Verwaltungsrecht

Folgeverfahren Äthiopien, (keine) Änderung der Sach- und Rechtslage, unglaubwürdiger Sachvortrag, offensichtlich gefälschte äthiopische Dokumente, Zumutbarkeit einer Coronaschutzimpfung für Asylbewerber

Aktenzeichen  B 7 K 21.30467

Datum:
29.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 31197
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 71
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 5
AufenthG § 60 Abs. 5 und 7
VwVfG § 51

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen. 
2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens. 
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. 

Gründe

I.
Das Gericht konnte im vorliegenden Fall über die Klage verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung am 27.07.2021 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten bei der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 VwGO).
II.
Die Klage hat keinen Erfolg.
Sie ist zwar zulässig, wenn man Gunsten des Klägers unterstellt, dass die isolierte Anfechtungsklage (Ziffer I. der Klageanträge vom 16.06.2021) gegen die Unzulässigkeitsentscheidung des Bundesamts nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG mit einem lediglich hilfsweisen Verpflichtungsbegehren (Ziffer II. der Klageanträge vom 16.06.2021) auf Feststellung nationalen Abschiebungsschutzes verbunden wurde (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 1 C 4/16 – juris; BVerwG, U.v. 1.6.2017 – 1 C 9/17 – juris; vgl. auch BayVGH, U.v. 23.03.2017 – 13a B 17.50003 – juris; VG Ansbach, U.v. 25.5.2020 – AN 17 K 18.50729 – juris; BVerwG, B.v. 3.4.2017 – 1 C 9/16 – juris; Berlit, Anmerkung zum B.v. 3.4.2017 – 1 C 9/16 vom 10.7.2017, jurisPR-BVerwG, 114/2017, Anm. 1 – juris).
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die angegriffene Unzulässigkeitsentscheidung (Ziffer 1 des Bescheides) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Zudem besteht kein (hilfsweiser) Anspruch auf Feststellung nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
1. Nach § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist im Fall der Stellung eines erneuten Asylantrags nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags (Folgeantrag) ein weiteres Asylverfahren nur dann durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen. Diese Vorschrift verlangt, dass sich die der Erstentscheidung zugrundeliegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Asylbewerbers geändert hat (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG), neue Beweismittel vorliegen, die eine für den Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden (§ 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG) oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO gegeben sind (§ 51 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG). Der Asylfolgeantrag ist zudem nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außer Stande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf geltend zu machen (§ 51 Abs. 2 VwVfG). Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden, wobei die Frist mit dem Tag beginnt, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat (§ 51 Abs. 3 VwVfG).
Gemessen hieran hat die Beklagte den Asylfolgeantrag zu Recht als unzulässig abgelehnt. Insoweit nimmt das Gericht zunächst Bezug auf den angefochtenen Bescheid (§ 77 Abs. 2 AsylG). Auch nach Durchführung der mündlichen Verhandlung ist im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) kein Wiederaufgreifensgrund des § 51 Abs. 1 VwVfG zugunsten des Klägers einschlägig.
a) Die Sach- oder Rechtslage hat sich nicht nachträglich zugunsten des Klägers geändert.
aa) Nach § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 VwVfG ist ein weiteres Asylverfahren dann durchzuführen, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrundeliegende Sachlage nachträglich zu Gunsten des Betroffenen geändert hat, d.h. wenn der Asylbewerber eine Änderung der allgemeinen politischen Verhältnisse oder der Lebensbedingungen im Heimatland oder der sein persönliches Schicksal bestimmenden Umstände im Verhältnis zu der Sachlage, die der früheren Asylentscheidung zugrunde gelegt war, glaubhaft und substantiiert vorträgt. Für die Zulässigkeit des Folgeantrags genügt schon, dass aufgrund der geänderten Sachlage nunmehr die Möglichkeit besteht, für den Asylbewerber eine günstigere Entscheidung herbeizuführen (vgl. Bergmann/Dienelt, AuslR, 13. Auflage 2020, § 71 AsylG Rn. 24; Funke-Kaiser in: GK-AsylG, Stand Oktober 2017, § 71 Rn. 247; BVerfG, B.v. 4.12.2019 – 2 BvR 1600/19 – juris). Im Rahmen des § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG i.V.m. § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist hingegen grundsätzlich nicht von Bedeutung, ob der neue Vortrag im Hinblick auf das glaubhafte persönliche Schicksal des Asylbewerbers sowie unter Berücksichtigung der allgemeinen Verhältnisse im angeblichen Verfolgerland tatsächlich zutrifft, die Verfolgungsfurcht begründet erscheint und die Annahme einer relevanten Verfolgung gerechtfertigt ist. Diese Prüfung hat erst im Rahmen eines neuen, mit den Verfahrensgarantien des Asylgesetzes ausgestatteten materiellen Anerkennungsverfahrens zu erfolgen. Lediglich wenn das Vorbringen des Asylbewerbers zwar glaubhaft und substantiiert ist, jedoch von vornherein nach jeder vertretbaren Betrachtungsweise ungeeignet ist, zur Asylberechtigung bzw. zur Zuerkennung des internationalen Schutzes zu verhelfen, darf der Folgeantrag als unzulässig abgelehnt bzw. die Unzulässigkeitsentscheidung gerichtlich bestätigt werden (vgl. BVerfG, B.v. 4.12.2019 – 2 BvR 1600/19 – juris).
