Verwaltungsrecht

Genehmigung einer Ersatzschule – Private Grund- und Mittelschule

Aktenzeichen  M 3 K 17.3645

Datum:
30.7.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 33452
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 7
BayEUG Art. 92

 

Leitsatz

1. Der Zweck des Art. 7 Abs. 4 S. 3 GG besteht nicht darin, die inhaltliche Einheit des Schulwesens zu sichern, sondern Schüler von Ersatzschulen vor einem ungleichwertigen Schulerfolg zu schützen. (Rn. 72) (redaktioneller Leitsatz)
2. Grundlegendes Wesensmerkmal einer Schule ist die planmäßige Wissensvermittlung, die ihrerseits mit einer Lernzielkontrolle einhergeht. (Rn. 80) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid der Regierung von Oberbayern vom 31. Juli 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten schulaufsichtlichen Genehmigung (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Gemäß Art. 92 Abs. 1 BayEUG dürfen Ersatzschulen nur mit staatlicher Genehmigung errichtet und betrieben werden. Der Antrag ist mit allen erforderlichen Unterlagen spätestens vier Monate vor Schuljahresbeginn bei der Schulaufsichtsbehörde einzureichen. Die Genehmigung ist nach Art. 92 Abs. 2 BayEUG zu erteilen, wenn
1.derjenige, der eine Ersatzschule errichten, betreiben oder leiten will, die Gewähr dafür bietet, dass er nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung verstößt,
2.die Ersatzschule in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen oder künstlerischen Ausbildung ihrer Lehrkräfte hinter den öffentlichen Schulen nicht zurücksteht (Art. 4, 93 und 94), insbesondere muss ein Mitglied der Schulleitung Lehrkraft der Schule sein,
3.eine Sonderung der Schülerinnen und Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird (Art. 96),
4.die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte genügend gesichert ist (Art. 97).
Es bestehen Zweifel, ob der Kläger die wirtschaftlichen Voraussetzungen (Art. 92 Abs. 2 Nr. 4 BayEUG) erfüllt. Diese Frage kann jedoch offen bleiben, da die Anforderungen des Art. 92 Abs. 2 Nr. 2 BayEUG der Gleichwertigkeit der Lehrziele mit denen öffentlicher Schulen nicht erfüllt werden.
Zur Frage der Gleichwertigkeit hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Nichtannahmebeschluss vom 8. Juni 2011, Az. 1 BvR 759/08, 1 BvR 733/09, NVwZ 2011, 1384 ff, Rn. 15 ff, ausgeführt:
„Art. 7 Abs. 4 GG gewährleistet unter den dort genannten Voraussetzungen unter Absage an ein staatliches Schulmonopol die Freiheit, Privatschulen zu errichten. Kennzeichnend für die Privatschule ist ein Unterricht eigener Prägung, insbesondere im Hinblick auf die Erziehungsziele, die weltanschauliche Basis, die Lehrmethode und die Lehrinhalte (vgl. BVerfGE 27, 195 ; 75, 40 ). Das Recht zur Errichtung von Privatschulen als Ersatz für öffentliche Schulen ist jedoch durch den Vorbehalt staatlicher Genehmigung beschränkt. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Privatschulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist (Art. 7 Abs. 4 Satz 2 bis 4 GG). Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG schützt die Vielfalt der Formen und Inhalte, in denen Schule sich darstellen kann; das Genehmigungserfordernis hat den Sinn, die Allgemeinheit vor unzureichenden Bildungseinrichtungen zu schützen (vgl. BVerfGE 27, 195 ). Art. 7 Abs. 4 GG begründet unter den dort genannten Voraussetzungen einen Anspruch auf Genehmigung einer privaten Schule (vgl. BVerfGE 27, 195 ).
Lehrziele im Sinne des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG sind der generelle Bildungsauftrag der Schule und die jeweiligen Bildungsziele der einzelnen Schularten und Schulstufen, damit auch des Primarbereichs. Es kommt darauf an, ob im Kern gleiche Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt werden, unbeschadet eines von einer eigenen weltanschaulichen Basis aus eigenverantwortlich geprägten Unterrichts mit darauf abgestellten Lehrmethoden und Lehrinhalten. Insofern wird keine Gleichartigkeit mit öffentlichen Schulen verlangt, sondern eine Gleichwertigkeit (vgl. BVerfGE 90, 107 ). Entscheidend ist mithin, ob am Ende des jeweiligen Bildungsgangs das Niveau des Bildungsprogramms der öffentlichen Schulen im Ergebnis erreicht wird, wobei den Ersatzschulen hinsichtlich der hierbei beschrittenen Wege und eingesetzten Mittel weitgehende Freiheit eingeräumt wird. Dies kann zur Folge haben, dass Ersatzschulen nach ihrer ganzen Struktur so grundsätzlich verschieden von öffentlichen Schulen sein können, dass etwa für ihre Schüler vor Abschluss des Bildungsgangs ein Wechsel in das öffentliche Schulsystem ausscheidet (vgl. BVerfGE 27, 195 ; 90, 107 ).
