Verwaltungsrecht

Gehörsverstoß durch Beweisantragsablehnung bzw. Wahrunterstellung und späterer Abweichung hiervon

Aktenzeichen  2 L 37/20.Z

Datum:
16.6.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt 2. Senat
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:OVGST:2022:0616.2L37.20.Z.00
Normen:
Art 103 Abs 1 GG
§ 108 Abs 2 VwGO
§ 86 VwGO
Spruchkörper:
undefined

Leitsatz

1. Der Anspruch auf rechtliches Gehör wird verletzt, wenn das Verwaltungsgericht einen Beweisantrag ablehnt oder die Stellung eines Beweisantrags als unnötig erscheinen lässt, indem es die jeweilige Tatsache als wahr unterstellt bzw. als erwiesen ansieht, davon im Urteil aber abweicht (vgl. OVG NW, Beschluss vom 18. September 2014 – 13 A 2557/13.A – juris Rn. 10, m.w.N.). (Rn.18)
2. Lassen die als wahr unterstellten bzw. als erwiesen angesehenen Tatsachen verschiedene Schlussfolgerungen zu, so ist der Tatrichter nicht gezwungen, gerade die Folgerungen zu ziehen, die der Vortrag aus der Sicht des Beteiligten nahelegt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. September 1993 – 4 B 125.93 – juris Rn. 7).(Rn.18)

