Verwaltungsrecht

Gegen kriminelles Unrecht kann in Georgien effektiver Schutz durch die Sicherheitsbehörden erlangt werden

Aktenzeichen  Au 6 K 17.31104

Datum:
15.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 4966
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3d Abs. 1 Nr. 1
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
EMRK Art. 3

 

Leitsatz

1 Gegen kriminelles Unrecht kann effektiver Schutz seitens der Sicherheitsbehörden von Georgien erlangt werden. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
2 Epilepsie ist in Georgien ausreichend behandelbar. (Rn. 50) (redaktioneller Leitsatz)
3 Depressionen sind in Georgien sowohl ambulant als auch stationär behandelbar. Die Versorgung mit Medikamenten und Nachsorgeuntersuchungen erfolgt kostenfrei, lediglich eine Psychotherapie muss bezahlt werden. (Rn. 61) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens je zur Hälfte zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Kläger haben zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, auf Zuerkennung subsidiären Schutzes oder auf ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 21. Februar 2017 ist daher rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Es wird insoweit in vollem Umfang Bezug genommen auf die Gründe des angefochtenen Bescheids (§ 77 Abs. 2 AsylG) und ergänzend ausgeführt:
I.
Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG.
Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560 – Genfer Flüchtlingskonvention), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet.
Sofern die Kläger vortragen, wegen des Todes des Bruders der Klägerin zu 2 von der Familie des Unfallverursachers bzw. Täters massiv bedroht und misshandelt worden zu sein, so besteht unabhängig von der Glaubhaftmachung dieser Vorfälle (s.u.) schon keine Anknüpfung an ein Verfolgungsmerkmal i.S.d. § 3b AsylG. Mangels deutlich abgegrenzter Identität, aufgrund derer die Kläger von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet würden, handelt es sich bei den Klägern als Ehepaar nicht um eine soziale Gruppe im Sinne des § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG. Auch ein politischer Bezug ist nicht erkennbar. Es handelt sich vielmehr auch bei Wahrunterstellung des klägerischen Vortrags um erlittenes kriminelles Unrecht anlässlich eines von den Klägern initiierten Strafverfahrens ohne Bezug zu einem Verfolgungsmerkmal. Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft scheidet daher schon mangels Verfolgungsmerkmals aus; im Übrigen wird auf die folgenden Ausführungen verwiesen.
II.
Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes i.S. des § 4 Abs. 1 AsylG. Sie haben keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vorgebracht, dass ihnen bei einer Rückkehr nach Georgien ein ernsthafter Schaden i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 3 AsylG droht.
Der Begriff der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG ist im Gesetz nicht näher definiert. Unter Heranziehung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu Art. 15b RL 2011/95/EU und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK ist unter einer unmenschlichen Behandlung die absichtliche, d.h. vorsätzliche Zufügung schwerer körperlicher oder seelischer Leiden, die im Hinblick auf Intensität und Dauer eine hinreichende Schwere aufweisen, zu verstehen. Es muss zumindest eine erniedrigende Behandlung in der Form einer einen bestimmten Schweregrad erreichenden Demütigung oder Herabsetzung vorliegen. Diese ist dann gegeben, wenn bei dem Opfer Gefühle von Furcht, Todesangst und Minderwertigkeit verursacht werden, die geeignet sind, diese Person zu erniedrigen oder zu entwürdigen und möglicherweise ihren psychischen oder moralischen Widerstand zu brechen.
Im Rahmen des subsidiären Schutzes gilt für die Beurteilung der Frage, ob ein ernsthafter Schaden droht, der einheitliche Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Dieser aus dem Tatbestandsmerkmal „… tatsächlich Gefahr liefe …“ des Art. 2f RL 2011/95/EU abzuleitende Maßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr abstellt („real risk“). Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab, der der Prognose zugrunde zu legen ist, gilt unabhängig davon, ob der Betroffene bereits vor seiner Ausreise einen ernsthaften Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG erlitten hat: Ein solcher Umstand stellt aber einen ernsthafter Hinweis dar, dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden.
Das Gericht trifft seine Entscheidung nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Auch im Asylverfahren muss die danach gebotene Überzeugungsgewissheit dergestalt bestehen, dass das Gericht die volle Überzeugung von der Wahrheit (nicht etwa nur von der Wahrscheinlichkeit) des vom Kläger behaupteten individuellen Schicksals erlangt hat. Wegen des sachtypischen Beweisnotstandes, in dem sich der Betroffene insbesondere hinsichtlich der von ihm vorgetragenen Vorgänge vielfach befinden, genügt für diese Vorgänge in der Regel die Glaubhaftmachung, wodurch allerdings das Gericht nicht von einer Überzeugungsbildung im Sinne des § 108 Abs. 1 VwGO enthoben ist. Vielmehr darf das Gericht keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen und keine unumstößliche Gewissheit verlangen. Es muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, auch wenn sie nicht völlig auszuschließen sind.
Unter Berücksichtigung des regelmäßig bestehenden Beweisnotstands kommt dem persönlichen Vorbringen des Klägers und dessen Würdigung gesteigerte Bedeutung zu. Es ist demzufolge zunächst Sache des Schutzsuchenden, die Gründe für seine Furcht vor Verfolgung oder Gefährdung schlüssig vorzutragen. Dazu hat er unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei verständiger Würdigung ergibt, dass ihm in seinem Heimatstaat eine Gefahr droht. Hierzu gehört, dass er zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen. Erhebliche Widersprüche und Unstimmigkeiten im Vorbringen können dem entgegenstehen, es sei denn, diese können überzeugend aufgelöst werden. Bei der Bewertung der Stimmigkeit des Sachverhalts müssen u.a. Persönlichkeitsstruktur, Wissensstand und Herkunft des Schutzsuchenden berücksichtigt werden (vgl. zum Ganzen VGH BW, U.v. 11.4.2018 – A 11 S 1729/17 – juris Rn. 22 ff.).
1. Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Bruder der Klägerin zu 2 wie vom Auswärtigen Amt ermittelt am 14. August 2006 durch einen Unfall mit Todesfolge starb, dass hierfür der georgische Staatsangehörige … am 7. August 2007 zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt wurde und dass diese Freiheitsstrafe aufgrund des Amnestiegesetzes vom 29. November 2007 um die Hälfte reduziert und der verbleibende Freiheitsentzug auf drei Monate und 23 Tage festgelegt wurde.
2. Nicht überzeugt ist das Gericht hingegen davon, dass die von den Klägern geschilderten Bedrohungen im von den Klägern geschilderten Ausmaß stattgefunden haben. Der diesbezügliche Vortrag der Kläger ist in wesentlichen Teilen widersprüchlich sowie teilweise gesteigert.
Wesentlich gesteigert ist schon der Vortrag der Kläger zu Länge und Grund der Freiheitsstrafe des Unfallverursachers. So gaben die Kläger bei ihren Anhörungen vor dem Bundesamt übereinstimmend an, der Täter sei zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt worden (BAMF-Akte Bl. 81, 86). Im Rahmen der mündlichen Verhandlung gab die Klägerin zu 2 an, der Vater des Täters sei zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Jahren verurteilt worden. Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes wurde der Täter zu einer Freiheitsstrafe von ursprünglich vier Jahren verurteilt. Der Umstand, dass die Kläger eine deutlich längere Freiheitsstrafe angaben, erklärt sich auch nicht hinreichend mit dem Verweis, ihr Rechtsanwalt habe ihnen das so gesagt. Zum einen ist schon nicht ersichtlich, warum der Rechtsanwalt falsche Angaben zur Länge der Verurteilung machen sollte, zum anderen erscheint es auch nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die Kläger, die ausweislich ihrer eigenen Angaben wiederholt rechtliche Schritte gegen den Unfallverursacher einleiteten, Gutachten erstellen ließen und dabei hartnäckig blieben, sich nie das entsprechende Urteil oder sonstige Dokumente über die Dauer der Freiheitsstrafe hätten zeigen lassen oder auf sonstige Weise von der Dauer der Freiheitsstrafe erfahren hätten.
Widersprüchlich ist insbesondere auch der (neue) Vortrag der Kläger in der mündlichen Verhandlung, nicht der Täter selbst sei verurteilt worden, sondern dessen Vater. Man habe versucht, dem Richter klarzumachen, dass der Sohn und nicht der Vater der Mörder sei. Der Vater des Täters habe jedoch alle Schuld auf sich genommen. Bei ihren Anhörungen vor dem Bundesamt gaben die Kläger hingegen noch übereinstimmend an, der Täter selbst sei verurteilt worden. Der Vortrag, der Vater des Täters habe diesen gedeckt und sei daher anstelle dessen verurteilt worden, findet sich an keiner Stelle des insoweit ausführlichen Vortrags der Kläger im Rahmen der Anhörung vor dem Bundesamt. Im Gegenteil gab die Klägerin zu 2 auf Vorhalt des Widerspruchs, dass der Täter 2011 noch in Haft gewesen sei, aber gleichzeitig 2011 ihren Ehemann geschlagen habe, an, beim Vorfall 2011 sei nicht der Täter selbst dabei gewesen, sondern u.a. der Vater des Klägers (BAMF-Akte Bl. 87). Der Kläger zu 1 gab insoweit an, der Mörder sei gefasst und zu zehn Jahren Haftstrafe verurteilt worden (BAMF-Akte Bl. 81).
Widersprüchlich sind auch die Angaben der Kläger zur Haftentlassung des Täters bzw. seines Vaters. Insoweit gab der Kläger zu 1 bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt an, der Täter sei 2012 wieder freigelassen worden (BAMF-Akte Bl. 81). Auch die Klägerin zu 2 gab insofern an, 2012 habe man dann erfahren müssen, dass der Kläger vorzeitig aus der Haft entlassen worden sei. Beim Vorfall 2011 sei der Täter selbst noch nicht dabei gewesen (BAMF-Akte Bl. 86 f.). Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes wurde der Täter indes nur zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe verurteilt, die aufgrund des Amnestiegesetzes vom 29. November 2007 um die Hälfte reduziert und der verbleibende Freiheitsentzug auf drei Monate und 23 Tage festgelegt wurde. Der Täter wurde demnach deutlich früher als 2012, vermutlich Anfang 2008, spätestens jedoch im August 2009, freigelassen. Auch insoweit drängt sich der Eindruck auf, dass die Kläger die Bedrohungslage wahrheitswidrig deutlich gesteigert haben und die Entlassung des Täters zur Konstruierung eines Ausreiseanlasses wahrheitswidrig auf kurz vor ihre Ausreise im Jahr 2012 verlegt haben. In Anpassung auf die zwischenzeitlich vorliegende Auskunft des Auswärtigen Amtes gaben die Kläger demgegenüber in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend an, dass der Verurteilte (nach dem jetzigen Vortrag der Vater des Täters) nach zehn Monaten wieder freigekommen sei. Nach Angaben der Klägerin zu 2 sei der Vater des Täters ungefähr im November 2007 entlassen worden. Die Diskrepanz von fast fünf Jahren (2007 vs. 2012) im diesbezüglichen Vortrag haben die Kläger nicht schlüssig erklärt.