Diesen Grundsätzen entspricht es, wenn das Bundesverwaltungsgericht den Zweck des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG nicht darin sieht, die inhaltliche Einheit des Schulwesens zu sichern, sondern Schüler von Ersatzschulen vor einem ungleichwertigen Schulerfolg zu schützen (vgl. BVerwGE 112, 263 ). Es unterscheidet dabei hinsichtlich der Lehrziele im Sinne des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG zutreffend zwischen „Erziehungszielen“ einerseits und der „Qualifikation“ andererseits. In Bezug auf Letztere kommt es danach für die Feststellung der Gleichwertigkeit darauf an, ob die von der Ersatzschule vermittelten fachlichen Kenntnisse und die Allgemeinbildung dem nach geltendem Recht vorgeschriebenen Standard öffentlicher Schulen entsprechen (vgl. BVerwGE 90, 1 ; 112, 263 ). Insofern stellt das Bundesverwaltungsgericht auf die im jeweiligen Landesschulrecht für die betreffende Schulart getroffenen Aussagen über die zu vermittelnde Qualifikation ab, die aber erst bei Abschluss des schulischen Bildungsgangs im Sinne eines Gesamtergebnisses erreicht sein muss. Denn wegen der durch Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG gewährleisteten und sich auf Lehrmethode und Lehrinhalte erstreckenden Gestaltungsfreiheit der Ersatzschule, die gerade nicht die jederzeitige Durchlässigkeit in das staatliche Schulsystem sicherzustellen hat, muss diese nach eigenem pädagogischen Ermessen entscheiden dürfen, auf welchem Weg und mit welchen Mitteln sie dieses Gesamtergebnis erreichen will (vgl. BVerwGE 112, 263 ).
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die schulaufsichtlichen Leistungsüberprüfungen im vorliegenden Fall bei Schülern der 4. Jahrgangsstufe vorgenommen worden sind.“
Weiter wird ausgeführt: „Deshalb ist es von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, wenn am Ende eines 4. Schuljahres geprüft wird, ob die im bayerischen Landesschulrecht für die Grundschule getroffenen Aussagen über die zu vermittelnde Qualifikation von einer als Ersatz für eine solche öffentliche Schule genehmigten Privatschule im Sinne eines Gesamtergebnisses tatsächlich erreicht worden sind oder nicht.“
Wenn dies galt, als Grundschule und Hauptschule (heute Mittelschule) noch zu einer Volksschule zusammengefasst waren, gilt dies umso mehr im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts, da Grundschule, Mittelschule und die übrigen Schularten in eigenständige Schularten aufgeteilt sind.
Die Regierung von Oberbayern hat somit zu Recht hinsichtlich der Frage der Gleichwertigkeit der Schulen des Klägers mit öffentlichen Schulen insbesondere bei der 4. Jahrgangsstufe der Grundschule und der 9./10. Jahrgangsstufe der Mittelschule eine prognostische Überprüfung durchgeführt (Art. 6 Abs. 2 BayEUG).
Sofern bereits ein Schulbetrieb mit dem gleichen pädagogischen Konzept durchgeführt wurde, kann bei der Prüfung des Antrags auf Neuerteilung der schulaufsichtlichen Genehmigung auf Erkenntnisse des bisherigen Schulbetriebs zurückgegriffen werden, soweit diese ergeben, dass die Voraussetzungen insbesondere des Art. 92 Abs. 2 Nr. 2 BayEUG vorliegen. Das dem streitgegenständlichen Antrag zugrundeliegende Konzept stimmt mit dem, auf dessen Grundlage der zweijährige Schulbetrieb durchgeführt wurde, überein. Unterschiede bestehen bezüglich der Evaluation, wodurch jedoch das „Konzept“ nicht berührt wird. Der Erklärung des Gerichts, es gehe davon aus, dass es ein einziges Konzept auf seine Genehmigungsfähigkeit überprüfen könne und nicht nach den beiden Klageverfahren 2016 und 2017 unterscheiden müsse, wurde auch von Klägerseite im Wesentlichen nicht widersprochen.
