Verwaltungsrecht

Fehlende Klagebefugnis bei Ver-/Umsetzungskonkurrenz

Aktenzeichen  AN 1 K 19.00694

Datum:
1.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 43752
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 42 Abs. 2
GG Art. 33 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Im Rahmen einer Ver-/Umsetzungskonkurrenz, bei welcher ein Beamter mit seiner Klage eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung auf einen anderen Dienstposten, der in seiner Wertigkeit dem Statusamt entspricht, fehlt dem Kläger regelmäßig bereits die Klagebefugnis. (Rn. 56) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Auswahlentscheidung unter den Bewerbern um eine ämtergleiche Um-/Versetzung unterfällt grundsätzlich nicht dem Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG. (Rn. 61) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Beamter hat grundsätzlich keinen Anspruch, auf einem bestimmten Dienstposten verwendet zu werden. (Rn. 64) (redaktioneller Leitsatz)
4. Entscheidet sich der Dienstherr aufgrund von Zweifeln an der gesundheitlichen Eignung gegen einen Versetzungsbewerber, ist dies nicht ermessensfehlerhaft. (Rn. 68) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1.    Die Klage wird abgewiesen. 
2.    Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar. 
3.    Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist im Hauptantrag unzulässig, da dem Kläger bereits die Klagebefugnis fehlt (VG Regensburg, U.v. 17.1.2017 – RO 1 K 16.995 – juris Rn. 24; offengelassen von BayVGH, B.v. 19.1.2018 – 3 ZB 17.442 – juris Rn. 5).
Der Kläger begehrt mit seiner Klage eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung auf einen anderen Dienstposten, der in seiner Wertigkeit dem Statusamt entspricht, welches der Kläger bereits jetzt innehat. Im Rahmen einer solchen Ver-/Umsetzungskonkurrenz fehlt dem Kläger regelmäßig bereits die Klagebefugnis. Denn ein Beamter hat keinen Anspruch auf Übertragung eines bestimmten Dienstpostens. Aus diesem Grund hat der Kläger auch keinen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung. Ein solcher (allgemeiner) Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung besteht nicht losgelöst von einer subjektiven Rechtsposition quasi für sich selbst. Vielmehr setzt er eine derartige subjektive Rechtsposition voraus. Über eine solche Rechtsposition verfügt der Kläger im Falle einer bloßen Ver-/Umsetzungskonkurrenz aber gerade nicht. Denn die Rechtssphäre des nicht berücksichtigten Beamten ist von der Auswahlentscheidung über eine ämtergleiche Umsetzung nicht betroffen. Der nicht berücksichtigte Bewerber hat keinen Anspruch darauf, die behördliche Entscheidung auf Rechtsfehler zu überprüfen. Das gilt auch für den Abbruch eines solchen Auswahlverfahrens (BVerwG, U.v. 19.11.2015 – 2 A 6/13 – juris Rn. 27). Das wäre selbst dann der Fall, wenn diese auf Willkür beruhen würde – wofür vorliegend jedoch nichts ersichtlich ist. Aus Sicht der Kammer ist die zu einer behördeninternen Umsetzung ergangene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auch auf eine behördenübergreifende Versetzung übertragbar, da beide Entscheidung ihrem Wesen nach ähnlich sind.
Mangels einer verbindlichen Zusicherung – es fehlt bereits an der erforderlichen Schriftform gemäß Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG – besteht auch unter diesem Gesichtspunkt kein möglicher Anspruch, der eine Klagebefugnis begründen könnte.
Auch unter Gesichtspunkten der Fürsorge kann eine Klagebefugnis nicht begründet werden.
Ein solcher Anspruch könnte allenfalls ausnahmsweise denkbar sein, etwa wenn der in Rede stehende Dienstposten der einzig gesundheitlich unbedenkliche für den Kläger wäre. Aus der Fürsorgepflicht könnte sich daher gegebenenfalls „im Falle der Ermessensreduzierung auf Null“ allenfalls ein Anspruch auf eine „Weg-Ver-/Umsetzung“ ergeben. Sie ist nach ihrem Inhalt und ihrer Struktur aber regelmäßig nicht geeignet, einen auf die Vergabe eines konkreten Dienstpostens gerichteten Anspruchs (auf eine „Hin-Ver-/Umsetzung“) zu vermitteln (BVerwG, U.v. 19.11.2015 – 2 A 6/13 – juris Rn. 26). Dass dem Kläger eine dahingehende subjektive Rechtsposition zustehen könnte, ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt denkbar, zumal auch keine entsprechenden Verwaltungsvorschriften des Beklagten existieren.
Des Weiteren steht dem Kläger kein Bewerbungsverfahrensanspruch zur Seite, Art. 33 Abs. 2 GG. Dies hat die Kammer bereits rechtskräftig in dem Verfahren AN 1 E 19.00827 entschieden. Auf die dortigen Ausführungen kann daher verwiesen werden. Auf die von der anwaltlichen Bevollmächtigten des Klägers zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (B.v. 5.9.2007 – 2 BvR 1855/07 – juris) kommt es daher nicht an.