Verfahrensgang

vorgehend VG Halle (Saale), 27. Februar 2020, 8 A 356/18 HAL, Urteil

Tenor

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle – 8. Kammer – vom 27. Februar 2020 wird abgelehnt.
Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens; Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I. Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
1. Die Berufung ist nicht gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
„Grundsätzliche Bedeutung“ im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine im Bereich der Tatsachenfeststellung bisher obergerichtlich nicht geklärte Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die sich in dem angestrebten Berufungsverfahren stellen würde und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlicher Klärung bedarf. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache ist daher nur dann im Sinne des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt, wenn eine derartige Frage konkret bezeichnet und darüber hinaus erläutert worden ist, warum sie im angestrebten Berufungsverfahren entscheidungserheblich und klärungsbedürftig wäre und aus welchen Gründen ihre Beantwortung über den konkreten Einzelfall hinaus dazu beitrüge, die Rechtsfortbildung zu fördern oder die Rechtseinheit zu wahren (zum Ganzen: Beschluss des Senats vom 23. April 2020 – 2 L 30/20 – juris Rn. 2, m.w.N.). Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage kann nur dann zur Zulassung der Berufung führen, wenn die Frage, so wie sie mit dem Zulassungsantrag aufgeworfen wird, nach Maßgabe der nicht mit beachtlichen Zulassungsgründen angegriffenen Rechtsansicht und tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts entscheidungserheblich gewesen wäre (BayVGH, Beschluss vom 21. Juni 2016 – 10 ZB 16.444 – juris Rn. 7, m.w.N.; vgl. auch zur Revisionszulassung: BVerwG, Beschluss vom 30. März 2005 – 1 B 11.05 – juris Rn. 6). Nicht jede Frage sachgerechter Auslegung und Anwendung einer Vorschrift enthält gleichzeitig auch eine im Rechtsmittelverfahren zu klärende Fragestellung. Voraussetzung ist vielmehr, dass der im Rechtsstreit vorhandene Problemgehalt aus Gründen der Einheit des Rechts einschließlich gebotener Rechtsfortentwicklung eine Klärung gerade durch eine höchstrichterliche Entscheidung verlangt. Das ist dann nicht der Fall, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage auf der Grundlage des Gesetzeswortlautes mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Interpretation und auf der Grundlage der entstandenen Rechtsprechung ohne weiteres beantworten lässt (BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2011 – 4 B 14.11 – juris Rn. 4; Beschluss des Senats vom 13. August 2008 – 2 L 12/08 – juris Rn. 15).
a) Die Kläger halten für klärungsbedürftig,
„ob Art. 8 Abs. 1 a) der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie) dahingehend auszulegen ist, dass es für die Frage, ob der Schutzsuchende in einem Teil des Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung hat oder keine tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht, ausreicht, wenn eine Verfolgung in einem anderen Landesteil zwar möglich aber unwahrscheinlich ist
oder
ob es erforderlich ist, dass eine erneute Verfolgung des bereits vorverfolgten Schutzsuchenden durch seine Verfolger in einem anderen Landesteil ausgeschlossen ist.”
Der zweite Teil der Frage rechtfertigt schon deshalb nicht die Zulassung der Berufung, weil sie, so wie sie formuliert ist, nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht entscheidungserheblich gewesen ist. Denn die Vorinstanz ist davon ausgegangen, dass die Kläger, insbesondere der Kläger zu 1, eine Vorverfolgung nicht glaubhaft gemacht haben, weil die Behandlung, die der Kläger zu 1 nach seinem Vortrag in Dagestan erfahren habe, keinen Verfolgungsgrund im Sinnes des § 3b AsylG darstellte (S. 11 f. der Urteilsabschrift). Diese Rechtsauffassung haben die Kläger nicht mit beachtlichen Zulassungsgründen angegriffen.
Im Übrigen verleiht die Frage der Rechtssache deshalb keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt ist bzw. sich die Beantwortung aus der vorhandenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ohne weiteres ableiten lässt.
Nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie oder auch Anerkennungsrichtlinie) können bei der Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz die Mitgliedstaaten feststellen, dass ein Antragsteller keinen internationalen Schutz benötigt, sofern er in einem Teil seines Herkunftslandes a) keine begründete Furcht vor Verfolgung hat oder keine tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht oder b) Zugang zu Schutz vor Verfolgung oder ernsthaftem Schaden gemäß Artikel 7 hat, und er sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. § 3e Abs. 1 AsylG (i.V.m. § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG) setzt Art. 8 Abs. 1 der Qualifikationsrichtlinie um (vgl. VGH BW, Urteil vom 29. November 2019 – A 11 S 2376/19 – juris Rn. 18; Kluth, in: Kluth/Heusch, Ausländerrecht, 33. Ed., AsylG § 3e Rn. 1). Nach § 3e Abs. 1 AsylG wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er 1. in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und 2. sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. Nach § 4 Abs. 1 Satz 3 AsylG gilt diese Vorschrift für die Frage der Gewährung subsidiären Schutzes entsprechend. In seinem Urteil vom 18. Februar 2021 (1 C 4.20 – juris Rn. 14) hat das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, dass der Verweis auf einen anderen Landesteil als Ort des internen Schutzes voraussetzt, dass dem Ausländer dort nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit erneut eine für internationalen Schutz beachtliche Gefahrenlage droht. Damit ist der Maßstab der Verfolgungsgefahr in einem anderen Landesteil jedenfalls inzwischen geklärt.
