Verwaltungsrecht

Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis für Eilantrag bei Möglichkeit einer Wiederaufnahme des Asylverfahrens nach § 33 V 1 AsylG n.F.

Aktenzeichen  AN 4 S 16.30410

Datum:
29.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 V
AsylG AsylG §§ 33 I, V, 67 II 2 Nr. 1

 

Leitsatz

Stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Asylverfahren im Hinblick auf § 33 II 1 Nr. 1 AsylG ein, fehlt dem Antragsteller das für einen Antrag nach § 80 V VwGO erforderliche Rechtsschutzinteresse, wenn er nach § 33 V 2 AsylG die Möglichkeit besitzt, die Wiederaufnahme des Verfahrens bei der zuständigen Außenstelle des Bundesamts zu beantragen (im Anschluss an VG Regensburg BeckRS 2016, 44934). (red. LS Clemens Kurzidem)
Wird ein eingestelltes Asylverfahren nach § 33 V 1 AsylG wieder aufgenommen, tritt nach § 67 II Nr. 1 AsylG die Aufenthaltsgestattung des Asylbewerbers wieder in Kraft. (red. LS Clemens Kurzidem)

Tenor

1. Der Antrag auf Gewährung eines einstweiligen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO wird abgelehnt.
2. Die Kosten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens hat der Antragsteller zu tragen; Gerichtskosten werden nicht erhoben.
3. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung für das einstweilige Rechtsschutzverfahren wird abgelehnt.