Entscheidend ist damit, ob eine hinreichend sichere Prognose dahingehend gestellt werden kann, dass den öffentlichen Schulen gleichwertige Lehrziele am Ende des jeweiligen Bildungsgangs erreicht werden. Ein Anspruch auf Erteilung der Genehmigung ergibt sich jedoch nicht schon dann, wenn während des zweijährigen Schulbetriebs erzielbare Erkenntnisse – aus welchen Gründen auch immer – nicht gewonnen worden sind. In diesem Fall sind vielmehr neue Ermittlungen von Amts wegen anzustellen, soweit das jedoch nicht möglich ist, geht das zulasten des Klägers, der das Risiko der Nichterweislichkeit des Vorliegens der notwendigen Voraussetzungen trägt (BayVGH, B.v.04.01.2017, 7 CE 16.1898). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Eine der Vertreterinnen des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung selbst ausgesagt, sie seien von dem Konzept überzeugt, irgendwelche grundsätzlichen Änderungen des Konzepts hätten aus Sicht des Klägers dazu geführt, dass dessen Vertreter gerade nicht mehr mit Überzeugung hätten sagen können, dass dieses zielführend sei und gute Erfolge bringen werde.
Somit wurde das gleiche pädagogische Konzept nunmehr neu zur Genehmigung vorgelegt, das der Kläger bereits zwei Jahre befristet praktiziert hat. Das Gericht geht nicht davon aus, dass sich aus der Tatsache, dass bereits einmal eine befristete Genehmigung für das Konzept erteilt wurde, ergibt, dass dieses Konzept auch genehmigungsfähig war. Vielmehr ergibt sich aus der Befristung, dass bereits bei Genehmigungserteilung erhebliche Zweifel bestanden, ob dieses pädagogische Konzept den gesetzlichen Anforderungen genügen würde.
Aufgrund der Eigenheiten des beabsichtigten pädagogischen Konzepts sind diese Zweifel auch naheliegend. Es ist der alleinigen Entscheidungshoheit der Schülerinnen und Schüler vorbehalten, ob und in welchem Umfang sie sich Bildung aneignen, die Lehrziele der Grund- und Mittelschule werden nicht verbindlich angestrebt, die Vorbereitung auf Schulabschlüsse ist fakultativ, es gibt weder Lehrpläne noch Stundentafeln. Die Lehrkräfte haben keine Verantwortlichkeit für den Bildungsprozess, weder eine gezielte Erfolgskontrolle noch Leistungsbewertungen sind vorgesehen, sondern nur auf Wunsch der Schüler möglich.
Es kann letztlich dahingestellt bleiben, ob die vom Kläger beantragten Schulen mit dem beabsichtigten pädagogischen Konzept bereits deswegen nicht genehmigungsfähig sind, weil sie dem vom BayVGH in seiner Rechtsprechung zugrunde gelegten „herkömmlichen“ Schulbegriff nicht entsprechen. Danach ist die Schule eine auf gewisse Dauer berechnete, an fester Stätte unabhängig vom Wechsel der Lehrer und Schüler in überlieferter Form organisierte Einrichtung der Erziehung und des Unterrichts, die durch planmäßige und methodische Unterweisung bestimmte Bildungs- und Erziehungsziele zu verwirklichen bestrebt ist und die nach Sprachsinn und allgemeiner Auffassung als Schule angesehen wird. Grundlegendes Wesensmerkmal einer Schule ist demgemäß die planmäßige Wissensvermittlung, die ihrerseits mit einer Lernzielkontrolle einhergeht (vgl. BayVGH, B. v. 23.01.2007, 7 ZB 06.603 – juris – Rn. 18). Denn selbst wenn diese Kriterien auf das Schulkonzept des Klägers aufgrund seiner grundlegenden Andersartigkeit nicht anwendbar wären, bleibt doch die grundlegende vom Gesetzgeber geforderte Genehmigungsvoraussetzung des Art. 92 Abs. 2 Nr. 2 BayEUG, dass die Ersatzschulen in ihren Lehrzielen hinter den öffentlichen Schulen nicht zurückstehen dürfen, die sowohl von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als auch des Bundesverfassungsgerichts mit der Verpflichtung einer gleichwertigen Qualifikation bei Abschluss des schulischen Bildungsgangs verbunden ist.