Soweit im Folgeverfahren vom Tod des Schwagers des Klägers bzw. von der Inhaftierung seiner Schwiegereltern und dem Abbrennen des Hauses in Äthiopien berichtet wird, ist schon keine Sachlagenänderung glaubhaft gemacht. Die diesbezüglichen schriftlichen Ausführungen sind vage und auf wenige Zeilen beschränkt. Es wird überhaupt nicht dargelegt, was wo genau vorgefallen ist und warum es zu den Vorfällen gekommen ist. In der mündlichen Verhandlung erklärte der Kläger lediglich, seinem Schwager habe man vorgeworfen, dass er Kontakt zur Shane gehabt habe. Weitergehende Angaben konnte der Kläger nicht machen. Im Übrigen sind auch die Angaben zum Zeitpunkt des angeblichen Todes des Schwagers bzw. zur Inhaftierung der Schwiegereltern höchst fragwürdig. Dem Gericht erklärte der Kläger in der mündlichen Verhandlung, sein Schwager sei im Januar 2021 getötet worden. Seine Frau, die Klägerin in der Sache B 7 K 21.30469, erklärte hingegen dem Gericht in der mündlichen Verhandlung, sie wisse nicht, wann ihr Bruder getötet worden sei. Sie habe nur im Januar 2021 von einer Freundin erfahren, dass ihr Bruder getötet worden sei und ihre Eltern für drei Monate im Gefängnis gewesen seien. Da die „Erkenntnisse“ hinsichtlich des Todes des Schwagers bzw. der Inhaftierung der Schwiegereltern nur von Dritten bzw. vom „Hörensagen“ stammen und darüber hinaus auch zeitliche Diskrepanzen aufweisen, ist schon nicht glaubhaft gemacht, dass sich die geschilderten Ereignisse tatsächlich so zugetragen haben. Ferner ist nicht annähernd glaubhaft gemacht, wie sich – selbst bei Wahrunterstellung der Geschehnisse – daraus eine konkret-individuelle Verfolgungshandlung – in Anknüpfung an einen Verfolgungsgrund des § 3b AsylG – für den Kläger ergeben soll. Es bleibt völlig offen, warum der hiesige Kläger, der Äthiopien bereits im Jahr 2015 verlassen hat, seine Frau erst nach der Ausreise in Ägypten kennengelernt hat und seit knapp fünf Jahren in Deutschland lebt, insoweit als Schwiegersohn bzw. Schwager in „Sippenhaft“ genommen werden sollte. In diesem Zusammenhang ist zudem darauf hinzuweisen, dass schon im Urteil des Erstverfahrens festgestellt wurde, dass es der Kläger offensichtlich mit der Wahrheit nicht „so genau nimmt“. Aufgrund dieser Gesamtumstände ist schon im Ansatz keine Sachlagenänderung dahingehend glaubhaft gemacht, dass dem Kläger nunmehr bei einer Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Zusammenhang mit den angeblichen Vorfällen gegenüber der Familie seiner Frau droht.
Die vorgetragene exilpolitische Tätigkeit des Klägers in Deutschland führt ebenfalls schon im Ansatz nicht dazu, dass bezüglich des Klägers nunmehr die Möglichkeit bestünde, gegenwärtig einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG herzuleiten. Auch insoweit mangelt es am glaubhaften und substantiierten Vortrag im Hinblick auf eine Sachlagenänderung durch die Ausübung der exilpolitischen Tätigkeit und der daraus für den Kläger angeblich resultierenden Konsequenzen. Der Kläger ist offensichtlich erst nach dem Abschluss des Erstverfahrens exilpolitisch aktiv geworden, was schon für eine asylverfahrenstaktische Herangehensweise spricht. Er reiste bereits im Sommer 2016 in die Bundesrepublik Deutschland, also zu einem Zeitpunkt, als das „alte Regime“ noch an der Macht war, ein. Obwohl zu diesem Zeitpunkt die Menschenrechtsverletzungen durch den äthiopischen Staat noch deutlich ausgeprägter als heute waren, sah der Kläger seinerzeit offensichtlich keine Notwendigkeit, an den zur damaligen Zeit regelmäßig stattfindenden exilpolitischen Veranstaltungen in Deutschland, an denen eine Vielzahl von äthiopischen Asylbewerbern beteiligt waren, teilzunehmen. Nach dem Vortrag gegenüber dem Bundesamt im Folgeverfahren (Schriftsatz vom 22.04.2021) will der Kläger dann am 25.02.2021 in München und am 05.03.2021 in Berlin an exilpolitisch motivierten Demonstrationen teilgenommen haben. Nach der in der mündlichen Verhandlung überreichten „Anklage“ ist wiederum die Rede davon, dass dem Kläger vorgeworfen werde, in den Jahren 2012 und 2013 der äthiopischen Zeitrechnung in Deutschland Demonstrationen organisiert und selbst an diesen Demonstrationen teilgenommen zu haben. Insoweit stellt sich schon die Frage, wenn der Kläger im Jahr 2012 der äthiopischen Zeitrechnung in Deutschland Demonstrationen organisiert oder zumindest besucht haben will – insoweit fällt das Ende des Jahres 2012 nach äthiopischer Zeitrechnung noch in das Jahr 2020 des europäischen Kalendersystems – er dies gegenüber dem Bundesamt nicht erwähnt hat, sondern dort nur Demonstrationsteilnahmen im Februar und März 2021 vorgetragen wurden. Daneben ist im Verwaltungsverfahren – und auch im gerichtlichen Verfahren bis zur mündlichen Verhandlung – mit keinem Wort erwähnt worden, dass der Kläger auch Demonstrationen organisiert haben will. Weiterhin sind die angeblichen Demonstrationsteilnahmen in keiner Weise belegt, obwohl es nahezu jedem äthiopischen Asylbewerber gelingt, entsprechende Bescheinigungen – auch für Demonstrationsteilnahmen in der Zeit nach 2018, in der offensichtlich die Zahl der Demonstrationen stark zurückgegangen ist – vorzulegen. Letztlich ist in diesem Zusammenhang auch die Beteiligung der Ehefrau des Klägers an den Demonstrationen unstimmig bzw. zumindest unschlüssig. In der schriftlichen Folgeantragsbegründung wird noch ausgeführt, dass „die Antragsteller“ an Demonstrationen gegen die Politik in Äthiopien teilgenommen haben. Befragt hierzu in der mündlichen Verhandlung erklärte der Kläger, seine Frau sei nicht exilpolitisch aktiv. Die Ehefrau des Klägers führte wiederum gegenüber dem Gericht aus, sie nehme ab und zu an Demonstrationen teil. Dies sei zuletzt bei einer Demonstration in Frankfurt gewesen. Genauere Angaben zum Zeitpunkt der angeblichen Demonstration in Frankfurt konnte die Frau des Klägers wiederum nicht machen.