Gründe

I.
Der Antragsteller ist nach seinen Angaben irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit und sunnitischer Religion. Er stellte am 11. November 2015 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: BAMF) Asylantrag (Erstantrag).
Die Ladung des BAMF zum Anhörungstermin gemäß § 25 AsylG für den 22. März 2016 erging mit Postzustellungsurkunde unter der dem Bundesamt zum Zeitpunkt der Ladungsverfügung bekannten letzten Wohnanschrift des Antragstellers (…-straße …, …, Landkreis …). In der Postzustellungsurkunde ist vom Postzusteller nicht angegeben worden, an wen er versucht habe, das zuzustellende Schriftstück zu übergeben, es ist lediglich vermerkt, dass er das zuzustellende Schriftstück in den zur Wohnung des Adressaten gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt habe, weil eine Übergabe des Schriftstückes in der Wohnung/in dem Geschäftsraum nicht möglich gewesen sei.
Nachdem der Antragsteller gemäß Aktenvermerk des Bundesamtes vom 1. April 2016 ohne Angabe von Gründen nicht zum Anhörungstermin erschienen war, stellte das BAMF mit Bescheid vom 2. April 2016 unter Verweis auf § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylG in der ab 17. März 2016 geltenden neuen Fassung das Asylverfahren ein weil der Asylantrag als zurückgenommen gelte (Ziffer 1). In Ziffern 2 bis 4 des Bescheides traf das BAMF entsprechende Nebenentscheidungen.
Der Bescheid wurde vom BAMF laut Aktenvermerk vom 4. April 2016 unter der o.g. Anschrift des Antragstellers als Einschreiben zur Post gegeben. Am 7. April 2016 erfuhr das BAMF laut Aktenvermerk telefonisch von der Ausländerbehörde (Landratsamt …), dass der Antragsteller inzwischen (ohne nähere Zeitangaben) unter neuer Anschrift (…, …/Landkreis …) wohnhaft sei.
Gemäß weiterem Aktenvermerk des BAMF ist der Antragsteller am 19. April 2016 persönlich beim BAMF erschienen. Der entsprechende Aktenvermerk trägt – ohne weitere diesbezügliche Ausführungen – den Zusatz: „Achtung Fortführungsantrag“.
Mit am 19. April 2016 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach per Telefax eigegangenem Schriftsatz gleichen Datums ließ der Antragsteller unter dem Az.: AN 4 K 16.30411 Anfechtungsklage gegen den Bescheid des BAMF vom 2. April 2016 erheben, über die noch nicht entschieden ist. Zusätzlich ließ der Antragsteller im vorliegenden Verfahren AN 4 S 16.30410 sinngemäß beantragen,
die aufschiebende Wirkung der erhobenen Anfechtungsklage im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen.
Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt: Dem Antragsteller sei der Termin zur persönlichen Anhörung nicht ordnungsgemäß mitgeteilt worden. Der Antragsteller sei lediglich zehn Tage in der Unterkunft in … untergebracht gewesen. Bereits seit 23. November 2015 sei der Antragsteller unter der neuen Anschrift in … gemeldet gewesen.
Mit Schriftsatz vom 20. April 2016, beim Verwaltungsgericht Ansbach eingegangen am 22. April 2016, legte das BAMF die Behördenakte vor und begehrte die Ablehnung des einstweiligen Rechtsschutzantrages.
Zur Begründung wurde auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegte Behördenakten verwiesen.
II.
Der einstweilige Rechtschutzantrag wird abgelehnt, weil er mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig ist. Dem Antragsteller steht mit einem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 33 Abs. 5 Satz 2 AsylG in der seit 17. März 2016 geltenden neuen Fassung eine einfachere und effektivere Möglichkeit zur Realisierung des Rechtsschutzes als die Einleitung eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens beim Verwaltungsgericht zur Verfügung.
Das erkennende Gericht schließt sich der insoweit vom Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg mit Beschluss vom 18. April 2016, Az.: RO 9 S 16.30620, juris, vertretenen Rechtsauffassung vollinhaltlich an und verweist auf die entsprechenden Ausführungen in dem genannten Beschluss. Insbesondere ist – mit dem Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg – zu verweisen auf die Ausführungen in der amtlichen Begründung zu § 33 AsylG n. F. in BT-Drs. 18/7538, Seite 17, wo ausdrücklich bemerkt ist: „Der Ausländer kann nach den neuen Regeln des neuen Absatzes 5 innerhalb der ersten neun Monate nach Einstellung des Asylverfahrens gemäß Abs. 1 oder 3 ohne Verfahrensnachteile einmal die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragen. Damit kann ein einmaliges Fehlverhalten geheilt werden. Die erstmalige Einstellung entfaltet somit lediglich Warncharakter. Wird das Verfahren wieder eröffnet, so hat das Bundesamt im beschleunigten Verfahren ab dieser Entscheidung erneut eine Woche Zeit, um über den Antrag zu entscheiden“.
Dies zugrunde gelegt, kann dahinstehen, ob der Antragsteller überhaupt bereits i. S.v. § 33 Abs. 4 AsylG n. F. über seine Mitwirkungspflichten schriftlich und gegen Empfangsbestätigung belehrt worden ist. Weiterhin kann dahinstehen, ob dem Antragsteller die Ladung zum Anhörungstermin vom 22. März 2016 formell wirksam zugestellt worden ist.
Ferner kann letztlich auch dahinstehen, ob der Kläger bei seiner persönlichen Vorsprache beim BAMF am 19. April 2016, worüber ein kurzer, nicht handschriftlich unterschriebener Aktenvermerk gefertigt worden ist, bereits wirksam einen Wiederaufnahmeantrag gemäß § 33 Abs. 5 AsylG n. F. gestellt hat oder ob ein solcher in der erhobenen Klage und in dem gestellten einstweiligen Rechtsschutzantrag mitenthalten wäre, denn jedenfalls könnte der Antragsteller jederzeit noch innerhalb der o.g. Frist von neun Monaten einen entsprechenden Wiederaufnahmeantrag stellen.
Gemäß § 67 Abs. 2 Nr. 1 AsylG n. F. tritt die Aufenthaltsgestattung wieder in Kraft, wenn ein nach § 33 Abs. 5 Satz 1 AsylG n. F. eingestelltes Asylverfahren wieder aufgenommen wird.
Der Antragsteller trägt als unterliegender Teil gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens; Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylG nicht erhoben.
Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung im maßgeblichen Zeitpunkt keine hinreichende Aussicht, so dass der gestellte Prozesskostenhilfeantrag, verbunden mit Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwaltes, unabhängig von den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 ff. ZPO abzulehnen ist.
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.


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