Verwaltungsrecht

Fortsetzungsfeststellungsklage, Allgemeinverfügung vom 20. März 2020 zur Regelung von Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen anlässlich der Corona-Pandemie, fehlendes Feststellungsinteresse nach Außerkrafttreten, inhaltsgleiche Rechtsverordnung

Aktenzeichen  Au 9 K 20.575

Datum:
29.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 10756
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 113 Abs. 1 S. 4
IfSG § 28 Abs. 1
BayVwVfG Art. 35 S. 2

 

Leitsatz

Verfahrensgang

Au 9 K 20.575 2020-11-16 GeB VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I.Die Klage wird abgewiesen.
II.Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III.Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.  

Gründe

I.
Die Klage auf Feststellung, dass die Allgemeinverfügung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 20. März 2020 rechtswidrig war, bleibt ohne Erfolg. Sie ist bereits unzulässig.
1. Der Kläger hat beim Verwaltungsgericht Augsburg am 26. März 2020 zunächst form- und fristgerecht Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) gegen die Allgemeinverfügung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 20. März 2020- ein Verwaltungsakt im Sinn von Art. 35 VwVfG – erhoben.
2. Da die streitgegenständliche Allgemeinverfügung jedoch am 3. April 2020 außer Kraft getreten ist, ist sowohl die mit ihr verbundene Regelungswirkung als auch die damit verbundene Beschwer weggefallen. Das ursprünglich mit der Anfechtungsklage verfolgte Ziel, nämlich die Aufhebung des Bescheids, hat sich somit erledigt. In diesem Fall wird nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO Rechtsschutz nur noch in der Form gewährt, dass das Gericht durch Urteil feststellt, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist – sofern der Betroffene ein berechtigtes rechtliches, ideelles oder wirtschaftliches Interesse daran hat (st. Rspr, z.B. BVerwG, B.v. 24.10.2006 – 6 B 61.06 – juris Rn. 3).
Da eine Fortsetzungsfeststellungsklage nichts anderes ist, als die – ausnahmeweise zulässige – Fortsetzung der ursprünglich erhobenen, aber erledigten Anfechtungsklage, müssen im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses auch die sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Anfechtungsklage vorgelegen haben. Daran fehlt es jedoch hier. Sowohl bei Klageerhebung als auch bei Erledigung des Rechtsstreits war die Anfechtungsklage jedoch unzulässig, da der Kläger für die Klage kein Rechtsschutzbedürfnis beanspruchen konnte.
Ungeschriebene Voraussetzung für die Zulässigkeit einer jeden Inanspruchnahme eines Gerichts ist ein rechtlich anzuerkennendes Rechtsschutzinteresse. Ein solches fehlt, wenn ein Erfolg des konkret eingeleiteten gerichtlichen Verfahrens die Rechtsstellung des Prozessführenden nicht verbessern würde (Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, Vor § 40 Rn. 16). Dies ist insbesondere der Fall, wenn sich der Rechtschutzsuchende selbst bei einem Erfolg seiner Klage an inhaltsgleiche gesetzliche Regeln halten muss (BVerwG, B.v. 7.3.2002 – 4 BN 60.01 – juris).
Der Kläger wandte sich mit seiner Klage gegen eine Allgemeinverfügung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 20. März 2020. Die in dieser Allgemeinverfügung geregelten Ge- und Verbote wurden – mit identischem Wortlaut – in der vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege erlassenen Verordnung über eine vorläufige Ausgangsbeschränkung anlässlich der Corona-Pandemie vom 24. März 2020 (GVBl S. 178, BayMBl Nr. 130 – BayRS 2126-1-4-G) übernommen und in der Folgezeit im Rahmen weiterer Änderungsverordnungen fortgeschrieben. Selbst ein Erfolg der Klage hätte zu keiner Verbesserung der Rechtssituation geführt, weil der Kläger die inhaltsgleichen Verpflichtungen aufgrund der Verordnung weiterhin zu beachten hätte. Selbst die Aufhebung hätte daher die Position des Klägers nicht verbessern können. Die Klage ist daher bereits wegen des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses zum Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses unzulässig.
