Verwaltungsrecht

Gewährung der Eigenheimzulage – Verwaltungspraxis

Aktenzeichen  12 ZB 21.1284

Datum:
23.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 16395
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayHO Art. 23, Art. 44

 

Leitsatz

Es entspricht der Verwaltungspraxis, als Anknüpfungspunkt der Sechsmonatsfrist nach der Bayerischen Eigenheimzulagen-Richtlinie das in der erweiterten Meldebescheinigung genannte Einzugsdatum heranzuziehen. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 7 K 20.5 2021-03-18 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 10.000,- € festgesetzt.

Gründe

Die Klägerin verfolgt mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung die Gewährung der Eigenheimzulage in Höhe von 10.000,- € für den Erwerb eines Einfamilienhauses in der T.-Straße in M. weiter.
I.
1. Die Klägerin beantragte mit Formblattantrag vom 17. Januar 2019 bei der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt (BayernLabo) die Gewährung der (bayerischen) Eigenheimzulage für den Erwerb eines Einfamilienhauses in der T.-Straße in M.. Dem Antrag beigefügt war eine Meldebescheinigung der Stadt M.-H. vom 7. März 2019, in der als Einzugsdatum in das Einfamilienhaus der 1. Oktober 2018 und als Meldedatum der 25. Oktober ausgewiesen werden. Weiter enthält die Bescheinigung den Hinweis, dass sie auf den der Meldebehörde zur Zeit bekannten Daten der Meldepflichtigen beruhe. Laut Eingangsstempel ging der Antrag am 24. Juni 2019 bei der BayernLabo ein. Mit einem dem Antrag beigefügten Schreiben (ohne Datum) erklärte die Klägerin, dass sie den Antrag bereits im Januar 2019 an die BayernLabo gesandt habe und ihr nicht erklärbar sei, weshalb er nicht angekommen sei. Sie hoffe, dass man diesbezüglich mit ihr ein Einsehen habe und den Antrag trotz der Fristen noch bearbeite.
2. Mit Bescheid vom 14. Oktober 2019 lehnte die BayernLabo den Antrag vom 24. Juni 2019 ab. Nach Ziffer 9.2 der Richtlinie für die Gewährung eines Zuschusses zum Bau und Erwerb von Wohnraum zu eigenen Wohnzwecken (Bayerische Eigenheimzulagen-Richtlinie – EZHR) sei die Antragstellung ab Bezug des Wohnraums und bis spätestens sechs Monate nach diesem Zeitpunkt zulässig. Als Nachweis hierfür sei eine erweiterte Meldebescheinigung vorzulegen. Aus der von der Klägerin vorgelegten Meldebescheinigung gehe hervor, dass sie das Objekt bereits vor mehr als sechs Monaten bezogen habe. Von daher scheide die Zulagengewährung aus.
3. Die hiergegen mit Schriftsatz vom 13. November 2019 zunächst zum Verwaltungsgericht München erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Regensburg, an das das Verfahren zwischenzeitlich verwiesen worden war, mit Urteil vom 18. März 2021 ab.
Die Klägerin besitze keinen Anspruch auf Gewährung der Eigenheimzulage auf der Grundlage der Richtlinie für die Gewährung eines Zuschusses zum Bau oder Erwerb von Wohnraum zu eigenen Wohnzwecken (Bayerische Eigenheimzulagen-Richtlinie – EHZR). Seien, wie im vorliegenden Fall, Fördervoraussetzungen in Förderrichtlinien geregelt, müssten diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig, ohne Verstoß gegen andere Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden. In diesem Zusammenhang haben sich die Verwaltungsgerichte auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung der Förderrichtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden sei oder ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliege. Entscheidend sei, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung der Verwaltung führender Praxis gehandhabt habe. Die Förderrichtline unterliege dabei nicht der gerichtlichen Auslegung, sie diene lediglich dazu, eine dem Gleichheitssatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten. Ein Förderanspruch ist im Wege der