Da der Kläger einheitlich die Genehmigung einer Grundschule und einer Mittelschule beantragt hat, müssten somit Tatsachen oder zumindest belastbare Anhaltspunkte vorliegen, die eine Prognose dahingehend rechtfertigen, dass in der 4. Jahrgangsstufe für die Grundschule und in der 9./10. Jahrgangsstufe für die Mittelschule bei den Schülern in den Schulen des Klägers gleichwertige Qualifikationen vorliegen wie in öffentlichen Schulen. Dies ist jedoch insbesondere für den Grundschulbereich und die 4. Jahrgangsstufe nicht der Fall.
Nachdem der Kläger den Schulbetrieb schon zwei Jahre lang durchgeführt hat, lag es nahe, derartige Tatsachen oder Anhaltspunkte aus den dabei gewonnen Erkenntnissen zu gewinnen. Nachdem es sich bei dem pädagogischen Konzept des Klägers um ein völlig neuartiges Konzept handelt, die Schulaufsichtsbehörden aber bei der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit insbesondere den Schutz der betroffenen Schüler zu berücksichtigen hat, ist es nachvollziehbar, dass belastbare Erkenntnisse nur dann gegeben sind, wenn diese durch die Schulaufsicht auch überprüfbar sind. Eine Überprüfbarkeit ist zum einen mittels einer fortlaufenden ordnungsgemäß durchgeführten Dokumentation, in der die Lernfortschritte der einzelnen Schüler in den jeweiligen Jahrgangsstufen detailliert dargestellt werden, möglich. Zum anderen kann sich diese aus den tatsächlichen Abschlüssen der Schüler am Schluss der jeweiligen Ausbildungsstufe ergeben, d.h. aus Mittelschulabschlüssen der Schüler des Klägers als externe Bewerber an öffentlichen Schulen oder aus Übertritten der die Grundschule des Klägers besuchenden Schüler an weiterführende Schulen. Schließlich kommen auch Lernzielkontrollen in Betracht, wenngleich dabei das konkrete pädagogische Konzept des Klägers zu berücksichtigen ist, das Lernzielkontrollen grundsätzlich nicht vorsieht, dem Lernzielkontrollen aber insofern nicht fremd sind, als sie mit Zustimmung oder auf Wunsch der betroffenen Schüler durchaus möglich sind.
Das Gericht verkennt nicht, dass mit dem in den Schulen des Klägers angewandten pädagogischen Konzept, basierend auf absoluter Freiwilligkeit seitens der Schüler, Lernen möglich ist und Lernerfolge erzielt werden können. Insoweit werden die von den vom Kläger mitgebrachten Sachverständigen getroffenen Aussagen in der mündlichen Verhandlung auch nicht in Zweifel gezogen. Jedoch genügen die von diesen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung getroffenen Aussagen mit der bloßen Behauptung, die S. Schule stehe in ihren Lehrzielen nicht hinter öffentlichen Schulen zurück, nicht den Anforderungen, die in Bezug auf Nachvollziehbarkeit und Plausibilität insbesondere im Hinblick auf die konkret am Ende der 4. Jahrgangsstufe für die Grundschule bzw. am Ende der 9./10. Jahrgangsstufe für die Mittelschule von den Schülern erwarteten Qualifikationen gestellt werden müssen.
Am sichersten hätte der Nachweis dieser Qualifikationen durch die Ablegung von Lernzielkontrollen erfolgen könne, die jedoch vom Kläger und deren Schülern verweigert wurden.
Darüber hinaus hätten sich Anhaltspunkte oder Tatsachen auch aus der von der Regierung von Oberbayern bereits im ursprünglichen Genehmigungsbescheid vom 21. Juli 2014 als wesentlichen Auflage geforderten Vorlage einer Dokumentation für jedes Schulhalbjahr und für jeden Schüler, aus der Lerninhalte und Lernfortschritte hervorgehen sollten, ergeben können. Diese in II. Nr. 2 des Genehmigungsbescheids geforderte Dokumentation sollte von Schülern und Lehrern gemeinsam erstellt werden.
