zudem im Hinblick auf die obigen Ausführungen zur Situation infolge der COVID-19-Pandemie in Uganda Anhaltspunkte für die Annahme des Vorliegens der Voraussetzungen des subsidiären Schutzes, weil nicht ersichtlich ist, dass – bezogen auf eine mögliche COVID-19-Erkrankung – eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im vorgenannten Sinn droht. Die Klägerin muss sich außerdem auf die bestehende Möglichkeit und Zumutbarkeit der Inanspruchnahme internen Schutzes verweisen lassen, § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3e AsylG. Insoweit sei auf obige Ausführungen verwiesen.
3. Der Klägerin steht auch kein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu.
a) Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der EMRK ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
§ 60 Abs. 5 AufenthG verweist auf die EMRK, soweit sich aus dieser zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse ergeben. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung oder Behandlung unterworfen werden. Insbesondere genügt nach der Rechtsprechung des EGMR der Umstand, dass im Fall einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen erheblich beeinträchtigt würde, nicht aus, um einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK zu begründen. Art. 3 EMRK verpflichtet die Staaten nicht, Fortschritte in der Medizin sowie Unterschiede in sozialen und wirtschaftlichen Standards durch freie und unbegrenzte Versorgung von Ausländern ohne Bleiberecht auszugleichen (EGMR, U.v. 27.5.2008 – Nr. 26565/05, N./Vereinigtes Königreich – NVwZ 2008, 1334 Rn. 44). Etwas anderes gilt nur in außergewöhnlichen Ausnahmefällen. Ein Ausnahmefall, in dem humanitäre Gründe zwingend gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechen, liegt beispielsweise dann vor, wenn die Versorgungslage im Herkunftsland völlig unzureichend ist (vgl. EGMR, a.a.O. Rn. 42; U.v. 28.6.2011 – Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich, Nr. 8319/07 – NVwZ 2012, 681; U.v. 13.10.2011 – Husseini/Schweden, Nr. 10611/09 – NJOZ 2012, 952).
Die wirtschaftlichen Bedingungen in Uganda begründen für sich genommen kein Abschiebungsverbot. Wie bereits ausgeführt, wird die Klägerin nach Überzeugung des Gerichts im Fall ihrer Rückkehr nach Uganda – trotz der derzeitigen Corona-Krise – in der Lage sein, zumindest die Existenz für sich und ihre Tochter sicherzustellen. Ein Abschiebungsverbot auf der Grundlage des § 60 Abs. 5 AufenthG kommt daher nicht in Betracht.
b) Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbots im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Dabei ist unerheblich, von wem die Gefahr ausgeht oder wodurch sie hervorgerufen wird, die Regelung stellt alleine auf das Bestehen einer konkreten Gefahr ab, unabhängig davon, ob sie vom Staat ausgeht oder ihm zuzurechnen ist (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.1995 – 9 C 9/95 – BVerwGE 99, 324). Es gilt der Gefahrenmaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit.
aa) § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG setzt das Vorliegen einer zielstaatsbezogenen Gefahr voraus, die den Ausländer konkret und in individualisierbarer Weise betrifft. Eine unmittelbare Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG scheidet allerdings dann aus, wenn die Gefahr eine Vielzahl von Personen im Herkunftsland in gleicher Weise betrifft, so z.B. allgemeine Gefahren im Zusammenhang mit Hungersnöten oder Naturkatastrophen, § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG. Diese allgemeinen Gefahren sind stattdessen bei Aussetzungsanordnungen durch die obersten Landesbehörden nach § 60 Abs. 7 Satz 5 i.V.m. § 60a Abs. 1 AufenthG zu berücksichtigen. Gleichwohl kann ein Ausländer nach der Rechtsprechung des BVerwG im Hinblick auf die im Herkunftsland herrschenden Existenzbedingungen trotz Fehlens einer politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG Abschiebungsschutz beanspruchen, wenn er im Fall der Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer Extremgefahr für Leib, Leben oder Freiheit ausgesetzt wäre. Dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 GG, dem betroffenen Ausländer im Wege verfassungskonformer Auslegung Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2010 – 10 C 10.09, NVwZ 2011, 48 Rn. 14 f.). Wann sich allgemeine Gefahren zu einem Abschiebungsverbot verdichten, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Es muss sich aber jedenfalls um Gefahren handeln, die nach Art, Ausmaß und Intensität von erheblichem Gewicht sind. Dies ist der Fall, wenn der Ausländer gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert werden würde (vgl. BVerwG, U.v. 12.7.2001 – 1 C 5.01 – BVerwGE 115, 1 ff. m.w.N.; BayVGH. U.v. 17.2.2009 – 9 B 08.30225 – juris m.w.N.; für den Fall einer schlechten Lebensmittelversorgung, die den Betroffenen im Fall der Rückkehr nach seiner speziellen Lebenssituation in die konkrete Gefahr des Hungertods bringen würde: vgl. etwa BVerwG, U.v. 29.6.2010 – 10 C 10.09 -; BVerwG, U.v. 8.9.2011 – 10 C 14.10 -; BVerwG, U.v. 29.9.2011 – 10 C 24.10 -; BVerwG, U.v. 13.6.2013 – 10 C 13.12 -; BayVGH, U.v. 16.1.2014 – 13a B 13.30025 -, alle juris). Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen.