Selbst wenn der Kläger tatsächlich Ende 2020/Anfang 2021 an einigen Demonstrationen in Deutschland teilgenommen haben sollte, ist nicht ersichtlich, dass ihm deswegen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung in Äthiopien droht. Insbesondere hält das Gericht die in der mündlichen Verhandlung übergebene „Anklageschrift“ wegen der exilpolitischen Tätigkeit des Klägers in Deutschland und der angeblichen Verbindung mit der TPLF und der Shane in Äthiopien für eine Totalfälschung. Auffällig ist in diesem Zusammenhang bereits, dass erstmals in der mündlichen Verhandlung von einer „Anklage“ gegenüber dem Kläger die Rede ist, obwohl dieser nach eigenen Angaben die „Anklage“ ca. drei Wochen vor dem Verhandlungstermin erhalten haben will. Insoweit hat das Gericht mit Zustellung der Ladung auch eine Präklusionsfrist nach § 87b VwGO gesetzt, wonach neue Unterlagen zu Fluchtgründen bis zum 19.07.2021 bei Gericht einzureichen sind. Trotzdem hat es die Klägerseite offensichtlich nicht für notwendig gehalten, diesen Umstand dem Gericht mitzuteilen. Daneben sind die Umstände im Zusammenhang mit der Anklage gegenüber dem Kläger völlig unplausibel. Insoweit kann dem Kläger nicht geglaubt werden, dass er nicht wisse, wann man die Anklage zu seinen Eltern in Äthiopien gebracht habe. Es ist vielmehr davon auszugehen, wenn tatsächlich eine Anklage gegen ihn vorläge, dass insoweit weitere Nachforschungen angestellt werden. Auch der Zeitpunkt der Anklage (datiert auf den 20.06.2013 = 27.02.2021 der europäischen Zeitrechnung) spricht dafür, dass das Schriftstück im Hinblick auf das anstehende bzw. laufende Folgeverfahren durch den Kläger initiiert wurde. Hinsichtlich des auf jeder Seite des dreiseitigen „Schriftstückes“ aufgebrachten Siegels sowie der Unterschrift ist schon mit bloßem Auge erkennbar, dass diese „Identitätsmerkmale“ von einem anderen Dokument abfotografiert bzw. eingescannt oder abkopiert wurden und dann der angeblichen „Anklage“ vom 20.06.2013 betreffend den Kläger beigefügt wurden, um den Anschein eines amtlichen Dokuments zu erwecken. Ferner ist augenscheinlich, dass alle „Siegel“ – einschließlich der deutlichen Auffälligkeiten eines schlechten „Scans“ bzw. einer Fotografie/Kopie – völlig identisch sind und daher das Dokument keinesfalls auf drei Seiten bzw. dreimal original gesiegelt wurde. Gleiches gilt für die Unterschrift des „Staatsanwalts“. Diese ist auf allen drei Seiten haargenau identisch und lediglich als Scan oder Fotografie in der Position verschoben und geringfügig vergrößert bzw. verkleinert. Selbst wenn äthiopische Behörden inzwischen mit elektronischen Siegeln oder Signaturen arbeiten sollten, kommen dabei sicherlich nicht in derart stümperhafte Scans wie im vorliegenden Fall zum Einsatz. Auch die angebliche Art der Übermittelung des Dokuments wirft erhebliche Bedenken auf. Insoweit erklärte der Kläger, ein Freund habe die „Anklageschrift“ bei seinen Eltern in Äthiopien abfotografiert. Das Schriftstück vermittelt aber nicht einmal ansatzweise den Eindruck, als wäre es insgesamt (vom Original) abfotografiert. Stattdessen handelt es sich um eine schlechte „Bastelarbeit“. Letztlich ist noch anzumerken, dass die Ehefrau des Klägers dem Gericht kaum Informationen über die angebliche „Anklage“ ihres Mannes liefern konnte, was bei einer ehelichen Lebensgemeinschaft und dem Schweregrad der angeblichen Vorwürfe völlig lebensfremd ist. Die Frau erklärte mehrmals, dazu müsse der Mann selbst befragt werden. Erst nach mehrmaligen Nachhaken sprach sie dann von einer Anklage des Mannes im Heimatland, ohne wiederum Details zu kennen. In der Verhandlungsunterbrechung haben sich die Eheleute dann offensichtlich insoweit besprochen und der Kläger versuchte anschließend das Nichtwissen seiner Frau mit deren Bildungslücken und ihrer Schwangerschaft zu rechtfertigen, wonach es für ihn keinen Sinn mache, ihr Unterlagen lesen zu lassen oder sich mit ihr darüber zu verständigen. Aufgrund dieser Gesamtumstände ist mitnichten davon auszugehen, dass die „Anklageschrift“ gegenüber dem Kläger echt ist und von äthiopischen Behörden herrührt. Das Vorbringen in der mündlichen Verhandlung stuft das Gericht vielmehr als völlig unglaubwürdige Steigerung des bisherigen Sachvortrags ein, um die klägerischen Chancen auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Deutschland zu erhöhen. Die bloße Teilnahme an vereinzelten exilpolitischen Demonstrationen in Deutschland führt jedenfalls schon im Ansatz nicht dazu, dass im Falle des Klägers von einer Sachlagenänderung auszugehen ist. Insoweit verweist das Gericht zunächst auf die Ausführungen im Ersturteil zur geänderten politischen Lage seit dem Wechsel des Ministerpräsidenten im Frühjahr 2018. Zwar haben die anfängliche Reformbemühung in der Zwischenzeit einige Rückschlage erlitten. Es ist aber weder dargetan, noch anderweitig ersichtlich, dass gegenwärtig jeden „Exilpolitiker“ bei einer Rückkehr flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung droht (vgl. auch BayVGH, B.v. 8.3.2021 – 23 ZB 20.32340). Der Kläger hat nämlich schon im Ansatz nicht glaubhaft gemacht, dass er eine besondere Rolle unter den Oppositionellen in Deutschland bzw. im Ausland einnimmt (s.o.).