Die Bedeutung und der Zweck dieser Dokumentation sowie deren Wichtigkeit hätten sich dem Kläger bereits aus den fortlaufenden Diskussionen mit der Schulaufsichtsbehörde über Form und Inhalt dieser Dokumentation aufdrängen müssen, die sich nahezu über die gesamte Laufzeit des Schulbetriebs hinzogen. Auch sind die Begriffe Lerninhalte und Lernfortschritte in Bezug auf einzelne Schüler eindeutig. Wenn die Darstellung der Lernfortschritte gefordert wurde, wie auch die Vertreter des Klägers in der mündlichen Verhandlung eingeräumt haben, kann dies nach allgemeinem Verständnis nur dadurch erfolgen, dass ausgehend von einem darzustellenden Kenntnisstand x der erlangte Kenntnisstand y formuliert wird, wobei aus dem Vergleich zwischen x und y der Lernfortschritt ersichtlich ist. Insofern sind die Einlassungen der Vertreter des Klägers in der mündlichen Verhandlung nicht nachvollziehbar, die Regierung von Oberbayern habe in den Dokumentationen nicht verlangt, dass ein aktueller Kenntnisstand dargestellt werden sollte, sondern es sollten die Lernfortschritte, die seit der vorangegangenen Dokumentation erzielt wurden, beschrieben werden. In diesem Fall ergäbe sich der Lernfortschritt aus dem Kenntnisstand x aus der vorangegangenen Dokumentation und dem Kenntnisstand y aus der aktuellen Dokumentation. Auch ist die völlige Trennung der Begriffe Lernfortschritt und Kompetenz durch die Vertreter des Klägers unverständlich, wenn diese in der mündlichen Verhandlung ausgeführt haben, sie hätten die Dokumentation auch ausführlicher für die Schüler der 4. Jahrgangsstufe erstellen und vorhandene Kompetenzen benennen können; dass dies in der Dokumentation nicht geschehen sei, bedeute daher nicht, dass die Schüler nicht weitere Kompetenzen gehabt hätten, es hätten ja nur die Lernfortschritte dargestellt werden sollen. Der Kläger musste erkennen, dass mit der geforderten Dokumentation der Zweck verfolgt wurde, feststellen zu können, ob die Schule des Klägers in ihren Lehrzielen hinter den öffentlichen Schulen zurücksteht, und dass insoweit der Stand in der 4. bzw. 9./10. Jahrgangsstufe maßgeblich ist. Insofern kann nur von den Kompetenzen der Schüler ausgegangen werden, die auch in der Dokumentation dargestellt wurden.
In diesem Zusammenhang ist auch die Aussage der in erster Linie für die Grundschule zuständigen Lehrkraft in der mündlichen Verhandlung von geringer Aussagekraft, sie könne die Gleichwertigkeit der erworbenen Kenntnisse garantieren, auch wenn diese nicht durch Testergebnisse nachweisbar seien, und sie könne für das Fach Deutsch die Gleichwertigkeit der erworbenen Kompetenten deshalb garantieren, weil man auch bei einer staatlichen Schule nie bei allen Schülern diesen Kompetenzerwerb nachweisen könne. Wären die erworbenen Kompetenzen bei allen Schülern in der Dokumentation dargestellt worden, so hätte dieser Überblick ausreichende Erkenntnisse erbracht, wobei auch seitens der Schulaufsichtsbehörde nicht hätte gefordert werden dürfen, dass alle Schüler die laut Lehrplan geforderten Kompetenzen erworben haben müssten.
Somit liegen für den Grundschulbereich keine positiven Erkenntnisse darüber vor, dass die Schule, was den Abschluss in der 4. Jahrgangsstufe betrifft, in ihren Lehrzielen hinter den öffentlichen Schulen nicht zurücksteht. Übertritte in weiterführende Schulen sind anscheinend nicht erfolgt, jedenfalls wurden keine vorgetragen. Die von der Beklagten dargestellten Übertritte erfolgten nach dem Besuch der 1. Jahrgangsstufe in der Schule des Klägers in die 1. Jahrgangsstufe einer staatlichen Grundschule bzw. nach den ersten beiden Jahrgangsstufen an der Schule des Klägers in die 2. Jahrgangsstufe an eine staatliche Grundschule. Erkenntnisse hinsichtlich der 4. Jahrgangsstufe sind daraus nicht zu gewinnen.
Da in der vom Kläger vorgelegten Evaluation des Schulbetriebs nur einzelne Beispiele von wenigen Schülern dargestellt wurden, lassen sich daraus auch keine allgemeinen Erkenntnisse über das Erreichen der Lehrziele herleiten. So wurde im Abschlussbericht vom März 2016 die Frage des Erreichens der Bildungsstandards lediglich anhand von drei Fallbeispielen erörtert, die keine Rückschlüsse auf den Kompetenzerwerb der Schüller im Allgemeinen zum Abschluss der 4. bzw. 9/10. Jahrgangsstufe zulassen. Auch aus den Ausführungen zum Schulwechsel unter 4. des Abschlussberichts lassen sich derartige Erkenntnisse nicht gewinnen.