3. Aus dem Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO und dem systematischen Zusammenhang mit § 42 VwGO ergibt sich zudem, dass die Verwaltungsgerichte nur ausnahmsweise für die Überprüfung erledigter Verwaltungsakte in Anspruch genommen werden können. Nach dem Wegfall der mit dem Verwaltungsakt verbundenen Beschwer kann der Kläger nur bei Vorliegen eines besonderen Interesses eine Sachentscheidung erzwingen. Die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG schließt nicht die Verpflichtung des Gerichts zu einer Sachentscheidung ein, wenn der Bürger zur Wahrung seiner Rechte den beantragten Rechtsschutz nicht mehr benötigt.
Das berechtigte Interesse an der nachträglichen Feststellung, dass der erledigte Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, muss als Sachentscheidungsvoraussetzung im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen und geht über das bloße Interesse an der Klärung der Rechtswidrigkeit der Verfügung hinaus. Maßgeblich ist stets, ob die Inanspruchnahme des Gerichts dem Kläger noch etwas nützt, also zur Verbesserung seiner Situation geeignet ist. Das Bestreben nach persönlicher Genugtuung oder das Bestreben, eine vom Kläger für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage gerichtlich klären zu lassen, reicht nicht aus. Dies gilt unabhängig von der Intensität des erledigten Eingriffs und vom Rang der Rechte, die von ihm betroffen waren (BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 8 C 40.12 – NVwZ 2013, 1482 = juris Rn. 28; BayVGH, U.v. 12.12.2016 – 10 BV 13.1005 – juris Rn. 46 m.w.N). Die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG gebietet selbst bei tiefgreifenden Eingriffen nicht, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse anzunehmen, wenn dies nicht erforderlich ist, um die Effektivität des Rechtsschutzes zu sichern (BVerfG, B.v. 6.7.2016 – 1 BvR 1705/15 – juris Rn. 11; BVerwG, U.v. 20.06.2013 – 8 C 39.12 – juris Rn. 28).
Unter Berücksichtigung der soeben genannten Maßstäbe wurden von der Rechtsprechung verschiedene Fallgruppen entwickelt, bei denen ein berechtigtes Interesse im Sinn von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO anzuerkennen ist. So besteht ein besonderes Rechtsschutzinteresse, wenn das gerichtliche Verfahren dazu dienen kann, einer Wiederholungsgefahr zu begegnen, eine fortwirkende Beeinträchtigung durch den an sich beendeten Eingriff zu beseitigen oder wenn es sich um den Fall eines tiefgreifenden, sich nach seiner Eigenart kurzfristig erledigenden Grundrechtseingriff handelt. Hierunter fallen vornehmlich solche, die schon das Grundgesetz unter Richtervorbehalt gestellt hat, wie etwa in den Fällen der Art. 13 Abs. 2 GG und Art. 104 Abs. 2 und 3 GG (BVerfG, B.v. 6.7.2016 – 1 BvR 1705/15 – juris Rn. 11; VGH München, U.v. 12.12.2016 – 10 BV 13.1005 – juris Rn. 46 m.w.N.). Bei Grundrechtseingriffen von derartigem Gewicht hat das Bundesverfassungsgericht ein durch Art. 19 Abs. 4 GG geschütztes Rechtsschutzinteresse anerkannt, wenn sich die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung in der nach der Prozessordnung gegebenen Instanz kaum erlangen kann, und er daher andernfalls rechtsschutzlos gestellt wäre.
Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung kann zudem dann angenommen werden, wenn Kläger die Geltendmachung von Ansprüchen aus Amtshaftung oder von sonstigen Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüchen beabsichtigen und die Erledigung des Verwaltungsaktes erst nach Klageerhebung eingetreten ist (Schenke/Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 113, Rn. 130 ff; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 113, Rn. 108). Ein bloßes ideelles Interesse an der endgültigen Klärung der Frage der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsaktes ohne Rücksicht darauf, ob abträgliche Nachwirkungen des erledigten Verwaltungsaktes fortbestehen, denen durch eine gerichtliche Sachentscheidung wirksam begegnet werden könnte, genügt nicht.