Soweit die Klägerseite wiederholt auf die „Beschneidungsgefahr“ für die Tochter des Klägers, der Klägerin in der Sache B 7 K 21.30471, verweist, führt dies ebenfalls unter keinem denkbaren Aspekt zur Zuerkennung des internationalen Schutzes für den Vater als Kläger im hiesigen Verfahren. Im Übrigen steht der Tochter des Klägers kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wegen drohender Beschneidung bzw. kein Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 71 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 51 VwVfG zu, so dass der Vater insoweit erst recht keine Schutzansprüche für sich beanspruchen kann. Insoweit wird vollumfänglich auf die Ausführungen im Verfahren der Tochter des Klägers verwiesen (U.v. 29.07.2021 i.d.S. B 7 K 21.30471).
Soweit mit dem Folgeantrag „bürgerkriegsähnliche Zustände“ und „politische Unruhen“ geltend gemacht werden, mangelt es schon an jeglichen glaubhaften und substantiierten Ausführungen dahingehend, inwieweit hierdurch dem Kläger eine konkret-individuelle Verfolgungshandlung im Sinne des § 3a AsylG in Anknüpfung an einen Verfolgungsgrund des § 3b AsylG mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. In Äthiopien ist es zwar in den vergangenen Monaten mehrfach zu gewalttätigen ethnischen Konflikten gekommen. Bei den staatlichen Reaktionen hierauf handelt es sich aber nicht um gezielte Verfolgungsmaßnahmen gegen Oppositionelle wegen ihrer politischen Überzeugung, sondern um Maßnahmen zur Ahndung kriminellen Unrechts bzw. zur Abwehr allgemeiner Gefahrensituationen (vgl. hierzu auch BayVGH, B.v. 22.12.2020 – 23 ZB 31450; BayVGH, B.v. 8.3.2021 – 23 ZB 20.32340).
Der Vortrag im Folgeverfahren ist auch schon im Ansatz nicht geeignet, dem Kläger zur Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nach § 4 Abs. 1 AsylG zu verhelfen. Auch insoweit ist es dem Kläger nicht gelungen, eine Veränderung der Sachlage zu seinen Gunsten seit dem rechtskräftigen Abschluss des Erstverfahrens glaubhaft darzulegen. Zwar mag es durchaus zutreffen, dass sich die bewaffneten Konflikte in Äthiopien seit Abschluss des Erstverfahrens teilweise verschärft haben. Weder den zitierten Berichten noch dem Vortrag der Bevollmächtigten des Klägers ist jedoch nachvollziehbar zu entnehmen, dass hierdurch dem Kläger nunmehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine konkret-individuelle Gefahr im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG droht (vgl. BayVGH, B.v. 8.3.2021 – 23 ZB 20.32340). Insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen zum Flüchtlingsschutz verwiesen. Im Übrigen besteht gegenwärtig jedenfalls in der Herkunftsregion des Klägers auch kein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG. Nach dieser Vorschrift gilt als ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Der Begriff des internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist unter Berücksichtigung des humanitären Völkerrechts auszulegen (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 – 10 C 43/07 – juris). Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie unter anderem für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind und über innere Unruhen und Spannungen, wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen, hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konfliktes im Sinne des Art. 15c QualRL nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss aber jedenfalls ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind. Ein solch innerstaatlicher bewaffneter Konflikt kann landesweit oder regional bestehen und muss sich nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecken (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 a.a.O.). Der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, kann aber umso geringer sein, je mehr der Schutzsuchende möglicherweise belegen kann, dass er aufgrund von in seiner persönlichen Situation liegenden Umständen spezifisch betroffen ist (vgl. EuGH, U.v. 17.2.2009 – C-465.7 – juris). Trotz der vermehrt aufkommenden Unruhen ist es angesichts der Größe Äthiopiens nicht einmal ansatzweise erkennbar, dass es sich um landesweite oder doch zumindest weite Teile des Heimatgebietes des Klägers betreffende anhaltende Unruhen handelt (vgl. BayVGH, B.v. 21.12.2020 – 23 ZB 20.32090). Vorliegend braucht es insbesondere keiner vertieften Auseinandersetzung mit der Frage, ob in der Region Tigray ein Konflikt i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG herrscht (vgl. BayVGH, B.v. 21.7.2021 – 23 ZB 21.30601), da der Kläger nicht aus der Region Tigray stammt und daher davon auszugehen ist, dass eine Rückkehr in die Oromo-Region erfolgt, in der ersichtlich kein Konflikt mit der Intensität im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG herrscht (vgl. BayVGH, B.v. 21.12.2020 – B 7 K 20.30867).
Soweit sich der Kläger auf die Corona-Pandemie und die Heuschreckenplage beruft, ist dieser Vortrag schon von Vorneherein nicht geeignet, zur Zuerkennung des internationalen Schutzes zu verhelfen. Insoweit handelt es sich um eine allgemeine und insbesondere um keine von einem Akteur im Sinne des § 3c AsylG bzw. § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3c AsylG ausgehende Gefahr (vgl. BayVGH, B.v. 8.3.2021 – 23 ZB 20.32340).
bb) Auch die Rechtslage hat sich nicht im Sinne des § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 VwVfG zu Gunsten des Klägers geändert.
