Verwaltungsrecht

Gehörsrüge wegen verweigertem Zutritt zum Sitzungssaal

Aktenzeichen  4 ZB 20.31767

Datum:
27.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 30446
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 3
VwGO § 138 Nr. 3

 

Leitsatz

Die Gehörsrüge wegen verweigertem Zutritt zum Sitzungssaal ist erfolglos, wenn der Betroffene erst nach Urteilsverkündung um Zutritt gebeten hat. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 3 K 16.30576 2020-07-22 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1. Der auf § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachte Verfahrensmangel in Gestalt eines Gehörsverstoßes liegt nicht vor.
Der Kläger trägt im Zulassungsverfahren vor, ihm sei nach seiner verspäteten Ankunft zum Gerichtstermin am 22. Juli 2020 an der Eingangskontrolle des Verwaltungsgerichts um 11.20 Uhr von einem Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes nach längerer telefonischer Rücksprache mitgeteilt worden, dass er einen anderen Termin bekommen werde; mit dieser Begründung sei er nicht mehr in das Gerichtsgebäude vorgelassen worden. Im Falle eines Einlasses hätte er es noch bis 11.26 Uhr und somit noch vor der Urteilsverkündung in den Sitzungssaal geschafft. Damit sei ihm die Möglichkeit eines Antrags auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO abgeschnitten worden, worin eine Gehörsverletzung liege.
Dieser Sachvortrag ist nicht geeignet, einen Verfahrensmangel darzutun, da der geschilderte Geschehensablauf nach Überzeugung des Senats (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) nicht in jeder Hinsicht den Tatsachen entspricht. Entgegen der Darstellung des Klägers ist davon auszugehen, dass er erst nach Ende der mündlichen Verhandlung und Verkündung des Urteils an der Pforte des Verwaltungsgerichts erschienen ist und sich nach dem Verfahrensstand erkundigt hat.
Die auf den 22. Juli 2020 um 11.00 Uhr terminierte mündliche Verhandlung vor dem Einzelrichter des Verwaltungsgerichts fand ohne die Beteiligten statt. Die damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers hatte dem Gericht im Vorfeld telefonisch mitgeteilt, dass sie an dem Termin nicht teilnehmen werde und auch nicht wisse, ob der Kläger persönlich erscheinen werde. Der Termin wurde laut Protokoll um 11.09 Uhr aufgerufen. Nachdem um 11.21 Uhr nach nochmaligem Aufruf niemand erschienen war, schloss der Einzelrichter die mündliche Verhandlung und verkündete das klageabweisende Urteil; die Sitzung endete um 11.26 Uhr. Wie sich aus dem bei den Akten des Verwaltungsgerichts befindlichen, dem Klägervertreter im Berufungszulassungsverfahren in Kopie übermittelten schriftlichen Vermerk des Einzelrichters ergibt, war dieser nach Beendigung der mündlichen Verhandlung und Urteilsverkündung bereits in der Geschäftsstelle anwesend, als dort die Information einging, dass der Kläger nunmehr am Eingangsbereich des Gerichts angekommen sei. Der Einzelrichter hat daraufhin, wie sich aus dem Vermerk ergibt, dem Kläger lediglich mitteilen lassen, dass er das Weitere von seinem Anwalt hören werde. Er hat dagegen keine Auskunft dahingehend veranlasst, dass der Kläger einen neuen Termin erhalte.
Nach dieser Darstellung des Geschehensablaufs, an deren Richtigkeit zu zweifeln der Senat keinen Anlass hat, war das Urteil bereits ergangen, als der Kläger sich an der Pforte des Gerichts meldete und um Einlass in den Sitzungssaal bat. Die telefonische Nachfrage des Mitarbeiters des Sicherheitsdienstes, ob die Sitzung noch andauerte und dem Kläger somit Zugang zu gewähren sei, erfolgte danach in der Geschäftsstelle der zuständigen Kammer erst zu einem Zeitpunkt, als der Einzelrichter dort nach Verkündung des Urteils erschienen war, mithin einige Minuten nach Ende der Sitzung um 11.26 Uhr. Dass der Kläger schon um 11.20 Uhr um Einlass in den Sitzungssaal gebeten haben könnte, erscheint hiernach ausgeschlossen. Wäre er bereits zu diesem Zeitpunkt an der Pforte erschienen, hätte die telefonische Nachfrage bei der Geschäftsstelle sogleich ergeben müssen, dass die Sitzung noch andauerte. Wenn der Kläger – wie in der Ladung gefordert – unter Vorlage des Ladungszettels und eines Ausweispapiers noch vor Beendigung der Sitzung am Eingang des Gerichts vorstellig geworden wäre, hätte für den Sicherheitsdienst keinerlei Veranlassung bestanden, ihm den Zutritt zum Sitzungssaal zu verwehren. Dass dies dennoch geschehen ist, kann nur dadurch erklärt werden, dass das entsprechende Telefonat mit der Geschäftsstelle erst stattfand, nachdem der Einzelrichter die mündliche Verhandlung geschlossen und das Urteil verkündet hatte. Der abweichenden Schilderung der zeitlichen Abläufe in der Antragsbegründung kann demnach nicht gefolgt werden. Gegen die Richtigkeit dieser Angaben spricht auch die unglaubhafte Behauptung, ein Vertreter des Gerichts habe dem Kläger bei dieser Gelegenheit einen neuen Verhandlungstermin in Aussicht gestellt.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.
3. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG), ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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