b) Die Kläger halten ferner für klärungsbedürftig,
„ob Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie) dahingehend auszulegen ist, dass es für die Frage, ob die Schutzsuchenden in einem insoweit sicheren Teil ihres Herkunftslandes aufgenommen werden und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass sie sich dort niederlassen, ausreicht, wenn die Schutzsuchenden dort ohne ein familiäres Netzwerk und ohne Ausbildung im Heimatland ihr Existenzminimum auf niedrigem Niveau sichern können
oder
ob es erforderlich ist, dass die in den insoweit sicheren Teilen des Herkunftslandes vorzufindende Lebenssituation bestimmte Mindeststandards erfüllt.”
Auch diese Frage ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt bzw. lässt sich aus der vorhandenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ohne weiteres ableiten. In dem bereits zitierten Urteil vom 18. Februar 2021 (a.a.O., Rn. 27 ff.) hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Niederlassung in einem anderen Teil des Herkunftslandes dann zumutbar ist, wenn am Ort des internen Schutzes auch nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit andere Gefahren oder Nachteile drohen, die nach ihrer Intensität und Schwere einer für den internationalen Schutz relevanten Rechtsgutbeeinträchtigung gleichkommen. Erforderliche, aber auch hinreichende Voraussetzung für die Niederlassung ist, dass das wirtschaftliche Existenzminimum auf einem Niveau gewährleistet ist, das eine Verletzung des Art. 3 EMRK nicht besorgen lässt; darüberhinausgehende Anforderungen sind nicht notwendige Voraussetzung der Zumutbarkeit der Niederlassung. Weiteren Klärungsbedarf zeigen die Kläger nicht auf.
2. Die Berufung ist auch nicht wegen des geltend gemachten Verfahrensmangels, der Verletzung rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO), zuzulassen.
Ohne Erfolg rügen die Kläger, das Gericht habe in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass die auf Seite 7 des Schriftsatzes vom 25. Februar 2020 angekündigten Beweisanträge überflüssig sein könnten, weil es die dort unter Beweis gestellten Tatsachen für erwiesen halte, diese Tatsachen seinem Urteil dann aber nicht zugrunde gelegt.
Steht nach dem bisherigen Stand des Verfahrens, insbesondere einer bereits durchgeführten Beweisaufnahme, für das Gericht fest, dass die unter Beweis gestellte Behauptung zutreffend bzw. – im positiven Sinne – erwiesen ist, darf es einen hierauf gerichteten Beweisantrag ablehnen (Schübel-Pfister, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl., § 86 Rn. 71; Breunig, in BeckOK Posser/Wolf, VwGO 61. Ed., § 86 Rn. 79). Die spätere Entscheidung darf hierzu aber nicht in Widerspruch stehen (Schübel-Pfister, a.a.O.). Insoweit gelten die gleichen Grundsätze, die die Rechtsprechung für die Ablehnung von Beweisanträgen wegen Wahrunterstellung der unter Beweis gestellten Tatsachen entwickelt hat (vgl. zur Zulässigkeit der Wahrunterstellung auch im Verwaltungsprozess: BVerwG, Beschluss vom 3. November 2014 – 2 B 24.14 – juris Rn. 10). Der Anspruch auf rechtliches Gehör wird verletzt, wenn das Verwaltungsgericht einen Beweisantrag ablehnt oder die Stellung eines Beweisantrags als unnötig erscheinen lässt, indem es die jeweilige Tatsache als wahr unterstellt, von dieser Wahrunterstellung im Urteil aber abweicht (OVG NRW, Beschluss vom 18. September 2014 – 13 A 2557/13.A – juris Rn. 10, m.w.N.). Das Gericht darf sich im weiteren Verlauf nicht in Widerspruch zu den als wahr unterstellten Annahmen setzen und muss sie “ohne jede inhaltliche Einschränkung” in ihrem mit dem Parteivorbringen gemeinten Sinn behandeln, als wären sie nachgewiesen (BVerwG, Beschluss vom 3. Dezember 2012 – 2 B 32.12 – Rn. 12, m.w.N.). Gegenstand einer Wahrunterstellung können indes nur Beweistatsachen sein, nicht auch die Schlüsse, die aus ihnen gezogen werden können. Welche Rechtsfolgen sich aus dem als wahr unterstellten Sachverhalt ergeben, ist Sache der rechtlichen Würdigung des Gerichts. Die als wahr behandelten Tatsachen stehen in dieser Hinsicht den erwiesenen gleich. Lassen sie verschiedene Schlussfolgerungen zu, so ist der Tatrichter nicht gezwungen, gerade die Folgerungen zu ziehen, die der Vortrag aus der Sicht des Beteiligten nahelegt (BVerwG, Beschluss vom 20. September 1993 – 4 B 125.93 – juris Rn. 7). Eine Wahrunterstellung entfaltet keine Bindungswirkung für die Würdigung des betreffenden Lebenssachverhalts. Sie verbietet nicht, aus diesem Sachverhalt unter Beachtung des Überzeugungsgrundsatzes bestimmte Schlüsse zu ziehen, solange die als wahr unterstellten Tatsachen zugrunde gelegt werden (BVerwG, Beschluss vom 10. September 2018 – 6 B 134.18 – juris Rn. 8).