Eine Änderung der Rechtslage im Sinne des § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 VwVfG kann durch eine Gesetzesänderung und unter Umständen auch durch eine Änderung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eintreten. Änderungen der Rechtsprechung – auch der des EuGHs – stehen jedoch einer Rechtsänderung im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG nicht gleich. Lediglich bei mit Bindungswirkung nach § 31 BVerfGG ausgestatteten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts tritt eine Rechtsänderung ein, die der durch Gesetz gleichsteht (BVerwG, B.v. 12.11.2020 – 2 B 1.20 – juris; BVerwG, U.v. 22.10.2009 – 1 C 15.08 – juris; Bergmann/Dienelt a.a.O., § 71 Rn. 25). Von daher geht der Einwand der Klägerseite, es läge eine Änderung der Rechtslage vor, weil das Verwaltungsgericht Ansbach in letzter Zeit bei vergleichbaren Sachverhalten weiblichen Klägerinnen wegen drohender Beschneidungsgefahr regelmäßig die Flüchtlingseigenschaft zuerkenne, fehl. Insoweit bedarf es an dieser Stelle auch keiner weiteren Vertiefung, inwieweit sich die „neuere Praxis“ des Verwaltungsgerichts Ansbach überhaupt auf den hiesigen Kläger, der lediglich eine Beschneidungsgefahr für seine Tochter geltend macht, „schutztechnisch“ auswirken kann. Lediglich ergänzend ist noch darauf hinzuweisen, dass Verwaltungsgerichte auch nicht zu den unter § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG genannten divergenzfähigen Gerichten zählen (BayVGH, B.v. 26.7.2021 – 23 ZB 21.30665).
b) Ein Wiederaufnahmegrund nach § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG liegt ebenfalls nicht vor.
Zwar ist nach § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG ein weiteres Asylverfahren auch dann durchzuführen, wenn neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden. Bei diesem Wiederaufnahmegrund handelt es sich im Wesentlichen um neue Beweismittel für alte Tatsachen. Neu in diesem Sinne ist ein Beweismittel, das nicht bereits im abgeschlossenen Verfahren verwertet wurde, weil es nicht existierte, dem Ausländer nicht bekannt war oder von ihm ohne Verschulden nicht beizubringen war (BVerwG, U.v. 13.5.1993 – 9 C 49.92 – juris; Bergmann/Dienelt, AuslR, 12. Auflage 2018, § 71 AsylG Rn. 26 m.w.N.). Das neue Beweismittel muss sich auf Umstände beziehen, die im ursprünglichen Verfahren bereits vorgetragen wurden. Dienen die Beweismittel dagegen dem Beleg von Tatsachen, die im Erstverfahren noch nicht thematisiert wurden, so handelt es sich der Sache nach um eine Korrektur des Sachvortrages selbst, so dass § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG Anwendung findet (VG Bayreuth, U.v. 15.3.2019 – B 7 K 18.31698 – juris; Dicken in: BeckOK Ausländerrecht, § 71 AsylG Rn. 20 m.w.N.). Die „Anklageschrift“ ist daher schon aus diesem Grund kein „neues“ Beweismittel.
Daneben scheitert das Vorliegen des Wiederaufnahmegrundes des § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG auch daran, dass der Kläger nicht annähernd glaubhaft darlegen konnte, dass die Unterlagen echt sind bzw., dass bei Verwendung der neuen Unterlagen („Anklageschrift“) die Möglichkeit besteht, eine für ihn günstigere Entscheidung herbeizuführen (vgl. Bergmann/Dienelt, AuslR, § 71 AsylG Rn. 27; Funke-Kaiser in: GK – AsylG, Stand Oktober 2017, § 71 Rn. 247).
2. Wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass das Begehren auf hilfsweiser Verpflichtung der Beklagten, Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG festzustellen, in prozessual zulässigerweise zum Klagegegenstand gemacht wurde (s.o.), hat der Kläger jedenfalls keinen Anspruch auf Feststellung zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG.
§ 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG erfasst seit dem Inkrafttreten des Art. 6 des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1939) am 6. August 2016 auch unzulässige Asylanträge und somit auch die Konstellation, wenn nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG im Falle eines Folgeantrags nach § 71 AsylG ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist. Nach § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG ist u.a. in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 AufenthG vorliegen. Dies bedeutet, dass in Asylverfahren, die einen Asylfolgeantrag zum Gegenstand haben, jedenfalls nach dem eindeutigen Wortlaut der genannten Regelung die Feststellung, ob die Voraussetzungen eines nationalen Abschiebungsverbots vorliegen, entgegen der bis zum 5. August 2016 geltenden Rechtslage unabhängig davon zu treffen ist, ob die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen (vgl. SächsOVG, U.v. 21.6.2017 – 5 A 109/15.A – juris; VG Oldenburg, B.v. 16.3.2017 – 3 B 1322/17 – juris; VG Würzburg, U.v. 15.2.2017 – W 6 K 16.31039 – juris; VG Würzburg, B.v. 10.10.2017 – W 8 E 17.33482 – juris; a.A.: VG Berlin, GB.v. 31.8.2020 – 34 K 233.19 A – juris; VG Regensburg, U.v. 20.4.2021 – RN 15 K 19.30633 – juris). Das Bundesamt – oder ggf. im weiteren Verfahren das Gericht – hat daher im Falle eines nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG unzulässigen Folgeverfahrens eine Prüfung der nationalen Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG ohne die Einschränkungen des § 51 VwVfG durchzuführen.
Legt man diese Maßstäbe zugrunde, hat das Bundesamt zunächst unzutreffend auf das Erfordernis der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG in Bezug auf das Vorliegen von Abschiebungsverboten abgestellt. Im Folgenden hat die Beklagte dann aber dennoch eine unbeschränkte inzidente materielle Prüfung angestellt, und zwar nach § 51 Abs. 5 i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG (vgl. BVerwG, B.v. 3.4.2017 – 1 C 9/16 – juris; Berlit, Anmerkung zum B.v. 3.4.2017 – 1 C 9/16 vom 10.7.2017, jurisPR-BVerwG,114/2017, Anm. 1 – juris). In der Begründung zu Nr. 2 des Bescheides hat das Bundesamt selbst ausgeführt, dass eine Abänderung der bisherigen Entscheidung auch unabhängig von den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht gerechtfertigt sei.