Folglich muss auf Grundlage von Art. 33 Abs. 2 GG kein Leistungsvergleich erfolgen, der dem Kläger einen Bewerbungsverfahrensanspruch vermitteln würde. Denn eine Auswahlentscheidung unter den Bewerbern um eine ämtergleiche Um-/Versetzung unterfällt grundsätzlich nicht dem Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG, da bei ihr nicht die Vergabe eines höherwertigen Statusamtes oder eine diese vorwegnehmende Entscheidung in Rede steht. Die Behörde ist daher grundsätzlich nicht an die hierzu in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Maßstäbe gebunden (BVerwG, U.v. 19.11.2015 – 2 A 6/13 – juris Rn. 20).
Der Beklagte hat sich auch durch die erfolgte Stellenausschreibung nicht freiwillig den Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe des Dienstpostens unterworfen. Der Beklagte hat in seiner Ausschreibung vielmehr lediglich darauf hingewiesen, dass sich die Ausschreibung an Beamte der 3. Qualifikationsebene richte und eine Einstellung bzw. Übernahme bis zur Besoldungsgruppe A 11 möglich ist. Der Hinweis auf Entwicklungsmöglichkeiten begründet jedoch nicht das Vorliegen eines Beförderungsdienstpostens. Somit hat der Beklagte durch die Stellenausschreibung lediglich interessierte Bewerber angesprochen, die auf ein entsprechendes Bewerbungsschreiben hin ver- bzw. umgesetzt werden könnten. Die Entscheidung hierüber musste lediglich den Anforderungen an die Ausübung eines – weiten – pflichtgemäßen Ermessens genügen, und durfte nicht willkürlich sein (BayVGH, B.v. 19.1.2018 – 3 ZB 17.442 – juris Rn. 5).
Selbst wenn man von der Zulässigkeit der Klage ausgehen würde, so wäre diese im Hauptantrag jedenfalls unbegründet, da ein möglicher Anspruch des Klägers auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung nicht verletzt wäre.
Ein Beamter hat grundsätzlich keinen Anspruch, auf einem bestimmten Dienstposten verwendet zu werden. Es obliegt allein dem Dienstherrn, in Ausübung des ihm zustehenden Organisationsrechts zu entscheiden, welche Maßnahmen erforderlich sind, um eine funktionsfähige Verwaltung und damit eine ordnungsgemäße Erledigung der ihm gesetzlich übertragenen Aufgaben zu gewährleisten (BayVGH, U.v. 3.5.2016 – 3 B 13.1069 – juris Rn. 74). In Ausübung seines personalwirtschaftlichen Organisationsermessens hat der Dienstherr Zahl und Art der für eine effektive Aufgabenerfüllung erforderlichen Stellen zu bestimmen. Maßstab der im Rahmen dieser Stellenbewirtschaftung zu treffenden Entscheidungen ist allein das öffentliche Interesse an bestmöglicher Erfüllung dieser Aufgaben. Erst nachfolgend ist im Rahmen der Ermessenserwägungen bei Versetzungen den berechtigten persönlichen wie beruflichen Belangen der Beamten Rechnung zu tragen (zu Polizeibeamten: BayVGH, U.v. 26.1.2015 – 3 B 12.943 – juris Rn. 19 m.w.N.).
Der Kläger kann deshalb nicht beanspruchen, ausschließlich auf dem streitgegenständlichen Dienstposten eingesetzt zu werden.
Zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass der streitgegenständliche Dienstposten nicht der einzige für den Kläger gesundheitlich geeignete, ideale Dienstposten ist. Der Kläger hat dies jedenfalls weder belegt noch behauptet. Insbesondere setzt sich die Bestätigung vom 26. März 2019 des …, nicht mit der konkreten Stelle auseinander, sondern es wird lediglich allgemein ausgeführt, dass die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Therapie als sehr günstig einzuschätzen seien.
Es ist außerdem davon auszugehen, dass auch andere Dienstposten für den Kläger in gesundheitlicher Hinsicht in Betracht kommen. Nachdem die gesundheitlichen Probleme des Klägers im Zusammenhang mit dem Schicksal von Kindern zu stehen scheinen, wäre es grundsätzlich möglich, auf eine Umsetzung bei dem Landratsamt … hinzuwirken, da ein Landratsamt aufgrund seines breitgefächerten Aufgabenspektrums ohne weiteres für den Kläger besser geeignete Dienstposten bieten könnte.