Widersprüchlich sind des Weiteren auch die Angaben der Kläger zur Anzahl, Schwere und zum Tatzeitpunkt der Bedrohungen. So gab die Klägerin zu 2 bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt zunächst an, bei einem Vorfall habe der Täter ihren Mann auf die Straße geholt und dort derart zusammengeschlagen, dass ihr Mann einen Anfall erlitten habe, die Zähne ausgeschlagen gewesen seien und er am Arm verletzt worden sei (BAMF-Akte Bl. 86). Ihr Mann habe die Zähne 2011 verloren (BAMF-Akte Bl. 87). Insgesamt habe es zwei derartige Zwischenfälle gegeben, einmal im Jahr 2011 und einmal im Juli 2012. Auf Vorhalt, dass der Täter 2011 noch in Haft gewesen sei, wandelte die Klägerin zu 2 ihren Vortrag dahingehend ab, dass beim Vorfall im Jahr 2011 der Täter selbst nicht dabei gewesen sei, sondern sein Vater, dessen Cousin und sonstige Familie. Schon insoweit hat die Klägerin zu 2 ihren Vortrag nach Hinweis auf offensichtliche Widersprüche angepasst. Im Widerspruch zu den Angaben der Klägerin zu 2 steht der diesbezügliche Vortrag des Klägers zu 1 bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt, als der Täter freigekommen sei, sei er wiederholt mit einigen Freunden bei ihnen aufgetaucht und habe sie mehrfach zusammengeschlagen. Das sei durchschnittlich einmal die Woche passiert, manchmal mehr, manchmal weniger. Zum einen berichtet der Kläger zu 1 insofern ausschließlich von Körperverletzungen, als der Täter (2012) frei kam, nicht aber zuvor (durch den Vater des Klägers), zum anderen aber schildert er eine deutlich höhere Anzahl an Übergriffen als die Klägerin zu 2.
Widersprüchlich sind auch die Angaben der Kläger zu etwaigen Anzeigen bei der Polizei oder sonstigen Behörden. Während der Kläger zu 1 bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt angab, man sei wegen dieser Vorfälle nicht bei der Polizei oder bei sonstigen Behörden gewesen; die hätten ihnen ohnehin nicht geholfen (BAMF-Akte Bl. 81), gab die Klägerin zu 2 bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt an, sie habe jedes Mal die Polizei gerufen (BAMF-Akte Bl. 86). Die Polizei habe ihnen gesagt, dass sie sich keine Sorgen machen sollten, man werde alles klären (BAMF-Akte Bl. 87). Im Hinblick auf die Auskunft des Auswärtigen Amtes, dass keine Anzeigen und insbesondere auch Vermisstenanzeigen in Georgien gestellt worden seien, trug die Klägerin zu 2 in der mündlichen Verhandlung vor, die Polizei habe die Anzeigen wohl nicht aufgenommen. Auch dies steht jedoch im Widerspruch zu den Angaben des Klägers zu 1, wonach man sich nie an die Polizei gewendet habe.
Auch die Tatsache, dass die Kläger weder während ihres fünfeinhalbmonatigen Aufenthalts in Polen noch während ihres vierjährigen Aufenthalts in Italien einen Asylantrag stellten, spricht dagegen, dass die Kläger Georgien vorverfolgt verlassen haben. Im Anbetracht der Schul- und Ausbildung der Kläger, der allgemeinen medialen Berichterstattung, der Länge ihrer jeweiligen Aufenthalte in Polen und Italien sowie im Anbetracht der Tatsache, dass die Kläger in engem zeitlichen Zusammenhang mit ihrer Einreise nach Deutschland einen Asylantrag stellten, erscheint ihr Vortrag, sie hätten nicht gewusst, dass eine Asylantragstellung möglich ist, abwegig. Vielmehr ist auch die fehlende Asylantragstellung über viereinhalb Jahre hinweg ein maßgebliches Indiz dafür, dass die Kläger vor ihre Ausreise aus Georgien nicht bedroht wurden und ihre Ausreise vielmehr aus wirtschaftlichen und medizinischen Gründen erfolgte. Andernfalls hätte es sich geradezu aufgedrängt, durch eine Asylantragstellung die Gefahr einer Rückführung nach Georgien zu vermindern und ggf. sogar ein Aufenthaltsrecht zu begründen.
Zusammenfassend ist das Gericht daher davon überzeugt, dass der Bruder der Klägerin zu 2 tatsächlich 2006 zu Tode kam, nicht jedoch davon, dass sich die von den Klägern vorgetragenen Bedrohungen durch die Familie des Verurteilten so wie geschildert zugetragen haben.
3. Selbst wenn jedoch – wie nicht – der Vortrag der Kläger zu den Bedrohungen, Sachbeschädigungen und Misshandlungen als wahr unterstellt wird, so ist den Klägern jedenfalls die Inanspruchnahme staatlichen Schutzes nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. § 3d AsylG zumutbar.