4. Nach Maßgabe der genannten Kriterien kann der Kläger kein berechtigtes Interesse an der nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit des bereits erledigten Verwaltungsakts für sich beanspruchen. Die vom Kläger angeführten Gründe sind nicht geeignet, ein berechtigtes Interesse an der gerichtlichen Überprüfung der Außerkraft getretenen Allgemeinverfügung zu begründen. Ein solches ergibt sich insbesondere weder aus der vom Kläger angenommen politischen Bedeutung der Anordnung der Maßnahmen noch aus dem vom Kläger angemahnten Rechtsfrieden. Auch der Wunsch, das Funktionieren des Rechtsstaats durch die gerichtliche Überprüfung einer bereits erledigten Maßnahme zu dokumentieren, ist für sich genommen nicht geeignet, ein berechtigtes Interesse zu begründen.
a) Der Kläger kann sich nicht auf eine konkrete Wiederholungsgefahr berufen.
Ein Feststellungsinteresse wegen Wiederholungsgefahr besteht nur, wenn zu erwarten ist, dass die Behörde erneut einen Verwaltungsakt mit dem Inhalt des erledigten Verwaltungsakts oder zumindest einen gleichartigen Verwaltungsakt erlässt. Hierfür gibt es auch bei Fortbestand der Corona-Pandemie keine Anhaltspunkte. Der Erlass der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung vom 20. März 2020 erfolgte zu Beginn der Pandemie und wurde am 24. März 2020 durch die Bayerische Verordnung über eine vorläufige Ausgangsbeschränkung anlässlich der Corona-Pandemie (BayMBl. Nr. 130, BayRS 2126-1-4-G) des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege ersetzt. Die Wahl des Rechtsinstituts einer Allgemeinverfügung im Sinn von Art. 35 Satz 2 VwVfG war zunächst der neuartigen, pandemischen Situation geschuldet. Bereits vier Tage nach deren Bekanntgabe wurde die Allgemeinverfügung vom 20. März 2020 durch den Erlass einer inhaltsgleichen und in der Folgezeit fortgeschriebenen Rechtsverordnung ersetzt. In Anbetracht der Fortentwicklung des Infektionsschutzrechts und der wissenschaftlichen Diskussion hierzu und im Hinblick auf die bislang in Deutschland erstmalige Pandemiesituation ist unter keinen Umständen erkennbar, dass der Beklagte zur Regelung des gleichen Lebenssachverhalts erneut das Rechtsinstitut einer Allgemeinverfügung mit inhaltsgleichen Regelungen wählen wird.
b) Ein Feststellungsinteresse besteht auch nicht im Hinblick auf einen etwa vom Kläger ernsthaft beabsichtigten und nicht offensichtlich aussichtslosen zivilgerichtlichen Schadenersatz- bzw. oder Amtshaftungsprozess. Der Kläger hat eine ernsthafte Absicht eines solchen Prozesses weder dargelegt noch Anhaltspunkte vorgetragen, die einen Schadenersatzanspruch begründen könnten.
c) Ein Feststellungsinteresse ergibt sich auch nicht nach den Grundsätzen eines Rehabilitierungsinteresses.
Hat ein Verwaltungsakt außer seiner erledigten belastenden Wirkung zusätzlich einen diskriminierenden, ehrenrührigen Inhalt, der dem Ansehen des Betroffenen abträglich ist, kann dieses ideelle Interesse an einer Rehabilitierung, also an der Beseitigung der Rufschädigung, eine Fortsetzungsfeststellungsklage rechtfertigen, wenn es nach der Sachlage als schutzwürdig anzuerkennen ist. Hierfür genügt jedoch nicht ein abstraktes Interesse an der endgültigen Klärung der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungshandelns ohne Rücksicht darauf, ob nachteilige Nachwirkungen dieses Handelns fortbestehen, denen durch eine gerichtliche Sachentscheidung wirksam begegnet werden könnte. Der Wunsch nach Genugtuung reicht nicht aus. Mit Blick auf Art. 2 Abs. 2 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG besteht ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern. Grundrechtsrelevante Auswirkungen durch die angegriffene Maßnahme reichen allein nicht aus (Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 113 Rn. 119).
Der Kläger hat kein solchermaßen schutzwürdiges Rehabilitierungsinteresse geltend gemacht. Nach den Ausführungen im gerichtlichen Verfahren geht es dem Kläger um die Klärung der Frage, ob sich die in der Allgemeinverfügung getroffenen Regelungen auf die zitierte Rechtsgrundlage stützen können und ob sie angesichts ihrer Grundrechtseinschränkungen verhältnismäßig sind. Es ist nicht erkennbar, warum die Anordnungen der Allgemeinverfügung, die sich innerhalb ihres Geltungsbereichs an alle Bürger richtete, geeignet sein sollten, gerade den Kläger herabzuwürdigen bzw. gerade ihm gegenüber eine diskriminierende oder rufschädigende Wirkung zu entfalten. Auch die Ausführungen bezüglich der Möglichkeit, bei Verstößen gegen die Allgemeinverfügung eine Ordnungswidrigkeit zu begehen, begründet kein Rehabilitierungsinteresse. Zum einen hat der Kläger selbst nicht behauptet, wegen Begehens einer Ordnungswidrigkeit einen Bußgeldbescheid erhalten zu haben. Zum anderen würde auch in diesem Fall eine nach Außen getretene Stigmatisierung fehlen. Der Wunsch nach Genugtuung reicht – wie bereits ausgeführt – nicht aus.