Es ist aus Sicht der Kammer nicht zu beanstanden, dass sich der Beklagte gegen den Kläger aufgrund von Zweifeln an dessen gesundheitlicher Eignung entschieden hat, da dies nicht ermessensfehlerhaft war und zudem auch noch im Widerspruchsverfahren vertiefend ausgeführt werden konnte. Auch etwaige Anhörungsmängel wären hierdurch geheilt worden. Da für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Versetzungsverfügung maßgeblich auf die zum Zeitpunkt ihres Erlasses maßgebliche Sach- und Rechtslage abzustellen ist (BayVGH, U.v. 3.5.2016 – 3 B 13.1069 – juris Rn. 69), sind nachträgliche Verbesserungen der Gesundheit des Klägers unbeachtlich.
Der Kläger hat nach seinen Angaben bereits in einem Vorstellungsgespräch angegeben, dass ihm aufgrund krankheitsbedingter Abwesenheit Maßnahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements angeboten worden seien. Nach Anforderung der Personalakte durch den Beklagten und Übermittlung einer Fehlzeitenübersicht hat sich bestätigt, dass der Kläger innerhalb von zwei Jahren jeweils einen Zeitraum von sechs Wochen bzw. länger dienstunfähig erkrankt war, § 167 Abs. 2 Satz 1 SGB IX. Bereits dieser Umstand ist geeignet, Zweifel an der gesundheitlichen Eignung des Klägers zu begründen, die den Beklagten berechtigt hätten, den Antrag des Klägers auf Versetzung nicht zu entsprechen. Einen Ermessensfehler vermag dies jedenfalls nicht zu begründen. Daher war es auch nicht erforderlich, durch weitere (amts-)ärztliche Untersuchungen zu klären, ob der Kläger gesundheitlich geeignet ist.
Dem Kläger steht zudem kein Anspruch auf Versetzung unter Gesichtspunkten von Treu und Glauben zu. Eine abschließende Entscheidung über die Bewerbung eines Beamten ist dem Dienstherrn erst nach Einsicht in die Personalakte möglich, da ihm erst dann alle für eine Personalentscheidung erforderlichen Kenntnisse vorliegen. Demnach sind davor getätigte Aussagen zu einer Entscheidung grundsätzlich nicht geeignet, ein schutzwürdiges Vertrauen eines vermeintlich für einen Dienstposten ausgewählten Beamten zu begründen.
Im konkreten Fall des Klägers wurde zudem kein schutzwürdiges Vertrauen begründet, dass dem Kläger der von ihm begehrte Dienstposten übertragen werden sollte. Selbst wenn man dem Kläger gegenüber geäußert haben sollte, dass er ausgewählt worden sei oder der am besten geeignete Bewerber sein sollte, so vermag dies schon deshalb kein schutzwürdiges Vertrauen zu begründen, da der Kläger aufgefordert wurde, nähere Angaben zu seinen Fehlzeiten zu machen und auch davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass man seine Personalakte anfordere. Wenn aber der Beklagte weitere Angaben von dem Kläger anforderte, so musste dem Kläger auch bewusst sein, dass die Entscheidungsfindung noch nicht abgeschlossen war. Erst nach Auswertung dieser Unterlagen, insbesondere der Personalakte, ist es dem Beklagten möglich, eine abschließende Entscheidung zu treffen. Demnach vermag auch das Verhalten des Beklagten kein schutzwürdiges Vertrauen zu begründen. Zumindest stünde die fehlende Schriftform des Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG einem Anspruch des Klägers entgegen.
Auf dienstliche Beurteilungen musste bei der streitgegenständlichen Auswahlentscheidung nicht abgestellt werden, da sich die Auswahlentscheidung weder unmittelbar noch mittelbar auf die Vergabe eines Statusamtes bezogen hat. Nur bezüglich solcher Auswahlentscheidungen ist grundsätzlich auf aktuelle dienstliche Beurteilungen abzustellen, da diese auf das Statusamt bezogen sind und eine Aussage dazu treffen, ob und in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amtes und dessen Laufbahn gewachsen ist. Bezugspunkt bei solchen Auswahlentscheidungen nach Art. 33 Abs. 2 GG ist gerade nicht die Funktionsbeschreibung des konkreten Dienstpostens, sondern das angestrebte Statusamt. Bei ämtergleichen Um-/Versetzungen kann der Dienstherr hingegen auf die konkreten Anforderungen des Dienstpostens abstellen und den hiernach nach seinem Dafürhalten am besten geeigneten oder aus anderen dienstlichen Belangen auszuwählenden Beamten auf dem Dienstposten verwenden.
Die hilfsweise erhobene Feststellungsklage, an deren Zulässigkeit bereits Zweifel bestehen, ist jedenfalls unbegründet, da die Entscheidung des Beklagten nach den vorstehenden Ausführungen ermessensgerecht und daher nicht rechtswidrig war.
Demnach hat die Klage keinen Erfolg und sie war abzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst, da sie keine Anträge gestellt hat, § 162 Abs. 3 VwGO.
Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124a Abs. 1 VwGO nicht vorliegen.


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