Verwaltungsrecht

Fehlgeschlagene Abschiebung im Dublin-Verfahren nach Slowenien

Aktenzeichen  W 8 E 18.238

Datum:
12.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 6615
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 1, § 34a Abs. 1
AufenthG § 60a Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

Das Rechtsschutzbedürfnis gegen eine einstweilige Anordnung gegen eine Dublin-Überstellung fehlt, wenn konkrete Maßnahmen zur Überstellung des Antragstellers nicht vorgesehen sind. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Zum Verfahren wird die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Außenstelle Zirndorf, Rothenburger Straße 29, 95013 Zirndorf (Az.: …), beigeladen.
II. Der Antrag auf einstweilige Anordnung wird abgelehnt.
III. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Der Antragsteller, algerischer Staatsangehöriger, wendet sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes – gerichtet an die Ausländerbehörde – gegen seine Abschiebung nach Slowenien.
Mit Bescheid vom 22. November 2017 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Asylantrag des Antragstellers als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung nach Slowenien an. Gegen diesen Bescheid ließ der Antragsteller im Verfahren W 8 K 17.50806 Klage erheben, über die noch nicht entschieden ist. Einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO stellte er nicht.
Am 27. Februar 2018 ließ der Antragsteller im vorliegenden Verfahren beantragen,
Die Überstellung des Antragstellers nach Slowenien aufgrund des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 22. November 2017 wird einstweilen ausgesetzt.
Zur Begründung ließ der Antragsteller im Wesentlichen ausführen: Er sei mit einer Deutschen verlobt, beide erwarteten ein Kind, dessen Vater der Antragsteller sei. Auf die beigefügte Jugendamtsurkunden werde Bezug genommen. Der Antragsgegner habe den Antragsteller am 27. Februar 2018 ab 5:15 Uhr nach Slowenien abschieben wollen. Der Antrag auf einstweilige Anordnung sei daher notwendig und begründet. Die Schwangerschaft sei als Hochrisikoschwangerschaft einzuschätzen. Der Antragsteller habe die Vaterschaft anerkannt. Gemeinsame elterliche Sorge sei vereinbart. Die Schwangere sei auf die Mithilfe des Antragstellers angewiesen.
Mit Schriftsatz vom 6. März 2018 ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten weiter ausführen: Die Verlängerung der Überstellungsfrist sei nicht zulässig. Die normale Dublin-Frist würde am 22. März 2018 ablaufen. Bis dahin könnte der Antragsgegner versuchen, den Antragsteller nach Slowenien zu überstellen. Ein Grund für den Antrag sei weiterhin gegeben.
Der Antragsgegner (vertreten durch die Regierung von Unterfranken – Zentrale Ausländerbehörde Unterfranken) teilte am 27. Februar 2018 zunächst telefonisch mit, dass sich der Antragsteller der Abschiebung entzogen habe. Die Abschiebung sei gescheitert.
Mit Schriftsatz vom 27. Februar 2018 beantragte der Antragsgegner, den Antrag nach § 123 VwGO kostenpflichtig abzuweisen.
Zur Begründung führte der Antragsgegner aus: Der Antrag nach § 123 VwGO sei unbegründet. Der Antragsteller habe heute Morgen im Rahmen des Dublin-Verfahrens nach Slowenien überstellt werden sollen. Er habe in seiner Unterkunft nicht angetroffen werden können. Die Überstellung sei daraufhin abgebrochen worden. Ein Anordnungsgrund sei nicht mehr erkennbar.
Mit Schriftsatz vom 2. März 2018 teilte der Antragsgegner noch mit, dass sich der Antragsteller derzeit in der Staatlichen Gemeinschaftsunterkunft aufhalte. Konkrete Maßnahmen zur Überstellung nach Slowenien seien bis zur Niederkunft der Freundin des Antragstellers seitens der Ausländerbehörde nicht vorgesehen.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge teilte mit Schriftsatz vom 1. März 2018 für die beigeladene Bundrepublik Deutschland mit, dass die Überstellungsfrist verlängert worden sei, da der Antragsteller flüchtig sei. Die Überstellungsfrist ende nunmehr am 22. März 2019.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte des Verfahrens W 8 K 17.50806) Bezug genommen.
II.
Die Beiladung der Bundesrepublik Deutschland beruht auf § 65 VwGO. Durch die Beiladung wird die Sachentscheidung des Gerichts auch dem Beigeladenen gegenüber wirksam (§ 121 VwGO).
Der Antrag nach § 123 VwGO ist unzulässig, jedenfalls unbegründet.
Denn dem Antragsteller fehlt das allgemeine Rechtschutzbedürfnis, so dass das Begehren als unzulässig abzuweisen ist. Darüber hinaus hat er zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Antragsteller gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 22. November 2017 keinen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt hat, so dass die Klage im Verfahren W 8 K 17.50806 keine aufschiebende Wirkung hat.
Das allgemeine Rechtschutzbedürfnis fehlt. Denn gegenwärtig und jedenfalls in den nächsten Monaten droht keine Abschiebung des Antragstellers (mehr), weil der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 2. März 2018 ausdrücklich erklärt hat, dass konkrete Maßnahmen zur Überstellung des Antragstellers nach Slowenien bis zur Niederkunft der Freundin des Antragstellers nicht vorgesehen seien.
Laut der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung der Schwangeren ist die Entbindung gemäß ärztlicher Stellungnahme voraussichtlich am 10. Juni 2018. Selbst für die Zeit danach ist – angesichts der anerkannten Vaterschaft für das werdende deutsche Kind und der vereinbarten gemeinsamen elterlichen Sorge – völlig offen (wenn nicht sogar unwahrscheinlich), ob und wann noch eine Überstellung nach Slowenien im Dublinverfahren erfolgen wird.
Zum jetzigen Zeitpunkt fehlt jeglicher Anlass seitens des Gerichts in einem Eilverfahren über die Rechtmäßigkeit der Abschiebung zu entscheiden. Eine einstweilige Anordnung ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt offensichtlich nicht nötig, so dass es auch an einem Anordnungsgrund mangelt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.


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