Ausweislich der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 26. September 2018 im hiesigen Verfahren sind dem Auswärtigen Amt keine Fälle bekannt, bei denen, wo notwendig, kein effektiver Schutz seitens der Sicherheitsbehörden von Georgien erfolgt werde. Insoweit werde auch auf den aktuellen Lagebericht verwiesen. Der Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 27. August 2018 führt insoweit zu Repressionen Dritter aus, mit dem Ombudsmann für Menschenrechte, aber auch dem Menschenrechtsausschuss des Parlaments, bestünden weithin bekannte Institutionen und Beschwerdeeinrichtungen. Sie verfügten zwar nicht über eigene Sanktionsmittel, nutzten aber sehr aktiv ihre Befugnisse, Missstände und individuelle Beschwerdefälle zu untersuchen, die Ergebnisse zu veröffentlichen und Empfehlungen an die Regierungsbehörden zu geben. Auch Staatsanwaltschaft und Gerichte, die in Georgien an Unabhängigkeit und Vertrauen in der Bevölkerung gewonnen hätten, würden zunehmend zur Wahrung individueller Rechte in Anspruch genommen. Darüber hinaus könnten lokale und internationale Menschenrechtsorganisationen ohne jede staatliche Behinderung ermitteln und öffentliche Ergebnisse präsentieren sowie Kritik äußern. Rechtliche Hindernisse gegen ein Umziehen zwecks Ausweichen etwaiger unmittelbar erfahrener Diskriminierung bestünden nicht (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 27.8.2018, S. 10 f.). Die Kläger können daher effektiven staatlichen Schutz in Anspruch nehmen. Gegenteiliges haben sie nicht glaubhaft gemacht. Zum einen sind ihre Angaben über bereits erfolgte Anzeigen widersprüchlich und damit unglaubhaft (s.o.), zum anderen bestätigen sie durch ihren Vortrag, der Onkel des Täters, der Staatsanwalt, sei 2012 wegen Korruptionsvorwürfen aus dem Staatsdienst entlassen worden und arbeite nun als Rechtsanwalt, dass der georgische Staat gewillt und tatsächlich in der Lage ist, die Integrität von Staatsbediensteten zu gewährleisten, etwaige Straftäter aus dem Staatsdienst zu entfernen und damit ordnungsgemäße Verfahren innerhalb der Strafverfolgungsbehörden und der Gerichte sicherzustellen.
4. Selbst bei Wahrunterstellung der von den Klägern geschilderten Bedrohungen und Misshandlungen sind die Kläger zudem auf innerstaatliche Fluchtalternativen nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. § 3e AsylG zu verweisen.
Die Kläger haben nicht glaubhaft gemacht, dass die gegnerische Familie die Kläger auch bei einer Rückkehr in einen anderen Landesteil als … aufsuchen und bedrohen sollte. Hiergegen spricht schon der lange Zeitablauf seit den letzten Bedrohungen. Die Klägerin zu 2 gab insofern in der mündlichen Verhandlung an, die Beschädigung des Autos und des Grabsteins sowie die großen Sachen hätten 2007 und 2008 stattgefunden. Die Kläger sind nach ihrem Vortrag auch nur innerhalb von … umgezogen. Die Kläger haben indes Georgien erst 2012 verlassen. Seit ihrer Ausreise sind weitere sechs Jahre vergangen. Seitdem haben die Kläger nichts mehr von der gegnerischen Familie gehört. Das Straf(vollzugs-)verfahren ist soweit ersichtlich seit 2007 abgeschlossen und der Täter bzw. der Vater des Täters seitdem wieder auf freiem Fuß. Ein anhaltendes Bedrohungsinteresse der gegnerischen Familie ist daher nicht ersichtlich. Insofern ist den Klägern zumindest die Rückkehr in einen anderen Landesteil als … zumutbar.
III.
Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG i.V.m. § 60a Abs. 2c AufenthG liegt insbesondere für den Kläger zu 1 nicht vor.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Gefahr, dass sich eine Erkrankung und die mit einer Erkrankung verbundenen Gesundheitsbeeinträchtigungen als Folge fehlender Behandlungsmöglichkeiten im Abschiebezielstaat verschlimmern, ist in der Regel als am Maßstab von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in direkter Anwendung zu prüfende individuelle Gefahr einzustufen (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.2006 – 1 C 18.05 – juris Rn. 15). Die Gesundheitsgefahr muss erheblich sein; die Verhältnisse im Abschiebezielstaat müssen also eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität, etwa eine wesentliche oder gar lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes, erwarten lassen. Diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber in § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG in der durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11. März 2016 (BGBl I S. 390) mit Wirkung vom 17. März 2016 geänderten Fassung nachgezeichnet (vgl. NdsOVG, B.v. 19.8.2016 – 8 ME 87.16 – juris Rn. 4). Nach dieser Bestimmung liegt eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung alsbald nach der Rückkehr wesentlich verschlechtern würden.
Erforderlich für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist danach, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, dass also eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht (vgl. BVerwG, a.a.O.).
Dabei sind sämtliche zielstaatsbezogenen Umstände, die zu einer Verschlimmerung der Erkrankung führen können, in die Beurteilung der Gefahrenlage mit einzubeziehen. Solche Umstände können darin liegen, dass eine notwendige ärztliche Behandlung oder Medikation für die betreffende Krankheit in dem Zielstaat wegen des geringeren Versorgungsstandards generell nicht verfügbar ist. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann sich trotz grundsätzlich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung aber auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Denn eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen persönlichen Gründen nicht zugänglich ist (vgl. BVerwG, U.v. 29.10.2002 – 1 C 1.02 – juris Rn. 9).