Wie ausgeführt, vermag allein die wirtschaftliche Lage in Uganda kein generelles Abschiebungsverbot im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu begründen, da es sich hierbei um eine allgemeine Gefahr handelt, die einen Großteil der ugandischen Bevölkerung betrifft, mit der Folge, dass grundsätzlich die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG eingreift. Gleiches gilt für die derzeitige COVID-19-Pandemie. Ausgehend von den oben dargestellten Maßstäben kann alleine in wenigen besonders gelagerten Einzelfällen eine mit hoher Wahrscheinlichkeit bestehende Extremgefahr für Leib, Leben oder Freiheit angenommen werden, welche die allgemeine Gefahr zu einem Abschiebungsverbot verdichtet.
Im Fall der Klägerin kann eine derartige Extremgefahr nicht prognostiziert werden. Auch insoweit gilt, wie bereits ausgeführt, dass das Gericht davon überzeugt ist, dass es ihr möglich sein wird, die Lebensgrundlage für sich und ihre Tochter – auch unter Berücksichtigung der COVID-19-Pandemie – durch eigene Erwerbstätigkeit zu sichern. Es gibt auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Gefahr für die Klägerin, sich in Uganda mit SARS-CoV-2 zu infizieren, nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht ist, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung die begründete Furcht ableiten lässt, sie werde in erheblicher Weise ein Opfer einer extremen allgemeinen Gefahrenlage.
Eine solche extreme, konkrete Gefahrenlage ist für die Klägerin im Hinblick auf die Verbreitung des „Coronavirus“ für das Gericht derzeit nicht erkennbar. Die 23 Jahre alte Klägerin ohne erkennbare relevante Vorerkrankungen gehört nicht zu der Personengruppe mit einem höheren Risiko für einen schweren, möglicherweise lebensbedrohlichen Verlauf der COVID-19-Erkrankung (vgl. Robert Koch-Institut, Informationen und Hilfestellungen für Personen mit einem höheren Risiko für einen schweren COVID-19-Krankheitsverlauf, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikogruppen.html, Abruf am 4.9.2020, Stand: 29.7.2020). Unter Berücksichtigung der oben aufgeführten tagesaktuellen Fallzahlen und des damit einhergehenden Ansteckungsrisikos besteht in Uganda derzeit nach dem oben genannten Maßstab keine hohe Wahrscheinlichkeit eines schweren oder tödlichen Verlaufs der Erkrankung für die Personengruppe, welcher die Klägerin angehört. Sie muss sich letztlich, wie hinsichtlich etwaiger anderer Erkrankungen wie etwa Ebola oder Malaria auch, im Bedarfsfall auf die Möglichkeiten des ugandischen Gesundheitssystems verweisen lassen, auch wenn dieses Defizite aufweisen und nicht dem europäischen Standard entsprechen mag (LIPortal, https://www.liportal.de/uganda/gesellschaft/, Stand: Juli 2020; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich (im Folgenden: BFA), Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Uganda vom 27.9.2017, Stand: 11.11.2019, S. 27). Allerdings hat die Regierung wie ausgeführt Maßnahmen ergriffen, um sich auf einen Anstieg der Fallzahlen vorzubereiten. Darüber hinaus bestehen – wie auch in anderen Staaten, wie etwa in Deutschland – individuell persönliche Schutzmöglichkeiten, wie das Tragen einer Gesichtsmaske oder die Wahrung von Abstand zu anderen Personen, um das Risiko einer Ansteckung durch eigenes Verhalten zu minimieren. Das Gericht verkennt – auch unter Berücksichtigung der COVID-19-Pandemie – nicht die mitunter schwierigen Lebensverhältnisse in Uganda. Diese betreffen jedoch ugandische Staatsangehörige in vergleichbarer Lage in gleicher Weise.