Selbstbindung der Verwaltung über den Gleichheitssatz dann gegeben, wenn die Fördervoraussetzungen erfüllt seien und vergleichbare Anträge in der behördlichen Förderpraxis auch positiv verbeschieden worden seien. Lediglich in atypischen Fällen bleibe hierbei Raum für die Berücksichtigung von Besonderheiten. Ein atypischer Fall, der ein Abweichen von der Verwaltungspraxis ermögliche, liege dann vor, wenn der konkrete Sachverhalt außergewöhnliche Umstände aufweise, deren Besonderheiten von der Förderrichtlinie nicht hinreichend erfasst würden und ein solches Gewicht besäßen, dass sie eine von der im Regelfall vorgesehenen Rechtsfolge abweichende Behandlung gebieten.
Gemessen an diesen Vorgaben besitze die Klägerin keinen Anspruch auf die Eigenheimzulage. Nach Ziffer 9.2 EHZR müsse die Antragstellung innerhalb von sechs Monaten nach dem Bezug des Wohnraums erfolgen. Für den Zeitpunkt des Wohnraumbezugs sehe der Formblattantrag die Vorlage der erweiterten Meldebescheinigung vor. Hier lägen zwischen dem Bezug des Förderobjekts – laut Meldebescheinigung am 1. Oktober 2018 – und dem Eingang des Antrags bei der BayernLabo am 24. Juni 2019 mehr als sechs Monate. Die rechtzeitige Antragstellung richte sich ihrerseits nach dem Zugang des Antrags bei der BayernLabo. Soweit die Klägerin insoweit geltend mache, den Antrag bereits im Januar 2019 verschickt zu haben, trage sie das Risiko des Nichteingangs. Anhaltspunkte für einen früheren Eingangszeitpunkt als den 24. Juni 2019 seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Schließlich könne sich die Klägerin auch nicht auf die Unrichtigkeit der Meldebescheinigung hinsichtlich des Einzugsdatums mit dem Argument berufen, der tatsächliche Einzug sei wegen der Durchführung von Renovierungsarbeiten erst am 1. Januar 2019 erfolgt. Denn bei einer Förderpraxis, die das Bezugsdatum ausschließlich der erweiterten Meldebescheinigung entnehme, könne ein anderweitiges Bezugsdatum nicht berücksichtigt werden, auch wenn sich die Meldebescheinigung insoweit als falsch erweisen sollte. Die entsprechende Verwaltungspraxis des Beklagten begegne keinen durchgreifenden Bedenken.
4. Hiergegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem die Klägerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sowie besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO geltend machen lässt. Demgegenüber verteidigt die Landesanwaltschaft Bayern für den Beklagten das angefochtene Urteil. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen oder nicht den Erfordernissen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt sind.
1. Ernstliche Richtigkeitszweifel an der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Regensburg, die nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Zulassung der Berufung gebieten würden, liegen unter Berücksichtigung der Darlegungen der Klägerin nicht vor.
1.1 Soweit die Klägerin zunächst vortragen lässt, der Wortlaut von Ziffer 9.2. Satz 1 der Richtlinie für die Gewährung eines Zuschusses zum Bau oder Erwerb von Wohnraum zu eigenen Wohnzwecken (Bayerische Eigenheimzulagen-Richtlinie – EHZR – vom 7. August 2018) umfasse nur Fälle, „bei denen der tatsächliche Einzug dem in der erweiterten Meldebescheinigung angegebenen entspricht“, trifft dies nicht zu. Die Richtlinie selbst trifft keine Regelung zur Bestimmung des Einzugsdatums als Anknüpfungspunkt der Sechsmonatsfrist. Es entspricht vielmehr der Verwaltungspraxis des Beklagten, die sich in der Formblattgestaltung wie auch in den Hinweisen zur Antragstellung im Internet widerspiegelt, als Anknüpfungspunkt das in der erweiterten Meldebescheinigung genannte Einzugsdatum heranzuziehen. Dass der Beklagte von dieser Verwaltungspraxis in bestimmten Fällen abgewichen ist, d.h. das Einzugsdatum nicht nach der Angabe in der erweiterten Meldebescheinigung bestimmt hat, hat die Klägerin weder im Ausgangsverfahren noch im Berufungszulassungsverfahren dargelegt; es ist auch sonst nicht ersichtlich (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 19.5.2021 – 12 ZB 21.430 – noch unveröffentlicht; ferner vorausgehend VG Würzburg, U.v. 14.12.2020 – W 8 K 20.862 – BeckRS 2020, 39893).