Diese Anforderungen sind auch mit Art. 3 EMRK vereinbar: Krankheitsbedingte Gefahren können ausnahmsweise die Voraussetzungen des Art. 3 EMRK erfüllen. Solche Ausnahmefälle können vorliegen, wenn eine schwerkranke Person durch die Aufenthaltsbeendigung auch ohne eine unmittelbare Gefahr für ihr Leben schon wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Aufnahmeland oder weil sie dazu keinen Zugang hat, tatsächlich der Gefahr ausgesetzt wird, dass sich ihr Gesundheitszustand schwerwiegend, schnell und irreversibel verschlechtert mit der Folge intensiven Leids oder einer erheblichen Herabsetzung der Lebenserwartung (vgl. EGMR, U.v. 13.12.2016 – 41738/10 – NVwZ 2017, 1187 ff. Rn. 183). Solche Gesundheitsgefahren muss der Ausländer allerdings mit ernst zu nehmenden Gründen geltend machen und daraufhin der Konventionsstaat sie in einem angemessenen Verfahren sorgfältig prüfen, wobei die Behörden und Gerichte des Konventionsstaats die vorhersehbaren Folgen für den Betroffenen im Zielstaat, die dortige allgemeine Situation und seine besondere Lage berücksichtigen müssen, ggf. unter Heranziehung allgemeiner Quellen wie von Berichten der Weltgesundheitsorganisation oder angesehener Nichtregierungsorganisationen sowie ärztlicher Bescheinigungen über den Ausländer (vgl. EGMR, U.v. 13.12.2016 – 41738/10 – NVwZ 2017, 1187 ff. Rn. 186 f. m.w.N.). Dies mündet in eine Vergleichsbetrachtung der Folgen einer Abschiebung für den Betroffenen durch einen Vergleich seines Gesundheitszustands vor der Abschiebung mit dem, den er nach Abschiebung in das Bestimmungsland haben würde. Maßgeblich ist eine nur ausreichende Behandlung, um einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK zu verhindern, nicht, ob die medizinische Versorgung im Zielstaat der medizinischen Versorgung im Konventionsstaat mindestens gleichwertig ist, denn Art. 3 EMRK garantiert kein Recht, im Zielstaat eine besondere Behandlung zu erhalten, welche der Bevölkerung nicht zur Verfügung steht (vgl. EGMR, U.v. 13.12.2016 – 41738/10 – NVwZ 2017, 1187 ff. Rn. 188 f. m.w.N.). Die erforderliche Prüfung umfasst auch, inwieweit der Ausländer tatsächlich Zugang zu der Behandlung und den Gesundheitseinrichtungen im Zielstaat hat, wobei die Kosten für Medikamente und Behandlung berücksichtigt werden müssen, ob ein soziales und familiäres Netz besteht und wie weit der Weg zur erforderlichen Behandlung ist (ebenda Rn. 190 m.w.N.). Auf den Abbruch einer Therapie können sich fremde Staatsangehörige regelmäßig nicht als zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis berufen, denn sie können ein Recht auf Verbleib in dem Hoheitsgebiet des abschiebenden Staats grundsätzlich nicht beanspruchen, um weiterhin in den Genuss einer medizinischen, sozialen oder anderen Versorgung zu gelangen, die der abschiebende Staat während ihres Aufenthalts gewährt hat (vgl. EGMR, E.v. 7.10.2004 – 33743/03 – NVwZ 2005, S. 1043 ff. juris Rn. 86). Wenn nach dieser Prüfung ernsthafte Zweifel bleiben, ist Voraussetzung für die Abschiebung, dass der abschiebende Staat individuelle und ausreichende Zusicherungen des Aufnahmestaats erhält, dass eine angemessene Behandlung verfügbar und für den Betroffenen zugänglich sein wird, so dass er nicht in eine Art. 3 EMRK widersprechende Lage gerät (ebenda Rn. 191).
Der sich auf eine seiner Abschiebung entgegenstehende Erkrankung berufende Ausländer muss diese durch aussagekräftige, nachvollziehbare Atteste, die klare Diagnosen stellen und Aufschluss über die konkrete Therapie und mögliche Folgen einer unzureichenden Behandlung geben, glaubhaft machen (BayVGH, B.v. 27.11.2017 – 9 ZB 17.31302 – juris Rn. 4). Aus dem vorgelegten Attest muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage die Diagnose gestellt wurde und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen ärztlichen Befunde bestätigt werden. Zudem sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Es entspricht inzwischen gefestigter Rechtsprechung, dass die Anforderungen an ein ärztliches Attest nach § 60a Abs. 2c AufenthG auf die Substantiierung der Voraussetzungen eines krankheitsbedingten Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 AufenthG zu übertragen sind (vgl. BayVGH, B.v. 10.1.2018 – 10 ZB 16.30735 – juris Rn. 8: „Frage nicht klärungsbedürftig, weil sie sich anhand des Wortlauts des Gesetzes, der Entstehungsgeschichte und der gesetzgeberischen Erwägungen ohne weiteres bejahen lässt“; BayVGH, B.v. 24.1.2018 – 10 ZB 18.30105 – juris Rn. 7; B.v. 20.4.2018 – 11 ZB 18.30838 – juris Rn. 4; B.v. 26.4.2018 – 9 ZB 18.30178 – juris Rn. 6 ff.; OVG NRW, B.v. 9.10.2017 – 13 A 1807/17A – juris Rn. 19 ff.; OVG LSA, B.v. 28.9.2017 – 2 L 85/17 – juris Rn. 2 ff.).
1. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG in Bezug auf den Kläger zu 1 ergibt sich nicht daraus, dass dieser an Epilepsie erkrankt ist.
Der Kläger zu 1 hat insoweit nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass sich seine Erkrankung bei einer Rückkehr alsbald wesentlich verschlechtern würde.
(1) Epilepsie ist in Georgien ausreichend behandelbar.
Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 26. September 2018 ist Epilepsie in Georgien behandelbar. Die erste Operation ist für Mitte September 2018 geplant. Verlaufskontrollen für Epilepsie sind möglich. Die Kosten sind abhängig von Art und individueller Schwere der Epilepsie.
Ob derzeit bereits auch Operationen in Georgien möglich sind, ist im vorliegenden Verfahren unerheblich, da der Kläger zu 1 nicht glaubhaft gemacht hat, einer derartigen Operation zu bedürfen. Im Übrigen ist Epilepsie ausweislich der entsprechenden aktuellen Auskunft des Auswärtigen Amtes in Georgien behandelbar. Insoweit trägt auch der Kläger zu 1 hierzu übereinstimmend vor, die Diagnose sei schon 2006 oder 2007 in einem Krankenhaus in … gestellt worden; er sei in der Folgezeit medikamentös behandelt worden, auch wenn die Medikamente nicht ausreichend geholfen hätten. Somit ist auch im konkreten Einzelfall die Möglichkeit einer Behandlung in Georgien dargelegt worden. Insoweit unbeachtlich ist, dass die Medikamente in Georgien nach Vortrag des Klägers nicht hinreichend gewirkt hätten. Denn ausweislich des Vortrags des Klägers zu 1 in der mündlichen Verhandlung habe er die Medikation inzwischen mindestens zehnmal gewechselt, u.a. auch mehrfach in Deutschland; er sei seit 30 Monaten in Deutschland und wisse noch immer nicht, welches Medikament wirklich helfe. Zuletzt habe man das Medikament erst vor zwei Wochen wieder gewechselt. Auch in Deutschland habe er immer noch – wenn auch seltener als zuvor – epileptische Anfälle, zuletzt vor 20 Tagen zwei Anfälle an einem Tag. Nachdem bisher selbst in der Bundesrepublik noch keine hinreichend wirksame Medikation für den Kläger gefunden wurde, ist nicht ersichtlich, dass die Behandlung in Georgien unzureichend wäre und zur alsbaldigen Verschlechterung des Gesundheitszustands des Klägers zu 1 im Falle einer Rückkehr führen würde. Im Übrigen gab der Kläger gegenüber seinem behandelnden Arzt an, in Georgien habe er Valproat und Tegretal genommen; Tests bestätigten die Einnahme (vgl. Dr. med., Attest vom 6.6.2018). Jedenfalls von der Erstbehandlung in Deutschland (vgl. Dr. med., Attest vom 8.12.2016) bis zum Zeitpunkt der Attesterstellung vom 6. Juni 2018 erfolgte auch in Deutschland eine Behandlung der Epilepsie mit diesen beiden Medikamenten. Es ist daher auch insoweit nicht ersichtlich, dass die medikamentöse Behandlung in Georgien unzumutbar wäre, wenn auch in Deutschland diese Medikamente vom Facharzt zur jahrelangen Behandlung gewählt werden.
(2) Eine möglicherweise bessere Versorgung der bestehenden Erkrankung im Bundesgebiet kann einen weiteren Aufenthalt nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht rechtfertigen.
Denn für Krankheiten ist geklärt, dass ein Ausländer im Bundesgebiet eine über die erforderliche Grund- und Notversorgung hinausgehende Therapie nicht beanspruchen kann, sondern sich auf das im Herkunftsstaat vorhandene Behandlungsniveau verweisen lassen muss (vgl. auch BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – BVerwGE 146, 12/20 f. Rn. 23 ff.) und damit auf die hier gegebene Behandelbarkeit einer Epilepsie einschließlich etwaiger Verlaufskontrollen (s.o.).
(3) Gegen eine alsbaldige wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands des Klägers zu 1 bei einer Rückkehr nach Georgien spricht auch, dass dieser nach der Diagnose seiner Erkrankung im Jahr 2006 oder 2007 noch bis 2012 in Georgien leben, sich dort behandeln lassen und arbeiten konnte.
Der Kläger hat insoweit nicht hinreichend glaubhaft gemacht, wieso er noch mindestens fünf Jahre nach der Diagnose in Georgien leben und sogar arbeiten konnte, ihm dies nun jedoch unzumutbar sein sollte. Mit diesem Umstand setzen sich auch die fachärztlichen Atteste, insbesondere das Attest vom 6. Juni 2018, nicht hinreichend auseinander. Der langjährige Aufenthalt und die langjährige Erwerbstätigkeit des Klägers in Georgien nach der Diagnose sind daher ebenfalls ein Indiz dafür, dass die in dieser Zeit durchgeführte medizinische Behandlung in Georgien ausreichend war bzw. ist.
(4) Die Behandlung seiner Epilepsie ist dem Kläger zu 1 auch finanzierbar.