Wie schon ausgeführt hat das Gericht weiter keine triftigen Anhaltspunkte, geschweige denn konkrete Belege, dass sich die Lebensverhältnisse und die humanitären Lebensbedingungen in Folge der COVID-19-Pandemie in Uganda so verschlechtert hätten oder alsbald verschlechtern würden, dass generell für jeden Rückkehrer eine extreme Gefahr im oben zitierten Sinn mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen würde. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass sich die Klägerin in einer solch speziellen Lebenssituation befindet, dass sie im Fall einer Rückkehr in ihr Heimatland sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert werden würde.
bb) Die Klägerin kann Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG auch nicht aufgrund von gesundheitlichen psychischen Problemen beanspruchen.
Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot aus gesundheitlichen Gründen kann ausweislich des ausdrücklichen Wortlauts des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG allerdings nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, angenommen werden. Erforderlich ist, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben führt, d.h. eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Dies kann etwa der Fall sein, wenn sich die Krankheit im Heimatstaat aufgrund unzureichender Behandlungsmöglichkeiten verschlimmert oder wenn der betroffene Ausländer die medizinische Versorgung aus sonstigen Umständen tatsächlich nicht erlangen kann (BVerwG, B.v. 17.8.2011 – 10 B 13/11 u. a. – juris; BayVGH, U.v. 3.7.2012 – 13a B 11.30064 – juris Rn. 34). Eine Gefahr ist „erheblich“, wenn eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Das wäre der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Eine wesentliche Verschlechterung ist nicht schon bei einer befürchteten ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustands anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden. Außerdem muss die Gefahr konkret sein, was voraussetzt, dass die Verschlechterung des Gesundheitszustands alsbald nach der Rückkehr des Betroffenen in sein Herkunftsland eintreten wird, weil er auf die dort unzureichenden Möglichkeiten zur Behandlung seiner Leiden angewiesen wäre und anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte (vgl. BVerwG, U.v. 29.7.1999 – 9 C 2/99 – juris Rn. 8). Der Abschiebungsschutz aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dient hingegen nicht dazu, eine bestehende Erkrankung optimal zu behandeln oder ihre Heilungschancen zu verbessern. Insbesondere muss medizinische Versorgung im Herkunftsland nicht mit der Versorgung in Deutschland gleichwertig sein, § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG i.V.m. § 60a Abs. 2c Satz 2 und 3 AufenthG muss der Ausländer eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbilds (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten.
Unabhängig davon, dass die vorgelegten schweizerischen Atteste diesen Anforderungen nicht genügen, ergeben sich aus ihnen auch keine Hinweise auf eine lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankung im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG. Darüber hinaus gibt es keine belastbaren Anhaltspunkte oder gar Atteste dafür, dass die dort aufgeführten Beschwerden noch aktuell sind.
4. Letztlich bestehen auch an der Rechtmäßigkeit der Ausreiseaufforderung und der auf § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG beruhende Abschiebungsandrohung nach Uganda keine Bedenken. Dies gilt auch im Hinblick auf die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung. Ermessensfehler (§ 114 Satz 1 VwGO) sind weder ersichtlich, noch vorgetragen. Da die Klägerin das Bundesgebiet nur gemeinsam mit ihren Familienangehörigen verlassen müsste (vgl. § 43 Abs. 3 Satz 1 AsylG), ist nicht ersichtlich, weshalb die von der Beklagten gesetzte Frist unangemessen sein könnte.
Die Einzelrichterin nimmt ergänzend Bezug auf die Begründung des angefochtenen Bescheids, folgt ihr und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).


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