d) Soweit der Kläger geltend macht, ein Feststellungsinteresse bestehe insbesondere bei grundrechtsrelevanten Maßnahmen mit lediglich kurzer Dauer, führt auch dieses nicht zur Zulässigkeit der Klage. Eine Ausweitung des Tatbestandsmerkmals des berechtigten Feststellungsinteresses über die Fallgruppen des berechtigten rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Interesses hinaus verlangt Art. 19 Abs. 4 GG nur bei Eingriffsakten, die sonst wegen der sich aus ihrer Eigenart ergebenden kurzfristigen Erledigung regelmäßig keiner gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden könnten, wie es häufig bei polizeilichen Maßnahmen der Fall ist. Diese Konstellation hatte die Rechtsprechung bei der Entwicklung dieser Fallgruppe im Blick. Die Erledigung der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung beruhte jedoch nicht auf ihrer Eigenart als von vornherein auf Kurzfristigkeit angelegte Maßnahme. Zwar war die Allgemeinverfügung auf die Dauer von zwei Wochen befristet, jedoch war es dem Kläger – anders als in den Fallgruppen polizeilicher Maßnahmen – möglich, Eilrechtsschutz zu suchen und somit eine gerichtliche Überprüfung einzuleiten. Dass es nicht zu einer inhaltlichen Überprüfung im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes kam, lag nicht an der Eigenart der zur Überprüfung gestellten Maßnahme, sondern daran, dass der Beklagte zur Regelung des Sachverhalts eine andere Rechtsform wählte. Dadurch wurde der Kläger auch nicht schutzlos gestellt, da er gegen die die Allgemeinverfügung ersetzende Rechtsverordnung Rechtsschutz im Wege der Normenkontrollklage hätte suchen können. Dieses hat der Kläger jedoch augenscheinlich trotz der von ihm angeführten historischen Dimension der Maßnahmen unterlassen.
Ein berechtigtes Interesse an der nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Allgemeinverfügung vom 20. März 2020 folgt ferner weder aus dem Wunsch des Klägers nach Rechtsfrieden noch aus dem Wunsch, durch eine gerichtliche Entscheidung das Funktionieren des Rechtsstaats zu dokumentieren. Es ist schon nicht erkennbar, wie die nachträgliche Überprüfung der erledigten Rechtswirkungen von Maßnahmen, die inhaltsgleich in der Rechtsform einer Rechtsverordnung weitergalten, dem Rechtsfrieden dienen sollte. Auch der Wunsch, mit dem vorliegenden Verfahren das Funktionieren des Rechtsstaats zu dokumentieren, ist nicht geeignet ein berechtigtes Interesse im Sinn von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zu begründen. Dieses Begehren ist allen Rechtsschutzsuchenden immanent. Ihm wird durch die verschiedenen Rechtsbehelfe der Verwaltungsgerichtsordnung Rechnung getragen, die je nach Fallgestaltung unterschiedliche Voraussetzungen haben. Für die vom Kläger gewünschte Kontrolle der Exekutive wäre die in § 47 VwGO geregelte Normenkontrolle zur Verfügung gestanden.
Nichts anderes ergibt sich auch aus der vom Kläger zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Juni 2020 (1 BvR 990/20). In dieser Entscheidung führt das Gericht im Hinblick auf die verfassungsgerichtliche Überprüfung außer Kraft getretener Verordnungen aus, dass ein Normenkontrollantrag auch gegen eine außer Kraft getretene Verordnung zulässig sein kann, selbst wenn diese nur auf kurzfristige Geltung angelegt sei. Vorliegend geht es jedoch nicht um die Überprüfung einer Verordnung, sondern um eine Allgemeinverfügung, deren Regelungsgehalt durch eine inhaltlich identische Rechtsverordnung überlagert wurde, so dass ihr keine eigenständige Regelungswirkung mehr zukam.
Da der Kläger für die von ihm begehrte nachträgliche Feststellung kein berechtigtes, rechtlich anerkennenswertes Interesse beanspruchen kann, ist die Klage als unzulässig abzuweisen.
5. Die Klage war mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Als im Verfahren unterlegen hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).


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