Letztlich entscheidend ist, dass in der hier maßgebenden Verpflichtungssituation auch für das Gericht kein Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes erkennbar ist.
a) Ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegt nicht vor.
aa) Soweit der Kläger auf die schlechten Lebensbedingungen im Herkunftsland, insbesondere infolge der „Corona-Pandemie“ und der „Heuschreckenplage“, verweist, führt dieser Vortag nicht zur Verpflichtung der Beklagten, ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Gewährung von Abschiebungsschutz nach dieser Bestimmung setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer dagegen auf allgemeine Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG, wird Abschiebeschutz ausschließlich durch eine generelle Regelung der obersten Landesbehörde nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt. Fehlt eine politische Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG, kann ein Ausländer im Hinblick auf die (allgemeinen) Lebensbedingungen, die ihn im Abschiebezielstaat erwarten, insbesondere die dort herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage, ausnahmsweise Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG beanspruchen, wenn er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Denn nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren. Wann danach allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Diese Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Nach diesem hohen Wahrscheinlichkeitsgrad muss eine Abschiebung dann ausgesetzt werden, wenn der Ausländer ansonsten „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde“ (vgl. BVerwG, U.v. 12.7.2001 – 1 C 5.01 – juris). Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren. Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage beispielsweise auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage den baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U.v. 29.9.2011 – 10 C 24.10 – juris; BayVGH, U.v. 12.12.2019 – 8 B 19.31004 – juris; VG Würzburg, GB v. 11.5.2020 – 8 K 20.50114 – juris).
Die allgemein unsichere oder wirtschaftlich schlechte Lage im Zielstaat infolge von Hungersnöten, Naturkatastrophen oder Epidemien – und damit auch infolge der Verbreitung des Corona-Virus bzw. der massiven Ausbreitung der Heuschrecken in Äthiopien – begründet nur Gefahren allgemeiner Art nach § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG, weil ihr die gesamte Bevölkerung oder eine ganze Bevölkerungsgruppe des betroffenen Landes (wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß) ausgesetzt ist (vgl. Kluth/Heusch in: BeckOK AuslR, § 60 AufenthG, Rn. 38 ff., 45; VG Würzburg, U.v. 3.7.2020 – W 3 K 19.31666 – juris unter Verweis auf BayVGH, B.v. 19.05.2020 – 23 ZB 20.31096; VG Würzburg, B.v. 3.12.2020 – W 3 S 20.31209 – juris).
Es ist für das Gericht auch nicht ersichtlich, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Äthiopien einer Extremgefahr im vorstehenden Sinne, die die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung einschränken könnte, ausgesetzt wäre. Weder aus den Darlegungen, noch aufgrund anderweitiger Erkenntnisse kann geschlossen werden, dass der Kläger – ohne derzeit aktive Erkrankungen – aufgrund der Verbreitung des Corona-Virus (auch) in Äthiopien bei einer Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem Tod oder schwersten Gesundheitsschäden ausgeliefert wäre. Bei Zugrundelegung der gegenwärtigen Erkenntnisse über die Verbreitung des Corona-Virus in Äthiopien und des damit bestehenden Ansteckungsrisikos besteht schon keine beachtliche Wahrscheinlichkeit eines schweren oder tödlichen Verlaufs der Erkrankung für die Personengruppe, der der Kläger angehört, geschweige denn eine Extremgefahr im vorstehenden Sinn. Denn das Risiko, an Covid-19 zu erkranken, ist in Anbetracht der derzeitigen Infektionszahlen (vgl. Johns-Hopkins-Universität, Stand 27.07.2021) im Verhältnis zur Gesamtbevölkerungszahl Äthiopiens eher mäßig – auch wenn man von einer hohen Dunkelziffer ausgeht. Äthiopien gehört bei Weitem nicht zu den weltweit am meisten von Covid-19 betroffenen Ländern (BayVGH, B.v. 21.12.2020 – 23 ZB 20.32090 – m.w.N.). Noch erheblich unwahrscheinlicher ist es, dass – im Falle einer Infektion – der Kläger zu dem niedrigen Prozentsatz gehört, bei dem die Krankheit sehr schwer oder gar tödlich verläuft. Er gehört angesichts seines Alters auch nicht zur Risikogruppe. In Übrigen ist nicht ersichtlich, dass es dem Kläger nicht möglich und zumutbar wäre, sich noch in Deutschland entsprechend impfen zu lassen, falls dies nicht ohnehin schon geschehen ist. Damit kann ein schwerer Verlauf einer eventuellen Covid-19-Erkrankung weitestgehend minimiert wird.