Die in erster Linie für den Mittelschulbereich zuständige Lehrkraft hat zwar in der mündlichen Verhandlung ebenfalls ausgesagt, dass die einzelnen Schüler im Fach Mathematik über mehr Kompetenzen verfügt hätten als in den Dokumentationen dargestellt worden sei. Dies liege daran, dass eine komprimierte Darstellung in allen 12 Fächern verlangt worden sei. Aus diesem Grund hätten sich die Lehrkräfte umfangreicher in den Fächern geäußert, mit denen sich ein Schüler primär im jeweiligen Halbjahr beschäftigt habe.
Gleichzeitig wurde aber für den Mittelschulbereich auch dargestellt, dass Lernvereinbarungen getroffen wurden, bei denen für interessierte Schüler auch Frontalunterricht stattgefunden hat. Zum anderen hat die Lehrkraft glaubhaft vorgetragen, dass Vorbereitungskurse im Fach Mathematik für den qualifizierenden Mittelschlussabschluss stattgefunden haben, an dessen Ende alle Teilnehmer einen „Probequali“ ablegten. An diesem Kurs nahmen alle Schüler der 9. Jahrgangsstufe auf der Grundlage einer Lernvereinbarung freiwillig teil.
Nach der glaubhaften Aussage der Vertreter des Klägers haben alle Schüler, die sich für die Teilnahme an der Prüfung zum qualifizierenden Mittelschulabschluss entschieden haben, diese – zum Teil auch erst nach dem Ende des Schulbetriebs – bestanden.
Inwieweit dieser Erfolg dem abstrakten Konzept des Klägers oder der konkreten Ausgestaltung des Schulbetriebs durch die für die Mittelschule verantwortliche Lehrkraft geschuldet war, kann ebenso dahingestellt bleiben wie die vom BayVGH in seinem Beschluss vom 4. Januar 2017, Az. 7 CE 16.1898, juris, aufgeworfenen Zweifel, ob der von den erfolgreichen Schülern erreichte Bildungsstand wesentlich auf dem in der Schule des Klägers erzielten Lernerfolg beruht, an der lediglich ein oder zwei Jahre der gewöhnlich neunjährigen Schullaufbahn absolviert wurden. Da sich außerdem der Kläger nach seinem Konzept gerade nicht dazu verpflichtet, auf die Lehrziele des LehrplanPLUS hinzuwirken, ist ein ähnlicher Erfolg nicht mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit, unabhängig von der jeweiligen Lehrerpersönlichkeit, zu erwarten.
Wenngleich dem Gericht hinsichtlich der Mittelschule die von Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG, Art. 92 Abs. 2 Nr. 2 BayEUG geforderte Gleichwertigkeit der Lehrziele hinsichtlich der Qualifikation mit denen der öffentlichen Schulen am Ende der 9. Jahrgangsstufe als eher erbringbar erscheint, war es doch bei seiner Entscheidung an die Vorgaben des zur Genehmigung gestellten Konzepts sowie an den beantragten Betrieb einer Grund- und Mittelschule gebunden.
Denn jedenfalls ist die Gleichwertigkeit der am Ende der 4. Jahrgangsstufe erreichten Lehrziele bezüglich der Qualifikation mit denen der öffentlichen Schulen, die sich am LehrplanPLUS orientieren, auf der Grundlage des zur Genehmigung gestellten Konzepts nicht zu prognostizieren. Auch aus dem stattgefundenen zweijährigen Schulbetrieb hat das Gericht diese Gleichwertigkeit, auch bei Berücksichtigung der dargestellten Besonderheiten des Schulbetriebs, nicht feststellen können. Der Kläger hat Modifikationen seines Konzepts, etwa hinsichtlich einer Verpflichtung, auf Lernziele des LehrplanPLUS hinzuwirken oder bei Schülern der Jahrgangsstufen 4 und 9 Lernzielkontrollen unter Beachtung der Besonderheiten seines pädagogischen Konzepts durchzuführen und deren Ergebnisse der Aufsichtsbehörde mitzuteilen, bewusst nicht vorgenommen. Es war daher dem Gericht verwehrt, durch Verfügung von diesbezüglichen, einer Genehmigung beizufügenden Auflagen, zur Erteilung der Genehmigung eines modifizierten Konzepts zu verpflichten.
Aus den dargestellten Gründen war die Klage daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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