Gemessen daran lässt sich eine Verletzung rechtlichen Gehörs nicht feststellen. Eine Abweichung der vom Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung entsprechend den angekündigten Beweisanträgen als erwiesen angesehenen Tatsachen von den Feststellungen in den Urteilsgründen liegt nicht vor.
Das Verwaltungsgericht hat es als bereits erwiesen angesehen, dass
(1) Tschetschenen, die sich im Ausland aufhalten, seitens der russischen Strafverfolgungsbehörden unter Generalverdacht stehen, gegen die Regierung zu konspirieren,(2) Tschetschenen, die aus dem Ausland zurückkehren, durch die russischen Strafverfolgungsbehörden überprüft werden,(3) russische Strafverfolgungsbehörden Foltermethoden benutzen, um vorbereitete Geständnisse zu erlangen und(4) bei Tschetschenen, die bereits einmal durch die russischen Strafverfolgungsbehörden wegen des Verdachts des Terrorismus oder der Unterstützung von Aufständischen festgehalten und gefoltert wurden, die Wahrscheinlichkeit der erneuten Haft und Folter statistisch erhöht ist.
Die Kläger machen geltend, das Verwaltungsgericht lasse die beiden zuerst genannten Umstände bei seiner Entscheidung ungeprüft. Die begründete Furcht vor Verfolgung könne gemäß § 28 AsylG auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten seien, nachdem der Ausländer das Herkunftsland verlassen habe. Vorliegend ergebe sich die tatsächliche Gefahr einer Verfolgung des Klägers zu 1 aus einem Zusammenspiel der bereits im Herkunftsland erfahrenen Verfolgung mit der ihm aufgrund seines Auslandsaufenthalts drohenden Verfolgung. Dem könne dann auch nicht entgegenstehen, dass der Kläger zu 1 aktuell in der Russischen Föderation nicht zur Fahndung ausgeschrieben sei. Der Verdacht der Konspiration gegen die Regierung der Russischen Föderation und die entsprechende Überprüfung ergebe sich – ausweislich der vom Gericht als erwiesen betrachteten Tatsachen – schließlich erst bei einer Rückkehr in die Russische Föderation nach einem Auslandsaufenthalt. Zusammen mit der als erwiesen zu behandelnden Tatsache, dass russische Strafverfolgungsbehörden Foltermethoden benutzten, um vorbereitete Geständnisse zu erlangen, bestehe mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit, die tatsächliche Gefahr, dass der Kläger zu 1 bei einer Rückkehr in die Russische Föderation einer Verfolgung im Sinne von § 3a AsylG ausgesetzt sei, seine Furcht vor Verfolgung mithin begründet sei. Hinzu komme, dass das Gericht der Entscheidung die Erkenntnisse des Auswärtigen Amtes zugrunde lege, wonach eine russlandweite Verfolgung durch die dagestanischen Lokalbehörden mittels eines Haftbefehls jederzeit möglich sei. Damit entfalle auch die Möglichkeit der Inanspruchnahme internen Schutzes. Dies wirke sich wiederum auch auf die Voraussetzungen des Anspruchs auf Zuerkennung des hilfsweise geltend gemachten subsidiären Schutzes aus.
Damit zeigen die Kläger nicht auf, dass das Verwaltungsgericht die als bereits erwiesen angesehenen Tatsache, im Ausland sich aufhaltende Tschetschenen stünden seitens der russischen Strafverfolgungsbehörden unter Generalverdacht, gegen die Regierung zu konspirieren, und aus dem Ausland zurückkehrende Tschetschenen würden von den russischen Strafverfolgungsbehörden überprüft, nicht uneingeschränkt seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Allein der Umstand, dass das Verwaltungsgericht die in der mündlichen Verhandlung als erwiesen betrachteten Tatsachen in den Urteilsgründen nicht erwähnt, lässt noch nicht den Schluss darauf zu, dass es von einer gegenteiligen Sachlage ausgegangen ist. Auch wenn ein solcher Generalverdacht besteht und Überprüfungen von Rückkehrern vorgenommen werden, rechtfertigt die Zugehörigkeit einer Person zu einer solchen Risikogruppe noch nicht stets die Annahme, dass ihr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungsmaßnahmen einschließlich “präventiver” Folter drohen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. März 2018 – 1 A 4.17 – juris Rn. 111 f.). Die Kläger wenden sich der Sache nach gegen die im angegriffenen Urteil zum Ausdruck kommende Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass sich allein aus dem Aufenthalt des Klägers zu 1 im Ausland (ungeachtet eines bestehenden Generalverdachts gegenüber Tschetschenen und einer Überprüfung durch die russischen Strafverfolgungsbehörden) nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Nachfluchtgründe im Sinne von § 28 Abs. 1a AsylG ergeben, sondern solche nur dann angenommen werden könnten, wenn von der Echtheit der vom Kläger zu 1 vorgelegten Vorladungen als Beschuldigter und des vorgelegten Durchsuchungsprotokolls auszugehen wäre. Ferner greifen sie der Sache nach die Würdigung der Vorinstanz an, dem Kläger zu 1 drohe im Fall seiner Rückkehr in die Russische Föderation auch keine Rückführung nach Dagestan. Soweit die Kläger eine Vorverfolgung des Klägers zu 1 geltend machen, ist dem im Übrigen entgegenzuhalten, dass nach den insoweit nicht mit beachtlichen Zulassungsgründen angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts eine solche Vorverfolgung nicht glaubhaft gemacht wurde.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 83b AsylG.
III. Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 78 Abs. 5 Satz 2, 80 AsylG, 152 Abs. 1 VwGO).


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