Nach der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 26. September 2018 steht allen georgischen Staatsangehörigen eine Erstuntersuchung kostenfrei zur Verfügung. Diese umfasst u.a. eine neurologische Untersuchung, eine EEG-Untersuchung, eine neuropsychologische Untersuchung, die Untersuchung durch einen Epileptologen, die Verordnung der individuellen antikonvulsiven Mittel sowie Beratungsleistungen. Daneben verfügt das Gesundheitsministerium über ein sogenanntes Behandlungsempfehlungsprogramm, durch welches individuelle Fälle eine darüber hinausgehende finanzielle Unterstützung staatlicherseits erhalten können, an welches sich auch arbeitslose Patienten mit Epilepsie wenden können und das regelmäßig über 80% oder 100% der Behandlungs- und Medikamentenkosten übernimmt.
Entgegen dem klägerischen Vorbringen ist daher nicht nur die Erstbehandlung kostenlos, sondern eine finanzielle Unterstützung auch darüber hinaus möglich. Dem steht das Länderinformationsblatt Georgien des IOM 2018, S. 4 f., wonach die meisten Medikamente nicht vom staatlichen Programm aufgefangen würden, nicht entgegen, da es sich insofern nicht um eine spezifische Auskunft zur Behandlung von Epilepsie handelt. Im Übrigen sind in Georgien auch nach Auskunft des IOM Behandlungen durch den Hausarzt sowie einige Notfallbehandlungen zu 100%, die Behandlung durch spezialisierte Ärzte zu 70% bis 100% kostenfrei. Der Kläger zu 1 hat nicht glaubhaft gemacht, dass es ihm nicht möglich sein sollte, in das Behandlungsempfehlungsprogramm, welches sich auch auf arbeitslose Patienten bezieht, aufgenommen zu werden. Im Übrigen konnte der Kläger seit der Diagnose 2006/2007 die Medikation bis zu seiner Ausreise im Jahr 2012 finanzieren. Er hat nicht hinreichend glaubhaft gemacht, weshalb ihm dies nun nicht mehr gelingen sollte.
2. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG in Bezug auf den Kläger zu 1 ergibt sich nicht daraus, dass dieser an Depressionen leidet.
Depressionen sind nach der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 26. September 2018 sowohl ambulant als auch stationär behandelbar. Die Versorgung mit Medikamenten und Nachsorgeuntersuchungen erfolgt kostenfrei, lediglich eine Psychotherapie müsse bezahlt werden. Die Behandlung einer akuten depressiven Episode werde vollständig durch das staatliche Programm übernommen.
Der Kläger zu 1 kann demnach kostenfrei medikamentös in Georgien behandelt werden. Ebenso gewährleistet ist eine kostenfreie Notfallversorgung. Auf eine bestmögliche Behandlung, die u.a. auch eine Psychotherapie und eine Behandlung mit dem Medikament Opipramol umfasst, hat der Kläger indes keinen Anspruch. Es genügt insofern, wenn – wie hier – eine Notfallversorgung insbesondere zur Verhinderung von Suizidalität zur Verfügung steht.
3. Soweit der Kläger zu 1 in der mündlichen Verhandlung erstmals auf eine mögliche Krebserkrankung verweist, begründet auch dieser Vortrag nicht die Feststellung eines Abschiebungsverbots.
Insofern hat der Kläger schon keine entsprechenden Atteste vorgelegt. Auch nach eigenem Vortrag liegt derzeit eine entsprechende Diagnose noch nicht vor, er befindet sich lediglich in der Phase der Abklärung entsprechender Symptome. Im Übrigen hat der Kläger nach eigenen Angaben schon in Georgien erfolgreich eine Chemotherapie absolviert, sodass nicht ersichtlich ist, dass eine hinreichende Behandlung einer Krebserkrankung in Georgien nicht möglich bzw. finanzierbar wäre.
4. Soweit der Kläger zu 1 auf die diagnostizierte Leberzirrhose hinweist, so folgt auch daraus kein Abschiebungsverbot.
So hat der Kläger zu 1 schon nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Leberzirrhose derzeit behandelt würde bzw. behandelbar ist und dass bei einer Rückkehr nach Georgien mit einer wesentlichen Verschlechterung zu rechnen wäre.
IV.
Auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG liegt nicht vor.
Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK setzt voraus, dass der Betroffene im Falle einer Rückkehr einer besonderen Ausnahmesituation ausgesetzt wäre. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Nach Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden. Dies ist insbesondere auch dann der Fall, wenn es dem Betroffenen nicht (mehr) gelingen würde, seine elementaren Bedürfnisse, wie Nahrung, Hygiene und Unterkunft, zu befriedigen (vgl. BayVGH, U.v. 21.11.2014 – 13a B 14.30285 – Asylmagazin 2015, 197) und die aus zu erwartenden schwierigen Lebensbedingungen resultierenden Gefährdungen im Einzelfall eine solche Intensität aufweisen, dass auch ohne konkret drohende Maßnahmen von einer unmenschlichen Behandlung auszugehen ist.
Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist in Georgien gewährleistet. Die Qualität der einheimischen Produkte ist zufriedenstellend. Die staatliche soziale Unterstützung (Einzelpersonen: 60 GEL; Vier-Personen-Haushalt: 200 GEL) bleibt weit unter dem festgestellten durchschnittlichen Lebensminimum (160 GEL für einen Erwachsenen). Die soziale Absicherung erfolgt in aller Regel durch den Familienverband. Eine große Rolle spielen Geldtransfers der georgischen Diaspora im Ausland. Internationale Organisationen und Projekte bieten Beratung und finanzielle Unterstützung für Rückkehrer zur Reintegration. Die überwiegende Zahl der Rückkehrer wendet sich jedoch dem Familienverband zu und erhält dort Unterstützung. Seit 2014 unterstützt die georgische Regierung Reintegrationsprojekte zivilgesellschaftlicher Organisationen (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 27.08.2018, S. 14). Ein Mobilitätszentrum, eingerichtet beim Ministerium für Flüchtlinge und finanziert aus EU-Mitteln, leistet Beratung und auch finanzielle Hilfe zur Reintegration in den Arbeitsmarkt; bei Bedarf auch Erst- bzw. Zwischenunterkunft. Seit 2014 stellt das Flüchtlingsministerium auch eigene Mittel zur Betreuung und Reintegration von Rückkehrern zur Verfügung (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 27.08.2018, S. 15). Es existiert auch ein webbasiertes Portal, worüber sich Arbeitssuchende zu freien Stellen und Weiterbildungsangeboten informieren können. Außerdem werden zur Arbeitssuche weiterhin informelle Kontakte genutzt. In Georgien besteht ein großer Bedarf an gering bis mittel qualifizierten Arbeitskräften. Die Gründe hierfür sind mangelnde Qualifikationen, mangelnde Bewerber sowie niedrige Löhne. Laut einem Bericht benötigen 58% der freien Stellen ausschließlich eine Grundbildung, 25% eine Berufsbildung und 9% eine tertiäre Bildung. Viele Menschen sind nach wie vor im informellen Sektor beschäftigt oder selbstständig. Auch in Georgien gibt es Haushalte mit Alleinversorgern bzw. nur einer erwerbstätigen Person. Ob und wie eine Lebensunterhaltssicherung erfolgt, hängt vom erzielten Einkommen ab (Auskunft des Auswärtigen Amtes v. 26.09.2018, Frage 5).
Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Kläger ihr Existenzminimum einschließlich einer etwaigen erforderlichen medizinischen Behandlung des Klägers zu 1 in Georgien werden sicherstellen können. Die Kläger haben vor ihrer Ausreise ihren Lebensunterhalt in Georgien sicherstellen können und beschrieben ihre wirtschaftliche Situation als gut, durchschnittlich bzw. ok. Sie haben keine Unterhaltslasten gegenüber Dritten, insbesondere sind sie kinderlos. Nach Angaben der Kläger haben diese beide jahrelang in Georgien gearbeitet und ein gemeinsames Bistro betrieben, vier Jahre lang in Italien gemeinsam einer älteren Frau den Haushalt geführt und hat der Kläger zu 1 in Deutschland ein Jahr lang als Hausmeister gearbeitet. Insofern sind beide Kläger – auch der Kläger zu 1 trotz seiner Erkrankungen – arbeitsfähig. Insbesondere konnte auch der Kläger zu 1 trotz aus seiner Sicht nicht passender medizinischer Behandlung sowohl in Georgien als auch in Italien arbeiten, sodass nicht ersichtlich ist, weshalb er dies nicht erneut könnte. Die Mehrzahl der Arbeitsangebote in Georgien erfordert nicht mehr als eine Grundbildung, über die beide Kläger verfügen. Das Gericht ist daher davon überzeugt, dass die Kläger durch Arbeitsleistung ihren Lebensunterhalt werden sicherstellen können. Die Kläger konnten in Georgien bisher nicht nur ihren allgemeinen Lebensunterhalt finanzieren, sondern auch eine Chemotherapie und eine medikamentöse Behandlung von Epilepsie. Zudem verfügen sie in Georgien noch über einige Verwandte, u.a. über eine Schwester mit Familie. Gerade in der Anfangszeit können ihre Verwandten den Klägern durch Unterstützungsleistungen die Wiedereingliederung erleichtern. Soweit die Kläger auf die hohen Durchschnittsmieten in … sowie in weiteren Großstädten verweisen (IOM, Länderinformationsblatt Georgien 2018, S. 8; Länderinformationsblatt Georgien 2014, S. 33), so können die Kläger diese hohen Mietkosten schon dadurch umgehen, indem sie sich in einer Kleinstadt, in einem regionalen Zentrum oder in einer ländlichen Region niederlassen. Ausweislich der von den Klägern in das Verfahren eingebrachten Auskünfte sind die Mieten dort sehr niedrig (IOM, Länderinformationsblatt Georgien 2014, S. 33). Ein Anspruch auf Wohnen in einer Großstadt besteht nicht; zu ggf. notwendigen medizinischen Behandlungen kann der Kläger zu 1 auch in die Großstadt pendeln. Im Übrigen stellt das Ministerium für Flüchtlinge Erst- und Zwischenunterkünfte zur Verfügung, sodass die Kläger Zeit haben, eine adäquate Unterkunft zu finden. Soweit die Kläger darauf verweisen, dass die Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 26. September 2018 widersprüchlich sei, weil das Existenzminimum über dem staatlichen Mindestlohn liege, so bedeutet dies lediglich, dass der 1999 bzw. 2005 festgesetzte Mindestlohn unter dem derzeitigen Existenzminimum liegt. Daraus kann nicht geschlossen werden, dass die Kläger nicht durch Erwerbstätigkeit ihren Lebensunterhalt sicherstellen können und insbesondere ein Erwerbseinkommen oberhalb des Mindestlohns erzielen können (s.o.).
V.
Nachdem sich auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes nach § 11 Abs. 1 AufenthG als rechtmäßig erweist, war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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