Daneben gibt es auch nach der aktuellen Auskunftslage keine belastbaren Hinweise darauf, dass die Versorgungslage in Äthiopien – auch unter Berücksichtigung gewisser Einschränkungen und Verschärfungen durch die Corona-Pandemie und die Heuschreckenplage – gegenwärtig derart desolat wäre, dass dem Kläger dort der Hungertod oder schwerste Gesundheitsschäden in Folge von Mangelernährung droht (vgl. hierzu auch DW, Wie Ostafrika eine Heuschreckenplage bekämpft – inmitten einer Pandemie; Aus Politik und Zeitgeschichte: Am Ende kann nur Gott uns helfen. Das Coronavirus in Äthiopien; vgl. auch BayVGH, B.v. 21.12.2020 – 23 ZB 20.32090; BayVGH, B.v. 17.8.2020 – 23 ZB 20.31574; VG Würzburg, B.v. 3.12.2020 – W 3 S 20.31209 – juris; VG Würzburg, U.v. 27.10.2020 – W 4 K 20.30318 – juris). Das Gericht verkennt dabei nicht, dass das Aufeinandertreffen von Heuschreckenschwärmen und der Covid-19-Pandemie zu einer dynamischen Lageentwicklung in Äthiopien beiträgt, die aufmerksam beobachtet werden muss. Die potentiell möglichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen werden teilweise durchaus kritisch eingeschätzt (vgl. z.B. Manek/Meckelburg, in „Aus Politik und Zeitgeschichte“ vom 24.04.2020; https://qz.com/africa/1857046/locust-swarms-still-coming-to-east-africa-yemen-but-gains-made/). Jedoch ergibt sich – auch aus aktuellen Quellen – nicht, dass sich zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung die wirtschaftliche Lage tatsächlich bereits gravierend verschlechtert hätte. Aus der Quellenlage lässt sich lediglich ersehen, dass eine Verschlechterung in Folge der Heuschrecken und der Covid-19-Pandemie potentiell eintreten könnte – freilich ohne dass sich daraus bereits eine rechtliche Einordnung der befürchteten künftigen Lage vornehmen ließe. Zudem geht die aktuelle Auskunftslage davon aus, dass die „neue Welle“ der Heuschrecken im Jahr 2021 bei weitem nicht so verheerend ausfällt, wie im Jahr 2020 (vgl. Islamische Zeitung, Ausgabe 309 vom 05.03.2021; https://islamische-zeitung.de/neue-welle-einer-heuschreckenplage-in-ostafrika/). Der äthiopische Staat ist zudem weder hinsichtlich der Heuschrecken noch der Covid-19-Pandemie untätig (vgl. https://www.africanews.com (Rubrik: ethiopia-coronavirus-covid19-hub-updates/); https://reliefweb.int/report/ethiopia/ethiopia-covid-19-humanitarian-impact-situation-update-no-12-2-september-2020). Wie sich beide Faktoren in den Folgemonaten entwickeln werden, ob und wie die von der äthiopischen Regierung getroffenen Maßnahmen weiterhin fruchten und was internationale Hilfsprogramme bewirken werden, lässt sich nicht absehen und ist angesichts des allein maßgeblichen Zeitpunkts der gerichtlichen Entscheidung auch letztlich nicht ausschlaggebend. Auch aus den weiteren Quellen ergibt sich eine solche Zuspitzung der Situation in Äthiopien im aktuellen Zeitpunkt nicht. Dabei ist nicht zuletzt zu würdigen, dass bereits über 117 Mio. Dollar an Hilfsgeldern allein von deutscher Seite geleistet wurden. Auch die EU hat im April 2021 erneut eine beträchtliche Summe an Hilfsgeldern für Äthiopien angekündigt (vgl. PM der Europäischen Kommission vom 23.4.2021, https://ec.europa.eu/ commission/presscorner/detail/de/IP_21_1861).
Im Rahmen der vorliegend zu treffenden Prognoseentscheidung ist daher davon auszugehen, dass auch der hiesige Kläger zusammen mit seiner Kernfamilie – trotz der gegenwärtigen Situation – sein absolutes Existenzminimum in Äthiopien sichern kann. Der Kläger ist jung und erwerbsfähig. Im Übrigen war dieser bereits früher in Äthiopien erwerbstätig. Es ist nicht ersichtlich, dass er eine Erwerbstätigkeit – ggf. auch mehrere schlichte Hilfstätigkeiten – nicht aufnehmen könnte, um das Existenzminimum der gegenwärtig vierköpfigen Familie zu sichern. Dies gilt auch im Hinblick auf das zu erwartende weitere Kind der Familie. Familien mit drei Kindern sind für afrikanische Verhältnisse keine Seltenheit. Es handelt sich insoweit immer noch um eine „kleine“ Familie. Auch deutlich größeren Familien gelingt es derzeit in Äthiopien, ihr Existenzminimum zu sichern. Es ist weder dargetan noch anderweitig ersichtlich, dass allein durch die Geburt eines weiteren Kindes das absolute Existenzminimum der Familie nicht mehr gesichert werden kann. Insbesondere kann die Ehefrau des Klägers – wenn diese wegen der Betreuung der Kinder keiner Erwerbstätigkeit nachgehen kann bzw. wegen ihrer „mäßigen“ Bildung schlechtere Berufsperspektiven hat – jedenfalls die Kinderbetreuung übernehmen, während der Kläger einer Berufstätigkeit nachgeht. Ergänzend verweist das Gericht insoweit vollumfänglich auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid und auf die gerichtlichen Ausführungen im Erstverfahren (B 7 K 18.30253 – U.v. 24.1.2019) sowie auf die gerichtlichen Ausführungen im Folgeverfahren der Ehefrau (U.v. 29.7.2021 – B 7 K 21.30469).
Weiterhin hat das Bundesamt bereits mit der Zuleitung des streitgegenständlichen Bescheids an die Bevollmächtigten des Klägers auf die Rückkehrhilfen bei freiwilliger Ausreise hingewiesen. Aus dem sog. REAG-/GARP-Programm kann u.a. eine Reisebeihilfe i.H.v. 200,00 EUR sowie eine Starthilfe von 1.000,00 EUR in Anspruch genommen werden. Darüber hinaus besteht das Reintegrationsprogramm ERRIN. Die Hilfen aus diesem Programm umfassen Beratung nach der Ankunft, berufliche Qualifizierungsmaßnahmen, Hilfe bei der Arbeitsplatzsuche, Unterstützung bei einer Existenzgründung, Grundausstattung für die Wohnung sowie die Beratung und Begleitung zu behördlichen, medizinischen und caritativen Einrichtungen. Die Unterstützung wird als Sachleistung gewährt. Der Leistungsrahmen für rückkehrende Einzelpersonen beträgt dabei bis zu 2.000,00 EUR und im Familienverbund bis zu 4.000,00 EUR (vgl. https://www.returningfromgermany.de/de/programmes/erin). Es liegt auf der Hand, dass die genannten Rückkehrhilfen und Leistungen aus dem Reintegrationsprogramm gerade in der Anfangszeit nach der Rückkehr und vor dem Hintergrund der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie mit dazu beitragen, dass der Kläger und seine Familie in Äthiopien wieder Fuß fassen können. Ihnen wird es dadurch erleichtert, etwaige Quarantänekosten nach der Ankunft oder Reisekosten in die Heimatregion zu schultern. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass sich der Kläger nicht darauf berufen kann, dass die genannten Start- und Reintegrationshilfen ganz oder teilweise nur für freiwillige Rückkehrer gewährt werden, also teilweise nicht bei einer zwangsweisen Rückführung. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann ein Asylbewerber, der durch eigenes zumutbares Verhalten – wie insbesondere durch freiwillige Rückkehr – im Zielstaat drohende Gefahren abwenden kann, nicht vom Bundesamt die Feststellung eines Abschiebungsverbots verlangen (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.1997 – 9 C 38.96). Dementsprechend ist es dem Kläger möglich und zumutbar, gerade zur Überbrückung der ersten Zeit nach einer Rückkehr nach Äthiopien freiwillig Zurückkehrenden gewährte Reisehilfen sowie Reintegrationsleistungen in Anspruch zu nehmen (vgl. hierzu auch VG Bayreuth, U.v. 25.6.2020 – B 7 K 19.30636).
bb) Individuelle Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, die sich alsbald nach der Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, sind im Folgeverfahren nicht vorgetragen und auch nicht anderweitig ersichtlich.
b) Dem Kläger steht auch kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG zu.
Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der EMRK ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Insbesondere darf gemäß Art. 3 EMRK niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
aa) Soweit der Kläger auf die schlechte Lage im Herkunftsland infolge der „Corona-Pandemie“ und der „Heuschreckenplage“ Bezug nimmt, spricht nach Auffassung des Gerichts bereits vieles dafür, dass § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG bezüglich allgemeiner Gefahren aufgrund der unsicheren oder wirtschaftlich schlechten Lage im Zielstaat als lex specialis anzusehen ist und daher insoweit auch im Rahmen des § 60 Abs. 5 AufenthG Sperrwirkung „entfaltet“. Bei den nationalen Abschiebungsverboten im Sinne des § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG handelt es sich nämlich um einen einheitlichen, nicht weiter teilbaren Verfahrensgegenstand (BVerwG, U.v. 8.9.2011 – 10 C 14.10 – juris; BayVGH, U.v. 21.11.2014 – 13a B 14.30284 – juris). Eine zusätzliche Würdigung allgemeiner Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit im Zielstaat der Abschiebung im Rahmen und am Maßstab des § 60 Abs. 5 AufenthG würde die gesetzgeberischen Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot bei allgemeinen Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit konterkarieren (so auch BayVGH, B.v. 6.5.2020 – 23 ZB 20.30943 – im Hinblick auf das Verhältnis von § 60 Abs. 7 Satz 2 i.V.m. § 60a Abs. 2c AufenthG zu § 60 Abs. 5 AufenthG bei der Geltendmachung gesundheitlicher Gründe; vgl. auch BayVGH, B.v. 9.12.2020 – 23 ZB 20.31844).
bb) Letztlich kann aber dahinstehen, ob die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG auch im Rahmen des § 60 Abs. 5 AufenthG greift. Selbst wenn man der Auffassung folgt, dass der Schutzbereich des § 60 Abs. 5 AufenthG auch bei einer allgemeinen Gefahrenlage, insbesondere bei einer schlechten allgemeinen Situation mit unzumutbaren Lebensbedingungen eröffnet sein soll, da schon von der Gesetzessystematik her der Maßstab für eine Extremgefahr nach § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG nicht herangezogen werden kann (so BayVGH, U.v.21.11.2014 – 13a B 14.30284 – juris), ist bei der Prüfung eines Abschiebungsverbotes aus humanitären Gründen im Rahmen des § 60 Abs. 5 AufenthG jedenfalls ein „sehr hohes Niveau“ anzulegen und eine „besondere Ausnahmesituation“ erforderlich. Nur in „ganz außergewöhnlichen Fällen“, nämlich wenn die humanitären Gründe gegen die Abschiebung mit Blick auf die allgemeine wirtschaftliche Lage und die Versorgungslage betreffend Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung „zwingend“ sind, sind liegen die Voraussetzungen des Art. 60 Abs. 5 AufenthG vor (BVerwG, B.v. 22.9.2020 – 1 B 39.20 – juris; BVerwG, U.v. 4.7.2019 – 1 C 45.18 – juris m.w.N.; BVerwG, B.v. 8.8.2018 – 1 B 25.18 – juris; BayVGH, U.v. 12.12.2019 – 8 B 19.31004 – juris m.w.N.; BayVGH, U.v. 21.11.2014 – 13a B 14.30284 – juris).
Gemessen an diesem Maßstab ist beim Kläger auch ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK im Hinblick auf die gegenwärtig schlechten humanitären Bedingungen in Äthiopien zu verneinen. Die aktuelle Auskunftslage rechtfertigt es nach Überzeugung des hiesigen Einzelrichters nicht, äthiopischen Staatsangehörigen gegenwärtig – mehr oder weniger pauschal und ohne eingehende Darlegung und Würdigung der Situation im jeweiligen Einzelfall (so wie beispielsweise in den zitierten Verfahren vor dem VG Ansbach) – ein Abschiebungsverbot aus humanitären Gründen allein „aufgrund der sich derzeit durch die Corona-Pandemie im Zusammenspiel mit der in Äthiopien herrschenden Heuschreckenplage ergebenden landesweiten Verhältnisse“ zuzusprechen. Im vorliegenden Fall verweist das hiesige Gericht daher auf die obigen einzelfallbezogenen Ausführungen zu § 60 Abs. 7 AufenthG. Obwohl im Rahmen des § 60 Abs. 5 AufenthG nicht der Maßstab der „Extremgefahr“ anzulegen ist, handelt es sich im Fall des hiesigen Klägers jedenfalls (auch) nicht um einen „ganz außergewöhnlichen“ Fall, in dem humanitären Gründe der Abschiebung „zwingend“ entgegenstehen.
Im Übrigen steht dem Kläger auch im Hinblick auf die „Beschneidungsproblematik“ seiner Tochter, der Klägerin in der Sache B 7 K 21.30471, kein Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG zu. Da seine Tochter weder einen Anspruch auf Zuerkennung internationalen Schutzes bzw. auf Wiederaufgreifen ihres rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens noch auf Feststellung nationaler Abschiebungsverbote hat, stellt sich die von der Klägerseite aufgeworfene Konstellation des „korrespondierenden Abschiebungsschutzes“ für die Eltern vorliegend überhaupt nicht.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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