1.2 Entgegen der Auffassung der Klägerin erweist sich auch die Verwaltungspraxis, bei der Prüfung der Voraussetzungen von Ziffer 9.2 EHZR an das in der erweiterten Meldebescheinigung genannte Einzugsdatum anzuknüpfen, nicht als willkürliche Regelung, die ihrerseits dem Gleichheitssatz widerspricht. Die Anknüpfung an die Meldebescheinigung entspricht zum einen dem Bedarf der Verwaltungspraxis, in Massenverfahren einen einfachen und leicht zu ermittelnden Tatbestand heranzuziehen, der eine zügige Bearbeitung der entsprechenden Anträge gewährleistet. Dies konzediert der Bevollmächtigte der Klägerin, indem er von einer „grundsätzlichen“ Eignung der Anknüpfung an die Meldebescheinigung bei der Bestimmung der Voraussetzungen von Ziffer 9.2 EHZR ausgeht. Darüber hinaus erweist sich der Rückgriff auf die Daten der Meldebescheinigung aber auch deshalb als sachgerecht – und nicht von sachfremden Erwägungen getragen -, weil das Melderecht den Betroffenen zur Angaben zutreffender Daten verpflichtet. Somit hätte es die Klägerin im vorliegenden Fall selbst in der Hand gehabt, durch die Angabe des „richtigen“ Einzugsdatums bei der Meldebehörde die Gewährung der Eigenheimzulage zu erwirken. Dass das Einzugsdatum in der Meldebescheinigung fehlerhaft sein soll, liegt somit allein im Verantwortungsbereich der Klägerin.
1.3 Schließlich sind vorliegend auch keine Anhaltspunkte ersichtlich bzw. vorgetragen, weshalb vorliegend ein atypischer Fall gegeben sein soll, der ausnahmsweise eine Abweichung von der bestehenden Verwaltungspraxis rechtfertigen könnte. Zwar wäre es grundsätzlich möglich gewesen, die Förderpraxis so auszugestalten, dass nur im Regelfall auf die Meldebescheinigung, bei einem anderweitigen Nachweis eines davon abweichenden Einzugsdatums jedoch auf dieses abgestellt würde. Von Rechts wegen ist dies jedoch nicht zwingend geboten. Denn die Unrichtigkeit des Einzugsdatums in der Meldebescheinigung, die die Atypik begründen soll, beruht auf den persönlichen Angaben der Klägerin und entstammt mithin ihrer Sphäre.
1.4 Soweit der Klägerbevollmächtigte schließlich ausführt, es sei im vorliegenden Fall unerheblich, dass die Klägerin die erweiterte Meldebescheinigung bereits vor dem Bezug des Einfamilienhauses beantragt habe, erschließt sich der Sinn des Vorbringens nicht, zumal die der BayernLabo vorgelegte Meldebescheinigung vom 7. März 2019 datiert und damit weit nach dem Einzug der Klägerin erstellt wurde.
2. Die Rechtssache weist auch nicht die von der Klägerin behaupteten besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf.
Das Vorbringen der Klägerin genügt insoweit bereits nicht dem Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Welche konkreten besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten sich nicht bereits im Zulassungsverfahren klären lassen und daher die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern, wird nicht dargelegt und ist auch sonst nicht ersichtlich.
3. Die Klägerin trägt nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Streitwert bestimmt sich für das Zulassungsverfahren nach §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 3 Satz 1 GKG. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das verwaltungsgerichtliche Urteil nach § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO rechtskräftig. Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.


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